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" " , " " ' '.V-- Nr. rr. Beilage rum Mer Tageblatt. ,. November. 1000 Amtliche Bekanntmachungen. Infolge häufig vorgekommener Ordnungswidrigkeiten wer den die bezüglich des Mnwohncrmeldewescns in unserer Stadt bestehenden Bestimmungen erneut in Erinne rung gebracht und nachstehend auszugsweise abgedruckt. Dabei weisen wir daraus hin, daß für einen geordneten Be trieb die Einhaltung der Expeditionszeit des Einwohnermelde amts: S—12 Uhr vormittags und 2—5 Uhr nachmittags, vor Sonn- und anderen Feiertagen 9 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags unerläßlich ist. Polizeiabteilung. Schubert, Stadtrat. Hennig. 8 1. Wer innerhalb des Bezirks der Stadt Aue seinen Aus enthalt nimmt, ist innerhalb 18 Stunden nach dem Eintresfen an Polizeistelle anzumelden. 8 2. Zur Meldung verpflichtet ist derjenige, welcher dem Neuanziehenden Obdach (Wohnung, Nachtquartier) gewährt. Demgemäß liegt die Meldepflicht ob: n) den Grundstückseigentümern hinsichtlich seiner Person, sowie seiner Hausstandsangehörigen, einschließlich des Gesindes, sei ner Mieter, sowie aller derjenige», welche von ihm unmittelbar Wohnung oder Unterkommen erhalten. Dem Grundstückseigen tümer steht der von ihm oder für ihm bestellte Berwalter gleich. I>) dem Mieter oder Inhaber einer Wohnung hinsichtlich der Personen seines Hausstandes, einschließlich des Gesindes, seiner Astervermieter und aller derjenigen, welche von ihm unmittel bar Wohnung oder Unterkommen erhalten. 8 8. Ebenso wie der Beginn des Aufenthalts ist das Ende desselben und der Wechsel der Wohnung am Orte anzuzeigen. Die Bestimmungen der 88 1 und 2 über die Meldepflicht und der Frist, innerhalb deren die Meldung zu bewirken ist, finden ent sprechende Anwendung: nur wird für diejenigen Umzüge, welche zu den gesetzlichen Kündigungsterminen am 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober stattfinden, eine sünstägige Meldefrist nachgelassen. 8 -1. Alle Meldungen müssen schriftlich genau nach Maßgabe der Formulare erstattet werden. 8 5. Die Meldung ist in zwei gleichlautenden Exemplare» einzureichen. Das eine hiervon wird abgestempelt zurückgegeben und ist als Ausweis über die erstattete Meldung von dem zur Meldung Verpslicyteten sorgsältig auszubewahren und aus Ver langen vorzulegen. Die Abmeldung insbesondere dars dem Verziehenden nicht als Legitimation ausgehändigt werden. 8 0. Für Neuanziehende sind die Ausweise über die persön lichen Verhältnisse bei der Anmeldung vorzulegen. Die Meldung muß mit Tinte leserlich geschrieben sein, die vollständige und deutliche Ausfüllung der Rubriken enthalten und in reinlichem Zustande übergeben werden. Meld». »>. welche den vorstehenden Bestimmungen nicht entspreche», geli^.. als nicht erstattet. 8 12. An Meldegebührrn sind bei der Neuanmeldung, sowie bei Wohnungsveränderungen am Ort 25 Pfg. sür jede Meldung zu entrichten. Die Abmeldungen sind gebührenfrei. 8 l!>. Uebertretung vorstehender Satzungen, sowie die Er stattung wissentlich unwahrer oder falscher Meldungen, werden mit Geldstrafe bis zu liü Mark oder Hast bis zu >l> Tagen be straft. Die Gefliigelcholera im Gehöfte des Hoteliers Liebsch in Aue ist erloschen. Polizeiabteilung. Assessor Dr. Eörner. Ficker. Schneeberg. Ttadtanlagen betr. Die am 1. November d. I. fällig werdenden Stadtanlagen sür den -1. Termin 1900 sind bis längstens den 17. November d. I. an die hiesige Stadtsteuer-Einnahme abzusühren, widrigenfalls sojortigc Zwangsvollstreckung vorgenommen werden wird. Notorisch