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Mgara und Polen. Wenn Koalitionen überMssig geworden sind, pflegen sich nicht gleich neu« Gestaltungen abzuheben. Es kommt jener Zwischenzustand, in dem die Staaten zwar noch an dem alten Bündnis festhalten, aber in» Neuland vorstoßen und neue Anknüpfungen versuchen, bi» schließlich das alte Bündnissystem vollständig verschwindet. Zwar hat Frank reich alles getan, um das alte Bündnissystem auszubauen, aber mehr u. mehr sieht es sein« Felle forttreibon. DerBünd- nisring gegen Deutschland hat an mehr als einer Stelle einen Bruch bekommen, und daher erklärt sich di« Nervosität der Pariser Presse nicht nur gegenüber Belgrad, sondern vor allem auch geaenüber der Warschauer Reise des ungari schen Ministerpräsidenten GömbLs. In Belgrad ist es zwar gelungen, unter französischem Einfluß eine Erklärung zu formulieren, die die alte bedingungslose Hingabe an Frank reich und den Gegensatz zu Deutschland enthält, aber in Wirklichkeit blickt vor allem Südslawien bereits nach neuen Aufgaben. Und die liegen im mitteleuropäischen Raum. Dieser Raum wird durch Deutschland und Polen gebil det. Cr ist ein Faktor, dessen Erstarkung naturgemäß auch die Anziehungskraft auf jene Nationen ausübt, die erkennen, daß die jetzige und durch Frankreich protegierte Lage nicht dazu angetan ist, Europa zu ordnen. Das italienische Spiel im Donauraum stützte sich auf das Begehren der Ungarn nach Revision des Vertrages von Trianon, ferner übernahm Italien eine wirtschaftliche Protektorrolle, die jedoch in Wirk lichkeit eine Scheinrolle war, weil Italien nicht zureichend Ungarns Ueberschüfle an Landwirtschaftsprodukten ausneh men tonnte. Als Mussolini plätzlich seine Rolle als Vor kämpfer der revisionsbegierigen Staaten aufgab und der Freundschaft mit Frankreich die Kleinen zu opfern bereit war, orientierte sich Ungarn insofern um, als es Ausschau nach neuen Freundschaften kielt. Oberst Beck, der rücksichts los nur Polens Heil und nicht al» polnischer Außenminister Frankreichs Heil will, lud daher Gömbös nach Warschau ein, rMd wenn auch kein offizieller Pakt abgeschlossen wurde, so hat diese Reise doch «ine Stärkung Ungarn» gegenüber der Tschechoslowakei gebracht. Nicht nur daß die tschecho slowakischen Verdächtigungen Ungarn» auch durch die polni sche Pchss« zurückgewiesen wurden, es zeigt« sich, daß di« un garischen Reoisionsansprüche in Warschau dasselbe Verständ nis fanden wie in Rom. Zwar ist in dm Reden nur von der zunehmenden kulturellen Freundschaft die Rede gewesen — und dies« Freundschaft de» Polenvolte» zu den Ungarn ist historisch wohl begründet —, aber tatsächlich hat Ungarn in Polen eine Rückendeckung gesundem so daß es nicht nur Herrn Benesch au» der Tschechoslowakei, sondern auch den Franzosen und bedingt auch den Italienern gegenüber sich freier und unabhängiger bewmen kann. In Paris, wo man gerade dem Südosten große Aufmerksamkeit widmet, stößt man wieder einmal in di« Lärmtrompete und verkündet, Polen habe sich den ungarischen Forderungen politischer Na tur angeschlossen und sich damit von Frankreich gelöst. Das ist insofern nicht richtig, als Polen offiziell das französische Bündnis aufrechterhalten will. Aber in Wirklichkeit ging doch auch GömbLs dm Weg, der immer stärker von Frank reich abfuhrt. Und in diesem Punkte traf er sich mit Oberst Der Sächsische LrMer MigeMl fiirZWOwerda Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsvezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist da» zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt machungen der