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Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 16.01.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190701161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19070116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19070116
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-01
- Tag 1907-01-16
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Monat
1907-01
-
Jahr
1907
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Nr. 13. Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge. Mittwoch, de» 16. Januar 1907. Nochmals Onkel Chlodwig» Memoiren. In Stuttgart hat der Professor Dr. Brunner aus Pforz heim, der mit dem Prinzen Alexander zu Hohenlohe persönlich bekannt ist und wohl Informationen von diesem erhalten hat, gelegentlich eines Vortrages im Stuttgarter Jungliberalen Ver ein es versucht, hinter den Hohenlohe-Memoiren, trotz aller gegenteiligen Meinungen in der Presse, das Bild eines pflicht treuen und charakterfesten Staatsmannes zu zeigen. Er machte dabei einige ganz interessante Mitteilungen, denen wir das fol gende entnehmen: Als Prinz Alexander gehört habe, wie falsch sein Vater beurteilt wurde, habe er gemeint: Wenn die Leute wüßten, was alles in den ersten zwei bis drei Jahren zwischen dem Kaiser und meinem Vater verhandelt wurde, würden sie ihn nicht der Schwachheit zeihen. Mein Vater nahm es auch mit den Hofsestlichkeiten genau. Er legte ost, statt abends lieber der Ruhe zu pflegen, als alter Mann die schweren Ordensketten an, um sich bei Hose abzuquälen. Professor Brunner berührte auch die 50 0 0 0 0 - F r a n k s - A s s ä r e. Er hat den Prinzen Alexander darüber befragt, der der Veröffentlichung in der Na tionalzeitung vollständig sernsteht. Der Prinz sagte daraus: Mein Vater hätte dem Zentrum niemals Konzessionen gemacht. Professor Brunner führte das Dementi der Nordd. Allg. Ztg. als unbestreitbar an und findet de» Schlüssel zu dieser Angelegen heit in de» Memoiren selbst. Im Jahre 189!! war Hohenlohe wegen Erkrankung seines Bruders in Wien und besuchte bei diesem Anlaß den päpstlichen Nuntius Galimberti. Die Wahr scheinlichkeit ist nun die, daß Galimberti mit Hohenlohe für Papst Leo gesprochen hat, und zwar aus eigene Fau st. Nichtig ist also, daß Hohenlohe Uber ein Geschenk für den Papst gefragt mor den ist, aber nicht vom Kaiser. Hohenlohe mag später dann ge raten haben, zuzuwarten, bis Papst Leo tatsächlich seinen Einfluß aus das Zentrum geltend gemacht hat. So läßt sich in den Memoiren manches finden, wenn man die richtigen Fäden ver folgt. Die Sache wirst weder ein Odium aus die Reichspolitik noch aus den Kaiser, sondern die ganze Angelegenheit spielt hinter de» Kulissen. Prinz Alexander bestreitet ferner ganz ent schieden, daß das Haus Hohenlohe dem Fürsten Bismarck feindlich gesinnt war. Er sagt selbst: Wer in die Nähe des großen Mannes gekommen ist, hat unter seinem Bann gestanden, und uns und meinem Vater hat nichts ferner gelegen, als Bis marck feindlich gesinnt zu sein. * Lin Kapitel des Schwarzen Adlerordenv wird am 18. Januar im Kaiserlichen Schlosse zu Berlin stattsinden. Der Zweck ist die Ausnahme einiger Mitglieder. v. In Stellvertretung des Kolonialdirektors. Wie der Ham burgische Korrespondent meldet, wird anstatt des stellvertretenden Kolonialdirektors Dcrnburg, der verhindert ist, der Gouverneur von Deutsch-Südwestasrita v. Lindequist in der von der Hamburger Handelskammer einzubernfenden Versamm lung über Kolonialsrage» sprechen. Erzberger klagt. Erzberger hat eine Beleidigungsklage gegen den Landtagsabgeordncten Berndt angestrengt, weil dieser ihn in einer