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Das österreichische Durcheinander. Militär Wird in Gra; gegen Kameraden eingesetzt. Dnb. Wien, 27. Juni. Aufsehenerregende Szenen, wie sie sich bisher in Oesterreich noch nie abgespielt haben, ereig neten sich am Mittwochabend in Graz. 400 dienstfreie Sol daten des Bundesheeres in Uniform zogen von ihrer Kaserne geschlossen in das Innere der Stadt und brachten Schmährufe auf die heimwehr und Rufe gegen den Vizekanzler Star- Hemberg aus. wo sie Helmwehrleute erblickten, verprügelten sie diese. Die Heimwehrleute riefen Kameraden zu Hilfe und es kam zu großen Schlägereien. Zahlreiche Verletzte mutz ten ins Krankenhaus gebracht werden. Bald hatten sich lm Stadtzentrum Tausende von Menschen angesammelt, die ebenfalls erregt gegen die Heimwehr Stellung nahmen und Hochrufe auf die Armee ausbrachten. Die Tumulte setzten sich auch in anderen Stratzen fort. Die Polizei war anfang- Das erste polnische Isolierungslager. — In oen Nripet-Siirnpfen. Warschau, 28. Juni. (Eig. Funkmeldg.) Im Sinne der Verordnung des Staatspräsidenten vom 17. Juni über die Schaffung von Jsolierungslagern für solche Clemente, die die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden, soll bereits in der nächsten Zeit in der Ortschaft Bereza Kartuska im Bezirk Pruzany ein solches Lager errichtet werden. Die genannte Ortschaft befindet sich im Pripetgebiet in der östlichen Woi wodschaft Polesien, das Städtchen zählt etwa 3500 Einwoh ner und liegt an der Eisenbahnstrecke zwischen Brest-Litötvsk und Baranowitsch. Der Name der Ortschaft rührt vom Klo ster der Karthäuser Mönche her, des einzigen im früheren Litauen, das im Jahre 1861 während des Ausstandes gegen die Russen geschlossen wurde und seitdem nicht mehr besteht. Die Landschaft dort ist waldreich und sumpfig. gibt, die dieser gefährllchen Alllanzpoliiik allen Stil» eine beherzte Politik der Versöhnung mit den Besiegten vermit tel» einer einsichtigen gerechten Abänderung der vertrüge von Versailles und Trianon vorzlehen würden. Karthou fährt nach London. London, 28. Juni. Im Unterhaus teilte Simon auf eine Anfrage mit, der französische Außenminister Barthou werde England vom 8. bis 10. Juli besuchen. Dieser Be such werde eine Gelegenheit dielen, mit ihm Fragen gegen seitigen Interesses zwischen Frankreich und Großbritannien zu erörtern. „Den vorläufigen Vorkehrungen" zufolge seien keine Besuche britischer Minister im Auslande geplant. Karthou über feine Keife nach Kukarest und Belgrad. Paris, 28. Juni. (Eig. Funkmeldg.) Der französisch« Außenminister Barthou, der heute Donnerstag, vormittags, von seiner Reise nach Bukarest und Belgrad nach Paris zurückgekehrt ist und Freitag dem Ministerrat Bericht über diese Reise erstatten wird, gewährte dem Wiener Vertreter der „Agence Economique et Financirö" eine Unterredung in deren Verlauf er die verschiedenen, im Vordergründe des Interesses stehenden europäischen Fragen berührte. Barthou betonte, er habe bei seiner letzten Reise sehr viel gelernt. Seine Unterredungen mit dem König von Rumänien und dem König von Südslawien hätten besondere Bedeutung gehabt. Er habe Gelegenheit gehabt, die Haltuna Frank reichs gegenüber Rußland- darzulegen und über seine Un terredung mit Dollfuß zu berichten sowie die französische Einstellung gegenüber den Donauländern, Italien