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Montag, 28. Januar 1SV7. Veit GIVIRVI »dient« - öder übNMNtenI Rr. 23. zweiter Jahrgang. ^uer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge DeiauIivorUicher Ledaktenr: Fritz Ar »hold. -i>ir die Inserate verantwortlich: Arthur Kupfer beide iu Aue mit der wöchentlich eil Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Aedaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—5, Uhr Telegramm.Adresse- Tageblatt Aue. — Fernsprecher 202. Ftir unverlangt emgesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. ?r»ck und Verlag Gebrüder Neuthner (Inh.: panl Leuthner) in Aue. Lezugspreis: Durch unsere Voten srei ins Hans monatlich so pfg. Lei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 4, s>fg. und wschentlich t» pfg. — Lei der Post bestellt nnd selbst abgeholt vierteljährlich s.so Mk. — Durch den vriefträger frei ins Haus vierteljährlich >.qr Mk. — Einzelne Lummer to pfg — Deutscher postzeitnngs- katalog — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn, und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens qy, Uhr vormittags. Für Aufnahme von grdtzeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann mir dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns cingehen. Inser t iousp reis: Die siebengespaltene Korpuszeile oder deren Lanin l" pkS - Acklamen 25 pfg Lei grSijcren Aufträgen entsprechender Labalt. Diese Nunrnrev t» Seite« Das Wichtigste vom Tage. Gin taiserli ch c r Crla sz ivünschi die Herabnunderung »er Bestrafungen wegen M a j e stä lS b c le idi gu ng, ieweil diese nicht mit Vorbedacht oder in böser Absicht begangen »erden* Endgülli g in den Reichstag gewählt wurden am Freitag 4i 'konservative, t«> Rcichsparlei, 18 Polen, 88 -Zentrum, 2«> Äalionallibcralc, 6 sreis. Volkspartei, I sreis. Vercinigurg, 29 So- zjaideinokralcii, l MillclslandSpartei, I Däne, Itt Fraktionslose mW Elsässer, 3 Rcsvrmparlci, 2 Bund der Landwirw, 4 Wirtschaft liche Vereinigung und 2 deutsche Volksvariei. Es sind l«>0 Llich wählen erforderlich. Der Da mps er Lcidiip des Norddeutschen Lloyds ireibl b r e n ncnd aus offener Lee. P a s sagi e r e nnd P o st - fachen sind gerettet. -) Näheres siche unten. Heier des Geburtstages des Kaisers. vv.l'.k. Die Feier des (Geburtstages des Kaisers wurde in der ReichShauplstadl auch in diesem Jahre mit dem erogen Wecken emgeleitet. Im innern Sä'loghos ertönte der Choral: ..Lobe den Herrn", während der Kaiser am großen nach dem Lchloßhof heranSliegenden Fenster über Portal I erschien. Die Rcveille mar- lchierte aus dem Schlosihos heraus, erwartet und begleitet von einer groben Menschenmenge. Die Anfahrt der zu Gottesdienst und Cvur Geladenen sowie der zur Gratulation fahrenden Fürst lichkeiten bot das gewohnte Bild. Der Kaisc. »ahm zuerst die Glück wünsche der Kaiserlichen Familie entgegen und cmvsing dann Staats- setretür v. Tirpitz , dein der Kaiserden Schwarzen Adler orden verlieh, und den Abgesandten König Eduards, Mr. Fra- siudarson. Hiernach empsing der Kaiser die Gratulationen der Damen und Herren des engeren Hofes und des Hauptquartiers und sodann im Pfeilcrsaal diejenigen der ständig anwesenden und nun heutigen Fest cingctrosscnen Prinzen und Prinzessinen. In der Lchloßkapcllc versammelten sich die zum Gottesdienst Geladenen. Fürst Bülow und Staatssekretär von Tschirschky sah man im eifrigen Gespräch mit den fremden Diplvmaten, bis das dreimalige Klopfe» ertönte. Am EingangSporlal erschien um lO'/^ llhr die Spitze des Zuges der Pagen, der grobe Vortritt der Hofstaaten zog in die Kapelle ein, da-Z Kaiserpaar folgte. Der König von Sachsen führte die Kaiserin. Nach den Gesäuge und der Liturgie predigte Schlobpsarrer Oberhofprcdiger D Dry an der über Apostelgeschichte 27, V. 22: Und nun ermahne ich Euch, das, ihr unverzagt seid, denn unser eines