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und Anzeiger für das Erzgebirge veiantworUicher Redakteur Fritz Ar ii hold. Für die Inserate verantwortlich: Arthur Kupfer, beide iu Au». mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Loniitagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von «—s Uhr. — Telegramin-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher ->0' Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck »nd Verlag Gebrüder B-uthn er (Inh.: Paul Beuthner) in Aue. Bezugspreis: Durch unser« Boten srei ins Isaus monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgcholt monatlich qc, psg und wächentlich ir» psg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.Lu Mk. — Durch Sen Briefträger frei ins Haus vierteljährlich i.gr Mk. — Einzeln« Nummer lo pfg — Deutscher postzcimngs- karalog — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens Uhr vormittags. Für Ausnahme von größeren Anzeigen an bestimmten stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sse am Tage vorher bei uns einaehen ' Insertionspre.s: Di. stebeng-sxalt-ne Aorpusz.ile oder deren Raum io pfg., Reklamen -s pfg Bei grdheren Aufträgen entsprechender Rabatt. Vttf^ rr«nrm<V ««rfirtzt H Sette« Das Wichtigste vom Tage. Dao Gerücht, Fürst Bülow habe gesagt, das st c st c Mittel ,;ur Sicherung des Weltfriedens lväre, dasi ein Dutzend R cdatIe u r e geftangc ti wird, ivird halb- oisifiöS d c m c u t i c r l Der ehemalig e Slaaisministcr v o n M v ll c r ist nationaler Kandidat für die Ersatzwahl in L a n- nensalza ausgestellt worden. Aus weileren vercffentlich en Briesen deo General major Keim durch c en V.n>rischen Kurier gehl hervor, daß das R e i ch s k a n z l e r a m t bemüht war, zu Gunsten der .Kandidatur Lieber! im l-i. > a ch s. Wahlkreise die Kan didatur F- ristsche zu beseitigen ' Zu dem L a n d c s v e r r at s p r o z c st vor dem Reichs gericht wurde der Angeklagte zu drei Zähren sechs Mo naten Zuchthaus verurteilt. " F r a u e n r e ch i l c i i n u c » haben gestern in L o n d o » zu Gunsten des Frauenstimmrechts abermals eine Dcmon- si rati o n veranstaltet, bei der die P olizei von der b l a u t e n W a sf e Gebrauch machte ' Näheres siehe unten. National nuv liberal. Die Reichstagswahlen haben dem Reichskanzler Fürsten Bülow die gewünschte Mehrheit in nationalen Fragen gebracht. Sie ist neu geschaffen durch die Schwächung der Sozialdemo kraten und besteht aus den konservativen Parteien, den Natio- »alliberalen und den drei liberal-demokratischen Gruppen, srei- finnige Vereinigung, freisinnige Volkspartei und süddeutsche Volks partei. Daneben besteht die alte Mehrheit, deren Hauptbestand teile die Konservativen und das Zentrum bilden. Ferner ist eine dritte Mehrheit, und zwar eine Abwehrmehrheit gegen die Regierung möglich, wenn die libcraldcmokrattschcn Parteien mit dem Zentrum und den Sozialdemokraten stimmen. Fürst Bü low hat also zwei Eisen im Feuer. Will er in den alten Bahnen weiterwandcln, so muß er sich vor dem Zentrum demütigen, und dann waren die Reichstagsauslösung und die Neuwahlen weiter nichts als ein teurer Faschingsscherz, dann war cs sehr unklug, das unentbehrliche Zentrum zu reizen. Es schein aber nicht, dasi die alte reaktionäre Mehrheit wieder vor den Regierungskarren gespannt werden, sondern dasi ein Versuch mit der neugcschasse- ncn sogenannten nationalen Mehrheit gemacht werden soll. Das verärgerte Zentrum würde den von uns gestern behandelten Entrüstungsfeldzug nicht inszeniert haben, wenn cs nicht wüsste, dasi eine Einladung an die Regierungstafel zur Versöhnungs feier ausgeschlossen erscheint. Will es der Reichskanzler dennoch mit der ncuerlangten Mehrheit halten, so mich er vernünftiger weise einiges tun, um durch eine verständige Rcsormpolitik das Zusammengehen von links nach rechts dem liberalen Bürger tum schmackhaft zu machen. Man wird von einem Reichskanzler, der jahrelang im reaktionären Fahrwasser gesegelt ist, natürlich umso weniger eine ausschließlich