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Kreitaa, Sä. September 1S0S. Veit »ik SK00 redlntt »iinitni Rr. sss Mert«- ^nkreu».» und Anzeiger Mr das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur: Veit, «ntdria. ^lir di« Inserat« verantwortlich: Weiler Kr,»,. Beide in Aue i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde d«r Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittag» von e—s Ahr. — Lelegramm-Adreffe: Eageblatt Au«. — Fernsprecher AI. Für unverlangt »ingesandt« Manuskripi« kann Sewühr nicht geleistet werden. Druck und Verlag Muer vn,»-«. vtrl,i,«t»«il»»«r m. b. s in Au« i. Lrzgeb. Nezugsprris: Durch unser» Boten frei in, kfaus monatlich ro pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich xo Pis- und wdchentlich ,0 pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich I.so Mk. — Durch »en Briefträger frei ins 8a«, vierteljährlich i.yr Mk. — Einzelne Nummer ,0 pfg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätesten, Uhr vormittag,. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmt«» Stellen kann nur dann gebürgt werden, wen» st» am Tag« vorher bei uns eingehen. Insertionspreis: Di« fiebengespalten« Aorpuszeil« oder deren Raum ,0 pfg., Reklamen 2, pfg. Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Diese Nummer umfaßt 6 Seiten. Vie «milchen veiranntmachllngrn deNnllen llch ln «Irr Seliage. Das Wichtigste vom Tage. Der Verlauf des Kanzler bes uch s i n W i e n hat in R 0 m hohe Befriedigung geweckt. Staatssekret ä.r Dernburg hat gestern von Hamburg aus seine Reise nach den Vereinigten Staaten angetreten. se Die Staatssekretäre Delbrück und Wermuth werden am Montag in Dresden eintreffen, um sich dem Könige v 0 r z u st e l l e n. Präsident Tast erklärte in einer Rede in Colorado- Springs, Roosevelts Politik müsse unbe dingt fortgesetzt werden. Großadmiral von Köster ist in Neuy 0 rkzur Teil nahme an derHudson-Fulron-Feier eingetroffen. Die Zahl der Opfer des Orkans, der mehrere Tage lang an der Küste des Golfes von Mexiko wütete, wird aus 300 geschätzt. Mutmaßlich« Witterung am 28. September: Nordost- «sind, veränderlich« Bewölkung, meist trocken. "Wc Die Aufgaben des neuen sächsischen Lauvtags. Hl. (Schluß.) Die Grenzen d e r P 0 I i z e i g e w a l t sind in Sachsen noch immer nicht durch Gesetz umschrieben Man könnte meinen, wir lebten noch im Lernathan- und Polizeistants. In der Recht sprechung des OberocrwaltnngsgerichtS ist zwar mancher brauchbare Grundsatz zu finden. Es liegt aber in der Natur der Dinge, daß die Rechtsschöpfung durch diese Behörde langsam, gewiffermaßen unter vorsichtigem Tasten vor sich geht. Hier müssen aber mit fester klarer Hand Rcchtssätze niedergeschricbcn werden, die den Staatsbürger vor unerträglichen Polizeieingriffen schützen. Das Z u st än d i g k ei t s v e r h ä l t n i s zwischen den Ge richten und den Verwaltungsbehörden liegt sehr im argen. Seit der großen Reichs- und Landesgesctzgebung, die um die Zeit erfloß, als das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat, sind di Dinge noch unübersichtlicher geivorden, als sie früher wrren. Unübersichtliche RechtSzustände schließen aber für die vielen, denen das Zur echtfinden schwer fällt, ein großes Maß von Recht losigkeit in sich. Im Verkehrswesen darf kein PartikulariSmns herrschen. D e Güterumleitungen, die früher zweifellos vorkamen, sind «in Zeichen, daß das Eisenbahnwesen einer größeren Zentralisierung bedarf. Auch die Umleitung des Personenverkehrs, die von der preußischen Verwaltung zweifellos jetzt noch beliebt