Leben wird ninkonimcn. Nach dem Gottesdienst begab sich der Hof in den Weihen Saal. Hier stand die Schlosigardc-Kompagnie mit der silbcrbrokalencn Fahne. Major von Fricdeburg lies; präsentieren und salutierte mit dem Spontan. Dann trat das Kaiserpaar vor den Thron. Die Musik setzte ein und hieraus begann die GratulativnScour. Nach der Cour begab sich der Kaiser nach dem Zeughaus. Das Publikum bcgrttbtc ihn mit anhaltenden Hurrarufen. Vor dem Zeughaus erwies eine Ehrcnkompagnic die HoneurS. Drinnen wurde der Kaiser mit dreifachen Hurra und der Natioualhyme empfangen. Dann sand die N a gc lnng nnd Weihe einiger Feldzeichen statt. Nachher war die übliche Parole Ausgabe. Der Kaiser nahm eine Anzahl militärischer Meldungen entgegen. Lehr zah l r e i che O r d c n S a uS z c i ch nn n g c n würben be kannt, ebenso eine grosse Ncihe von Beförderungen. Um l'/, Uhr kehrte der Kaiser mit den Prinzen in das -Schloss zurück, abermals stürmisch begrübt. Im Königlichen Schlost fand FrühstückStasel statt. Nachmit tags unternahm der Kaiser eine Ausfahrt im Automobil nach dem Grünewald. Mit Dunkelwerden begann eine reiche Illumination. Um 7 llhr mar im Rittersaal Familientafel, gleichzeitig in der Bildergalerie Marschalltasel, woran sich die Galaoper schloß. lieber die Feier von Kaisers Geburtstag im Reiche und im Auslände liegen so viele Meldungen vor, dass wir sie nicht alle veröffentlichen können. Wir wollen nur die folgende aus Petersburg registrieren: Ein am Geburtstage Kaiser Wilhelms veröffentlichter Tagesbefehl des Zaren verleiht dem Wyborgschen Leibgarde-Negiment, dessen Ches kwr deutsche Kaiser ist, für seine Auszeichnung im Kriege mit Japan eine Georgfahne mit der Aufschrift: Für Tunliupatz, l7. bis 83. Februar 1905. Eine Sonderausgabe des ReichsanzeigcrS veröffentlicht 4b OrdenSauS- zelchnungen. Ferdinand und seine Leute. SS In Sofia ist wieder einmal der Teufel los. Die braven Untertanen Ferdinands, des edlen Nasoniers, sind nicht mehr recht zufrieden mit ihrem geliebten Landesvater, und der Ko- burger darf sehr von Glück sagen, wenn man ihm nicht das gleiche Schicksal bereitet, wie dem Battcnbcrger. Borerst freilich scheinen es nur dieStudenten zu sein, die da ein bißchen ru moren, und Ferdinand selbst nimmt die Gefahr wohl noch nicht allzu tragisch, denn er weilt noch in Sosia, während er sonst immer, wenn die Geschichte ansängt, brenzlich zu werden, einen kleinen aber vorsichtigen Abstecher in das geliebte Ausland macht. Studentendemonstrationen! Berichte aus Bulgarien aber, und zwar authentische Berichte, wißen davon zu erzählen, daß es sich nicht um eine vor übergehende Unzufriedenheit der Herren Mufensöhne handelt, der man mit einiger Strenge erfolgreich begegnen kann, sondern daß das ganze bulgarische Bolt sich in einer gewißen unangenehmen Gährung befindet, die sich sehr leicht für den guten Landesvater unangenehm genug auswachsen kann. Man wird ihm ja schließlich nicht das Schicksal des armen Alexanders von Serbien bereiten, weil die Bulgaren anständigere Leute sind, und nicht an Königsmord denken. Aber Halbasiaten sind die Herren Vulgaren eben doch, und wenn sie von der Kultur Europens auch bereits so weit beleckt sind, daß sic ihrem Beherr scher nicht die Gurgel abschneiden, — davonjagcn können sie ihre Monarchen eben doch, wie die Ersahrung gelehrt hat. Sie sind nun einmal mit ihrem Fürsten unzufrieden, und wenn diese Un zufriedenheit auch keinen ticseren politischen Grund haben mag, sic ist da, und sic wird auch reichlich genährt. Bulgarien be findet sich in einem Krisenzustand und dieser Zustand kann dem Koburger unangenehmer werden, als er augenblicklich denken mag. Der ganze Balkan befindet sich in einem Zustand der leb haftesten Gährung. Der alte Streit zwischen Vulgaren resp. Mazedoniern, Türken und Griechen ist wieder in ein akuteres Stadium