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Der sächsische Erzähler : 11.07.1935
- Erscheinungsdatum
- 1935-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-193507117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19350711
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19350711
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1935
-
Monat
1935-07
- Tag 1935-07-11
-
Monat
1935-07
-
Jahr
1935
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 11.07.1935
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!N und versuchte mit reellen Geschäften wieder zu verdienen, Der Riß durch Amerika. Das interessanteste Beispiel einer offensichtlichen Boden verschiebung ist Kalifornien. Dieser paradiesische Landstrich, ein breiter, langer Streifen des nordamerikanischen Konti nents, schwimmt langsam in nordwestlicher Richtung weiter. Wer im Flugzeug Kalifornien überquert, vom Meere her landeinwärts oder in umgekehrter Richtung fliegt, kann aus der Höhe ganz deutlich den Riß sehen, der durch das Land geht. Man findet hier Täler, die glatt abgeschnitten sind und erst ein paar hundert Meter nördlich ihre natürliche Fort setzung finden. Am augenfälligsten zeigt sich die Boden bewegung dort, wo zufällig Häuser über der Bruchlinie er baut wurden. Sie zeigen bereits in kurzer Zeit Risse, die sich von Jahr zu Jahr erweitern und schließlich zum Einsturz führen. Unablässig gleitet ganz Kalifornien am Festlands nach Nordwesten. Wird nicht in Millionen Jahren einmal eine Zeit kommen, da dies blühende Land «ine Insel ist, durch eine schmale Wasserstraße von Nordamerika getrennt- Die Wissenschaftler behaupten, dgß auch die Erdbeben diese» Gebiets im Zusammenhang mit der Landverschiebung ste- hen. Während das riesige Gebiet vorwärts gleitet, muß es eine ungeheure Reibung überwinden. Oft müssen Wider stände überwunden werden, und stoßweise rückt dann der Landstreifen ein Stück weiter. Auch das schwere Erdbeben vom Jahre 1906, dem San Franzisco zutn Opfer fiel, sott auf diese Weise entstanden sein. Lbg., Alimenlattonsprozeß — wegen eine» Pferdes. Der Landwirt Springer in dem tschechischen Dorfe Ploscha ist ganz plötzlich auf Zahlung von Alimenten ver klagt worden, ohne daß er sich auch nur im Traum je so et was gedacht hätte. Es ist eine sehr merkwürdige Bor- geschichte, die zu dieser Alimentatiopsklage führte und die sich bereits im Oktober des vergangenen Jahres abspielte. Der Kutscher R. war eines Tages mit einem zweispännigen Fuhrwerk über die Straß« gefahren, als ganz plötzlich ein Fohlen direkt in das Fuhrwerk hineinlief. Das junge Tier war aus dem Hofe des Landwirts Si ' Die beiden Pferde des ' aeinlief. Das junge Tier gewann und verlor oft an einem Tage ein Vermögen. Als Springer heraüsgclaufcn. seine Kapitalien bereits bedrohlich zusammengeschmolzen - es Fuhrwerks scheuten und jagten ganz waren, scheint sich Sir Edwin besonnen zu haben. Er kehrte plötzlich in wilder Jagd dem Fohlen nach, das die Dorsstraße von den großen Spielplätzen Europas nach Indien zurück entumglief. Der Kutscher verlor die Herrschaft über das hin- und versuchte mit reellen Geschäften wieder zu verdienen, Testament eine» großen Spielers. Eines der merkwürdigsten Testamente ist das des kürz lich verstorbenen Sir Edwin John, das vor wenigen Tagen in Gwalior in Indien geöffnet worden ist. John führte nicht umsonst bei Lebzeiten den Namen „König der Spieler" — sein ganzes Leben stand im Zeichen ein«r unbezwinglichen Spielleidenschaft. Edwin John war einer der reichsten Müh- lenbesiher des englischen Imperiums — er konnte sich seine Leidenschaft leisten. Als er sich mit 50 Jahren zur Ruhe setzte, galt fein ganzes Sinnen und Trachten der Aufgabe, die die meisten Spielratten zu lösen hoffen: der Erfindung eines wirksamen „Systems" zur Sprengung der Spielbanken. Sir Edwin John war in Monte Carlo, Nizza, Deauville und Zoppot gleichermaßen bekannt, er spielte mit Rieseneinsätzen, gewann und verlor