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D-rMW-FrMrr Dienstag, den 8. Januar 1935 Nr. 6 90. Jahrgang Tageblatt furMsHoßwerda Einzige Tageszeitung im Amtsgertchtsbezirk Bischofswerda- und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist da« zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt machungen der Amtshauptmannschaft, des Hauptzollamt» und des Be» -irksschulamt« -u Bautzen sowie d«, Finanzamt» und de« Stadttat« zu Bischofswerda und der Gemeindebehörden behördlicherseits bestimmtt Blatt Erschetaungiwelse, Täglich «N «usaahia» der «mm- und Feier tage. Bezugeprei« für di, Zett eine» halb«» Monat«: Frei in, -au, halbmonatlich Mark UE bet» Ab holen tu der GefchSft»- stell« wSchentllch «5 Via Einzelnummer 10 Vf» (Sonnabend- nummer IS Psg) Aleukirch und Almgegend Unabhängige Zeitung für alle Ständein Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustrierte» Sonntagsblatt - Heimatkundlich» Beilage > Frau und Heim > Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag von Friedrich May, G. m. b. 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Senats- Präsident Greiser hob hervor, daß sein Besuch in Warschau die be stehenden Beziehungen zwischen Polen und Danzig vertiefen solle. * In Polen ist strenger Frost eingelreten. Im Gebiet von Wilna hat die Kälte 3Z Grad erreich«. Die Züge haben vielfach ^Verspätungen, da Heizungsröhren platzten. * wie der Mitarbeiter der Londoner .Morningpost" schreibt, plant man in englischen Begterungskreiseu eine Wiederankurbelung der Abrüstungskonferenz. Bereit» in der kabinetlssihung am Mitt woch soll über die Wiederbelebung der Konferenz beraten werden. * Die italienisch-französische Vereinbarung fleht in der Lon doner Morgenpresse im Mittelpunkt de, Interesses. Vie „Lime»" ist her Anficht, bah die Protokolle die Ausfichten für ganz Europa gebessert hätten. Der diplomatische Mitarbeiter des „New» Ehro- nirle" meint, Frankreich und Italien würden in elnlgen Wochen die interessierten Mächte zur Besprechung der Nichteinmischung»- und Sonfullakivpakte nach Nom «Irlladen. * Nach einer Hava-meldung au» Nom hat Laval da» Vorhan densein de» angeblichen Protokoll» über die Abrüstungsfrage de- meniiert. L» seien, so sagte Laval, nur die amtliche Mitteilung «ad die von ihm und Mussolini abgegebenen Erklärungen gültig. Jede andere Information müsse dl» unrichtig oder tendenziös an gesehen nlerdeu. * Ein schwere» Eisenbahnunglück auf der Strecke Leningrad- Moskau hat ergeben, daß da« gesamte Signalwesen dieser Bahn völlig in Verfall geraten ist. Heber die Zahl der Todesopfer, dle sehr grotz sei» soll, wird Schwelgen bewahrt. *1 Ausführliche» an anderer Stelle. Vas Abkommen von Aom. Die romanischen Schwestern haben durch Mussolini und Laval sich über die politischen Linien in Rom soweit ge einigt, wie es bei der strukturellen Verschiedenheit überhaupt möglich ist. Denn nach wie vor bleibt es dabei, daß Frank reich seinen Besitz voll und ganz wahren, und daß Italien eine Vergrößerung seines Besitzes auf französische Kosten will. Dieser Gegensatz ist un behob en, und die französisch-italienische Kolonialverständigung leidet darunter. Italien durchsetzt mit seinen Menschenmassen nicht nur Französisch-Tunis sond.ern auch Französisch-Algerien. Die Zahl der dort lebenden Italiener ist weitaus größer als die der Franzosen und nimmt von Jahr zu Jabr zu. Hier hat Frankreich nach den französischen Nachrichtenbüros zwar einen äußerlichen Vorteil errungen, indem die Italiener auf die Vorrechte des Vertrages von 1896 verzichten, aber die Gefahr einer stillen Jtalianisierung ganz Nordafrikas ist da- durch nicht