Amtshauptmannschaft, de» Hauptzollamt» und de» Be- ztrkoschulamt» zu Bautzen sowie de» Finanzamt« und de» Stadtrat» zu Bischosmoerda und der Gemeindebehörden behördlicherseits bestimmte Blatt Unabhängige Zeitung für alle Ständern Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt -- Heimatkundliche Beilage Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag von Friedrich May, G.m. b. H. in Bischofswerda — Postscheckkonto Amt Dresden Nr, 1521. Gemeindeverbandsgirokasse Bischofswerda Kmtto Rr. 64 Nr. 248 Uvomchme der Emu» und Feier tage. Lezug»prei» für di« Zell «tue» halbe« Monate: Fr»! in» Hau» halbmonatlich Rar» 1.1H bei» Nb holen in der Geschäfts stelle «SchentNch 45 Pfa. Einzelnummer 10 Pfg (Sonnabend- mumme Id Pfg.», Aeruiorrcher «ml »Ischoftwerd» Nr. <44 und «4». « Falle höherer Gewalt — Krieg oder ionftiaer -rgendwelcher dvrung de» Betriebe» der Zelluog oder der Berörderung-einrich. na« — Hot der Bezieher keinen Anspruch aut Lieferung oder »chlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung d», Bezugspreis«». Dienstag, den 23. Oktober 1V34 Anzelgenprei«: Di» 40 mm breit» einspaltig» MMmeterzeil» L Rpf. Sm Textteil di« 00 mm breit« MMmeterzeil« Li Rpf Nachlaß nach den gefehllch vorgeschriebenrn Sätzen. Für da» Erscheinen von Anzeigen m bestimmten Nummer« und an bestimmt« Witzen keine Gewähr. — Erfüllungsort Bischostwerda. 8S. Jahrgang Tagesschau. * Der ungarische Ministerpräsident Sömbä», der von seinem Vorschaber Besuch heute Dlenatag abend «vteder l« Budapest ein- lrlffl, wird Ende der Woche nach Wien reisen. Von Wien au» be- gibt sich da«« Gämbä» direkt nach Rom. * Nach Meldung« au» Spanien sind setzt die letzt« noch l« den Händen der Auffländischeu befindlichen Orte Asturien» von d« Regieruug»trupp« eingenommen worden. Nach einem Bericht der Madrider Zeitung „Epora" soll« bei den üämpsen in Asturi« mehr ast 2500 Perfomn «am Leb« gekommen sei«. * 2m Australieafing Mild«hall-Metboütae sind die EnglSn- Lee Scott ««d Black ast Sieger hervorgegangeu. Sie landet« heute Dlenatag früh SL4 Ahr mitteleuropäischer geil ln Melbourne. Die Gesamtflugdaner für die 20000 Silomrler lange Streck« betrug 2 Tage 22 Stund« s« Minute». Later dem Vorsitz Macdouald» werd« Dlenatag vormittag die Vorbesprechung« zur Ilottenkonstreaz 1SSS mit «lner Sitzung der britisch« und der japanisch« Vertreter eröffnet werd«. Der Einspruch de» Vorstand« der radikalsozialistisch« Senat», gruppe ia Frankreich gegen die Refornyrlwe Doumergue» und dess« entschied«« Versicherung, daß er mit all« gefehllch« Mil. leln die Verwirklichung seiner Pläne betreib« werde, hab« in parlamentarisch« Srelsen «ad in der presse einen Widerhall ge sundem der die Zuspitzung der auf «in« Entscheidung drängenden iynerpollftsch« Lag« erkenn« läßt. *) LurfV-ttiche» an aichewr Stelle. Beck. Die politische Notwendigkeit ist stärker als das alte Bündnissystem, und die Unruhe in Paris beweist, daß man dessen Zerfall fürchtet. GSMbös besucht Wien und Rom. DNB. Budapest, 22. Oktober. Ministerpräsident Göm bös, der am Dienstagabend von seinem Warschauer Besuch zurückkehrt, wird, wie verlautet, in den nächsten Tagen der Wiener Regierung einen Besuch abstatten. Der Minister präsident beabsichtigt. Ende dieser Woche nach Wien zu rei sen, um den Besuch des Bundeskanzlers Schuschnigg im Sommer zu erwidern. Bon Wien aus wird sich Gömbös direkt nach Rom begeben. Die kurz aufeinanderfolgenden Besuche des Ministerpräsidenten in Warschau, Wien und Rom finden in hiesigen diplomMhen Kreisen stärkste Be- achtung, besonders da zur Vorbereitung -es römischen AufetHaltes der ungarische Außenminister