Wahlrede Kolonial stänker nannte. Das erste Fideikommiß in den Kolonien. Der Hauptmann Prince, dessen Gattin eine Freiin v. Massow, Tochter des preußischen Herrenhausmitgliedes v. Massow, ist, und dem vom Kaiser kürzlich der erbliche Adelsstand verliehen wurde, wohnt aus seiner Plantage Sakarrani in Usambara. Diese Besitzung ist in ein Majorat umgewandelt worden. — Also auch diese rückständige Besitzsorm will man jetzt in den Kolonien ein bürgern! Was sagt denn Kolonialdircktor Dernburg dazu, der erst in diesen Tagen vor einer Versammlung von Kaufleuten und Industriellen über die Entwicklung der Kolonien im m o - deinen Sinne so viel schöne Worte gesunden hat? Das Kriegospiel in Marokko. Ben Ghazi, der Komman dant der Mahalla, hat in einem an die Vertreter der Mächte ge richteten Vries den Europäern von neuem den Rat gegeben, sich während der Dauer der Operationen der Mahalla nicht aus Tanger zu entfernen. Er empfiehlt ihnen besonders, nichtnach Zinat zu gehen, wohin sich zahlreiche Touristen unaufhörlich begeben. In Zukunst werden die im Weichbild von Tanger ausgestellten Polizeiposten niemand mehr passieren lassen. — Die Nachricht, daß Ben Mansur verhastet ist, wird für u n - richtig erklärt; demselben soll volle Begnadigung zu teil geworden sein. Der in Tanger Verhaftete ist ein eifriger Agent Raisulis namens Sartur Die Mahalla befindet sich noch immer in Zinat. Der Pascha von Tanger hat rund um die Stadt Posten ausgestellt. Raisuli soll noch immer bei dem Kaid der Sartur verweilen. Bei einer aus Rebellen und Raisuli gehöri ges Eigentum veranstalteten Razzia wurden etwa tausend Stück Vieh erbeutet, die in Tanger verkauft werden sollen. rv. Die Versammlung der französischen Bischöfe im Chateau de la Muette ist gestern vormittag halb elf Uhr eröffnet worden. Hunderte von Zuschauern wohnten der Ausfahrt der Prälaten bei, die achtzig an der Zahl sind. Nach Absingung von Veni creator in der Kapelle begann die Versammlung unter dem Vorsitze des Kardinal-Erzbischoss Lecot ihre Arbeit, indem sie sich in Kommissionen teilte. Nur an den Nachmittagen werden Plenarsitzungen abgehalten werden. Die Versammlung sandte dem Papst telegraphisch die Versicherung ihrer Treue und ihres Gehorsams. unter "lautem Geschrei aus einem verzierten Wägelchen den Korso heraus, hinterdrein natürlich ein bunter Maskenschwarm. Der eine trägt eine Perrücke, der andere eine Weiberhaube zu seinem schwarzen Gesicht, der dritte hat statt einer Mütze einen Käsig aus dem Kopse, in welchem ein paar Abbate als Dame verkleidet, aus den Stängelchen hin und wieder hllpsen. Den Höhepunkt und zugleich Abschluß des tollen Treibens bildet das Wettrennen, das mit cinbrechendcr Nacht beginnt. Wer hier nicht, wenn au chnur als Zuschauer, teilnimmt, der besucht ein Theater oder jene berühmten Festi - ncn (Maskenbälle), wo überall Prinz Karneval sein Szcpte.- schwingt. Am lautesten freilich geht es beim Wettrennen zu. Die Baltone sind mit leuchtenden Papierlaterncn geschmückt, jeder hält seine Kerze zum Fenster hinaus, alle Gerüste sind er hellt, und selbst im Innern der Kutschen verbreiten mehr oder minder kostbare Armleuchter magischen Glanz. Bediente be kleben den Rand des Kutschendcckels mit Kerzchen, offene Wagen mit bunten Papierlaternen werden sichtbar. Unter den Fuß gängern erscheinen manche mit hohen Lichterpyramiden auf den Köpfen, andere haben ihre Kerze auf zusammengebundene Rohre gesteckt und erreichen mit einer solchen Rute ost die Höhe von zwei bis drei Stockwerken. Nun wird es für jeden Pflicht, eine angezündete Kerze zu tragen, und ost hört man die scherzweise Verwünschung: ,,b>!i» »minn/./.nto, edi uon poetn