behoben. Und wenn auch die Italiener zwar einen Teil von Tibesti erhalten, aber nicht an den Tschad- See gelangen, die Ausgangspunkte der Karawanenstraßen also sich im Besitze der Franzosen befinden, so dürfte doch die verspätete Anerkennung der italienischen Kolonialbestrobun- gen durch Frankreich die Italiener nicht völlig befriedigen. Nach wie vor wird Italien auf dem Standpunkt stehen, daß die Bedingungen des Londoner Geheimprotokolls von ISIS, wonach eine französische Ausbreitung in Afrika naturnot- wendig Italien di« gleichen Vorteile bringen soll, nicht ganz erfüllt wurden. Die französische Kolonialbürokrati« ist gegen italienische Bestrebungen gerade in Nordafrika sehr ableh nend und das italienische Selbstbewußtsein führte dort zu Reibungen, die durch das römische Abkommen gewiß nicht geringer werden. Frankreich hat sich auch, eben aus seinem Prinzip der Bewahrung des Besitzstandes, nur zu unvoll- kommenden Konzessionen in Erythräa bereit gefunden. Ob dte Italiener gegenüber Abessinien freie Hand haben, ist noch nicht zu ersehen. Ihr« Beteiligung an der vom franzö sischen Kolonialhafen Dschibuti nach der abessinischen Haupt stadt Addis-Abeba führenden Eisenbahnlinie ist insofern be langlos, als diese Linie auf abessinischem Gebiet nicht Frank- reich und Italien allein untersteht. Jedenfalls haben die Italiener ihre kolonialen Forderungen zurückstecken müssen, nachdem sie jahrelang sehr ausschweifende Pläne hatten, und die Erkenntnis, daß das italienische Wunschbild durch- aus nicht der Wirklichkeit entspricht, wird über kurz rder lang zu neuen Forderungen an Frankreich führen, die bei dem konservativen Charakter der französischen Politik in Paris sehr unbehagliche Gefühle auslösen werden. lieber die österreichische Frage ist nach dem Bericht der französischen Nachrichtenagentur ebenfalls nichts herausge kommen, als was in Wirklichkeit schon besteht. Daß die bei den Staatsmänner Laval und Mussolini zunächst sich über «in Protokoll einigten, in dem versichert wird, alle Fragen der großen Politik seien in römischen und in Pariser Augen gleich und demgemäß zu behandeln, entspricht durchaus der bei solchen Unterhandlungen üblichen diplomatischen Art und damit ist also nichts Neues sestgestellt worden. Solche Ver sicherungen sind nicht für die Ewigkeit, denn jedes Land richtet schließlich in zwingenden Fällen seine Politik lediglich nach seinen Belangen, und in Paris wird man nicht anneh men, daß Mussolini, der Sonninos Kriegsformel vom saero sgoismo in immer neuen Wendungen wiederholte und dabei hervorhob, daß die Belange einer aufstrebenden Nation nicht durch das Paraaraphenwerk von Verträgen sich einschließen ließen, sich ernsthaft an solche Protokolle gebunden hält. Der Zweck dieses Protokolle«! ist Oesterreich. Mehr als eine andere Nation haben die Italiener dazu beigetragen, daß di« Oesterreicher in Grenzen gepreßt und mit der Aussichts losigkeit, ihre Wirtschaft selbst zu sanieren, belastet wurden und diese imperialistische Politik Italiens erfährt ihre Fort setzung. Das Anschlußverbot ist nicht nur erneuert, sondern beide Mächte wollen auch den Unfriedensvertrag von St. Germain in allen Einzelheiten verewigen. Das österrei chische Volk wird nicht befragt. Es darf nicht über sich selbst bestimmen. Die Regierung Schuschnigg hat auf einen Wink von Rom zu gehorchen und sich mit einem Zustand abzusin- den, den jede bisherige österreichische Regierung als uner träglich und Oesterreichs Volksentwicklung hemmend bezeich nete. Man beschließt über ein Volt wie das österreichische, Man würfelt über seine Belange und ladet es nachher ein, sich dem