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Frankreichs früherer Iustizminister wegen Mi-brouchs seines politischen Einflusses vor Gericht. Der ehemalig« sraxzöflfche Iustizminister »nd Abgeordnete, Rechllanwalt Rens Reneuli, steht gegenwLrlig vor dem Parts«» Ge schworenengericht. Unter Mißbrauch seine« politischen Einfluss«» hatte er vom General- staattanwalt die Aufhebung einer Gefängni«- flraf« für den Sroßbetrüger SkaviSK» ge- fordert und sich dafür nicht wenigtr al« S0000 Franken „Honorar- zahlen lasten. Unser Bild zeigt Renault mit seinen beiden Verteidigern vor den Geschworenen. (Scherl - M.) RenL Rerroult freigesprochen. — Lärmszenen im Gericht. DNB. pari«, 6. Juni. Der frühere Iustizminister Se nator Renö Renault, gegen den im Zusammenhang mit dem Stavisky-Skandal Anklage wegen Bestechlichkeit er hoben worden war, ist am Donnerstag vom Schwurgericht he- Seine-Departements freigesprochen worden. Während die Geschworenen im Prozeß gegen den früheren Justizminister Renault über das zu fällende Urteil berieten, drang eine Gruppe von jungen Leuten, die an scheinend der Action Francaise angehörten, in den Sitzungs saal des Schwurgerichtes mit dem Ruf „Nieder die Be trüger". Die Manifestanten durcheilten alsdann die Wan delgänge des Justizpalastes und vollführten einen Höllen lärm. Sie mußten gewaltsam von den Wachen aus dem Gebäude entfernt werden. werde, schreibt „Oeuvr e", nur bis zum 31. Oktober auf dem Verordnungswege Maßnahmen ergreifen und sie nqch vor Ablauf des Jahres dem Parlament zur Ratifizierung unterbreiten. Außerdem soll das Parlament nicht vorzeitig in die Ferien geschickt werden, jedoch ist dabei der Vorbehalt gemacht, daß Laval Jnterpellationsaussprachen nur für wirklich wichtige Fragen annehmen wird. „Echo de Paris" veröffentlicht folgende Erklärung Lavals: „Die Art der Vollmachten, die ich b-«-'-age, er laubt es mir, nach meinen Besprechungen mit den verschie denen politischen Gruppen und besonders den Radlkalsozsa- listen auf eine breite Mehrheit zu rechnen, die sich der Not wendigkeit bewußt ist, umfangreiche Einsparungen vorzu nehmen. Nur wenn die Regierung eine energische Deflation durchführt, kann sie die Finanzen sanieren. Die Opfer, die die Gemeinschaft wird bringen müssen, werden weniger drücke« und besser verteilt sein al» die Opfer, die zwangs läufig mit einer Währungskrise verbunden sind. Die Re gierung der zum Handeln bereiten Union, die ich gebildet habe, ist entschlossen, olle, ins Werk zu sehen, um die Spe- kululion gegen den Franken zu brechen und unsere Wäh rung zu rettenl" In diesem Sinne wünschen die meisten Blätter Laval Erfolg. „Die Nation braucht eine starke Regierung", schreibt u. a. die radikalsozialistische „Republiqu e". „Die Oef- sentlichkeit verlangt sie und das Parlament würde unver zeihlich handeln, wollte es Widerstand leisten." Das „P e - t i t I o u r n a l" erwartet von den Fähigkeiten, die Laval als Außenminister entwickelt hat, einen wohltuenden Ein fluß auch auf die innerpolitisch durch Jntriguen gekennzeich nete Lage. Stärker als alle Doktrinen und Theorien habe die Not, die als Mutter der Völkergeschichte gelten könne, Donnerstag abend gesiegt, so daß Pierre Laval die fast einmütige Zustimmung der radikalsozialistischen Gruppe habe erlangen können. Unzufrieden mit der Sendung, die die Dinge genommen haben, ist die sozialistische Partei, de ren Führer Blum im Parteiorgan „P opulaire" die Be hauptung aufstellt, daß man um die Auflösung der Kam mer doch nicht herumkommen werde, denn aufgeschoben sei nicht aufgehoben. Persönlichkeiten um Faval. > Parts, 7. Juni. (Eig. Funkmeld.) Von den neuen in das Kabinett eingetrctenen Persönlichkeiten beansprucht der Flnanzminister Regnier wegen der bekannten finan ziellen und währungspolitischen Schwierigkeiten Frank reichs ein besonderes Interesse. Rögnier ist kein unbekann ter Politiker. Von Beruf Rechtsanwalt und vielseitig journalistisch tätig gewesen, wurde er 1903 in die Kammer und 1920 in den Senat gewählt. 