säumige Zahler haben Lohnpsändnng zu gewär tigen.' Schne 'eberg, am 80. Oktober 1900. Der Stadtrat. Dr. von Woydt. Die diesjährige Diöeesanversammlmtg. der Ephori« Schneeberg soll, so der Herr will, Donnerstag, den 8. November d. I. von vormittags '/„10 Uhr ab im Casino zu Schneeberg nach folgender Tagesordnung 1. Gesang, Gebet, Ansprache des Ephorus; 2. Vortrag des Herrn I'. Auster-Lößnitz: Wie erziehen wir un sere Gemeinden zu rechten Abendmahlsgemeinden? Aus sprache über den Vortrag: 8. Antrag: Die Bildung eines Diözesanausschusses sür die Ephorie Schneeberg; Referent Herr Pf. Gebauer-Eibenstock: 4. Bericht über die Tätigkeit des Ausschusses zur Fürsorge für aus Strasgnstalten Entlassene: Herr Biirgerschullehrer Nest- ler-Aue: 5. Mitteilungen des Ephorus: Aus dem kirchlichen Leben der Ephorie im Jahre 1905 gehalten werden. Die Teilnahme an den Verhandlungen steht den Gliedern der ev.-lutherische» Kirchgemeinden der Ephorie srei! Kgl. Snperintendentur Schneeberg, den 29. Oktober 1900. Thomas, S. Neues ans Byzanz. Wir veröffentlichten in unserer Dienstag-Nummer einige Auszüge aus dem nächster Tage erscheinenden Buche des Grasen N eventlow „Kaiser Wilhelm I I. und die Byzantiner." Wie zutreffend die Auslassungen des Verfassers sind, dafür geht jetzt ein geradezu klassischer Beleg zu, der deutlich erkennen läßt, wie an die Stelle der monarchischen Gesinnung vielfach eine geradezu unglaubliche Schmeichelei tritt, eine Erscheinung, aus die ja auch der frühere Reichskanzler Fürst Hohenloh e in seinen Denk würdigkeiten hingewiesen hat. Das Byzanz, aus dem wir heute neues zu berichten haben, ist in Engelskirchen im Aggertal belegen. Nicht als ob wir diesen Ort des Vyzantismus beschuldigen wollen. Aber in besagtem Orte erscheint eine Zeitung, betitelt Oberbergischer Anzeiger. Allgemeine Zeitung sür die bergische Gegend. Diese Vertreterin der siebenten Großmacht, der Presse, ist vollkommen aus dem Hänschen geraten und überschlägt sich sörmllch in byzan tinischen Saltomortalen, weil der Deutsche Kaiser ans seinem Automobil — nicht etwa durch Engelskirchen, sondern durch den z w ei Stunde n von Engelskirchen entfernten Ort Over r a t gefahren ist, ohne daß der Kaiser sich dort etwa aushielt. Diese kaiserliche Durchsahrt in einer zweistündigen Entfernung von En gelskirchen hat den „Oberbergischen Anzeiger" in eine sörmliche Verzückung versetzt, die sich in doppelter Form äußert. Einmal bringt das Blatt in seiner Nummer vom 20. Oktober ein Bild des Kaisers, und zweitens dazu einen schwungvollen Artikel, aus dem wir im folgenden einiges wiedergeben zur Unterhaltung sür unsere Leser, bei denen wir Sinn für Humor, auch für unsrei- willigen, voraussetzen. Der Begrüßungsartikel, der allerdings, da der Kaiser ja nur durch den Nachbarort suhr, zu den Briefen gehört, „die ihn nicht erreichten", beginnt wie solgt: Der Kaiser im Aggertal! Eine ebenso überraschende wie sreudige Kunde wurde gestern, am Donnerstag nachmittag, in unserem heimatlichen Aggertale von Munde zu Munde getragen: Seine Majestät im Aggertal! War es möglich? Eine Ehre, wie sie uns noch nie zuteil wurde, ist uns gestern widerfahren. Kaiser Wilhelm hat tatsäch lich vorübergehend in unserem Nachbarort Overath ge weilt, dashei ß t, er passierte den Ort nachmittags punkt 5 Uhr im Automobil. Nachdem das Blatt noch eine zeitlang so geschwelgt hat, schließt es den „Begrüßungsartikel" wie folgt: Der Besuch Kaiser Wilhelms dürfte jeden, auch in der Fremde weilende Angertaler mit Stolz und Freude erfüllen. Von der müden