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Freitag, 14. Dezember 1906 Rr. 88 Erster Jahrgang 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Diese Ntttttinev <» Seiten des Näheres jiehe unten. uns den M o n i i g n o r e M o » l a g nini ist gestern Vormittag Paris in R v in n n g e k o in in e » und Hai inh s o s o r I in V atit a n i> e g e i> e n. was Frühling und Sommer ihnen in Hülle und Fülle gaben. Man muhte also einen Ersatz, ein Veschäftigungsmittel schassen. Und inan gab ihnen Spielsachen in die Hände. So konzentrierte sich das Schenken non Spielsachen immer mehr ans einen bestimm ten Tag zu Beginn der rauhen Jahreszeit, — einen Tag, dem die Kleinen schon wochenlang mit ihrer ganzen Kinderjehnsucht ent- gcgenharrten. Als das Christentum seinen siegreichen Einzug in Nord- und Mitteleuropa gehalten hatte, wählte man in den germanischen Gauen, im Süden den Nikolaustag als den Kinderbescheernngstag, im Norden den Weihnachtsheiligenabeno, den ersten Weihnachtstag oder das Dreikönigsscst. Vielleicht mag hier auch die Sitte mitgejpielt haben, das; es dem Volks glauben nach Brauch ist, daß die Neugeborenen — und ein solches ist hier das Christkind — den älteren, bereits vorhandenen, aber immerhin noch kleinen Geschwisiern etwas mitzubringen pflegen. W i r aber wolle» uns mit einer Auslegung dieser Angelegen heit nicht weiter besagen. Wir wissen nur das eine, daß sich der schlichte Geschmack des Mittelalters ganz unendlich verändert hat, die Zeiten aber haben sich geändert und — wir mit ihnen. Was erwartet heute nicht alles das Kind vom Weihnachtsmann, dem gefürchteten und doch so sehnlichsl herbeigcwünschten? Leider wird der kindliche Geschmack heutzutage auch in dieser Beziehung immer verwöhnter. Ehedem war dir Wunschwelt des Kindes engumgrenzter, als gegenwärtig. Lhamisso hat alles das treffend in seinem Gedicht: Die Lhristbescherung geschildert. Da heißt cs u. a.: . . . Das Christkind hat an alles gedacht Und Nützliches und Schönes gebracht. Da seht ihr Trommeln, Soldaten von Blei, Auch eine Fahne hängt nebenbei, Seht Häuser von Pappe mit rotem Dach Und drin ein zierliches, kleines Gemach . . . . . . Hier Peitschen und Wagen, ein Pferdchen gar wild, Dort zum Zusammensetzcii ein Bild. Hier Schreibebücher, ein Püppchen ganz klein Wird dort gewiß in der Wiege sein. Auch herrliche Bücher sind ausgestellt; Von tausend Lichtern ist alles erhellt. Druck im- Verlag Gebrii-er Beu «Huer ()uh.: Paul Bcuthucr) in Aue. Sprcchstim-e -er Redaktion mii Ausnahme -er Sonntage nachmittags von z—z Uhr. — TctegramnvAdresse: Tageblatt Aue. — Feinsprecher 202. Für unverlangt elngesau-Ic Manuskripte kann Gewahr nicht geleistet werben. Verantwortlicher Redakteur: Fritz Arii hold. Fär die Inserate verantwortlich : Arthur Kupier, beide in Aue. Annahme von Anzeigen bi- spätestens Uhr vormittags. Für Aufnahme van größeren Anzeigen an bestimmten stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingeben Inser« Ions preis: Die slebcngespaltcne Korpuszeile oder deren Raum zo pfg., Reklamen rs pfa Bei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Königs Star von Schweden ist erkrankt, er leidet u. a. an .Herzschwäche.* zubringen weih, zeigen doch deutlich genug, daß man in Tokio mit der Wahrscheinlichkeit eines neuen Krieges unbedingt rechnet. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die Be mühungen Japans, eine starke chinesische Armee, nach japanisch-europäischem Muster organisiert und bewaffnet zu schassen, um eines schönen Tages Europa vor die Tatsache zu stelle», das, Japan und China über ein paar Millionen erstklassi ger Soldaten verfüge», mit denen dann nebst einer starken Flotte die beiden gelben Großmächte halb Europa die Spitze bieten könne». Ma» glaube doch nicht, daß bei dem nächsten Zusam menprall Japan und Rußland oder Amerika sich das Reich der Mitte ebenso neutral verhalten werde wie vor zwei und einhalb Jahren. Der russisch-japanische Krieg bildete doch nur die Introduktion zu dem furchtbaren Ringen zwischen der weißen und gelben Nasse, welches mörderische Schauspiel uns die Zukunft gewiß nicht erspare» wird. Darum heißt cs beizutreten, gewappnet zu sein! Nichts wäre verfehlter, als wenn die europäischen Kabinette die bisherige Politik der gegenseitigen Jntrignen in Ost-Asien sortsetzen wollten. Das fluchwürdige Verbrechen, das England gegen die Vorherrschaft der weißen Rasse auf der Erde beging, indem es sich mit Japan verbündete, um durch die erste mongolische Groß macht Rußland matt zu setzen, kann nur durch eine ehrliche Jn- teresscn-Solidarität Europas und Nord-Amerikas im sernen Osten wieder g u t gemacht werden. Dringender als je klingt die Mahnung Kaiser Wilhelms an unser Ohr: V ö l k e r E u r o p a s, wahrt eure heiligen Rechte! Nun ziehen sich im ferne» Osten neue Wolken zusammen, denn die Japaner, die bei dem Friedensschlüsse zu Pourtsmouth nicht viel besser wie seinerzeit in Schimonoseki abschnitten, suchen nachträglich aus der Ohnmacht Rußlands noch so viel Vor teile als nur möglich zu ziehen. Dazu bieten ihnen die Ver handlungen mit Petersburg wegen des Abschlusses eines Han delsvertrages eine günstige Gelegenheit. Sie verlangen insbesondere die F i s ch e r e i b e r e ch t i g u n g überall an der Küste des stillen Ozeans, und das ist eine Forderung, die Ruß land nie und nimmer gewähren kann. Aus verschiedenen Grün den. Var allem ist die Bevölkerung, die sich in den russischen Küstenstrecken am stillen Ozean vom Fischsange nährt nicht so in telligent und kaufmännisch begabt, wie die Japaner. Es ist da her mit Sicherheit zu erwarten, daß die schwersättige» Rus sen den slinken schlitzäugige» Söhnen des Reiches der ausgehen den Sonne gegenüber überall im Nachteile wären. Der Kon- kurrcnzkamps würde selbstverständlich Unzuträglichkeiten und Reibereien aller Art Hervorrufen, die allzu leicht zu unliebsamen diplomatischen Weiterungen führen könnten. Dann würden die Japaner, da ihre Heimat ohnehin an Uebervölkerung leidet, sich rasch in großer Zahl i» Form von Fischerkolonien in Sibirien ansiedcln, wo die gelbe Invasion ohnehin viel stärker ist, als den Russen lieb sein kann. Schließlich komme» noch rein mili tärische Erwägungen in Betracht. Unter den japanischen Fischer» würden sich sicher viele verkleidete Offiziere befinde», die sich bei der scheinbaren Ausübung des harmlosen Gewerbes in aller Bequemlichkeit die genaueste Kenntnis der russischen KUstenglicderung, der Tiese der Gewässer, der sortisikatorischen Anlagen sowie der Zahl und Verteilung der Truppen verschlissen könnten. Da ein neuer Krieg jwischen Rußland und Ja pan nur eine Frage der Zeit ist, so versteht es sich von selbst, daß die russische Negierung so weitgehende Konzessionen in der Fischcreisrage unmöglich machen kann. Höchst unklug wäre es von den europäischen Kabinetten, Rußland bei seinem Widerstande gegen die exorbitanten For derungen Japans nicht kräftig zu unterstützen, denn cs handelt sich hierbei um eine Frage von internationaler Bedeu tung. Hat man schon den großen Fehler begangen, Japan zu einer Großmacht hcranwachsen zu lassen, so muß Europa wenig stens dafür sorgen, den kleinen Japs die Illusion zu nehmen, daß sie den Weißen aus der Nase herumtanzcn können. Rußland ist und bleibt der erste europäische Kulturpionier in Ostasien, und es wird diese Mission in noch hervorragenderem Maße erfüllen können, wenn cs sich zu einem konstitutionell regierten Staate umgemodelt hat. Rußlands Position in Ostasien bietet aber auch den anderen Großmächten, die dort ihre Besitzungen haben, den stärksten Rückhalt, und je s e st e r die Macht Rußlands dort wurzelt, desto schwerer wird cs den Japanern satten, den Deutschen, Franzosen. Amerikanern und Holländern ihre Kolo nien am und im stille» Ozean zu