1932 wurde er Präsident des Finanzkomitees der autonomen Amortisierungskasse. Im Kabinett Flandin hat er den Posten des Innenministers bekleidet und in dieser Eigenschaft eine viel beachtete Besich tigungsreise nach Algerien und Tunis durchgeführt, um ini Auftrag der Regierung die dortigen krisenhaften Zustände zu untersuchen. Rsgnier gehört der radikalsözialistischen Partei an. Er steht im 67. Lebensjahre. Ein markanter Kopf der neuen Regierung ist Kriegsmi nister Fabry. Von Beruf Offizier, war er 1916 und 1917 ini Großen Hauptquartier ein Mitarbeiter des Marschalls Joffre. Seit 1919 gehört er der Kammer an. Unter Poin- cäre und Francois-Marsal verwaltete er das Kolonialmini sterium. Dem zweiten Kabinett Daladier gehörte er als Minister der Landesverteidigung an, bis die blutigen Februarereignisse 1934 ihn mit dem Kabinett zum Rücktritt veranlaßten. Er steht der Gruppe Tardieu nahe und hat als Vorsitzender des Heeresausschusses der Kammer in Wöbt und Schrift für eine starke Heerespolitik geworben. Der neue Unterrichtsminister Marcombes ist Radi kalsozialist. Von Beruf Arzt, hat er als Unterstaatssekretär in vielen linksgerichteten Kabinetten mitgearbeiteti Er zählt 58 Jahre. Der neue Iustizminister Lüon Börard ist eine als Rechtswissenschastler und Gelehrter bekannte Persönlichkeit. Jahre hindurch war er der Sekretär Poincarös. Er war be reits öfter Unterrichts- und Justizminister und gehört der Akademie Francaise an. Berard steht im 59. Lebensjahre. ' Ein unbeschriebenes Blatt ist der Pensionsminister Maupoile, der von Beruf Weinbergsbesitzer ist. Er wurde 1924 zum ersten Mal in die Kammer gewählt. Er ist 44 Jahre alt und bei den Radikalsozialisten eingeschrieben. ' . Handelsminister Bonne, geboren 1889, ist als Parla mentarier und Minister schon öfter hervorgetreten. Er ist überzeugter Radikalsozialist und hat verschiedenen Regie- Englands kommende MW«. London, 6. Juni. Die Kabinettsliste, die Baldwin am Freitag nach dem Rücktritt Macdonalds dem König unter breiten wird, hat nach Informationen der „Evening News" folgendes Aussehen: Ministerpräsident: Baldwin; Lordpräsident des Ge heimen Rates: Ramsey Macdonald; Schatzkanzler: Ne ville Chamberlain (unverändert); Lordkanzler: Lord Hüilsham; Innenminister und Stellvertreter des Mini sterpräsidenten im Unterhaus: Sir John S i m o n ; Außen minister: Sir Samuel Hoare; Dominienminister: Tho mas (unverändert); Kolonialminister: Malcolm Macda nn l d ; Erster Lord der Admiralität: Sir Bolton EYves Man feil (unverändert); Luftfahrtminister: Sir Philipp Cunlifse - Le st e r , der zum Rang eines Peers erhoben chird; Unterrichtsminister: Oliver Stanley ^ Arbeits minister: Ernest Brown; Landwirtschaftsministsr: Wal ter El liot (unverändert); Gesundheitsminister: Sir Hil ton Aöurig (unverändert); Wirtschaftsminister: Walter Runciman (unverändert); Postmiyister Sir Kingsley Wood (unverändert); Minister für Schottland: Sir God frey Collins (unverändert); Staatskommissar für öffent liche Arbeiten: Sir Ormsby Core (unverändert); Ver- kehrsminister: Höre Belt sh a (unverändert); Lordsiegelbe wahrer: Anthony Eden (unverändert). Zum Staatssekretär für Indien wird voraussichtlich Lord Linlithgow ernannt werden. Als Anwärter für den Posten des Kriegsministers wird der jetzige