oft an einem Tage ein Vermögen. Als und herschleudernde Gespann, stürzte plötzlich vom Bock und erlitt einen schweren Schädelbruch, dem er erlag. Dieser tragische Unglücksfall hat nun merkwürdige Folgen nach sich gezogen. Es ergab sich, daß die Lebensgefährtin des verun glückten Kutschers ein Kind erwartete, das, wie inzwischen einwandfrei festgestellt wurde, das Kind des Verstorbenen war. Jetzt hat die junge Mutter im Namen der Vormund- schastsbehörde eine Alimentationsklag« angestrengt — und zwar gegen den Landwirt Springer, dessen Fohlen seinerzeit den tragischen Unglücksfall heraufbeschworen hat. Das Zivil gericht in Brüx hat augenblicklich den schwierigen Fall zu entscheiden. Der Abschied des Lokomotivführers. Ueber 40 Jahre tat der Stuttgarter Lokomotivführer Reinhard Noll treu und pflichtbewußt seinen Dienst. 1,5 Millionen Kilometer hat er bis zur Erreichung der Alters grenze auf dem Führerstand von V-Zugs-Lokomotiven zu rückgelegt, und nie hat er sich im Dienste der reisenden Menschheit etwas zuschulden kommen lassen. Eine Fahrt von Würzburg nach Stuttgart führte ihn jetzt in den wohl verdienten Ruheständ. Was er schon oft seinen Kameraden versichert hatte, setzte der Lokführer Noll nun auch in die Tat um. Zum Abschied von seiner treuen Lokomotive war ihm das festtäglichste Gewand gerade gut genug: zu seiner letzten Fahrt bestieg er dtn gewohnten Führerstand in Frack, Zylin der. und weißer Weste. Slls er unter den Glückwünschen sei ner Kollegen um 20.24 Uhr seine Berufsgefährtin verließ, war Noll „Lokführer a. D/; gleichzeitig war auch der Wunsch seiner biederen Lebensgefährtin in Erfüllung ge gangen: „Gell, paß fei auf, daß d'r nix passiert am letzte Ein wertvoller Irrtum. Di« andauernd ungünstige Wirtschaftslage der letzten Jahr» war dem Möbelstwrikanten Formayer in der ungari sche» Stadt Szegedin zuyr Verhängnis geworden. Das Un ternehmen brach zusammen, die Fabrik mußte verkauft werden, und.mit der Zeit schmolz auch das persönliche Eigen tum Iormctyers bis auf das Letzte dahin. Er verarmte völlig, nur eine alle Münze blieb zurück. Es war «in Erb stück, das von dem Großvater seiner Fvau stammte Der hotte in den napoleonischen Kriegen mitgekämpft. Bon die sem Andenken vermochte sich der ehemalige Fabrikbesitzer nicht zu trennen. Schließlich kam aber doch der Tag, an dem er die Münze HU Gelde machen mußte. Er ging damit zur Bank, ohne allerdings Pt erwarten, daß er eine nam hafte Summe für die alt« Münze erhalten würde. Formayer sollt« angenehm enttäuscht werden. Als er mit einem Bank- angeshellten veichandelte, kam zufällig der Leiter der Bank hinzu. Er sah sich die Münze an und erkannte auf den ersten Blick das außerordentlich wertvolle Stück. Davon waren im Jahre 1806 nur zehn geschlagen worden. Der Grund, wes halb die Ausprägung dieser Münze so schnell eingestellt wurde, lag in «inöm ärgerlichen Versehen, das bei der Prä- mmg vorgefallen war. Man hatte nämlich einen falschen Münzstock verwandt, und so kam es, daß die ersten zehn Münzen auf der «inen Sette die Inschrift ,^'Empereur Napoleon", auf der anderen aber die dazu schlecht passende Beschriftung „RSvübllque Franyaise" trugen. Der Betrag, den Formayer für das seltene Stück erhielt, ging in die Zehntausend« und befreite den Glücklichen mit einem Schlage aus allen geschäftlichen Schwierigkeiten. Woraus zu ersehen, daß auch Münzen ihre Geschichte haben können. Wenn da mals der Präger geahnt hätte, welch gutes Werk ein Jahr- hundert später eins seiner Fehlerzeugnisse vollbringen würdel ! Selbstmord nicht wagt und lieber den «rgednislosen Kampf weiter führen will, damit sie nicht glatt verhungert. Sch er such», meinen Leichnam direkt der Anatomie zu übermitteln, da Mittel für ein Begräbnis nicht vorhanden sind, ich übri gens auf Zeremonien und Reden keinen Wert lege und das hierfür verschwendete Geld lieber einer Lebenden, das ist, meiner Frau, zugute kommen soll." — Bildhauer Taglang hatte früher für das