Kanya am Sonnabend in Rom eine längere Unterredung mit Musso lini und Suoich hatte. Es verstärkt sich in unterrichteten Kreisen der Eindruck, daß bei den Besuchen der drei Haupt städte die großen aktuellen Fragen der südosteuropäischen Politik eingehend zur Sprache kommen werden, und daß hierbei dem ungarischen Ministerpräsidenten eine besonders bedeutungsvolle, vermittelnde Rolle zufällt. Nach den Be suchen in Warschau und Wien wird jedenfalls Ministerprä sident Görnhös in der Lage sein, mit Mussolini in eine oin- g^nM^Prüsung der schwierigen Fragen Südostouropas Die Wirtschaftlichen Ergebnisse der ungarisch-polnischen Besprechungen. DÄB. Budapest, 22. Oktober. Die in Warschau getrof fenen wirtschaftlichen Vereinbarungen zwischen Ungarn und Polen ftheNj wieder „Pester Lloyd" meidet, die Einsetzung von Studienaüsschüffen vor, ferner die Einsetzung eines Ge mischten Ungarisch-Polnischen Ausschusses zur Belebung des gegenseitigen Handelsverkehrs. Der Abschluß eines un- Msi polnischen Fremdenverkehrsvertrages sowie eines ungari ,'olnischen Konsularvertrages ist noch für dieses Jahr vereinbart worden. Kaval empfängt die frarrzSstscherr Bot schafter in Uom und Kondon. DNB. Pari», 23. Oktober. Außenminister Laval hat am Montag den französischen Botschafter in Rom und den französischen Botschafter in London empfangen. In gut unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß der römische Botschafter den Außenminister über die Stellungnahme -er italienisch« Regierung nach dem Anschlag von Marseille unterrichtete und mit ihm die Entwickelung besprochen hat, die sich aus der Verhaftung Pawelitschs und Kwatevniks in Turin ergeben kann. Der französische Botschafter in London hat Laval vermutlich ebenfalls über die Auffassung der eng lischen Regierung zur gesamten international« Lage nach dem Marseiller Anschlag unterrichtet. Pariser «lütter über die französtsch- ttalienischen Beziehungen. Pari», 23. Oktober. (Eig. Funkmelb.) Die Unterredung, die Außenminister Laval am Montag mit dem französischen Botschafter in Rom, de Chambrun, hatte, galt ausschließlich der Prüfung der französisch-italienisch« Frag« im Hin blick auf die Begegnung, die Laval mit Mussolini haben wird, deren Zeitpunkt aber, wie ausdrücklich betont wird, noch nicht feststeht. Die Blätter versichern, -aß einer Ver ständigung nichts im Wege stehe, wie überhaupt die politi sche Atmosphäre eine Besserung der italienisch-französischen Beziehungen erkenn« lasse, geb« aber zu, -aß alles von der italienisch-südslawischen Frage abhänge. Das gute Einvernehmen zwischen Italien und Südsla wien müsse für Frankreich, meint das „Oeuvre", die Grund lage seiner bes«ä>er« Freundschaft mit Italien sein. Musso lini sei wohl nicht abgeneigt, ein« französisch-italienischen Freundschaftspakt zu erweitern. Das Blatt wirft die Frage auf, ob der Duce sich nicht bereits jetzt zu einem Dreierpakt entschließen könnte. Der Optimismus, in dem sich das „Oeuvre" gefällt, scheinr aber sehr weit hergeholt zu sein, wenn man die eher kritisch abwartende Haltung -er übrigen Presse berücksichtigt. Die Art und Weise für ein verträgliches italienisch-südslawi sches Verhältnis würde sich erst klar erkennen lassen, schreibt der „Petit Parisi«", wenn die Auffassung der Belgrader Regierung nach dieser Richtung hinreichend bekannt sei. Der Außenpolitik« des „Echo -e Varis" sieht das Haupthindernis für die Aussöhnung zwischen Italien und der Klein« Entente und demnach für die französisch-italie nische Zusammenarbeit in den engen Beziehungen des faschi- stischen Regimes zu Ungarn. Solange Italien bi« ungarische