entreißen. Die gewaltigen Rüstnngen zu See wie zu Lande, für die Japan trotz seiner mißliche» Finanzlage die nötigen Mittel aui- D as Befind e n des L ch a l> s war gestern viel ' chlechI c r. Er war einige .Zeit b e w u s; l t o s. Wir wenden uns nunmehr zu den heute üblichen Weih nachtsspielsachen. Da sind zunächst die Puppen. In ihrer Ausstattung und ihrem Anzug sind sie ganz wie die Menschen der Mode »nterworsen. Wir finden Vertreter und Vertreterinnen aller Nassen und Nationen. Und das ist nicht nur heute so, das war i m m e r so. Ebenso wie die Puppe ein Reformkleid trägt, so trug sie früher eine Krinoline oder das lange, schlicht herab- sallende Gewand einer ehrbaren Zunstmeistcrssrau. Vom ein fachsten Mechanismus bis zum kompliziertesten treten uns die Puppen entgegen: vom Badeengcl bis zur beweglichen Riesen puppe mit Schlafaugen und P h o n o g r a p h e n st i in m e. Und alle finden ihre Abnehmer, denn es fehlt wohl kaum ein Weih nachtstisch, wo nicht eine Puppe, mag sie auch noch so schlicht sein, das Entzücken eines kleinen Mädchens — oder auch eines Buben — wachrust. Mit den Puppen in einem Atemzuge zu nennen sind die Puppenstuben, die Küchen, Kochherde und Ber ka usslä den für Kinder. Schon die Nürnberger Puppen stuben des Mittelalters besaßen Weltruf. Heute aber sind alle diese Gegenstände derartig vervollständigt, daß sic geradezu be rechtigtes Staunen Hervorrusen. Die Möbel sind oft Miniatur kunstwerke handwerklichen Fleißes. Wir finden nicht nur das Puppenwohnzimmer, das Puppenschlafzimmcr und den Puppen salon, sondern auch die Puppcnbadestube mit Brause und Hähnen für kaltes und warmes Wasser. In den Puppenküchen finden wir alle diejenigen Gegenstände klein und zierlich, und dennoch brauchbar, nachgebildet, die die Erwachsenen gebrauchen. In den Verkaufslädcn erregen eine reiche Anzahl kleiner und kleinster Fächer, Düten, Wiegeschale, Gewicht ustv. unsere Bewunderung. Noch komplizierter als diese meist aus Holz bestehenden Weihnachtsspielwarcn sind die Metallspiclsachcn: M aschinen, Eisenbahnen, Schiffe, Automobile, Kanonen, Soldaten ustv. Hier zeigt sich so recht, was die moderne Tech nik auch sür den Weihnachtstisch zu schassen vermag. Der Dampf tritt hier als treibende Kraft in den meisten Fällen aus. In kleinen Kesseln wird er mittels eines Spiritusflämmchens ent wickelt. Aber auch die Elektrizität ist bereits in den Dienst des modernen Kinderspielzeugs gespannt. In Form von Akkumula- WeHnachtsspielstichen. Eine Plauderei von Heute und Gestern. Von Engen Rach. (Nachdruck verboten.) Ein Weihnachtsjest ohne Spielsachen wäre wie ein Frühling ohne Blüten. Tausend Kinderträumc wollen ja an dem schön sten der Feste des Jahres erfüllt werden. Und hundertsache Sehnsucht harrt ihrer Erfüllung. Tagcin, tagaus warte« die Blicke unserer Kinder ans die Stunde der Bcschecrung. Alle Herr lichkeiten ihrer kleinen Welt sollen nun Gestalt annehmen. Emsig arbeiten Gedanke und Vorstellung in ihrem kleinen Hirn. In Liedern und artigen Verslein geben sie ihren bunten Wünschen Sprache und Ausdruck. So singt Heinrich v. M ii h ler: Wiß Ihr noch vom vor'gen Jahr, Wie s am Weihnachtsabend war? Wißt ihr noch das Rädcrpserdchen Und die schöne Jagd von Blei, Julchens Küche mit dem Hcrdchen Und die schöne Schäferei, Heinrichs bunten Harlekin Mit der gelben Violin? Und doch sind die Wcihnachtsspielsachen — h i st o r i j ch ge nommen — noch garnicht so alt. Erst das späte Mittelalter führte solche in der Gestalt primitiver Puppen, der Docken oder Tockcn, ein. Nürnberg war der Hauptsitz dieser Spielwaren industrie, wenn man überhaupt von einer Industrie im modernen Sinne reden kann. Wenn man sich aber nicht speziell aus Wcih- nachtsspiclwaren versteift, so kann man die Herstellung von Spiel sachen bis in die vorgeschichtliche Zeit hinein verfolgen. Schon in den westschweizerischcn Pfahlbauten der Bronzezeit hat man