liberale Politik verlangen können, wenn die neue Mehrheit zum allergrößten Teile konservativ ist. Schlagen sich die N a t i o n a l I i b c r a l e n wie bisher aus die Seite der Konservativen, dann steht die aus schlaggebende liberale Richtung einsam aus dem linken Flügel, zu schwach, um auf die Ausgestaltung der Regierungsvorlagen aus reichenden Einfluß auszuüben. Dann wird die neue Mehrheit alsbald in die Brüche gehen, denn sür konservativ-agrarisch gerich tete Maßnahmen kann die entschieden liberale Linke nicht stim men. Aber wenn die nattonallibcrale Partei mit der entschie den liberalen Linken zusammengeht, dann hält die liberale Rich tung der konservativen das Gleichgewicht, und daß sich dann die Ausgestaltung der Vorlagen in liberaler Richtung vollzieht, dafür sorgt das Bewußtsein der Regierung, daß der linke Flügel die Entscheidung in Händen hat. Die Konservativen sind von der Gnade der Regierung viel zu sehr abhängig, als daß sic un überwindlichen Widerstand zu leisten vermöchten. Die Ratio- nakltberalen müssen also nach links schwenken und sich über alle politischen Aktionen mit dem linken Flügel ver ständigen. Das kann ihnen, wie die Zittauer Morgenzeitung sehr richtig bemerkt, nicht schwer fallen, denn alle Gründe, die sie bisher auswendeten, um ihr Zusammengehen mit den Konservati ven zu rechtfertigen sprechen dasllr: Sie Helsen, daß etwas zu stande kommt, sie sind der Regierung gefällig, sie folgen der Stimmung t« ihren Wählerkreisen, sie steuern der allgemeinen Unzufriedenheit im Volke und damit dem Anwachsen der Sozial demokraten, kurz, sie find eminent national, wennsieltberal sind. Nationale Gesinnung ist eine schön« Sache; nur muß sie sich auch in Handlungen umsetzen laßen, die national sind, also der ganzen Nation zum Besten dienen, das allgemeine Wohl fördern. Eigennutz, gegenseitige Interessen- und Klassen vertretung widerspricht der nationalen Gesinnung. Mit dem schönen Wollen allein ist es aber auch nicht getan, man muß sich auch eine Meinung darüber bilden, wie dem allgemeinen Wohl am besten gedient werden kann; es geht also nichtohncpoli- t ische Grundsätze, nicht ohne politisches Programm. Die Meinungen sreilich können bei dem gleichen nationalen Wollen auseinandergehen und es bilden sich insolgedesscn politische Par teien mit ihren Sonderprogrammen. Eine parteilose na tionale Gesinnung kann sich eben in der prak tischen Politik nicht betätigen. Merkwürdigem:.':;: gibt cs sehr viele Leute, die alle behaupten, es genüge, na tional zu sein. Alles andere werde sich dann schon finden. Um das richtig zu würdigen, muß man sreilich wissen, das hierbei jeder einzelne sich unter nationaler Politik etwas anderes, näm lich jeder, das ihm speziell vorteilhaft verkün dende, vorstellt. Es ist daher erfreulich, daß es ein na tionalliberales Blatt, das Leipziger Tagebl., ist, das einmal die Ueberspannung des nationalen Begriffes zurückweist. Es schreibt: Alle diese National- Politiker sind nun mit dem Aus fall der Wahlen überaus zufrieden. Sic alle gleiten mit leichtem Achselzucken über die Erscheinung des drohenden kle rikalen Gespenstes hinweg und verstehen unter Realpolitik nur dir Sorge um den Profit. Und es ist leider nicht zu be streiten, daß diese Art Eeschästopolitik unter der Decksirma der Nationalen der Masse wohlgefällig ist und viele Anhänger findet. Besonders sind Wahlen, wie die heurigen, mit ihrem nationalen Feldgeschrei und ihren durch die Not gebotenen Kompromißen unter den wesensun gleichen bürgerlichen Parteien, sehr geeignet, den nation alen Begriff unnatürlich zu Überspannen, die Grenzen seiner Geltung ins Uugemessene zu erweitern und ihm allein Materien zu unterstellen, sür die er nur Voraus setzung sein sollte. Natürlich hat jede politische Aktion na tionale Bedeutung. Aber gerade daraus ergibt sich die Unzu länglichkeit nationaler Gesinnung zur Lösung der nicht spezi fisch nationalen Ausgaben. Ein Beispiel: Die Zölle. Wir haben uns von jeher dagegen gewehrt, die Fragen der Zoll