Revisionspolitik verteidige, könne es nicht zu den für die Befriedung des Kontinents arbeit«-« Mächten gerechnet werden. Die Niederschlagung des spanischen Ausstandes. Neue Meldungen über die marxistische Schreckensherrschaft in Asturien. Madrid, 23. Oktober. (Eig. Funkmelda.) Aus dem Hauptquartier -er Regierungsiruppen ia Gijon wird jetzt -le Einnahme der letzten, noch In den Händen der Aufstän dischen befindlichen Orte Asturiens gemeldet. Widerstand wurde von den Rebell« mcht mehr geleistet, fo daß sich der Einmarsch der Regierungsiruppen im allgemein« unblutig vollzog. Al» Bente fiel« dm Trupp« 3500 Gewehre, 10 Maschinengewehre, 2 Kanon« und über 2 Lastwagen mit Dynamit m die Hände. Daß sich die usstandlschm bedin gungslos ergab«, ist auf die Niedergeschlagenheit In ihren Reih«, auf-en Mangel an Lebensmitteln in ihr« Fami lien und schließlich auch auf das Ausgeh« der Munitions vorräte znrückzuführen. Der von der Madrider Zeitung »El Debake" nach Astu rien entsandte Berichterstatter gibt ausführlich feine Ein- drücke vom asturischen Kampfgebiet wieder. Die Häuser der Bewohner war« zum größt« Teil zerschossen. Sämtliche Brück« und lleberführuagen in jener Gegend warm von den Aufständisch« in die Luft gesprengt worden uud aur notdürftig von den Monier« mit Brettern Und Balken wieder gangbar gemacht. Erschütternd waren die Szenen, die sich noch der Befreiung Oviedo» «uter deu Einwohnern abspielken. Auf der «In« Seite die Medersehen»fr«de der jenigen, die mich tagelang« Trennung ihre Angehörig« und Freunde gesund wird« ««trafen, auf der ander« Seite die Trau« derjenige«, die feststes« mußt«, daß ihre näch st« Verwandt« in dem furchtbaren Blutbad um gekommen war«. 2n Sama ward« insgesamt 110 Polizi- st« ermordet. 2n La Aelguera soll« die Aufständischen nach Mitteilung der Madrider Zeitung »El Debale" 60 Lmte, die Polizei truppen 7ö verlor« hab«. I Unter -er Herrschaft -es freien Kommunismus. Zu d« einzeln« Revolutionszentren überwogen teil weise die Syndikalisten oder die Sozialisten und zum Teil der freie Kommunismus. Diese Unterschiede macht« sich vor all« Ding« ln der Arbeitsweise d« Revo lutionsansschüsse bemerkbar. 2n Mieres wurde sofort nach d« erst« Kämpf« am 6. Oktober der freie Kommu nismus ausgerufen, ein Revolutionsausschuß als höchste Instanz, fern« Kriegs-, Proviant- und Sanitätsausschüsse eingesetzt. Man setzte das Geld außer Kraft und gab al» Zahlmittel Gutscheine heraus, mit denen der Geschäftsver kehr geregelt wurde. Die Aerzte mußt« von früh S Ahr bl» abend» 8llhr Dienst tun und von abends S Ahr bi» mor gens S Ähr im Revolutionshospltal wache halten. Für diese Arbeit «hielten sie ein« Gutschein von 1 Peseta (etwa 35 Pfennige) täglich für ihre ganze Familie. Zum Vorge setzt« für die Aerzte wurde ein Praktikant ernannt, d« un- ter anderem die von d« Uerzten ausgestellt« Rezepte zu begutacht« hatte. Bei d« Madrider Polizeibehörde hat sich ein 26jähriger Student gestellt, der angab, der verantwortliche Aührerbeiden Schießereien und -««Überfällen wäh- rend der Revolutionslage ln Madrid zu sein. Er hatte es für die Pflicht eine» jeden revolutionär« Führer», -le volle Verantwortung für die von lhm veranlaßten Tat« zu über nehmen und bedauere außerordentlich, daß sich eine Reihe Führ« der Bewegung durch d i e Flucht der Verantwor- tuug entzogen hätte. Sein unmittelbarer Chef sei ebenfalls geflohen und habe eine beträchtliche Summe Geld mitge nommen. Der spanische Zustizminist« gab bekannt, daß die von Kriegsgericht« in Barcelona und Asturien verhängt« Tb- desur teile an d« obersten Gerichtshof ü-erwiq« ««den.