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Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 08.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190612085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19061208
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19061208
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-12
- Tag 1906-12-08
-
Monat
1906-12
-
Jahr
1906
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Höher ging's nimmer. Von einem Parlamentarier werden dem A u e r T a g r b l a t t die felgenden Zeilen zur Verfügung / dq.I'i.s^OLNSN greisen und erkrankten Prälaten gestellt. Als im Frühjahr dieses Jahres der Abgeordnete Erz berger sein j'accuse gegen die Kölonialvcrivaltung von der Tribüne des Reichstages herabschleuderte, da war drautzrn im Restaurant der geräumige Zentrumstisch bis auf den 'letzten Platz besetzt and das Gerücht ging nm, dasi man damit eine De mo st ration beabsichtige gegen den allzu eifrigen Drauf gänger im Saale. , War es doch längst ein offenes Ge heimnis, das, das jüngste Mitglied des CcntrumS den älteren Herren bereit- an sing fürchterlich zu werde», denn diese liebten ein zwar zähes aber doch geruhiges Leben und Herr Grzbergcr war zugestandenermassen n u r gewählt worden, um den Hitze zu ersetze» und seine sozialpolitische Stellung im Zentrum auszufüllen. Und nun kam dieser Ritt Erzbergers ins Kolonialamt und die scharfe Oppo ¬ sition gegen die Regierung, die das Zentrum wohl oder übel mit- macheu mutzte, wollte sie ihren Benjamin nicht völlig verleugne» Das verdachte man dem jungen Mann; das sah man bisher als eine Domäne der Alte n an und die Stimmen mehrten sich im Zentrum, die so gestalteten Unmut offen aussprachen. In erster Reihe stand damals Herr Rocren .... und heute'? Heute hat Erzberger vor der Bereitwilligkeit des neuen Kolonial direktors Dernburg, Ordnung in unsere kolonialen Verhält »isse zu bringen, die Waffe» gesenkt, heute aber hat Roeren sie wieder erhoben! Und war Erzbergcr scharf, war Roeren jetzt aussallend; wutztc Erzberger aus allen Angriffen als Sieger hcrvorzugehen, erscheint heute Roeren nach seinem letzten Zusammenstotz mit dem Kolonialdirektor st a r k kompromittiert. Roeren unterlag undErzberger trium phiert. Und um Erzberger hat sich mittlerweile der grötzte Teil des Zentrums geschart, der nicht nur kritisieren sondern auch red lich arbeiten will, und den wenigen um Roeren wird bald nichts anderes übrig bleiben, als in Erzbergers Lager Uberzugehen . . Erzberger triumphans! Wer schimpft, hat Unrecht, sagt man im Volke und Herr Roeren schimpfte, als ihn der Kolonialdircktor anpackte und nachwies, datz jener angebliche Unschuldsengel W i st u b a , für den sich Roeren so ins Zeug gelegt hatte, solcher Huld durchaus nicht würdig sei; Herr Roereu schimpfte, als der Kolonialdi- rektor enthüllte, datz der Zentrumsredner in seiner Eigenschaft als Abgeordneter und unter Hinweis aus die Macht des Zen trums, das Recht zu zeigen, den Reichskanzler durch Drohungen zu bewegen suchte, ihm in allen Dingen zu Wil le» zu sein. Wenn zwei solche Gegner auseinander platzen, dann kommt der Reichstag aus seine Kosten und das Publikum auch. Allein Graf Ballestrem schien diese Szenerie als etwas ganz Unerhörtes zu empfinden, denn seine gewohnte Sicherheit lietz ihn völlig im Stiche. So sah er es ruhig an, datz Herr Roeren den