In- und Ausland viele Arbeiten aus- aeführt und war auch dem Schöpfer der .Lriegsfaust", die siir BenaaeluNgszwecke geschaffen würde. An zahlreichen Aktionen für humanitäre Zwecke hatte Taglang mitgewirkt, besonders zur Bekämpfung der Notlage der Künstler und für di« Kinderverschickung nach Schweden. — Die vereinsamte S«L Ueberraschend ist «ine Fest- stellung. die in diesem Sommer englisch» Zeitungen gemacht haben: die See und die Seebäder vereinsamen, wenigstens -in England. Seebäder sind nicht mehr „sashionable"! Die dekannton Bäder an Englands Küsten und auf den Inseln Wight und Man sind in diesem Sommer wenn nicht gerade verödet, so doch nicht halb so gut besucht wie in früheren Jahren, und außerdem kann man di« Beobachtung machen, daß die Mehrzahl der Badegäste, insbesondere die Weiblich keit, überhaupt nicht badet, sondern ihre Badeanzüge nur zum Ansehen spazierenführt. Diese Erscheinung ist nicht etwa auf ungünstiges Badewetter zurückzüsühren, denn auch England hat schon siedendheiße Sommerwochen hinter sich Man hofft jedoch, daß dieser schlechte Besuch der englischen Seebäder nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Dagegen wird aus Schottland und seinen schönen Gebirgsgegenden «in gesteigerter Fremdenhesuch gemeldet. — Ein Heiratsschwindler hilft dem anderen. Durch ein raffiniert ausgeklügelte« Ränkespiel ist Ida, eine Hausange- stellte, um ihre Ersparnisse gebracht worden. Sie war einem Heiratsschwindler ins Garn gegangen, der ihr die Ehe ver sprach und si« nach und nach um 1000 Mark erleichterte. Als Gegenleistung erhielt sie einige Geschenke und Schuldscheine über die „Darlehen". Ms ihre Ersparnisse den Besitzer ge wechselt hatten, erschien merkwürdigerweise eines Tages der Verlobte, ein «rvisser L., nicht zum verabredeten Stelldich- «in. Statt dessen wurde sie zufällig" von einem recht ele gant und nett aussehenden Jüngling angesprochen, der sie zu einer Taffe Kaffee einlud und sich als Graf B. vorstellte. Aus der Bekanntschaft mit dem vornehmen Herrn entwickelte sich -in« Freundschaft. Der 23jährige „Graf" erklärte plötzlich, er könne ohne Ida nicht mehr leben. Sie solle sich von ihrem Verlobten trennen und ihm vor allen Dingen die Geschenke und Schuldscheine wieder zurückgeben. Damit der verlassene Liebhaber Trost finde, übergab der „Graf" Ida «in Empfeh lungsschreiben, auf Grund dessen ihr Verlobter in Pommern leicht eine Stellung finden würde. Ida befolgte den Rat. L. war auf diese Weise seine Schulden los, schaffte sich eine neue Freundin an, verkaufte ihm zur Aufbewahrung anver- traute Garderobestücke und verschwand auf Nimmerwieder sehen. Allmählich merkte nun auch Ida, in welche Falle sie gegängen war. Der „Graf" entpuppte sich ganz prosaisch als Erwin K., «in Busenfreund ihres früheren Verlobten. Da es bisher noch nicht gelungen ist, des bereits vorbestraften „Bräutigams" habhaft zu werden, gab es jetzt vor dem Ber liner Schöffengericht für Ida nur -in Wiedersehen mit sei nem „vornehmen Rivalen". Das Verfahren wegen Betruges wurde abgetrennt, bis man L. erwischt hat und nur di« Ur- ' zur Aburteilung gebracht. In der Derhand- lung stellte sich heraus, daß K. nicht nur das Empfehlungs schreiben gefälscht, sondern auch ein« Steuerkarte dahin ab- geandert hatte- vaß er über ein Einkommen von 2500 Mark moNakliH beifüge. Die yuittung erhielt er zunächst in Gestalt eines halben Jcchres Gefängnis. » was er in feiner Spielleidenschaft verloren hatte. Sein Testa- ' ment beweist, daß ihm dies gelungen ist — er hat seinen i Erben ein stattliches Vermögen hinterlassen. Aber dies > Testament hat dennoch einen Haken — es beweist, daß kurz vor seinem Tode die alte Spielerleidenschaft des Sir John noch einmal elementar zum Ausbruch kam. Er hat nämlich in seinem Testament bestimmt, daß ein bedeutender Teil sei nes Vermögens flüssig gemacht werden solle, und er knüpft an die Erbschaft die Bedingung, daß sein jüngster Sohn in seine Fußtapfen treten und den, wie er sich ausdrückt, abge brochenen Kampf gegen die Spielkasinos fortsetzen sollte. Es scheint der letzte Traum des alten Spielers gewesen zu sein, daß es seinem jüngsten Sohn einmal gelingen möchte, die Spielbanken zu sprengen. Die drei Söhne des Verstorbenen sind tüchtige Geschäftsleute, die die Leidenschaft ihres Vaters glücklicherweise nicht geerbt haben. Um so entrüsteter sind sie jetzt über die eigenartige Testamentsklausel, die den jüngsten Bruder zwangsläufig dem Spielerschicksal ausliefern will. Wie verlautet, haben besonders die beiden.