moecolo!» (Ermordet werde, wer kein Lichtchen trägt), wobei einer dem andern das Licht auvzulüschen sucht. Das Wort wird allmählich zum Freudengeschrei, zum Resrain aller Scherze, Neckereien und Komplimente. Gegen Mitternacht wird's stille: man eilt, um sich noch nach Möglichkeit an den von da an verbotenen Fleisch genüssen zu erlaben, und wenn mit dem Glockenschlage der Mit- ternachtsstundc trüb und grau Aschermittwoch heraus dämmert, dann erscheint der lustige Karneval mit seinem täu schenden Flttterglanz wie eine Fata morgana, deren blendende Lustgebilde in nichts zerrannen .... Oede und Leer« ließ sie :;"üick, und mit um so unerbittlicherem Ernste nur macht das "den Forderungen geltend. Aus dem Königreich Sachsen. Was wird in Sachsen an Steuern aufgebracht? Die Bedürfnisse des Staatshaushaltes sind vielleicht in keinem Zeiträume mehr gewachsen, als in den letzten 20 Jahren. Dazu haben die verschiedensten Umstände beigetragen, deren spezielle Er örterung hier zu weit führen würde. Aber es dürste viele Kreise interessieren, einen Uebcrblick über die Stenern zu gewinnen, die in unserem Sachsen erhoben werden. Die Erträge der Steuern waren folgende: 1885 1895 1905 Ginkonnuenstcuer I5K4IO33 Mk 27 107 892 Mk. 45 MO KW Mk. Lrgäuzungsstkner -— — »72116« . Grundsteuer 2 893945 . 3 54« 647 . 4 437 93« . Gewerbesteuer 259071 . 224 97!» . 218 48t . Crbschaslssteuer I »Mit IO . 1360 «76 - 1731718 . llrkuudeusteug'el 1 140 5:»', - » 778 704 . 2 247 281 - Schlachtsteuci vom z'leischiverk: 3 92393» - 4 166114 . 5 I'.Ni 14!» . 8. Ucbergaugsabgabe t>. verbrauch-abgabe 90 549 . 270 508 > 00 18! - 4KLO4O - 97 719 . Die vorstehende Uebersicht läßt erkenn.», daß der Ei»- k v m m e n st e u e r immer mehr die hauptsächlichste Deckung der Staatsbedürfnisse zugesallcn ist. Dabei muß berücksichtigt werden, daß die Ergänz u n g s st e u e r ebenso wie die Grundsteuer, in gewissem Sinne das Einkommen betastet, wenn auch in seinen Ouellen. Prozentual stellte sich der Steuerertrag wie folgt: 180', Ciukomiuensteuer r>2,'>2 Ergäuzuupssteuer — Grundsteuer N,'>r Alle übrigen Wienern . . 25, !<><>,oo »«>>.'> iso.', ro,.'>8 ri.ra z>roz. '>,88 >>,:< 7,o, r>,7.i - >00,00 >00,00 1>roz. Der Anteil der übrigen Steuern ist, wie vorstehend ersichtlich, immer mehr ; u r ü ck gega u g e n. Während sie 1885 noch reichlich den 4. Teil der Bedürfnisse deckten, war es l905 nur noch knapp der 6. Teil. In Zukunst durste dieser Anteil noch mehr unken. Erwähnt möge schließlich sein, das an Reichs - ab gaben in Sachsen im Jahre 1904 insgesamt 66402218 Mark erhoben worden und. Davon kommen ans Eingangszoll 46 757 257 Mk., Tabaksteuer 286 404 Mk., Salzstcner 1 289 316 Mart, Znckerstcuer > 750851 Alt., Branntweinsteuer 9 587 170 Mark, Schaumweinsteuer 58 853 Alk., Brausteucr 3070770 Mk., Nebergangsabgabe vom Bier I 105 867 Mk., Spielkarlensteinpcl 107 327 Mk. und Reichssicmpclabgabe 2 388 098 Mk. O o. Wahlrrchtsvorlag« für den Sächsischen Landtag. Das Dresdner Journal schreibt, wie wir schon gestern in unserem De peschenteil kurz meldeten, im Einklang mit der Leipziger Zei tung: Angesichts der Preßstimmen über eine Acnderung des Landtag »Wahlrechts können wir aus Gruno zuverlässiger Informationen seststellen, daß ein Entwurf des neuen Wahl gesetzes sür die zweite Kammer der Ständeversammlung in der Tat bereits vorlicgt und in seinen wesentlichen Grundlagen auch im Schoße der Regierung Annahme gefunden hat. Der Mi nister des Innern Gras von Hohenthal und Bergen hält nach wie vor an der von ihm wiederholt ausgesprochenen Absicht fest, den Entwurf des neuen Wahlgesetzes dem Landtage sobald wie möglich, d. h. sogleich bei dessen im