Herbstsonne beschienen, hat der Monarch einen guten Teil unseres reizvollen Tales durchfahren. Wir Agger taler sind uns bewußt, ihm unsere königstreue Gesinnung offen bart zu haben, und der Umstand, daß er ohne jede Be tz e ck u n g reiste, läßt uns hoffen, daß er seine Aggertaler — ver mutlich — aus gütige Fürsprache der Exzellenz v. Schorlemer hin — kennt und Ihne» Vertrauen entgegenbringt. Die Eindrücke, die gestern gesammelt wurden, bleiben unvergeßlich und nach haltig bis in die jernsten Zelten. Heil unserm Friedenskaiser! Wir brauchen diesem Erguß nichts hinzuzufügen, er wirkt durch sich selbst. Aber der Oberbergische Anzeiger, Allgemeine Zeitung sür die bergische Gegend, hat bereits den Lohn sür seinen Knix eingeheimst. In einer späteren Nummer macht nämlich das Blatt der Bevölkerung von Engelskirchen folgende sensationelle Mitteilung: Unser Verlag erhielt heute ein Anerkennungs- und Dank schreiben von Seiner Hochsürstlichen Durchlaucht dem Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe, worin bemerkt wird, daß Höchstder- selbe „mit Interesse und Vergnügen" als Teilnehmer an der Kai- sersahrt durch unser Aggertal unseren diesbezüglichen Artikel aus Nummer 124 las. Unser Artikel scheint also geeignet, sich in Höch sten und Allerhöchsten Kreisen unseres Aggertales gern zuH erinnern. (Wörtlich!) Seine Hochsürstliche Durchlaucht ist be kanntlich ein Schwager Seiner Majestät unseres Kaisers. Gesinnung gut, aber Grammatik schwach! Offenbar ist ob dieser Anerkennung von hochsürstlich durchlauchtigster Seite die Redaktion, die sonst nur byzantisch zu reden gewohnt ist, derart aus dem Häuschen geraten, daß ihr die Beherrschung der deutschen Muttersprache verloren gegangen ist. Der „kranke" Hauptmann. Eine Fülle von Zuschriften, gereimten und ungereimten, auch Ansichtskarten und Briefe gehen jetzt täglich an den „Haupt mann" Wilhelm Voigt in Moabit ein, und sogar eine Post anweisung befand sich darunter. Einige Bamberger Herren ha ben sich das Vergnügen gemacht: „Für die vergnügten Stunde n, die Sie uns durch Ihren gelungenen Streich bereitet haben, senden Ihnen mit vielen tausend Grüßen verbunden drei Mark zu einem kühlen Trünke, Einige lustige Bayern." Der „Hauptmann" wird übrigens in einem Leitartikel des „Daily Expreß" als gemeinsames Eigentum aller K u l t u r n a t i o n e n in Anspruch genommen, da er endlich ein mal dem Wort: „Internationale Heiterkeit" einen bestimmten Inhalt gegeben habe. Von diesem Gesichtspunkt aus hofft das Blatt, daß de» „Hauptmann" keine allzu strenge Strafe treffen werde, besonders in Anbetracht der versöhnenden mensch lich guten Eigenschaften, die er sich trotz seines langen Aufent haltes im Zuchthaus bewahrt habe. Das englische Blatt empfiehlt ihn der G n a d e d e s K a i s e r s. Aber der „Hauptmann" selber hat jetzt gar keine vergnügten Stunden Er ist nicht bloß im Gefängnis — da? ist er ja ge» wohnt —, sondern er lst auch krank, Gr klagt über innerliche Schmerzen. Schon bei seine» Verhören aus hem Polizeipräsidium fühlte er sich nicht wohl, und er kann jetzt wegen seines Zustandes vom Untersuchungsrichter nicht verhört werden, Er soll zunächst in ärztliche Behandlung kommen, Aus seinen Aeußerungen tibex seine Vergehen lei noch folgende hervorgehoben, in der ein sehr ernster und berechtigter Vorwurf gegen unser Strafsystem steckt. Er glaubte nicht, sagte er, daß man milde mit ihm verfahren^ werde. Er sei in jeder Beziehung nichts weniger als verwöhnt. Ihn im Alter von l 8 Iahren für die Fälschung von fünf Post quittungen mit