Finanz sekretär des Schatzamtes Duff Cooper genannt. Aus dem Kabinett Macdonäld scheiden also aus: der Unterrichts minister Lord Halifax, der Lordkanzler Lord S a nkey, der Innenminister Sir John Gilmour und der Luft- fahrtminister Lord Londonderry. DNB. London, 7. Juni. (Eig. Funkmeld.) England steht heute im Zeichen der Kabinettsumbildung, Ramsey Macdonald tritt nach genau sechsjähriger ununterbrochener Amtstätigkeit als Ministerpräsident von der Führung der nationalen Regierung zurück und räumt seinen Platz dem Führer der Konservativen Partei, Stanley Baldwin, ein. rungen des Llnkskartells al» Händel»- oder Finanzministek angehört. , , , . < Sie Mennigen des Verbandes derSkene^ahI«in-«is Große Protestversammlung. pari», 7. Juni. (Eig. Funkmeldä.) Der Verband der Steuerzahler hak am Donnerstagabend die ängekündiate Rlassenprotestversammlung in einem der grüßten pariser Säte abgehatten. Tausende yon Flugzetteln waren im Laufe des Tage» durch Flugzeuge Über der Hauptstadt ab geworfen worden. Eine Maschine, die aut dem Flugplatz Orly mit einer neuen Ladung von Flugschriften aufsteigen wollte, ist beschlagnahmt und der Flugzeugführer in Hast genommen worden. Die Blätter der marxistischen Front protestieren gegen diese Flugzeugwerbung mit der Be hauptung, die Flugzeuge seien von den rechtsstehenden Ver bänden gestellt worden. Der Verband der Steuerzahler hat jedenfalls 4000 Personen auf die Beine gebracht, die folgen- de Entschließung angenommen bähen: „Der Ernst der, wirtschaftlichen und politischen Lage er fordert entschiedene Lösungen. Wir erkennen an, daß in einer geordnete« Gesellschaft alle Bürger Steuern zahlen müssen, damit-le Nation leben kann. Mr weigern un» aber, eine Politik zu finanzieren, die dazu dient, die Par teien zu unterhalten, wir bitten de« Präsidenten der Re publik, dafür zu sorgen, daß die Autorität wiederhergepellt, das parlamentarische Vorrecht, die öffentlichen Ausgaben zu beschließen, beseitigt, der Haushalt durch Einschränkung der Ausgaben ins Gleichgewicht gebracht, die Währung gehal ten und jeder Betrüger und Spekulant unerbittlich verfolgt werde." Nach Beendigung der Versammlung kam es zu leichten Zusammenstößen mit Mobilgarde. Vier Personen erlitten Verletzungen. Eine von ihnen mußte in bedenklichem Zu stande ins Krankenhaus eingeliefert werden. ' Am Donnerstag sind Sparkasseneinlagen in größerem Umfange abgehoben warben, Die Sparer,- die ihr Vertrauen verloren habest, wähnen ihr Geld zu Hause sicherem Die Umbesetzungen sind so vorgenommen worden, daß der Charakter der „nationalen",.d. h. alle Partreiströmungen umfassenden Regierung, gewahrt bleibt. Die wichtigste Äen- derUng besteht darin, daß ein Konservativer anstatt eines Arbistterpaneuers an die Spitze der Nation tritt. Die aesamte Morgenpresse veröffentlicht bereits voll ständige Kabinettslisten, die in allen Punktest übereinftim- men und mit einigen wenigen Ausnahmen den bisherigen Voraussagen «entsprechen. Als neuer Krlegsmjnister wird jetzt Lord Halifax, der bisherige Kultusminister, genannt. Der bisherige Lorosiegelbewqhrer Eden wird voraussichtlich zum Minister ohne Geschäftsbereich ernannt und dadurch Mitglied des Kabinetts werden. Er wird seine Tätigkeit im auswärtigen Amt fortsetzen und sich wie bisher hauptsächlich mit Völkerbundsfragen. befassen. Der bisherige Luftfahrt minister Lord Londonderry wird Führer des Oberhauses und erhält, wie die Presse meldet, gleichzeitig den Rang des Lordsiegelbewahrers. z Kabinett Baldwin. Das englische Kabinett hielt soeben eine feierliche Schlußsitzung ab, bei der der scheidende Ministerpräsident MacDonald feinest Kollegen seinen