Kolonialdirektor mit Ausdrücken wie Börsenjobber, roh, bru tal, geradezu überschüttete und ihm seine Vergangenheit vorwars. Er schritt auch nicht ein, als Dernburg weitere Pfeile aus Herrn Roeren abschotz, von denen keiner sein Ziel verfehlte und unter dem dröhnenden Beifallklatschen des Hauses und der Tribünen mit den Worten endete: Ich habe diese Eiterbeule aufgestochen und bin bereit, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Nicht mit Unrecht wird schon jetzt daraus hingewiescn, datz durch Dernburgs Auftreten die Regierung in einen offenen Konflikt mit einem Teil des Zentrums geraten ist, umsomehr als der Reichskanzler diesen Fall voraussah und sogar guthietz, indem er seine rechte Hand, den gewandten Ehcs der Reichs kanzlei, Herrn von Locbell, als-Helser Dernburgs mit in den Kampf schickte. Jetzt heisst cs, biegen oder brechen. Wenn nicht alle Zeichen trügen, wird das Zentrum nicht völ - l i g aus Seiten Roerens steten, ja, man flüstert davon, datz selbst dessen beste Freunde unzufrieden mit seinem Auftreten sind. Allerdings wird man einen so namhaften Führer des Zentrums nicht fallen lassen, und der Ritz zwischen der Regierung wird auch wieder überkleistert, aber vor der Welt steht wahrscheinlich dies mal das Zentrum nicht als Sieger da. Was Erzbergers Drauf gängertum nicht vermochte, das hat Roeren fertig gebracht: Der Regierung in der Kolonialpolitik ein Plus zu verschaffen, das sie auf diesem Gebiet wahrlich nicht verdiente. Das Darlehen nn- seine Rückzahlung?) (Nachdruck verboten.) (Von unserem juristischen Mitarbeiter.) Wenn ei» neues Jahr herauszieht, so wird allenthal ben Abrechnung erteilt, die Bilanz des Schassens und Strebens aufgemacht. Kein Wunder, datz man sich dabei so mancher Sache erinnert, die sonst im Lärm des Alltagslebens völlig vergessen ruht. Wer glücklicher Verborger von Kapitalien im abgelause- »en Jahre sein konnte, wird sich nach seinem Schuldner umsehen und entweder das Darlehen zurllcksordern oder die Zinsen hiervon wenigstens verlangen, wobei es in den meisten Fällen nicht immer friedlich zwischen den Parteien zugehen mag. Sehen wir zu, unter welchen Bedingungen ein Darlehen gegeben und zurückgezahlt werden soll. Gibt man ein Darlehen, so ist es die erste Pflicht, sich vom Schuldner einen Schuldschein zum Beweise der Hingabe des Darlehens ausstellen zu lassen. Dieser soll die Person des Dar- lehnsgebers, die Höhe der geleisteten Kapitalien, die Verzinsung, die Zeitangabe der Rückzahlung oder die ausgemachte Kündi gung, eventuell Verabredungen, sodann Ort. Datum und Unter schrift des Schuldners enthalten. Wenngleich der Schuldner in dem Schuldscheine das Aner kenntnis gemacht hat, soundsoviel vom Darlehnsgeber empfangen zu haben, so kann der Schuldner doch stets den Gegenbeweis antreten. Kommt es doch häufig vor, datz der Darlehnsnehmer in Erwartung des Darlehns einem Beauftragten die Quittung übergibt, der das Geld beim Darlehnsgeber holen soll, dieser wohl die Quittung sich aushändigen lässt, wobei er entweder nur einen Teil des versprochenen Darlehns gibt, oder unter dem Vor wande noch Verschiedenes mit dem Darlehnsnehmer ordnen zu wüsten, sich die Quittung überreiche» lässt. Wenn nun das Darlehen nicht gezahlt wird, so kann natürlich der Darlehns- sucher noch immer den Gegenbeweis durch Ablegung des Eides antreten. Stets ist cs geraten, im Falle, datz das Darlehen