Abkommen anzuschließen! Diese Methoden sind nur Nemen und schwachen Nationalitäten gegenüber anwend bar, denn Italien z. B. würde sich mit Fug und Recht da gegen wenden, so geknebelt zu werden. Daß man aber alle möglichen Staaten einladet, diese Methode mitzumachen und dabei von dem Standpunkt ausgeht, ihre Grenzen seien un verletzlich und die Nichteinmischung in ihre inneren Ange legenheiten werde gewährleistet, bleibt ein Meisterstück die- er Mentalität. Ausdrücklich wird neben Deutschland der Tschechoslowakei, Südslawien, Polen und Rumänien alles das gewährleistet unter der Voraussetzung, daß sie die Bre chung des österreichischen Selbstbestimmungsrechts anerken nen. Und auch Ungarn wird in diesen Kreis gezogen. Das bedeutet aber in Wirklichkeit nicht nur die Verewigung der Grenzen, wie sie durch die Diktatfrieden sinnlos geschaffen wurden, sondern auch die Erstarrung Europas, den Verzicht auf jede Verständigungspolitik, und für Ungarn schließt diese Politik in sich den Verzicht auf jede Revision, damit aber auch auf das Dreierabkommen von Rom, das Ungarn we nigstens (nicht Oesterreich!) die italienische Garantie gab, durch friedliche Verhandlungen eine Veränderung seiner Grenzen vorzunehmen. Hierin liegt der entscheidende Punkt. Hier hat Mussolini, der die ungarischen und südslawischen Grenzen bisher stets als revisionsbedürftig ansah, einen völ lig neuen Weg eingeschlagen. Diese Schwenkung Mussolinis zum Standpunkt der un entwegten Reoisionsfeinde und die Verleugnung des bisher von ihm befolgten dynamischen Prinzips wird in der Klei nen Entente und im Balkanbund freudige Aufnahme fin den, in Ungarn jedoch, dessen wirtschaftliche Hoffnungen auf den Dreier-Pakt von Rom sich nicht erfüllten, als Nieder lage empfunden werden. Aber Mussolini hat jetzt das Sprungbrett. Er kann mit der Kleinen Entente auf neuer Basis verhandeln und er wird natürlich versuchen, trotzdem die italienischen Ziele aus dem Balkan durchzusetzen, trotz des Abkommens vom Drcikönigstag. Auf eine Neuorgani sation Europas gemäß den Prinzipien der Vernunft hat er allerdings verzichtet. MWWklW Skl MWWWlkllj W WM London, 8. Januar. (Eig. Funkmeldg.) Auf der Sabi- nellssikuna am Mittwoch, die die erste in diesem Jahre ist, soll, wie der politische Mitarbeiter der „Morningpost" schreibt, über die Wiederbelebung der Abrüstungskonferenz im Februar gesprochen werden. Macdonald und Simon werden voraussichtlich am heutigen Dienstag eine Bespre chung haben. Am Mittwoch wird dann Simon dem Kabi nett eine Uebersicht über die europäische Lage geben. In Regierungskreisen werden dle Aussichten für eine baldige Wiederbelebung der Abrüstungskonferenz als groß bezeich net. Man will die Initiative ergreifen. Es wird daraus hingewlesen, daß Ereignisse der neueren Zeit, wie der Ein tritt Sowjetrußlands ln den Völkerbund, die österreichische Regelung und die französisch-italienischen Vereinbarungen viel dazu beitragen können, Frankreich die Sicherheit zu geben, die es wünscht, bevor es in der Abrüstungsfrage Zu geständnisse macht, wenn die Saarabstlmmung befriedigend verlaufe, dann wird sehr wahrscheinlich jede Anstrengung gemacht werden, um die französische Regierung zu einer Aenderung ihrer Haltung gegenüber Deutschland zu über reden. Der Besuch Alandins und Lavals in London wird zu nachdrücklichen Vorstellungen benutzt werden. In Regie- rungskreisen hofft man, daß auf der Sitzung des Büros der Abrüstungskonferenz, die in der ersten Februarwoche in Genf stattfindet, dafür gesorgt werden kann, daß der britische Abrüstungsplan wieder die Konferenz gebracht und zur Grundlage eines Abkommen» gemacht werden