Herbst zu er wartenden Zusammentritt zur Beschlußfassung vorzulegen. — Wie wir schon in unserer Montagsnummer bemerkten, ist jetzt, mitten im Reichstagswahlkampsc, die schlechteste Zeit, die sächsische Wahlrechtssrage zu erörtern. Denn das Volk will zum mindesten das Wahlrecht von 1868 wieder haben, und das wird ihm die Regierung wohl nicht bcscheercn. Ballfestlichkeit im Dresdner Ministerhotel. Der für den 17. d. Mts. vom Staarsminister Grasenzu Hohental und Bergen und Gemahlin in Aussicht genommene Ball ist aus Montag den 21. Januar er. verschoben worden. Der Ballsestlich- keit werden der König und die Mitglieder des Königlichen Hauses beiwohnen. Di« Kgl. Stichs. Generale v. H enni g und v. Larisch wurden anläßlich ihrer Ernennung zu Brigadckommandeuren gestern mittag vom Kaiser empfangen. Einzelkrlch« bei der Abendmahlsseier. Das sächsische Lan tz e s m e d i z i n a l k o l l e g i u m hat beschlossen, beim evange lisch-lutherischen L a n d c s k o n > i st o r i u m die Einführung des Einzelkclches bei der Abendmahlsseier zu befürworten. Sitzung des sächsischen Eisrnbahnratv. Die 55. Sitzung des sächsischen Eisenbahnrates findet am Donnerstag, den 7. Fe bruar, in Dresden statt. Die Tagesordnung enthält: Mit teilungen über die Einführung besonderer Bedingungen sür die Annahme stark stäubender Güter, Tarifierung von Holzessig, Versetzung von rohen, grünen und gesalzenen Fellen und Häuten in oen Spezialtarif 2, Tarisermäßigung sür Fleisch und Fleischwaren bei Aufgabe als Eilgut, Aufnahme von Ter pentinöl in das Verzeichnis der zur Beförderung in Kesselwagen zugelassenen Flüssigkeiten, Frachtberechnung für Tiere in mehr- bödigen Wagen und weiter Verhandlungen Uber Versetzung des Getreides in Spezialtaris 2, Tarifierung von Holz und Holz waren, Versetzung von ungewaschener Wolle in den Spezialtaris 2 und den Spezialtarif sür bestimmte Stückgüter, Versetzung von Baumwollabsällen und Vaumwollgarnabsällen in den Spezial taris für bestimmte Stückgüter, Versetzung von Heu und Stroh in den Nohslosstaris und über Sechsuhrschluß der Frachtstückgut-An- nahme. Ihnen folgt eine Besprechung des nächsten Sommer sah r p l a n e s. Die sächsischen Beamten und das Wahlrecht. Die sächsische Regierung wird den Beamten die Ausübung des Wahlrechts aus jede Weise zu erleichtern suchen. Den Beamten soll mög lichst bereits in den Vormittagsstunden ausreichende Zeit zum Wählen eingcräumt und diese Zeit insbesondere sür diejenigen reichlich bemessen werden, die ihre Wohnungen von ihrer A deitsftätte weit entfernt haben. Den Beamten, die gegen Tage- und Stundenlohn arbeiten, werden wegen der ihnen zur Abstimmung bewilligten freien Zeit die Bezüge nicht gekürzt werden. 11. sächsisches Bundestegeln. Die Vorarbeiten sür das in diesem Jahre in Freiberg stattsindende 11. sächsische Bundes kegeln haben bereits begonnen. Die Festhalle wird in diesem Jahre zum ersten Male 16 Bahnen aufweisen. Der sächsisch« Radsahrerbund veranstaltet am 31. März und 1. April eine Osterwandersahrt, am 18. und 19. Mai eine Psingst- fahrt, am 25. August eine Dauerfahrt Zittau-Leipzig und am 15. September eine solche Adorf-Leipzig, sowie acht weitere Wanderfahrten im Lause dieses Jahres. Stollberg, 15. Ja.i. Späte, aber h o h e B e l v h n u n g. Der 23jährige Schlosser Schuster aus Lugau, der dieser Tage nach siebenjähriger Abwesenheit behufs Stellung zum Militär zu seinen Eltern zurückkchrte, hat bei San Franzisko gelegent lich des Erdbebens mit Mut und Entschlossenheit einen Bürger meister mit seiner Familie gerettet. Die Frau des Geretteten biß ihn hierbei in der Todesangst in den Hals, die Wunde ist noch sichtbar. Für seine