l 0 I a h r e n Z u ch t h a u s zu bestrafen, sei trotz seiner Vorstrafen doch wohl hart gewesen. Vom Tage seiner er sten Verurteilung zum Zuchthause an habe er sich zu gart bestraft gefühlt. Dieses Gefühl habe ihn auch nie wieder verlaßen, Seine Beutezüge in Wongrowitz und nach Köpenick mit hex Absicht auf öffentliche Gelder seien im letzten Grunde aus diesem Gefühl hervorgegangen, das an jhpi "agje, Es mären R p ch ezssgß, we nigstens zum Teil. Wegen des Kassenraubes haben Sonnabend vor dem Unter suchungsrichter die Vernehmungen des Bürgermeisters Dr. Lan - - g e r h a n s, des Rendanten von Will berg und des Ober- stadtsekretgrs Rosenkranz aus Köpenick begonnen. Das bei dem Handstreich von Voigt erbeutete Geld ist bis auf einen Rest von 280 Mark 02 Pfg. dem rechtmäßigen Eigentümer, der Stadt kasse zu Köpenick, wieder zugestellt worden. Bei seinem Ueberfall hatte der Räuber 8557 Mark 02 Psg. erbeutet. Bei seiner Ver haftung waren der Kriminalpolizei zunächst 2400 Mark in die Hände gefallen. Später kamen noch 888 und dann 483 Mark zutage. Seit dem Streich des Hauptmanns ist man der Unisor in gegenüber etwas kritischer geworden. Besonders die Frau eines Kriminalschiitzmanns aus der Goethestraße in Charlotten? bürg hat ihre Lehren aus der Affäre gezogen und sie an — un geeigneter Stelle angewandt. Bei ihr erschien die kleine Kom? Mission, die zurzeit die Oesenanlagen in allen Wohnungen revi diert, ein Polizeibeamter, ein Brandmeister und ein Schornstein- segermeister. Man klingelt, die Frau össnet und nun entspinnt sich durch den Spalt der Tür bei vorgelegter Sicherheitskette fol gender Disput: „Guten Morgen . . . Wir wünschen die Oesen in Ihrer Wohnung zu sehens" Die Frau: „Ja, wer sind Sie , denn?" Folgt Erklärung. Die Frau; „Haben Sie denn Legi-n rimntion e n?" Der Leutnant: „Aber Sie sehen doch, ich bin Polizeileutnant, meine Uniform . . ." Die Frau: „Ja, der Köpe nicker R ü u b e r h a u p t m a n n hat auch eine Uni-,, sonn angehabt. Bedaure . . ." Schwupp. Die Tür ist zu. Die^, Kommission hält sosort im Stehen eine kleine „Sitzung ab mit dem Schlußessekt, daß man die Frau zunächst nicht weiter belä stigt. M horch, d.-> .»I lv>r -riii.U Und spriN'l non UZo du oornol dalo.konkMng, il>> Irontor ^ona n.u Jugendzeit, idr iionnn Melünt Die klei rre Rätin. Roman r.an B. Corony. Die erblindete Alte haue Sleiner ersucht, Erkundigungen onzuziehen über ihren Einzigen, den sie im ttrankenhause wußte. Die günstig lautende Anlnvarl war heute eingetrossen und von Johanns mit der Bitte: „Lies diese Zeilen der armen Värbe vor", den, Mädchen rg>.-ben worden. Nun saß die ! mit glutrotem Gesicht und gesenktem Blicke da, wie ein- Sünderin und stammelte: „Ja, Hans — das das hübe vergessen." „Vergessen?" suhr er aus. „Und die Blinde verzehrt sich in Angst und Sehnsucht! Hast du denn kein Herz? Verstehst du nur zu tändeln und zu spielen?" Der Apfel rollte auf den Boden. Die kleinen Hände bedeck ten die überströmenden Augen, und einzelne Tränen glitten per lengleich die schlanken Finger hindurch. „Sei doch nicht so streng, Johannes", mahnte Frau Steiner, seinen Arm berührend. „Sie ist eben ein flatterhaftes, vergeß liches Kind." „Gerade einem kindlich-schuldlosen Gemüte soll cs Bedürfnis sein, Barmherzigkeit zu üben", erwiderte er. „Es betrübt mich, daß dein Herz nicht wärmer für Leid und Unglück schlägt, Gisela. Es ist eine traurige Sache um die Drohneunaturen, denen ein nutzloses Dasein genügt." Schweigend stand sie aus, schob den Stuhl etwas laut zurück ' 4UNd eilt« fort. „Jetzt