Dank aussprach. Präsident der neuen englischen Regierung ist der bisherige stellvertretende Ministerpräsident Balow in, (Weltbild — M). . ", Macdonald wünscht Unterstützung Waldmins durch die Ardeiterpartdr. London, 7. Juni. (Eig. FunkMeldg.) Baldwin tyird am Sonnabendabend in seiner Eigenschaft als neuer Mini sterpräsident Englands von Himley Hall aus eine Rund funkbotschaft an das englische Volk richten, die auch nach Amerika übertragen werden wird. Macdonald wohnte am Donnerstagabend einer Ver sammlung der nationalen Arbeitergruppe bei und bat sie, die Nationalregierung unter der Führung Baldwins mit derselben Begeisterung zu unterstützen, die sis in der Ver gangenheit gezeigt habe. " Ist einem Leitartikel zur Kabinettsumbildung schreibt die „Times", England habe «ine wirkliche Dankesschuld an Macdonald, die im Hinblick auf die vergangenen Gescheh nisse eher wachsen als abstehmen werde. Er habe die Vor aussicht gezeigt, eisten großen Versuch zu unternehmen, ünd die Weisheit und Selbstbeherrschung, die zur Durchführung dieses Versuches erforderlich waren. Seine Einsamkeit habe ihn vielleicht manchmal unnötig mißtrauisch gemacht, aber in der Oeffentlichkeit habe er auf jeden Fall unfehlbar Takt und Duldsamkeit gezeigt. Er habe, ferner bei Gelegenheit wirkungsvoll, aber niemals zu viel eingegriffen, um der Außenpolitik eine Richtung zu geben. Französische Hoffnungen und Wertungen zur Umbildung des eng lischen Kabinetts. Paris, 7. Juni. (Eig. Funkmelda.) Die Umbildung des englischen Kabinetts ist in Paris seit Wochen« «rwartet worden. Die Ablösung Macdonalds durch Baldwin wird mit Genugtuung ausgenommen, ebenso die Uebernahms des Außenamtes durch Sir Samuel Hoare. Obwohl man keine allzu großen Veränderungen in der allgemein-politischen Einstellung Englands von diesem Wechsel zu erwartest scheint, rechnet man offensichtlich doch mit einer kräftigeren Betonung der französisch-englischen Jnteressenverbuttden- heit. Deshalb wird es einem Pertinax im „Echo de Paris" nicht schwer, Macdonald den Eselstritt zu versetzen. Er wirst dem bisherigen Premierminister vor, sich auf allen Gebieten verrechnet zu haben. Der Artikel des „Echo de Paris" gipfelt ebenfalls in äb^ fälligen Bemerkungen über Macdonald. „L'Ordre" legt besonderen Nachdruck auf die Entfern nung Sir John Simons, dessen Politik niemals eindeutig genug auf Frankreich eingestellt gewesen sei. Cs bestehe also große Aussicht, daß weder Frankreich noch alle übrigen friedlichen europäischen Länder viel mit ihm verlören. Sie dklW-rngWen Aotlenbesprechllngen. DNB. London, 7. Juni. Die deutsch-englischen Flotten besprechungen wurden am Donnerstagabend in einer bei» nahe dreistündigen Sitzung fortgesetzt. Der englische Außem Minister Sir John Simon und der Erste Lord der Admirali tät, Sir Bolton Eyres-Monsell, wohnten den Erörterungen; ein« Zeitlang bei. London, 7. Juni. (Eig. Funkmeld.) Im Verlauf der deutsch-englischen Flottenbesprechungen berichtet die „Ti mes , daß man glaubt, daß die Besprechungen befriedigend fortschreiten. Am Freitagnachmittag finde eine weitere Sit zung statt, auf der beschlossen werden soll, ob die Verhand lungen über Pfingsten vertagt werden sollen. Der Flottenkorrespondent des „Daily Telegraph" mel det, daß die Besprechungen bereits eine beträchtliche Strecke vorbereitender Arbeit zurückgelegt hätten. Die Annahme, daß die Grundlage für eine Verständigung schon in Sicht sei, wäre verfrüht. Aber anderseits bestehe gegenwärtig kerne Ursache, einen toten Punkt zu befürchten. In zultän Ligen Kreisen wird der rein prüfende Charakter der Der Handlungen besonders stark betont. Unter keinen Umstän