und den anderen großen europäischen Fragen darzuleaen. Gerade in Bezug auf Rußland habe er auf die Notwendigkeit hin gewiesen, sich einer so wichtigen Gvoßmacht zu nähern. Er habe gleichzeitig darauf hingewiesen, daß die Geographie die Geschichte bestimme. Bei den verschiedenen Paktn über die gesprochen worden sei, werde auch Deutschland seinen Platz finden, und er hoffe, daß es ihnen beitreten werde, ebenso habe er noch nicht die Hoffnung aufgegeben, daß Deutschland nützlich am europäischen Frieden Mit arbeiten werde (!) Auf eine Frage des Berichterstatters,. ob er sich nach Italien begebe, erwiderte der französische Außen minister, „er liebe Italien zu sehr, um sich nicht dorthin zu begeben, wenn man ihn unter Bedingungen einlade, die eine vollständige Regelung der zwischen Frankreich und Italien schwebenden Fragen erlaubten. "Auf seine Balkan reise zurückkommend, betonte Barthou abschließend, daß ihm noch keine Reise größeres Vertrauen ihn die Zukunft des europäischen Friedens gegeben habe. ltch machtlos. Man mutzte lm Dienst befindliche Trvpven des Bunderhee»«» herbelrufen, die gegen ihre Kameraden vorglngen und schließlich sogar mll gefülltem Bajonett die Menge auseinandertrieben. Vie Ursache dieser Szenen waren Zwischenfälle, die sich tags zuvor ereignet hatten. Heimwehrleule hasten in «inen» Lokal einen Angehörigen des Bundesheere, verprügelt. Kameraden des Gezüchtigten beschlossen, Rache zu üben. Da» Truppenkommando Halle von dem Plan gehört und den Ausgang für Mittwoch untersagt. Vie Soldaten hatten sich jedoch nicht an da» Verbot gehalten. Zahlreiche neue ^rengstoffanfchläge Innsbruck, 28. Juni. (Eig. Funkmeldg.) In Tirol wur- den in der Rächt zum Donnerstag wiederum mehrere schwere Sprengsloffanschläge verübt. Zn Innsbruck wurde auf dem Vach des Druckereigebäude» der Verlagsanstalt „Ttrolta" ein mehrere Kilogramm schweres Paket gefunden, da» sofort in einen angrenzenden Garten geworfen wurde. E» handelte sich tatsächlich um eine Bombe, die zerknallte und ein Sll «w liefe» Loch in den Erdboden ritz. Auch die Einrichtung de» Garten» und mehr als 100 Fensterscheiben de» Verlagsge bäudes wurden vollständig zertrümmert. — Zn dem Elektri zitätswerk Muehlau wurden die drei Hochdruckrohre durch einen Sprengstoffanfchlag zerstört, so daß da» Wasserwerk 4 bis 5 Wochen stllliegen mutz, ferner wurde die Sohle leitung de» Salzbergwerk» im Halltal gesprengt. Zn einem Wasserschloß des Ruch-Elektrizitätswerk« im Stubaital fand man mehrere Pakete ml» Sprengstoff, ebenso in der Leopoldstratze in Innsbruck unterhalb eines Wasserdqrch- lasses. , KommunistenUberfall auf Faschisten in Schottland. London, 28. Juni. (Eig. Funkmeldg.) Ein neuer schwe- rer Zusammenstoß zwischen Moßleyfaschisten und Kommu nisten ereignete sich am Mittwochabend in Glasgow. Hun derte von Kommunisten überfielen eine der Schwarzhemden versammlungen, die zur Zeit zur Vorbereitung des Besuches von Sir Oswald Moßley in Schottland abgehalten werden. Drei Faschisten wurden von den Kommunisten niedergeschla gen. Die Polizei zerstreute die Menge. Stellung der Deutschen Christen zum Bekenntnis. Kede des Reichsbischofs in Kalle. Halle, 27. Juni. Reichsbischof M ü Iler stattete Halle am Dienstag seinen ersten offiziellen Besuch ab. Der Reichs bischof sprach am Abend in einer Kundgebung der Deut schen Christen über die Stellung