Entschlossenheit wurde der junge Mann durch eine prächtige Medaille ausgezeichnet, auch erhielt er durch eine Anweisung auf eine Chemnitzer Bank eine jährliche Rente von 1500 Dollar. Schönheide, 15. Januar. Streik. Ein Ende des seit 2 0 Wochen währenden Streikes in der hiesigen Bürsten- und Pinselfabrikation ist noch immer nicht abzusehen. Die Ver handlungen zwischen den Fabrikanten und den Arbeitern bezw. der Streikleitung haben zu keiner Einigung geführt. Etwa 80 unverheiratete männliche und weibliche Arbeiter haben Schön heide verlassen. Geyer, 15. Januar. Die Ziemer, auch Krammetsvögel oder Wachholderdrosseln genannt, sind Heuer zum Leidwesen der Jäger recht selten. Während sie früher beim Eintritt des Schnees in Schwärmen an der Landstraße entlang zogen, ist ihnen in diesem Jahre der Tisch nicht gedeckt, die Ebereschen haben weniger getragen, auch hatten während des Herbstes die Stare sich bereits als Gäste des Vogelbeerbaumes eingestellt. Die Wachholderdrossel nistet auch bei uns, doch weniger häufig, ihre bevorzugten Nistplätze sind Birkenwälder. Tritt bei Eintritt des Schnees Nahrungsmangel ein, so ziehen sie in Schwärmen von Eberesche zu Eberesche. Ost sind die Schwärme weit her, aus Mittelrußland gekommen. Annaberg, 15. Januar. Wegen Schneeverwehung mußte gestern nachmittag aus der nur dem Güterverkehr« dienen den Eisenbahnlinie Annaberg Ladestelle—Königswalde der ge samte Betrieb bis aus weiteres eingestellt werden. Zwickau, l5. Januar. Eine Erbschaftsversteige rung mit U e b e r r a s ch u n g e n gab es kürzlich in Reinsdorf bei Zwickau. Dort war die Witwe G. gestorben, und ihr Nachlaß gelangte zur öffentlichen Versteigerung. Schon war ein großer Teil der Sachen losgeschlagen,als sonderbare Entdeckungen ge macht wurden. In einer Matratze sand man einen 50-Mark- schein, in einem Sosa einen 100-Markschein, aus jedem Wäsche gegenstande wurde ein größeres Geldstück gezogen, und auch im Schuhwerk fanden sich größere Beträge. Natürlich wurde die Versteigerung von den Erben aufgehoben, so daß wenigstens ein Teil des bare» Erbes gerettet werden konnte. Auerbach, 15. Januar. Wohnungsbaugenossen schaft. Hierselbst macht sich ein Mangel an mittleren und kleineren Wohnungen fühlbar. Aus diesem Anlasse hatte Herr Bürgermeister Achilles eine Versammlung einberusen, um eine Genossenschaft zu gründen zum Zwecke der Beschaffung von billigen Wohnungen für den Mittel- und Arbciterstand. Man beschloß, eine Genossenschaft ins Leben zu rufen und Anteil scheine zu 200 Mark auszugeben. Planen i. B„ 15. Jan. Neue F a b r i k - E l a b l i s s c - niento. Die Zahl unserer hiesigen großen industriellen Eta blissements wird in diesem Jahre wieder»»» nm zwei bereichen werden. Dein Stadtbauaml sind bereits die Baupläne sür die beiden großen Fabriken zur Genehmigung eiugcreicht worden. Mil dem Bau soll im frühzeitigen Frühling begonnen werden. Hohenstein-Ernstthal, 15. Jan. S ch w c r c Brand w u »- den im Gesicht trug das 5jährige Töchterchen des Fabrik webers Döhler hier dadurch davon, daß es aus Versehen einen ans dem Ofen stehenden Tiegel mit siedendem Speck herab riß, wobei der Inhalt sich auf das Gesicht der Kleinen ergoß. Als An Wunder ist zu betrachten, daß die Sehkraft des Kindes erhalten bleibt. Die Lebensrettungs medaille verdiente der Schn'.kn.rbe Winter hier, der mit Lebensgefahr den 7jährigen, auf dem Teiche Angebrochenen Schul knaben Lohse aus dem Wa, er zog und so vom Ertrinken rettete. Chemnitz, 15. Januar. Krankenkassen undAerzte. Die Betriebstrantenkassen der Amtshauptmannschast Chemnitz, die in einem Verband vereinigt sind, wünschten den mit dem ärztlichen Bezirksverein Chemnih-Land