nicht gegeben wird, den beim Darlehnsgeber hinterlassenen Schuld schein ungesäumt zurückzusordern, ist einmal ein längerer Zeit raum verstrichen, so kann der an der Sache Beteiligte sich nicht mehr so genau aus die Einzelheiten besinne» und im Falle eines Prozesses müssen dann kostspielige Beweise angetreten werden. Denken wir an den Fall, datz der Schuldner vom Tode ereilt wird; nach seinem Ableben hat der angebliche Darlehnsgeber nichts Eiligeres zu tun, als die in Erwartung des Darlehns sei nerzeit ausgestellte Quittung den Erben des Schuldners vorzu legen, und diese werde» angesichts des osfenkundigen Beweises vom Bestehen einer solchen zahlen. Oder der Gläubiger kommt plötzlich ums Leben, dann hat der Schuldner keine» Beweis mehr, datz er das Geld wirklich empfangen hat. Bei der Rückzahlung des Darlehens ist stets darauf zu achten, datz der Gläubiger neben der Quittung den Schuldschein zurückgibt. Kann diese vom Gläubiger nicht beschafft werden, so ist es angezeigt, rin össcntlich beglaubigtes Anerkenntnis zu verlangen, datz die Schuld nicht mehr besteht. Eine weit ver breitete Ansicht ist, der Gläubiger müsse sein Geld beim Schuldner holen. Das ist ein Irrt» m. Die Zahlung des Schuldners hat beim Gläubiger zu geschehen, es sei denn, datz eine Einigung bei der Aufnahme des Darlehens zustande kam, laut derer das Dar lehen an dem und dem Orte zu zahlen ist. Zumeist wird das zurückzahlcnde Darlehen wohl durch die Post eingesandt. Wenn nun das Geld durch die Post verloren geht, so hat sich der Schuld ner seiner Schuld durch die Einzahlung bei der Post keines- salls entledigt, sondern er mutz die Summe nochmals an den Gläubiger zahlen, weil er erst dann von seiner Schuld be freit wird, wenn das Geld wirklich in die Hände des Gläu bigers gelangt ist. Dafür steht aber dem Schuldner das Recht zu, sich an die Post zu halten, durch deren Schuld das eingezahlte Geld verloren ging. Die Post leistet jedoch für Geldsendungen nur innerhalb 0 Monaten vom Tage der Einzahlung gerechnet Ersatz, wenn diese nicht an ihrem Bestimmungsorte angekommen sind. Darum soll man sich vergewissern, ob der Adressat auch wirklich das eingezahlte Geld empfangen hat. Etwas an deres ist es natürlich, wenn der Gläubiger bei Aufnahme des Darlehens die Bedingung ausstellte, datz ihm das Geld durch die Post zuzustcllen sei. In diesem Falle wird der Schuldner durch Einzahlen bei der Postanstalt von seiner Schuld besreit. Auch damit wird in der Praxis viel gesündigt, datz man bei Uebersen- dungen durch die Post das Bestellgeld niemals beifügt, in solchen Fällen hat dann der Gläubiger das Darlehen nicht voll zurückerhalten, sondern um den Betrag weniger, den das Bestell geld ausmacht. Da nun alle Schulden Bring schulden sind, so ist der Gläubiger berechtigt, den Schuldner aus den zu wenig eingezahlten Betrag hin zu verklagen. Tritt der Fall ein, datz der Darlehnsgeber nach einem anderen Orte verzieht, so ist der Schuldner gehalten, das Darlehen nach dem neuen Orte des Gläubigers zu senden, der Gläubiger mützte nur diejenigen Mehr kosten tragen, die durch seinen Fortzug dem Darlehnsnehmer bei Uebersenden entstanden sind. Wegen der Verzinsung des Darlehns wollen wir noch bemerken, datz in allen solchen Fällen, wo eine bestimmte Ab machung nicht getroffen worden ist, die Zinsen zu 4 Prozent ge rechnet werden. War eine höhere Verzinsung, mindestens