politik anders als von dem Gesichtspunkte der Nützlichkeit aus zu betrachten. Wir halten insbesonderedieAn- maßung des hochschutzzöllncrischen Bundes der Landwirte, seine Forderungen als die einzig nationalen auszu geben, sür bewußt irreführend und verwerflich. Für uns ist die Frage, ob auf Roggen oder Weizen ein um 50 Psg. höherer Zoll gelegt werden soll, eine nüchterne Frage der volkswirtschaftlichen Zwcckmäßig- ke i t. Aber jedenfalls ist sicher, daß cs den Begriff des Na tionalen entwürdigen heißt, wenn jeder als ««tinational und Baterlandsoerräter verschrien wird, der in diesen Fragen eine andere Meinung hat als sein Nachbar. Und weiter fährt das Blatt fort: Das nationale Gc- sühl hat seine Schuldigkeit bei den Wahlen getan. An ihrem Ausfall hat es wesentlichen Anteil. Nun mag Sorge getragen werden, daß es nicht zum Wcrktagsgcwande werde. Gerade um ihtn seine prächtige Wirkung auch für die Zukunft zu sichern, möge allerseits schonend und sparsam mit ihm umge- gangcn werden, damit cs nicht verblaße. Jetzt aber treten wie de r die Parteiunterschiedc in ihr Recht. Von der liberal-konservativen Paarung als Dauerzustand versprechen wir uns wenig, jedenfalls keine Vorteile sür den Liberalismus. Wir in Sachsen haben ja überdies schon einmal die Probe aus' das Excmpcl gemacht und erfahren, daß die Paarungskinder sämtlich konservative Züge zeigten. Auch ist die neue Partcikonstellation im Reichstage solchen gefährlichen Experimen ten gar ungünstig. Wenn die Bedeutung des Liberalismus, die so wie so schon trotz der Mandatgcwinne nicht gewachsen ist, nun auch noch freiwillig durch Konzessionen des Libe ralismus gemindert werden würde, so wäre das zwar anscheinend der Regierung wie den Nationalen sehr recht, könnte dem Liberalismus aber die Existenz kosten. Wir sind weit davon entfernt, den Liberalen Opposttionspflich pre digen zu wollen. Nichts wäre uns lieber, als wenn die Regierung mehr als bisher den liberalen Parteien positive Möglichkeiten schasste. Nur dagegen wollen wir uns beizeiten wenden, daß den Liberalen wegen ihrer regierungsfreundlichen Wahlhaltung nun auch noch Selbstaufopferung als nationale Pflicht empfohlen wird. An der Regierung ist es, den Liberalen die Mitarbeit zu erleichtern, denn sie hat den größten Nutzen aus der Haltung der Liberalen gezogen. Trisst diese Voraussetzung nicht ein, und wir gestehen, in dieser Beziehung Skeptiker zu sein, so hoffen wir auf eine entsprechende Antwort des gesamten Li beralismus. Nur dadurch kann er sich sür die Zukunft be haupten und im Parlament zu einiger Geltung bringen. Erst wenn die Regierung sieht, daß der Liberalismus sichnichtnur als nationaler Jasage-Automat behandeln läßt, wird sie ihn zu schätzen wißen. — Wir schließen mit den Worten des Leipziger nationalliberalen Blattes: Daß di« Liberal«» national find, hab«» st« bewirf««. Mögen nun auch di« Nationallib«ral«a beweis«», daß fi« liberal stndl Politische Tagesschau. Aue, l4. Februar 1907. N«ue Nüstungstredit« Italiens. ss Zu den mißtönenden Präludien, die der zweiten Frie denskonferenz im Haag vorankltngen, gehören auch die neuen RUstungskredite Italiens, die nicht weniger als 200 Milltonen Lire hoch sind. Ein gewaltiger Betrag für ein Land wie Italien, deßen Steuerkrast ohnehin schon auf das äußerste angespannt ist, trotzdem die Bevölkerung zum größ- Teile eine sehr geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auswein- Außerdem fordert aber auch der Marineminister noch 150 Millionen Lire für den Bau vier neuer gewaltiger Schlachtschiffe. Wenn es eine Großmacht in Europa gibt, die einen Stillstand in ihren Rüstungen eintreten laßen kann, ohne ihren Besitzstand zu gefährden, so ist dies Italien, denn mit Oesterreich-Ungarn ist es alliiert und mit Frankreich aus das. engste befreundet. Aber auch ohne diese besonderen Garantien, brauchte das apenninische Königreich nicht die min deste Besorgnis zu hegen, mit seinen beiden einzigen Nachbarn in einen Krieg verwickelt zu werden. In Wien denkt man nicht im