der Deutschen Chri sten zum Bekenntnis. Bei der Darlegung der großen Linien, die die Glaubensbewegung Deutsche Christen leiten, - rückt« er die . , Schaffung einer einigen evangelischen Reichs- und Volkrkirche in den Vordergrund. Er schilderte seinen eigenen Weg zu Adolf Hitler- dem er in Treue bis zum Tod ver bunden sei, und seine Entwicklung zur nationalsozialistischen Bewegung, die so protestantisch so christlich, so wahr sei, daß die neue Kirche auf Gedeih und Verderb verbunden sei mit diesem nattonglstzzialistischen Staat. Im > gegenwärtigen Kampf der Welt gegen Deutschland offenbare sich der jüdi sche Christ'enhassergeist, der-das Wesen -er hinter uns liegenden Zeit ausmachte, der aber leider in den ver gangenen Jahren von allzu wenigen evangelischen Pfarrern als die der christlichen Welt drohende Gefahr erkannt wor den sei. Des Reichsbischofs, als des Hüters des reforma torischen Erbes, Pflicht sei es, darauf hinguweisen, -aß das, was in der Well vor sich gehe, ein Slück sei von der Feindschaft, die argem Christus mobil gemacht werde. Das Wort vom gefährdeten Bekenntnis sei unwahr. Cs solle lieber erkannt werden, daß die evangelische Kirchs in Gefahr komme, wenn Leute am Werk« sind, das Werk Adolf Hitlers zu unterminieren. Eingehend setzte sich der Reichsbischof mit den gegen seine Person gerichteten An griffen auseinander. Wenn es sich herausstelle, fuhr der Reichsbischos fort, daß von jenen ausländischen Hetzlügen Fäden nach Deutsch land führen, dann habe das mit Kirchenpolitik nichts mehr zu tun, sondern es sei als Hoch» errat entlarvt. Di« Teile des Volkes, die so lange abseits von der Kirche stan den, hätten für ein solches Pastorengezänk kein Ver- ständnis. „Wenn jemand die Meinung vertritt, wir wollten ein germanisches Heidentum, so ist das eine objektiv« Unwahrheit. vle deutsche evangelische klrche wird eiue wirkliche deutsch^ristliche Kirche sein oder sie wird überhaupt nicht fein. Deutscher Christ sein aber heißt, sich ganz zur deutschen Volksbewegung bekennen und über Christus nicht nur reden, sondern ihn als den Heiland erleben." In der Frage der G e- wissensfreiheit g«b« es keine Trennung m Deutsch land. Di« deutschen Christen achteten mannhafte» Beken nen auch bei ihren Gegnern. Es gebe keine Bekenntnis not, und ein Pforrernqwund wäre notiger gowesen in jener Zum Schluß der Kundgebung sprach der Reichsleiter der Deutschen Christen, Dr. Kinder, Berlin, über den Zeit, als der MarAmu« di« Kirche zu überrennen broAr. Aufbruch der Kirche. wurde Wolfgang von Gronau, der durch seine über Grönland aus geführten Ozeanflüge rühmlichst bekannt geworden ist. Rund 12 000 Neueinstellungen in Sachsen. Dresden, 28. Juni. Im Bezirke -es Landesarbeits amtes Sachsen erhöht« sich die Zahl der Beschäftigten im Mai 1934 um 11943. Damit bestätigt die Statistik der Krankenkassenmitglieder die Statistik der Arbeitsämter über den weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit. Der günstigste Stand der Gesamtbeschäftigtenziffer in Sachsen war im Mai 1929 mit 1959 560. Von diesem Zeit punkt ab ging es fast ständig abwärts. Ende Januar 1933 bei der Machtübernahme durch die nationalsozialistil^e Re gierung war ein Tiefstand von 1.096 700 Beschäftigten er reicht. Nun ging es wieder aufwärts. Ende Mai 1934 sind 1492 580 Beschäftigte gemeldet, so daß seit Januar vorigen Jahres