aber 6 Prozent garantiert worden, so kann der Schuldner K Monate nach Empfang des Darlehens kündigen und zwar mit monatlicher Frist und sogar auch dann, wenn die Vereinbarung getroffen worden ist, datz die Rückzahlung erst viel später erfolgen wollte. Die Auskündigung ist nach Ablauf der halbjährigen Frist anje - dem Tage gültig, sie braucht also nicht zu Quartal zu geschehen. Der Gesetzgeber stellt damit den Satz aus, datz jeder von einer Schuld innerhalb Jahresfrist sich befreien kann, sofern der ge wöhnliche Zinssutz überschritten wird. Selbstverständlich mutz dann, wenn das Kapital aufgekündigt wurde, dieses zu dem aus gekündigten Termine durch den Schuldner gezahlt werde», und dieser kann die Kündigung nicht gegen den Willen des Gläu bigers zurücknehme». Wem gehört das Geld? 549) Erbberechtigte werden gesucht für den Nachlatz der zwei Brüder: Jochen Heinrich Ludwig von Frieling, 1819 ge boren, und Fritz Heinrich Christian von Frieling, 1822 geboren. 550) Wer kann Erbansprüche erheben an den Nachlatz eines Johann Bartsch, 1839 geboren, zuletzt in Danzig, woselbst er am 14. August 1900 starb? 501) Alle, welche ein Erbrecht an dem Nachlasse des 1834 bei Pirna geborenen Marie Magdalene verw. Zimmer- i» a n n, geborene Pichler, geschiedene Pitius, zusteht, werden aufgesordert, sich baldigst zu melden. 052) Im Mai 1904 starb eine ledige Christiane Wilhelmine Richter. Sie ist 1828 geboren als uneheliche Tochter einer 1890 in Hubertusburg ledig verstorbenen Johanne Friederike Richter. Für das hinterlassene Vermögen hat sich noch kein Erbe gemeldet. 553) Im Juni 1905 starb in Schwerin ein Rentier Hans Friedrich Christian Ehlers. Als Erben haben sich eine Reihe von Verwandten gemeldet, jedoch werden noch andere Personen gesucht, die ein gleiches oder näheres Erbrecht an dem Nachlatz zu haben glauben. Die Verwandten tragen folgende Namen: Wiechmann, Hacker, Palm, Vollow, Kempcke Ehlers, Siggelkow und Kapheugst. 554) Zu den Erben des Kirchenrates B a r e l m a n n 1903 in Grotzkneten gestorben, gehören u. a. die Kinder von dessen, mit einem Pastor Grainberg verheirateten Schwester Johanna Christina Friederike geb. Barelniann, resp. deren Abkömmlinge Zu letzteren gehört wiederum ein Christian Karl Wilhelm Gram berg. 1841 geboren. Dieser aber ist verschollen und schon seit 1899 für tot erklärt worden. Nun werden etwaige Abkömmlinge des letztgenannten Karl Wilhelm Gramberg als Nacherbcn ge sucht. 555) Etwa 900 Mark Erbteil sind vorhanden sür die unbe kannten Abkömmlinge eines Johann Matthäus K a u h l. 550) In einer Heilanstalt ist im September 1900 die ledige Sprachlehrerin Katharina Albertine Deuber gestorben. Sie ist 1819 geboren. Der Vater war Professor, ihre Mutter eine geborene Grau. Für den Nachlah, der anscheinend von ihren Angehörigen bezw. Verwandten ganz Vergessenen haben sich noch keine Erben gemeldet. 557) Bereits im September 1880 starb in Frankfurt a. Ak. die Ehefrau des Privatiers Hermann Keil, Anna geb. Geyer- Hoppe, 1820 geboren. Auch sür deren Nachlatz haben sich noch keine Erben gemeldet. 558) Für die Kinder eines Gottlob Friedrich Hirche ist eine Hypothek von 175 Talern nebst Zinsen vorhanden. Der Aufenthalt der Kinder, die jetzt längst erwachsen sein müssen, ist nicht bekannt. 559) Für einen Auszügler Gottfried Dunkel oder dessen Erbfolger sind 270,— Mark vorhanden. 