hast du sic gekränkt," flüsterte die Pastorin und wollte ihr solgen. „Bleibe!" ries Steiner halb bittend, halb befehlend. „Darsst du ihrem Trotze schmeicheln? Schlimm genug, wenn sie die Stimme der Wahrheit nicht hören kann." „Ich meinte, du hättest das Mädchen lieb", sagte sie, ihren Platz wieder einnehmend. Es war augenscheinlich, daß sie dem Sohn grollte. Um seine Lippen spielte ein mitleidiges, weiches Lächeln: „Gerade, weil ich sie lieb habe", entgegnete er und fügte nach einer Pause schwülen Schweigens hinzu: „Soll ich denn ein We sen, das mir teuer ist, aus Irrwegen wandeln lassen? Ver stehst du unter „Liebe" verderbliche Schwachheit, ewiges Nach geben ?" „Nein, aber verzeihende, nachsichtsvolle Milde." Er schien im Begriss, eine etwas herbe Antwort zu geben, aber sic blieb un ausgesprochen, denn jetzt kehrte Gisela zurück, das Strohhütchen aus den mattgoldenen Flechten befestigt und ein ziemlich großes Paket tragend. Ihre blauen Augen schimmerten noch seucht, aber um den lieblich geformten Mund huschte schon wieder ein schalkhaftes Lächeln. „Bist du noch verdrießlich, Hans?" fragte sie schüchtern und schelmisch zugleich: „Sieh, ich habe es ja nicht böse gemeint, son dern bin nur wieder so ein bischen dumm und unbedacht gewesen. Das mußt du mir schon nicht allzu hoch anrechnen. Ich will's ja auch gut machen und gehe jetzt zu Bärbel." „Lasse nur; für heute ist es schon zu spät", sagte er, sich zu einem letzten Nest entschwindender Strenge zwingend, Morgen." „Nein, nein, heute! Ich könnte ja nicht einschlafen mit dem Gedanken, dir Verdruß gemacht zu haben." „Was trägst du denn da sür ein Pack, mein Kind?" fragte die Pastorin. „Das ist das neue Tuch, welches mir Tante zu Ostern schickte," erwiderte sie errötend: „Ich darf es doch verschenken? nicht? — Und dann habe ich mein hübsches Fnßkissen beigelegt. Es ist recht weich und warm. Ihr habt wohl nichts dagegen, wenn ich es der Blinden mitbringe? „Gewiß nicht! Ich will auch noch eine Flasche alten Weines hinschicken. Unsere Christel kann mit dir gehen und alles tra gen," sagte Frau Steiner vergnügt und streichelte die heißen Wangen der Pslegetochter. „Ich begleite Gisela selbst ins Dors hinab," erklärte der Pastor. „Ach, das ist reizend, Hans!" rief das Mädchen. „So bist d>? mir nicht mehr böse?" „ Wie könnte ich?" „Es ist aber auch zu schrecklich, wenn du eine solche Amts miene aussetzest. Dann fürchte ich mich förmlich vor dir. So! — Die Flasche wickeln wir gleich in das Tuch. — Und nun auch ein paar Aepsel, ein Stückchen Kuchen — und jetzt vorwärts 1- Ach, wird das ein prächtiges Dahingehen zwischen den Wiesen werden! Die losen Halme wogen und flimmern wie das Meer. Weißst du, Hans, es kommt mir gerade so vor, als ob die Alte sich plötzlich mit einem male als gute Fee entpuppen und uns alles, geben würde, was wir wünschen." v, „Schon wieder so einfältige, phantastische Ideen," tadelte Frau Steiner, aber Johannes fragte lächelnd: „Was wünschest du dir denn eigentlich?" „Ach, wie soll ich dir das sagen? So viel, so unendlich viel, daß ich selbst kaum weiß, was alles." „Nun beeilt Euch aber, Kinder!" mahnte die Pastorin. „Da nimm meinen Shawl mit, Johannes damit sich die Kleine nicht etwa erkältet, denn der Nachtlust ist nicht zu trauen." Gisela flog voran und umgaukelte den jungen Pastor, der ihr gemessenen Schrittes folgte, indem sie bald vorwärts eilte, bald zurückslatterte, wie ein Schmetterling. Beschämung und Reue waren vvNständig vergessen. Das rosige Plappermäulchen stand keinen Augenblick'still Und wa,