getreten, und wenn am Hämus die Zeit der ersten Schneeschmelze gekommen ist, dann werden sich die Mordbren nereien, deren es jetzt schon genug gibt, verzehnfachen. Der alte Haß zwischen den Stämmen ist los, und der Fürst hat in diesem Zwiestreit bisher eine ziemlich sonderbare Rolle gespielt. Es schien, als ob er die mazedonische Bewegung begünstigte, manchmal ganz offen. Aber unter dem Druck der westlichen Mächte entschloß er sich dann doch auch wieder, der Bewegung entgegen zu treten, und so hat er das Spiel so ziemlich mit der einen wie mit der anderen Seite verdorben. Und seine äußere Politik schwankt seit dem Augenblick, da er sich nicht mehr an Väterchen klammern kann, an den Zaren, der ihm eine Kö nigskrone versprach, und dessen eigene Krone so wackelig ge worden ist. Was hatte Ferdinand nicht alles getan, um sich in Petersburg anzubicdern! Die orthodoxe Taufe des kleinen Boris, die ihm seine Gemahlin nie hat verzeihen können, war nur eines der letzten Glieder in der langen Kette der Schmeiche leien, die der Fürst an die russische Adresse verschwendet hat. Und alles hat ihm nichts genützt, er ist noch immer nicht König von Mazedonien, und der Großhcrr in Jstambul ist noch immer sein Souverän. Diese absolute Erfolglosigkeit in der äußeren Politik hat den Fürsten in seinem eigenen Lande diskreditiert, und das Gespött des Auslandes mar auch nicht darnach angetan, seinen Ruhmesglanz zu erhöhen. Außerdem gefiel es den Bulgaren wohl auch nicht besonders, daß der tapfere Fürst seinen getreuen Untertanen immer den Rücken zukehrte, sobald es aus dem Bal kan zu rumoren begann. Diese Borsicht, wollte den Untertanen nicht recht gefallen — was hals es denn auch, daß der Fürst immer fleißig mobilisieren ließ, Kanonen und riesige Pulver vorräte für teueres Geld aus dem Ausland kommen ließ, wenn dann am Ende doch nichts, aber auch rein gar nichts geschah! Man kann die Unzufriedenheit der bulgarischen Herrschaften schon begreisen, und wenn es augenblicklich auch nur die Stu denten sind, die da rumoren — vielleicht dauert es gar nicht lange, und die übrige Bevölkerung sängt auch an. Der Fürst hat der Universitätsjugend dadurch zu begegnen gesucht, daß er einfach die Universität in Sofia schließen ließ, und die Professoren fort sagte. Viele Freunde hat er sich mit diesem Stretch unter der Gelehrtenwelt ganz gewiß nicht ge macht, und die brotlos gewordenen Lehrkräfte werden sicher ihre unfreiwillige Mußezeit nicht dazu benützen, Lobeshymnen auf den Fürsten Ferdinand zu singen. Die Ansicht, daß in kurzer Frist sich interessante Dinge auf dem Balkan ereignen werden, gewinnt in etngeweihten Kreisen immer mehr Glauben. Wenn erst der Schnee schmilzt! . . . Daß es aus dem Balkan so nicht mehr lange weiter gehen kann, wird von allen Seiten betont. Es muß eln Ende gemacht werden, denn die Halsabschneidereten schreien ja zum Himmel. Griechen, Bulgaren und Türken führen die wildesten VandenkSmpfe aus, rauben, morden und brennen, und niemand rührt sich dagegen. Das geht auf die Dauer nicht. Entweder es kommt der längst prophezeite Balkankrieg mit der drohenden Gefahr eines Welt brand es, oder es vollzieht sich eine andere Umwälzung. Ob dabet Ferdinand gerade eine Königskronc gewinen wird, das dürfte recht fraglich sein. Vielleicht tauscht er gar seine Fllrstenkrone gegen einen ganz gewöhnlichen Zylinderhut um, der ihm übrigens auch nicht schlecht stehen dürste! Politische Tagesschau. Aue, 28. Januar 1907. Ein Erlaß des Kaisers Uber Majestätobeleidigungen. (Durch Extrablatt bereits mitgeteilt.) Der Reichskanzler veröffentlicht in einer Sonderausgabe zu Kaisers Eeburvtag folgenden kaiserlichen Erlaß: Es entspricht meinem Wunsche, daß wegen Majcstätsbe- leidigung oder Beleidigung eines Mitgliedes Meines König lichen Hauses nur solche Personen die gesetzlich« Strase erleiden, welche sich jener Vergehen mit Vorbedacht und in böser Ab sicht, und nicht blos aus Unverstand, Unbesonnenheit, Ueber- eilung oder sonst ohne bösen Willen schuldig gemacht haben. Ich beauftrage daher Sie, den Justizminister, Mir, solange nicht das Gesetz eine entsprechende Einschränkung der Strafbar keit enthält, fortlaufend von Amts wegen über alle nach dem Angeführten berücksichtigens»«!»