abgeschlossenen Vertrag Uber die A e r z t e h o n o r a r e neu abzuschliehen unter Ein fügung einiger Aenderungen. Das lehnte indes der Aerztliche Bezirksverein ab; es soll vorläufig nach dem alten Vertrag ver fahren werden. Leipzig, 15. Januar. Giftmörderin. Die Polizei verhaftete ein 16 jähriges Dienstmädchen, das verdächtig ist. einen bei seiner Herrschaft wohnenden Studenten mir Lysol zu vergiften versucht zu haben. Oschatz, 15. Januar. Absturz. Im alten Oschatzer Stein bruch wurde von Stcinbruchsarbeitern dieLeiche ihres Arbeits- genoßen Müller ausgesunden. Der Mann hatte die zur Sicherung dienende Leine um den Leib besestigt, doch war die Anseilung nicht vollendet. Man nimmt Absturz an. Müller hinterläßt eine Frau mit 2 schulpflichtigen Kindern. Döbeln, 15. Januar. AusAngst vorStrase inden Tod. Der Klatschprozeß, von dem wir dieser Tage berichteten, hat einer Arbeiterfamilie auch schweres Leid gebracht. In den Prozeß war auch der 34jährige Fabrikschmied Kuntze mit ver wickelt. Seine Sache wurde in der Hauptverhandlung von dem Verfahren abgetrennt, weil er sich noch wegen einer Zusatz- bcleidigung zu verantworten hatte. Das beunruhigte ihn der maßen, daß ihm Selbstmordgedanken kamen. Seit gestern wird er nun vermißt, und da ein Teil seiner Kleidungsstücke am User der Mulde gesunden wurde, ist anzunehmen, daß er den Tod im Wasser gesucht hat. Dresden, 15. Januar. Eine geborstene Säule. Stadtrat Baumeister Hartwig hat, wie die Dresdn. Nachr erfahren, fein Amt als Stadtrat niedergelegt, Da Herr Hartwig das 65. Lebensjahr überschritten und weit über 12 Jahre in städtischen Diensten gestanden hat, so ist er zur Nieder legung dieses Amtes berechtigt. Man dürste aber nicht sehlgehen, wenn man seinen jetzigen Entschluß mit Vorgängen in Zusam menhang bringt, die seinerzeit in der Oessentlichkeit viel be sprochen wurden und deren Anlaß die Tatsache bildet, daß Bau meister Hartwig in den letzten Jahren ihm gehörige Bau st e l' e n zur sosortigen Bebauung verkauft hat, während er glei >:> zei» > bei den Behörden fortgesetzt sür die Einschri. . ung des Bauens im Interesse des Hausbesitzer standes vorstellig geworden war. Bautzen, 15. Januar. Das medizinische Staats examen hat dieser Tage als erste Bautzenerin Fräulein Mart« Lorenz gut bestanden. Sie studierte in Heidelberg, München und Leipzig. Zittau, 15. Januar. Hundert und ein Lebensjahr vollendet am 28. Januar d. I. die verwitwete Frau Johanne Eleonore Geier, die älte st eFrauSachsens, seit langem Insassin des hiesigen sogenannten Klosters. Aus städtischen Mit teln ist der Greisin ein sorgenloser Lebensabend bereitet worden. Frau Geier war niemals ernstlich krank in ihrem langen Leben. Jetzt freilich machen sich allerlei Altersschwächen bet der Greisin bemerkbar. Frau Geter besitzt, wie viele alte Leute, ein vorzüg liches Gedächtnis und weiß sich auf weit zurückliegende Sachen mit einer Genauigkeit zu besinnen, die frappieren muß. N a poleon I. hat Frau Geier am 19. August 1813 in Zittau ge sehen. Napoleon hielt hier Heerschau Uber seine Truppen ab, und zwar vom sogenannten Galgenberge aus. Von Zittau war Na poleon nach Deutsch-Gabel marschiert, aber schnell umgekehrt und aus Leipzig zugczogen, wo sich sein Geschick in der großen Völker schlacht drei Monate später vollzog. Wie überall, so nahm man auch in Zittau die Kunde mit unendlichem Jubel aus, und unter den Leuten, die in lichten Scharen damals die Illuminationen aus allen öffentlichen Plätzen in Augenschein nahmen und sich froh durch die Gassen schoben, befand sich auch die kleine Becke- rec, unsere Hunderteinjährige.
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