Traume daran, die Lombardei und Venezien zurückzuerobern, denn sie liegen in der Erinnerung noch den Oesterreichern schwer im Magen, und ebensowenig hat man in Paris Appetit aus italienisches Territorium. Andere Staaten aber kommen als Gegner Italiens überhaupt nicht in Betracht. Wenn also trotz- d em die italienische Regierung auf das Eifrigste weiterrüstet, so muß sieosfensive Absichten haben. Und so ist es auch. Was auch immer die offiziellen Federn Italiens versichern mögen, es bleibt doch eine Tatsache, daß man in Rom ebenso aus das Tentino und Triest wie auf Albanien spekuliert. Zu diesem Zwecke und zu keinem anderen wird gerüstet, mag auch das arme italienische Volk noch so sehr unter den immer wachsenden Militär- und Marinelasten seufzten. Die starken Befestigungs werke, die Italien an seiner östlichen Grenze aussühren läßt, zeigen ebenfalls deutlich den Weg, den die italienische Politik einzuschlagen gedenkt, sobald der günstige Augenblick gekom men ist. Die künftige Reichsduma. - Die Vorwahlen für die Reichsduma ergaben zwar noch kein klares Bild über die politische Gestaltung des neuen russischen Parlaments, aber wenn es auch weniger revolutionäre Elemente enthalten dürfte, als das alte, so ist es doch noch sehr fraglich, ob die Regierung aus eine Mehrheit zählen kann. Die Situation ließ sich vielleicht jetzt schon beßer übersehen, wenn nicht die russische Berichterstattung gar so sehr lückenhaft wäre. So werden die Resultate der Wahlmännerwahlen nicht nach den Bezirken, sondern nach den Gouvernements gemeldet, und deshalb haben die Zahlen nur bedingten Wert. Beispielsweise berichtet der Draht, daß 5000 Monarchisten, 8500 Gemäßigte und 5500 Linke und Parteilose als Bevollmächtigte gewählt wurden. Nun gehören aber der Linken aus der Arbeiterkurie 1000 Bevoll mächtigte an, die über das ganze Land zerstreut sind und des halb kaum irgenwie den Ausschlag geben können. Genau so ver schwommen wie die Wahlberichterstattung selbst ist auch die inner politische Lage Rußlands, denn während es Monate hindurch den Anschein hatte, als wäre die terroristische Bewegung vollstän dig gebrochen, häufen sich wohl in der letzten Zeit wieder ganz auffallend die A t t e n t a t c. Es kann dies allerdings auch ein letztes Aufslackcrn der revolutionären Umtriebe bedeuten, aber ausgeschlossen ist es nicht, daß sich eine neue Revolu tion vorbereitet. Wenigstens sind dieser Ansicht baltische Edel leute, die in der jüngsten Zeit aus Rußland kamen, wo sie ihre finanziellen Angelegenheiten geordnet hatten. In den Kreisen der nach Berlin geflüchteten Deutsch-Russen ist man der festen Ueberzcugung, daß auch die neue Duma ihre Arbeits Unfähig keit bald beweisen wird, und ihre Auflösung werde das Signal zu einer neuen Revolution in Rußland geben. «eine v«rha»dlung mit d«« Garantlezcichneren sür de« Rhein-Hannover-Kanal haben lt. Nordd. Allg. Ztg. stattgefunden. Das offiziöse Blatt schreibt dazu: Die durch verschiedene Zeitun gen gegangene Notiz, daß mit den Garantiezeichnern sür den Rhein-Hannover-Kanal in den Provinzen Westfalen und Han nover, die, wie seiner zeit berichtet, gegen den Kanal Kampe-Dör- pen auf Grund der Garantieverpflichtungen Einspruch erhoben haben, neuerdings seitens der Staatsregierung verhandelt wor den sei und daraufhin jene sich zu Zugeständnissen gegen entspre chende Kompensationen des Staates bereit erklärt hätten, ent behrt jeder tatsächlichen Unterlage. Wir sind von zuständiger Seite zu der Erklärung ermächtigt, daß keine derartigen Ver handlungen mit den Garanttezetchnern stattgefunden haben. Neue Börfengesetzgebung. Dem fränkischen Kurier wird ge melde!, in mastnebeiwen Kreisen der Neichsrcg.erring werde der Plan zu einer durchgreifenden Umgestaltung de: Börsen gesetzgebung im Sinne der Interessenten von Hande, und Indu strie erwogen. . °. I« d«r «estrig«« Sitz««« d«s Z«ntralausschuss«s der R«ichsh»«k teilt« der Reichsbankpräfident Koch mit, daß die Lage drr^ReiUjübalik nach dr. vor«-gegangenen enormen Anspan-