500) 000 Mark sind vorhanden sür eine Wilhelmine Küster, welche im Jahre 1841 die Braut eines Schneidermeisters Heinrich Jakob Rudolf Gessers war. Zwei Weihnachten. Dem Leben nacherzählt von Joseph Poppe. (Nachdruck verboten.) Etwas abseits von den übrigen Häusern des Dorfes lag das kleine schmucke Forsthaus. Es war ein zierliches Gebäude, das mit seinen efeubcwachsencn Mauern, den sauberen, wcitzen Fen sterläden und dem wohlgepslegten Garten, in dessen Mitte es stand, im Sommer einen geradezu idyllischen Eindruck machte. Jetzt freilich in der trüben Dämmerung des Wintcrnachmittags war von der sommerlichen Pracht nichts zu merken. Die Däm merung verdichtete sich immer mehr, und rasch brach der Abend herein. Eine grotze Schneeslocke, die sich lange genug mit ihren Kameraden in tollem Jagen herumgetriebcn hatte, siel just aus das breite Fenstersims, von wo aus sie bequem in die gute Stube der Försterwohnung hineinlugen konnte. Ei, was war da alles drinnen zu schauen! Aus dem grotzen runden Tisch mitten im Zimmer stand ein Tannenbaum. Aber wie war der schön hcrausgeputzt. Kleine rotwangige Acpsel, goldene und silberne Nüsse, allerlei Zuckerzeug, blitzende Kugeln und Tannenzapscn hingen an den grünen Zweigen, und glitzernde, sliminernde Fäden zogen sich von Ast zu Ast, so datz es aussah, als sei ein goldener Regen über den Baum hernieder gegangen. Und neben dem Baume stand aus einem Stuhle der alte Förster und steckte schöne, bunte Kerzen an die Enden der Zweige. Und als er damit fertig war, ging er zu dem grotzen Schrank und entnahm ihm viele schöne Sachen, die er wohlge- stillig lächelnd aus dem Tische unter dem Baume ausbreitete.' Mit stillem Vergnügen betrachtete er dann das gelungene Werk und nachdem er die Lampe ausgelöscht, verlietz er das Zimmer. Unversehens kam da ein toller Windstotz angcsahren und nahm die grotze Flocke mit hinein in seinen lustigen Wirbel und nachdem er sie wieder tüchtig hin- und hergetriebcn, warf er sie aus das nächste Fenstersims, womit die Schneeflocke sehr zusricdeii^ war. Hier war auch alles schön sauber aufgeräumt, aus dem Tische lag eine blendend weitze Decke, und die blitzenden Teller, Gläser nnd Lössel warfen die Strahlen der grotzen Hängelampe tansendsach zurück. Auf dem Sopha satz der Förster, aus der langen Tabakpfeife qualmend, und bald in die Zeitung blickend, bald darüber hinweg nach der-Tiir, die zur Küche führte, wo die. Haussrau am prasselnden Herd eifrig schaltete und waltete. Eben nahm sic das letzte Stück Fisch aus der Pfanne auf die Schüssel. „Nun könnte die Anna aber bald kommen," sagte sie zu sich selbst, als sie die dampfende Schüssel in die Röhre schob. „Hört man noch nichts vom Schlitten, Männchen?" fragte sie. „Das Essen ist gleich fertig, wo nur Anna so lange bleibt?" „Sie mutz jeden Augenblick kommen, Mutter, der Weg ist arg verschneit, da kommt der Schlitten nicht so rasch vorwärts", erwiderte der För ster beruhigend. Die Haussrau ging in die Küche zurück und machte sich wieder am Herd zu schassen, während der Förster ans Fenster trat und besorgt hinausblickte. Anna war mit dem Knecht in die Stadt gefahren, um noch einige notwendige Ein käufe zu machen. Vergeblich blickte der Förster in die Finsternis hinaus, vergeblich strengte er sein Ohr an. Zum zweiten Mal öffnete seine Frau die Tür. Diesmal zeigte ihr Gesicht einen ängstlichen Ausdruck. „Es wird ihnen doch nicht etwa etwas