ältesten Brüder Schritte eingeleitet, die eine Ungültigkeitserklärung des Spieler-Testaments anstreben. Amerikanischer Spleen. Eine amerikanische Gelehrt« hat unlängst einen inter essanten Aufsatz erscheinen lassen, mit dessen merkwürdigem Inhalt sich jetzt die amerikanische „Vereinigung für wissen schaftlichen Fortschritt" in einer ihrer letzten Versammlungen befaßte. Die Gelehrte, die sich hauptsächlich mit der Psycho logie der Berufsverbrecher besaßt, behauptet nicht mehr und nicht weniger, als daß gute Musik das beste Heilmittel für Verbrecher oller Art sei. Sie habe, erzählt sie in ihrem Auf satz, jahrelang in dieser Richtung praktische Versuche an Ver brechern unternommen und dabei die Beobachtung gemacht, daß edle Harmonien eine außerordentlich besänftigende und verbessernde Einwirkung auf allerlei verkommene Subjekte haben. Der Vorschlag, die Häftlinge in den großen Straf anstalten künftig mit Hilfe der Musik zu anständigen Men schen zu machen, hat allerdings in Amerika größte Heiterkeit heroorgerufen, und verschiedene amerikanische Blätter konn ten es sich nicht versagen, farbenreiche Zukunftsbilder in dieser Richtung zu entwerfen. Man sieht bereits im Geiste den mehrfachen Raubmörder in Anstaltskleidung andächtig lauschend neben dem Klavier sitzen, dem ein Pianist die Klänge der „Zauberflöto" oder der 9. Sinfonie entlockt. Bccthovcnsche Sonaten sollen sich — wie die amerikanisch« Gelehrte versichert, ganz besonders für diese Experimente eignen. Es wird auch bereits der Vorschlag gemacht, in Zu kunft nur noch Kapellmeister als Direktoren der großen Strafgefängnisse und Zuchthäuser zu berufen. Man erwägt bereits, in regelmäßigen großen Orchesterkonzerten und mit anderen musikalischen Darbietungen im Handumdrehen au» den Missetätern nützliche Glieder der menschlichen Gesellschaft zu machen . .. Ae Amsr - üi MM les »Ws. Konttnenle auf der Wanderung. — Amerika bewegt sich westwärts. — Kalifornien schwimmt nach Horden. Der Direktor der Jesuiten-Sternwarte von Zicaw-i bet Schanghai. Pater Leiay, hat auf Grund von jahre langen Studien und Messungen scstgestellt, daß der amerikanische Kontinent sich langsam aber beharrlich westwärts bewegt. Fall» der Gelehrte genügend Be weise für diese Tatsache zu liefern vermag, wäre da mit di« Richtigkeit einer Behauptung erwiesen, die auch der deutsche Geograph Wegener bereits ausgestellt hatte. Die unermüdlichen Forschungen der geologischen Wis senschaft haben seit langem zu der Erkenntnis geführt, daß sich unsere alte Erde in einem dauernden Umbildungsprozeß oefindet. Das Gesicht der Erde verändert sich ständig, und wenn auch die geringen Verschiebungen auf der Erdober fläche nur schwer wahrnehmbar find — den genauen Messun gen der Geographen und Geologen entgehen auch die klein sten Veränderungen nicht, der noch immer lebendige Kern des Erdinnern sorgt dafür, daß auch die Erdoberfläche stän dig in Fluß gehauen wird. Langsam aber deutlich wahr nehmbar erfolgen neue Faltungen der Erdkruste, entstehen und vergehen Erdteile und Meere. Der Geologe erkennt mit geübtem Auge an dem Gesicht einer Landschaft, daß das vor ihm liegende Land vor Tau senden von Jahren ein wesentlich anderes Aussehen hatte. Wo heute ein großer Binnensee liegt, war vor vielen Zeit altern vielleicht einmal ein Gebirge, wo Inseln einsam im Meere schwimmen, sind sie oft nur die letzten Reste eines einstmals