eine Art irdener und bronzener Kindcrklappern gesunden: auch Würfel (Knöchel) haben Archäologen an verschiedenen ande ren Orten ausgegraben. Es ist naturgemäß, daß man schon in srühren Zeiten darauf bedacht war, die Kinder in unseren Breiten, wo Herbst und Winter mehr oder weniger rauhe Jahreszeiten genannt werden tijnnen, an das Haus zu fesseln. Dort sanden sie nichts von dem, Komplikationen in Ostasien. Znii-In non IIIOVI-K-. Was ruht, das soll man nicht be wegen. Europa hat diesen guten Rat, den der Altreichs kanzler einmal der hohen Diplomatie gab, leider in Ostasien nicht befolgt, sondern alles getan, um das Mongolentum aus seinem tausendjährigen Kulturschlase a u s z u r ii t t e l n. Wenn man dabei wenigstens so vorsichtig gewesen wäre und China, sowie Japan nur dem europischen K a u s m a u n erschlossen hätte, so würde die gelbe Gefahr noch lange nicht nkluel! sein, aber man beging die Torheit. Japan und China zu moder neu Staatsgebilden nach europäischem Muster zu machen und ihre bewassnete Macht mit den besten Modellen der europäischen Wassentcchnik auszuriisten, weiße Offiziere als Militärinstrukteure hinzufchickcn ustv. Während sich China gegen eine Neugestaltung seines Staatswesens aus occidentaler Basis anfänglich sträubte und auch heute noch eine Anzahl, durch die Tradition geheiligter Einrichtungen beizubehalten bestrebt ist, erkannten die Machthaber in Tokio, welche ungeheuren Vorteile ihnen die Europäisierung bot und so erlebten wir das grandiose Schauspiel, daß binnen wenigen Jahrzehnten in Ost-Asien eine G roß in a ch t entstand, der cs gelang, eine der e r st c n Ak ili- tärmächtedes Abendlandes in einem furchtbaren Kriege aufs Haupt zu schlagen. Mit dem Siege der Japaner trat zu den Sorgen unserer Diplomatie noch die gelbe Frage, die unzweisel hast erst im A n sang s st a d i u in ihrer Entwicklung steht. Veit VDGDHDR Mr Udonimten! Bez» gr preis: Durch unsere Loten frei ins Hans nionallich so 0fg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich <,» pfg. und wöchentlich ,o pfg. — Lei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich i.so Mk. — Durch den Briefträger frei ins Haus vierteljährlich ,.Y2 Mk. - einzelne Bummer io Pfg — Deutscher postzettungs- katalog — erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn, und Feiertagen. Rach einer Erklärung des fran;öii>chen Ministers Auswärligen kann von einer russischen Anleihe keine Rede sein. Das Wichtigste vom Tage. Nach A bleh n u n g des N a ch l r a g etai s sür Süd - w e st asrika ist der deutsche Reichstag durch l a iserliche B o l s ch ast a u sgel ö st worden.* Politische Tagesschau. Aue, 14. Dezember ItkOo. Das Königreich Sachsen im neuen Reichvetat für 19V7. In dem neuen Reichshanshaliselai sür l!)07 sind sür das Königreich Sachsen folgende Forderungen ausgestellt: Im M ililäreial sür das s a ch s i s ch e H e e r betragen die fortdauernden Ausgaben 45 806 42!) Mark (plus 320047 Mark gegen IttOli), die eiunialigeii 10 506 687 (plus 2 Li >268 Mark). Bei den s o r l d a n e r n d e n Ausgaben werden neu gefordert: I Stabsoffizier als Vortragender Rat im Kriegsministerium, l evangelischer Divisivuspfarrcr in Riesa, I Major sür die Eisen- bahubrigade, l .Haiwtmann, 2 Leutnants für die preußische Vcr- suchsabteilung der Ve.kehrstruppen, l!> Hauptleute für Truppen in Sachsen, I Leutnant sür die Flinkenielegraphenableilung beim preußischen Telegraphen-Batailton I Sonst sind die Veränder ungen nur geringfügige. Bei den einmaligen Ausgaben werden gefordert: I) -'n, 675 Mark für den Neubau von Mogazingebäuden in Pirna, Schlnßrate, 2 128 000 Mark für den Neubau einer (tzarnisousmühle in Leipzig, 2. Rate, 3) >80000 Mark zum Aus bau der elektrischen Anlagen des Bckleidnngoanncs des Ii). Armee korps in Leivzig, :i. Rate, 4) 66!> 300 Mark sür den Neubau einer Kavallerickaierne in Hannen, 3. Rate, 5> 500000 Mark sür d.ii