wird und zu einer Hintansetzung der Städte Leipzig und Dresden und zu einer Vernachlässigung unserer sächsischen Linien führt, kann nicht so fortgehen. Es muß deshalb mir dem Ausbaue dec Betriebsmittel- gemetnschaft Ernst werden, nicht bloß weil dadurch Ersparnisse zu erMen sind, sondern weil sie eine Etappe zur Neichscisenbayn sein wird — Das Straßenba-Hnwcsen bedarf einer ge setzlichen Regelung. Jetzt herrscht hier die Willkür der Staats behörden, die sich um die Wünsche und Bedürfnisse der Gemeinde bei ihren selbstherrlichen Maßnahmen wenig kümmern. Hier muß unbedingt ein klares Recht geschaffen werden. Gewiß soll dabei auch in den Grenzen der Billigkeit auf die finanziellen Interessen des Eisenbahnfi-kns Rücksicht genommen werden. Wenn man aber den Gemeinden immer mehr Lasten aufbürket von Lindes- und Reichswegen, darf man ihnen nicht die Befugnis nehmen, ihre Gemeindebctriebe, wozu doch vielfach die Straß.«bahnen gehören, zu gestalten, wie es das Gemnndeinleressc erfordert. Wo aber gar Aktiengesellschaften die Straßenbahnen betreiben, wirkt es wie eine Herausforderung der Gemeinde, wenn trotz hoher Dividenden die Fahrpreise erhöht werden. — Mil den Schifsahrtsab- gaben ist es wie mit der Fahrkartenstener. Ihr Ertrag ist gering, alnr ihre Last ist groß, Dis wirtschaftliche Lage der letzten Jahre war in folge der amerikanischen Krisis, die mit dem Zusammenbruche des Kupferspemlanten Heinze begann, ungünstig. Der amerikanische Markt soll sich zwar allmählich c-rholrn. Doch ist die Depression noch nicht merklich vom deutschen Wirtschaftsleben gewichen. Hier ¬ unter leiden natürlich auch die Staatseinnahmen. Gerade diese Erwägung drängt zur Sparsamkeit im Staatshaus halte. Das neue Stempelsteuergesetz bringt dem Staate erheb- liche Einnahmen, es legt aber dem Verkehr so vielerlei Belästigungen auf, daß man auf Abhilfe dringen muß. Der gewerbliche Mittelstand bedarf nach wie vor der Fürsorge der staatserhaltenden Parteien. Es gilt, den Nach wuchs im Handwerke mit einer guten fachlichen Ausbildung aus zurüsten. Das Genoffenschaftswesen ist zu fördern. Zu diesem Zwecke sind die Verhältnisse auch auswärts zu studieren und alles Nützliche bei uns einzuführen. Aus den sozialen und wirtschaft- lichen Kämpfen ist das dämonische Moment, das sie leicht zeigen, auszuschalten. Dazu können die Staatsbehörden mitwirken, indem sie bet Massenbewegungen jede unnötige Schärfe vermeiden. Die Gemeinsamkeit der Interessen führt doch immer wieder zusammen. Die nationalliberale Partei erstrebt als Ziel, daß die Existenz des ehrbaren Arbeiters gesickert und auskömmlich sei. Sie wünscht, daß für sie freie Bildungsmöglichkeiten unter staatlicher För derung geschaffen werden und daß sie ihr Teil erhalten an der Selbstverwaltung und Rechtspflege, insbesondere sollen auch Arbeiter zu Schöffen gewählt werden. Mit diesen Ausführungen ist nicht erschöpft, was die nationa'- liberale Partei beschäftigt und interessiert. Die wichtigeren Auf gaben, die der Gesetzgebung bevorstehen, sind in ihren Ke>»Punkten behandelt. Man sieht, wie die nationalliberale Partei sich zu den einzelnen Fragen stellt. Jeder, der für die naiionalliberale Partei in den Landtag einzieht, wird sich stets bemühen, zu er kennen, was das Beste für unser Land ist. Deshalb sind national liberale Kandidaten die gccigensten Männer für unser sächsisches Parlament. Ihnen sollte jeder liberale und nationale Mann zur Wahl seine Stimme geben! Politische Tagesschau. Aue, 24. September. * Ucbcr die Begegnung des Kaisers mit dem Sohne des lkumberländcrs