bis Ende Mai dieses Jahres im Landes arbeitsamtsbezirk Sachsen 395 880 Volksgenossen wieder in Lohn und Arbeit gebracht worden sind. Ker Fahnfenproretz vor dem Reichs gericht. llrieil am Donnerstagnachmitlag. Leipzig, 28. Juni. (Eig. Funkmeldung.) Vor dem 3. Strafsenat des Reichsgerichts begann am Donnerstag die Revisionsvcrhandlung lm Lahusev-Nordwolle-Prozeß. Durch Urteil des Landgerichts Bremen vom 29. Dez. 1933 wurden gegen den 45jährigen Generaldirektor G. Karl Lahusen auf 5 Jahre Gefängnis und 50 000 RM. Geldstrafe und gegen den 39 Jahre alten Diplomingenieur Heinz Lahusen auf 2 Jahre, 9 Monate Gefängnis und 20 000 RM. Geldstrafe erkannt. Die Brüder Lahusen haben in den Jahren 1926 bis 1930 die Bilanzen der Nordwolle und ihrer Tochtergesellschaften falsch aufgestellt, fingierte Forderungen hereingenommen und die sehr beträchtlichen Bankschulden nicht ausgewiesen. Auch entnahmen die Angeklagten große Beträge für ihre privaten Zwecke. Als am 21. Juli 1931 die Nordwolle in Konkurs ging, standen den Gläubigerforderungen von 250 Millionen RM. nur 60. Millionen RM. Aktiven gegenüber. Wie der Vorsitzende des erkennenden Senats, Reichs gerichtsrat Schmitz, bei Beginn der Revisionsverhandlung erklärte, ist die Sache und die Revisionsbegründung allen Senatsmitgliedern genau bekannt, so daß sich der Bericht erstatter auf einen abgekürzten Vortrag beschränken konnte. Für die Angeklagten sind drei Verteidiger erschienen. Das Urteil dürfte Donnerstag nachmittag zu erwarten sein. Vom Marsch drr Hamburger Alten Garbe nachDertt«. Ruhepeusr a»f dem „Affen".' El» Bild von dem Mafich, den dl« allen Ktlmpser der Hamburger SP von ihrer Heimat nach der Reich«, hauplstadk avtführc«. Am 29. Juni «erden fi« durch da« Brovd«»d»rgrr Tor ihren Einzug hallen. Die erlle Ausführungsverordnung rum Tierschutzgesetz. — Ketiiudung mit elektrischen Apparate« verboten. Berlin, 28. Juni. (Eig. Funkmeldg.) In der ersten Ausführungsverordnung zum neuen Tierschutzgesetz,, die der Reichsminister des Innern jetzt erlassen hat, wird u. a. ver- boten, zur Betäubung von Tieren elektrische Apparate oder Verfahren zu verwenden. Die Verwendung solcher. Versah- ren ist nur bei Schlachtung oder Tötung erlaubt. Allerdings kann, wie die NDZ. meldet, der Minister selbst für die prak tische Erprobung von elektrischen Apparaten und Dixfahüfn Ausnahmen zulassen und nach praktischer Erprobung Vies« Verfahren selbst gestatten. . / „Rittergutsbesitzer" — unzulässig. ndz. Berlin, 27. Juni. Gestützt auf das Reichserbholqe- seh hat sich, wie das Ndz. meldet, der Reichsfinanzminister über die Berufsbezeichnungen der Besitzer land- und, forst wirtschaftlichen Grundeigentums geäußert und die Rekchs- finanzverwaltUng ersucht, diese Regelung künftig zu beäch- ten. Der Minister erklärt, daß NM der Eigentümer eist«» Erbhofes „Bauer" heiße. Der Eigentümer oder Besitzer an- deren land- und forstwirtschaftlich genutzten Eigentums, huch der bloße Pächter eines Erbhofes, heiße „Landwirt". Andere Bezeichnungen für Eigentümer oder Besitzer land- oder forst- wirtschaftlich genutzten Grundeigentums, z. B. Anbauer, Stellenbesitzer, Ackerbürger, Gutsbesitzer, Rittergutsbesitzeh, Gutspachier, sind unzulässig. Als landwirtschaftliche Nm» zung gilt auch Gemüse- oder Obst- sowie Weinbau. Zweifel darüber, ob jemand Eigentümer eines Erbhofes ist, und lick