«» Verurteilungen behufs Meiner Entschließung Uber Ausübung des Begnadigungsrechts zu berichten. Berlin, den 27. Januar 1907. Wilhelm U. Fürst Bülow. Beselrr. An den Ministerpräsidenten und den Iustizminister. Dernburg muß fort. Das erste Ziel des Zentrums ist natürlich die Beseitigung des Kolonialdirektors Dernburg. Die Parole hierfür gibt die Germania in ihrem Leitartikel Deutsche oder Bückeburger aus. Schwer liegt dem Zentrum die durch Dernburg neu belebte Ko lonialbewegung im Magen. Die Germania erkennt, daß diese Bewegung zum Ausgangspunkt eines großen nationalen Auf schwungs werden kann, der insbesondere einen großen Kreis gei stiger Kräfte ausrüttelt, die bisher dem politischen Leben lau gegenübergestandcn. Das ultramontane Blatt schreibt deshalb: Es wird ein Glück für das Land sein, wenn das Untcrneymen anders ausgeht, als es geplant war, und wenn Herr Dern- burgs Politik gleich zu Anfang seiner Laufbahn eine gründ liche Niederlage erleidet. Das Deutsche Reich ist keine Börse und kein Boden für verwegene Spekulationen. Seine Lage, zumal nachdem in den letzten anderthalb Jahrzehnten ein großer Aufwand schmählich vertan worden ist, verlangt ruhige, stete Arbeit u. kann kühne Coups, die die Aufmerksamkeit der Welt erregen sollen, nicht vertragen. Hoffentlich bleibt die Dern- burgerei ohne Episode, an die bald weiter nichts mehr erinnert, und die man höchstens im Gedächtnis behält, um sich stets zur rechten Zeit zu sagen, wie man cs nicht machen soll. Die Zentrumswähler können viel dazu beitragen, daß die Epi sode für alle, die es angeht, lehrreich werde. — Gewiß, das Auf treten Dernburgs wird lehrreich sein und bleiben, aber nicht nur für die Zentrumswähler. Darüber wird sich auch das Zentrum keiner Täuschung hingeben, daß der Kamps gegen die Ueber- hebung des Zentrums mit allem Nachdruck weitergeführt wird! Graf Ballestrem beim Kaiser? Wie der Obcrschlesische Wan derer meldet, erhielt der frühere Reichstagspräsident Graf Balle strem telegraphischen Befehl, am 28. Januar also heute, beim Kaiser zu erscheinen. Kolonialdirektor Dernburg wurde der Stern zum Roten Adlerorden zweiter Klaffe verliehen. Zurück aus Siidtvrst. Der Dampfer Adolph Woermann ist von Deutsch-Südwcstafrika mit 250 Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften Sonnabend abend in Cuxhaven etngetrosfen. Elektrischer Betrieb auf den preußischen Bollbahnrn. Die Köln. Ztg. meldet aus Berlin: Die Erwägungen über die Ein richtung des elektrischen Betriebes auf preußischen Vollbahnen sind, wie aus sicherer Quelle verlautet, im bejahenden Sinne abgeschloffen worden. Zunächst soll auf der 100 Kilo meter langen Strecke Altona-Kiel mit dem elektrischen Be triebe ein Versuch gemacht werden, von dessen Ausfall es abhängen wird, ob auch längere Strecken für einen solchen Be trieb in Aussicht zu nehmen sind. Der elektrische Betrieb Al tona-Kiel wird nicht allein den Personen-, sondern auch von vornherein den gesamten Güterverkehr umfassen. Eine Kohlenstation für Swakopmund. .Die Morningpost will aus Berlin erfahren haben, die deutsche Regierung beab sichtige die Errichtung einer befestigten Kohleystation in Verbindung mit den in Aussicht genommenen großen Hnfen- anlagen in Swakopmund. , Diese würde den Wert der Wal- ftschbucht für England erheblich vermindern, und ep gerüchtweise, daß di« britische Regierung nicht abgen»lL?"H^^ Enklave im Deutsch-Südwestasrikagebtet für angemessene Entschädigung (ä ia Helgoland?) aus-»*-u,chen.