in München veröffentlicht die Braunschweiger Landeszcilung folgende nähere Mitteilungen: Die Vorstellung det- Herzogs Ernst August (einen Prinzen, wie der Herzog jetzt meist bezeichnet wird, gibt es im Hause Vraunschweig- Lüneburg nicht, sondern alle Agnaten führen den Titel Herzog) während der Anwesenheit des Kaisers in München war schon seit längerer Zeit bestimmt worden. Von Berlin war Berliner Brief. Nachdruck verboten. (Bierkrieg in Sicht. — Die bedrängten Gastwirte. — EniboUsmne Arbeiter. — Die Pfcnnigrechnung beim Piisener. — Zwei verungiiickte Premieren. — Eine traurige Premiere. — Tragischer Tod zweier Verleger. — Zeppelin und Wright. — Der Propelter-Hnt. — Vergniigungsfabrten im Luftschiff. — Die boykottierte Straße. — HeiratS-Hausfen. — Schwarze Kinder einer weißen Mutter.) Nun scheint es wirklia, mit dem Bierkricg auch bei uns Ernst werden zu wollen, nachdem Köln und Leipzig mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Die organisierte Arbeiterschaft Groß-Berlins will sich eben die Verteuerung des Gerstensaftes aus leinen Fall uno in keiner Form gefallen lasten unk wirft den Gastwirten, die ein kleineres Maß verabreichen wollen, oder .für das jetzt üblich? Groschenquantum mehr als 10 Pf. verlangen, schlangweg Len Fehdehandschuh hin. Wie der Kampf ausgehen wird, ist natürlich zurzeit noch eine offene Frage, aber es sei daran erinnert, daß schon einmal die Arbeiterschaft in einem gleichen Falle als Sieger hervorgegangen ist. Sie verfügt auch heute wieder über eine so starke Gefolgschaft, und sie ist so gut diszipliniert, daß die Gastwirte, die höhere Preise nehmen werden, sich auf eine sehr gefährliche Machtprobe einlassen wür den. Co sehr die Arbeiter einen guten Trunk lieben und so innig sic auch den alten Dentschen nachsühlcn, die immer noch eins tranken, so sehr verstehen sie es, sich zu kasteien, wenn die Parole der Enthaltsamkeit ausgcgeben werden sollte. Kommt es dazu, so würden sich wohl an: meisten die Arbeiterfrauen freuen, d e sowieso darunter zu leiden haben, wenn zuviel ge trunken wird; ihnen kann also nur der Kamps einen Gewinn bedeuten. Für die übrige Bürgerschaft wird die Verteuerung des Bieres keine Krise bringen, in einigen Pilsener Bierstuben wird schon jetzt die Kvpferrechnung durchgesiihrt, indem für den halben Liter 32 Pf. gezahlt werken. Der East steckt dann der Rarität halber wohl die Pfennige ein und gibt den üblichen Obolus als Trinkgrld doch. Bei manchen Stammgästen findet man indessen, daß sie so lange trinken, bis nicht mehr not wendig ist, sich mit der Pfennigrechnung abzugeben. Das ist vielleicht der beste Ausweg aus dem Dilemma. Wer sich indessen mit diesen profanen Dingen nicht beschäftigen will, hat Gelegenheit, sich über zwei verunglückte Premieren den Kopf zu zerbrochen. Aus die eine wenigstens hatte man wie auf eine Sensation gewartet, aus die andere war man wegen des Autors neugierig. Zwei Wiener Schriftsteller hatten eine Groteske Gretchen geschrieben, die in Wien und anderswo mit durchschlagendstem Erfolge unzählige Male gespielt wurde. Möglich nun, daß vi'sere gestrenge Zensur an dem Gretchen ge rupft und gestrichen hat; möglich, daß die plumpe Eindeutigkeit weniger gefiel als das Pariser Paprika der Schlüpfrigkeit — genug: Die Groteske rasselte durch und Berlin war um die Sen sation gekommen. Noch weniger gut erging es der Bühne, die Dehmels - Der Mitmens ch herausbrachte. Der wundervolle Lnriker Rich. Dehmcl hat als Dramatiker eine Niederlage er litten, die ihm hoffentlich die Lehre geben wird, sich niemals mehr am