zusammenhängenden Kontinents. Erdteile reißen entzwei, spalten sich und gleiten auseinander, ungeheure Strecken Landes versinken im Meer« . . . Das Angesicht unserer Erde wie sie heute ist, erzählt dem Geologen die Geschichte der Erdentwicklung in Jahr millionen. Wenn man heute im Hochgebirge ost genug Meeresablagerungen und Versteinerungen und Abdrücke von Meerestieren findet, so ist damit der deutliche Beweis er brächt, daß vor Millionen Jahren einmal das Meer um die höchsten Gipfel spülte, und man kann wohl mit Recht be haupten, daß die alte Ueberlieferung von der „Sintflut" auch nichts anderes ist als die Erinnerung an eine jener ge waltigen Naturkatastrophen vor vielen tausend Jahren, bei der eben weite Lanvstrecken durch irgendwelche Erderschütte rungen im Meere versanken. England früher keine Insel. In vulkanischen Gebieten der Erde verändert sich natur gemäß das Antlitz der Erde am deutlichsten. Aber auch in unserem fast erdbebenfreien Europa lassen sich deutlich die Verschiebungen der Erdoberfläche erkennen. So haben die Geologen aus vergleichenden Messungen und Beobachtungen festgestellt, daß England früher einmal keine Insel war, son dern nur den nördlichsten Ausläufer Europas darstellte. Messungen haben ergeben, daß sich die Kanalküste Frank reichs jährlich um 3 Zentimeter senkt. Man kann daraus mit Recht den Rückschluß ziehen, daß vor Millionen Jahren eine feste Landverbindung an Stelle des heutigen Kanals vorhanden war» und haß nur infolge einer kontinuierlichen Bodensenkung an dieser Stelle die Meeresverbindung zwi schen Atlantik und Nordsee geschaffen worden ist. Man kann sogar zweifelsfrei behaupten, daß sich die Mündung des Rheins ursprünglich an. einer Stelle befand, an der heute die Doggerbank liegt. Am sensationellsten aber erscheint die Feststellung der Gelehrten, daß die Themse in früheren Lebensaltern unserer > __ 1 Erde einmal nichts anderes gewesen ist al» ein linker Neben- fluß des Rheins. Wenn wir heute die Landkarte betrachten, uns die feste Landbrücke zwischen dem Festland und England vorstellen und den Lquf des Rheins kühn «in wenig weiter zeichnen, so erscheint diese These durchaus nicht unwahr scheinlich. j Skandinavien 300 Meter höher. Aehnliche Beobachtungen hat man auch in den Nieder landen an der Zuidersee machen können. Während nun in den Niederlanden sich der Boden unablässig senkte, bis er. heute 5 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, wird Skandi,.. naoien unablässig ein Stückchen höher aus dem Meer« ge hoben. Di« Wissenschaft hat errechnet, daß der Mittelteil Skandinaviens seit der Eiszeit etwa 300 Meter empor gefaltet worden ist, während an den Küsten die Hebung, weniger spürbar ist. Noch heute beträgt die Hebung des Landes etwas 1 Zentimeter im Jahr. Wenn man nun zunächst glaubt, daß derartig geringe Bodenverschiebungen auf das Leben der Menschen kaum einen wesentlichen Einfluß hätten, so muß man sich einmal vor Augen halten, daß heute beispielsweise in Skandinavien, 80 Proz. der gesamten Bevölkerung auf einem Boden lebt, der vor zehntausend Jahren noch unter dem Meeresspiegel lag! Jeder Meter, um den sich das Land aus dem Meer« hebt, läßt riesige Strecken neuen Bodens für die Menschen erstehen. Revolution im Schiefergebirge. Die dauernden Schwingungen der Erde machen sich auch. bei uns in Deutschland an bestimmten Stellen deutlich fühl bar. So müssen beispielsweise alle paar Jahre im „Binger Loch" umfassende Sprengungen vorgenommen werden, weil die andauernde Hebung des Bodens im Rhein zur Be hinderung der Schiffahrt führt. Das gesamte rheinische Schiefergebirge ist in Tausenden von Jahren langsam uM 200 Meter in die Höhe gestiegen. Verschiebungen machen sich auch im Ruhrgebiet bemerk bar, hier allerdings in schräger Richtung. Gerade in den Bergbaugebieten ist eine ständige geologische Kontrolle durch genaue Messungen über derartige Verschiebungen not wendig.
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