passiert sein?" fragte sie. „Bei dem Schneegestöber kann Johann leicht den Weg verfehlen." „Nein, nein", antwortete der För ster, „Johann kennt den Weg ganz genau, und gar so schlimm ist's Wetter auch nicht." Es ist ja auch erst sieben Uhr", fügte er nach kurzer Pause tröstend hinzu. Etwas ruhiger trat seine Frau in die Küche zurück. Der Förster machte ein paar kräftige Züge aus der Pfeife und setzte dann seinen Spaziergang im Zim mer fort." Ich kann mir schon denken, wo sie bleibt", sagte er zu sich, den Rauch unmutig von sich blasend. „Wird wahrscheinlich wieder den Luftikus von Schauspieler getroffen haben, und ver plaudert nun mit ihm die Zeit, während sich Mutter ängstigt. Ich weitz nicht, sonst ist das Mädel so vernünftig und folgsam, aber in diesem Punkte scheints als ob der Teufel in sie gefahren wäre. Solche und ähnliche Gedanken gingen in dem Kopfe des Försters herum, während seine Frau unruhig in der Küche umherlief, hier und da in einem Topfe rührte, dann wieder in den Hausflur trat und ängstlich hinaushorchte. Das Esten war längst fertig, das Feuer beinahe erloschen, die Uhr zeigte aus acht, und noch immer war nichts von einem Schlit ten zu hören. „Marie", ries jetzt der Förster, ärgerlich die Stu- bentllr öffnend, „bring mir doch die Stiefel herein, ich werde mal eine Strecke entgegengehen." Schnell brachte ihm seine Frau die verlangten grotzen Pelzstiesel. Er war eben mit dem An ziehen fertig, als man Schellengeläute vernahm. „Sie kommen", rief die Frau und eilte mit sreudigem Gesichte hinaus, während der Förster brummend die Stiefel wieder auszog. Plötzlich stürzte seine Frau atemlos herein, gefolgt von Jo hann, der an der Tür stehen blieb, und verlegen die Mütze in den Händen drehte. „Was ist denn los?" ries der Förster, als seine Frau keines Wortes mächtig auf einen Stuhl sank. Johann suchte vergeblich »ach dem richtigen Worte, als er die zornige Miene des Försters bemerkie. „Fräulein Anna ist nicht mitge- kommen", platzte er endlich heraus. „Ja, wo ist sie denn ge blieben?" examinierte der Förster weiter. „Frag' doch mal den Johann aus, ich kann nicht klug werden aus ihm", rief seine Frau und verbarg schluchzend ihr Gesicht in den Händen. — Nun kam alles nach und nach heraus. Johann hatte in der Stadt ausgespannt, während das Fräulein einkaufen gegangen war. Schlietzlich war ein Junge zu ihm gekommen und hatte ihn gefragt, ob er aus ein Fräulein warte. Aus seine bejahende Ant wort hatte der Junge gesagt, er solle nur nach Hause fahren, denn das Fräulein würde heute nicht mehr mitkommen. „Und hier hat mir der Junge noch einen Brief vom Fräulein gegeben, den soll ich ablicfern," beendigte der Kutscher stockend seine abgerissene Erzählung. „Geh' und spanne die Pferde aus," sagte der För ster, ihm den Brief abnehmend, seine Stimme klang dumpf und hart. „Wein', nicht, Mutter", sagte er dann, mit zitternder Hand den Vries erbrechend und lesend. Plötzlich überzog eine fahle Blässe sein Antlitz, krampfhaft wie ein zu Tode gehetztes Tier blickte er geradeaus. „Um Gotteswillen, so sprich doch", schrie seine Frau, „was ist gescheh», wo ist mein Kind?" „Still, Mutter", stictz er röchelnd hervor. „Frag' nicht, . . . wir haben kein Kind mehr ... sie hat uns verlassen, durchgegangen ist sie mit dem Schauspieler!" „Das kann nicht sein!" rief seine Frau
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