kann. Nach dem Vertreter der „Morningpost" in Rom geht die Wiederaufnahme der Aussprache über die Abrüstung günst'g vonstatten. Die Denkschrift Mussolinis vom Januar 1934 werde anscheinend die Grundlage einer Vereinbarung zwi schen Italien und Frankreich bilden. Laval soll sich bereit erklärt haben, die Verhandlungen hierüber wieder aufzu- nehmen. Die Ansichten der englischen Presse über die Protokolle von Uom. London, 8. Januar. (Eig. Funkmeldg.) Die „Times" sagt in einem Leitartikel, es könne ohne Uebertreibuna be hauptet werden, daß die Protokolle von Rom die Aussichten für ganz Europa gebeffert hatten, daß sie die Atmosphäre der Mittelmeerpolitik günstig beeinflussen und schließlich auch zu einer Lösung der bisher unlösbaren französisch-italieni schen Flottenfrage führen könnten. Man hoffe allgemein, daß die Protokolle nur die Einleitung zu einer umfassenden Regelung bilden werden, die auch die Frage der deutschen Aufrüstung umfassen werde. Das Werk der wirtschaftlichen Wiederherstellung, das für Deutschland und für den Frieden unentbehrlich sei, bleibe solange hoffnunaslos, als eine ge meinsame Grundlage für eine internationale Zusammen- arbeit fühle. „Daily Herold" verurteilt in einem Leitaufsatz die Er gebnisse von Rom ziemlich heftig. Das Blatt findet keinen Grund zur Begeisterung. „News Chronicle" spricht die Hoffnung aus, daß die Vereinbarung über Oesterreich dem ewigen Gezänk beson ders an der Donau ein Ende machen werde. Der diplomatische Mitarbeiter der „Morningpost" schreibt, Großbritannien beteilige sich zwar nicht an dem neuen Pakt, aber die britische Regierung habe entschieden zur Aufnahme der Verhandlungen geraten. Ihr erfolgreicher Abschluß werde durchaus gebilligt. Der diplomatische Mitarbeiter der „News Chronicle" weist darauf hin, daß wahrscheinlich weder ein Konsultativ pakt noch ein Nichteinmischungsvakt notwendig wären, wenn die Regierungen ihre Völkcrbundsverpflichtungen ernst nehmen würden. Der Mitarbeiter ist der Ansicht, daß Frankreich und Italien in einigen Wochen die interessierten Mächte zur Besprechung der Nichteinmischungs- und Konsul tativpakte nach Nom einladen würden. Sie Aufnahme der römischen Mmakdluisen in Frankreich. Kanal dementiert Protokoll über Abrüstungsfrage. DNB. Paris, 8. Januckr. (Eig. Funkmeldg.) Die in Rom erfolgte Unterzeichnung des französisch-italienischen Abkommens wird von der Pariser Presse, die den Erklärun gen Mussolinis und Lavals größten Raum gewährt, als Be siegelung der französisch-italienischen Freundschaft gefeiert, die sich in der Zukunft auswirken müsse. Viele Blätter gehen !m Ueberschwang ihrer Gefühle so weit, von einer restlosen Zustimmung Italiens zur französischen Politik zu sprechen, die mit den Interessen des Friedens identisch sei, obwohl Italien in Afrika nicht alles ursprünglich Geforderte zuge standen erhalten habe. Auch die Unterredung Lavals mit dem Papst, bei der die Saarfrage und angeblich auch ein Konkordat mit Frankreich zur Sprache gekommen sein sollen, wird als bedeutsam in mehr als einer Beziehung bezeichnet. Dabei verkennen verschiedene Blätter nicht, daß die franzö sisch-italienische Freundschaft erst ihre Probe bestehen müsse. Befürchtungen äußert das „Echo de Paris". Die Haupt frage laute, ob Mussolini nicht versuchen werde, Frankreich in Richtung eines Viermächteabkommens zu engagieren, und ob Frankreich in der Folge nicht seine Bündnisse und Freundschaften aufopfern müsse. Immerhin sei anzuerken nen, daß Laval den von Briand im Dezember 1927 begange nen Fehler, ein Angebot Mussolinis, über Oesterreich zu verhandeln, abzulehnen, wieder gutgemacht habe. Jetzt