flackernden Licht der Bühne die Hand zu verbrennen. Es ist ein zu gefährliches Feuer, dem sich nur der nahen darf, der einigermaßen durch eine gute dramatische Panzerung geschützt ist. Eine dritte Premiere verlief für einen großen Teil des Publikums ebenfalls traurig, nicht aber, weil das Stück nichts taugte, sondern weil während der Pause die Nachricht von dem tragischen Ende eines Mannes bekannt wurde, dem sehr viele der Zuschauer nahegcstanden haben, von dem Tode Richard Tacndlers. Man wollte das Unglaubliche anfangs kaum fassen, daß der «blühende Mann, der erst vor kurzem noch unter uns war, den Tod an der Helgoländer Küste in den Wellen gefunden haben sollte. Die Kunde von seinem traurigen Sch'ck- sal durcheilte mit Windeseile die Parkettreihen, so daß man noch bei Beginn des zweiten Aktes unter den Bann des erschütternden Ereignisses stand. Auch der Tod eines zweiten, in der Schriftstellerwelt sehr bekannten Mannes, des Verlagsbuchhändlers Hugo Steinitz, erregte schmerzliche Teilnahme, uni so mehr, als er ihn selbst in einem Anfall tiefster Schwermut herbeigeführt hatte. Das tragische Moment dabei ist, daß ein kleines Kind, das in dem Hause verkehrte, dem Manne selbst den Strick reichte, den es gefunden hatte, mit dem sich der Unglückliche eine Stunde später aufgeknüpft hat. Beide Männer, die zu den bekannten Erschei nungen bei Premiere:! gehörten, hat man also bei der «großen Metropoltheater-Premiere am Sonnabend nicht mehr gesehen, die wieder einmal durch die üppigste Toilettenpracht und Aus- stattungsefsekte zu einem besonderen Schlager geworden ist. Das mondaine Leiben spiegelt sich selten auf der Bühne eines Theaters so wieder, wie auf der des Metropoltheaters, und würden nicht durch die natürlichen Gesetze bestimmte Schranken gezogen fein, so könnte vielleicht auch Zeppelin und Wright mit ihren Luft fahrzeugen originaliter als Mitwirkende zugezogen werden. Vielleickt, wenn wir zur Form der griechischen Bühne, die auch oben essen ist, zurllckkrhren, könnte sich ein Aufstieg im Ballon in nnini-u vorführen lasten, und ungeahnte Perspektiven könn ten sich in diesem Falle für die Meister der Ausstattungstechnik eröffnen. Bis dahin muß man sich allerdings mit einem Not behelf begnügen. Zu: Erinnerung an Zeppelin und seinen zer störten Propeller hat die Mode natürlich für die Frauen den Pr 0 peIler - Hut geschaffen, eine Fasson, die an diesen Teil des Zeppelin-Ballons erinnern soll. Zwar gehört einigermaßen Phantasie Lazu, Ihn mit einem Propeller in Verbindung zu bringen, aber immerhin verdient das Ereignis historisch fest gehalten zu werden. Zeppelin hat nun oben einmal Schule ge macht, und nicht der geringste Erfolg seiner Fahrten will der sein, daß ein Ballonaufstieg zu den gewöhnlichen Vergnügungs fahrten ausgestaltet wird. Schon hat ein Berliner Schauspieler, Toni Jmpekowen, mit einer ihm befreundeten Dame in einem Luftschiff eine Luftfahrt unternommen, die ihn bis nach Rußland führte, und wenn nicht alles trügt, werken wir im Frühjahr derartige Fahrten in größerer Zahl zu registrieren haben. Wer es sich irgendwie leisten kann, wird sich also ein fach einen Ballon chartern und mit ihm das blaue Luftmoer durchkreuzen. Allzuviel kostet die Sache ja nicht, und man Kraucht durchaus kein Multimillionär zu sein, um sich diesen Luxus zu leisten. Da sich die Gegensätze noch immer berühren, mag hier die Tatsache erwähnt sein, daß die Berliner Armcnoerwaltung eine ganze Straße in Acht und Bann getan hat, will sagen, daß alle Armen, dir in dieser Straße wohnen^ keinen Pfennig Anter-