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der Ausstand in der Berliner Holzindustrie, an wel chem IS OOS Arbeiter beteiligt waren, beendet worden. Die Arbeitsaufnahme soll am Montag erfolgen, fall» di« Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeiter den Vergleich gutheitzen. 8 Mit amerikanischen Lokomotiven beabsichtigt auch die preußische 'StaatSbuhn Versuche anstellen zu lasten. 8 Der braunschweigische Landtag bewilligte ein stimmig 10 000 Mark al» Beihilfe für ein Bismarck denkmal. 8 Glogau, 20. März. Hauptmann Fellbaum vom Jngenteureorp» fiel auf einem Dienstgang in den Schloßgraben und ertrank. 8 Kiel, 20. März. Heute früh sand eine schwere Eolltsion zwischen den Arbeiterdampfern „Steinmann* und „Louise* statt. Letzterer wurde durch Verschulden des rückwärts vom Brückenkovs fahrenden „Steinmann* mit dem Heck seitlich gerammt und an den Deck bauten stark beschädigt. Dabei wurden einem Arbei ter beide Beine abgequetscht. Die übrige Deckmann- schast sprang über Bord, wurde jedoch gerettet. 8 Zum Konitzer Mord. Wie au» einem Brief her- vorgeht, verkehrte der ermordete IS jährige Gymna siast Winter, ein schlanker, hübscher Mensch, mit der Tochter eine» Fleischermeisters, so daß vermutet wird, er sei das-Opfer eine» eifersüchtigen Fleischergesellen geworden. Der Vater de» seit Sonntag (11. März) Verschwundenen und der Bäckermeister, bei dem dieser in Pension war, luchten am Dienstag (13. März) in dem Se» nach und fanden an der Spüle in einem Eisloch in verschnürtem Packpapier einen grauen Sack mit Teilen einer Leiche. Die Arme und Beine waren kunstgerecht au» den Gelenken gelöst, der Kopf glatt abgeschnitten, der Leib bis aus die Wirbelsäule durch schnitten und diese durchsägt. Der untere Teil de» Leibe- fehlte und wurde an der anderen Seite oer Spüle lose im Master gefunden. Eingeweide, Kopf, Arme und Beine fehlten Am Donnerstag früh sand ein Junge auf dem evangelische» Kirchhof, durch das Gitter de» Thore» geworfen, den rechten Arm mst zusammengekrallten Fingern. Sonnt.ig früh wurden die Unterkleider des Ermordeten in der Nähe der ka tholischen Kirche aufgefunden. 8 Am Sonnabend ist wohl die älteste Frau des Reiches, die in Rotzdorf (Hessen) wohnhaft gewesene Frau May, im Alter von 106 Jahren gestorben. 1794 in Momart im Odenwald geboren, war sie noch bis zuletzt verhältnismätzig rüstig, körperlich und geistig, aber erblindet. 8 Elbing, 20. März. In Klein-Montau brannten die Wirtschaftsgebäude des Gutsbesitzers Schulz nieder. Hundert Rinder und neunzig Pferde sind mit ver brannt. 8 Der Theatermaler Jakobs vom Kasseler Hof theater hat sich erschossen. Ausland. § Die Vermählung der Kronprinzessin Witwe Stefanie ist nunmehr endgiltig auf heute, also den 22. März, 10 Uhr vormittags festgesetzt. ß Jin böhmischen Kohlengebiet macht die Wieder- nufnahme der Arbeit stetig Fortschritte; fast alle Werke sind wieder im Betriebe, man erwartet binnen wenigen Tagen da» vollständige Ende des Aus standes. tz Mährrsch-Ostrau, 20. März. Heute Nachmittag sand auf dem Theresienschachte in Polnisch-Ostrau eine Elplosion ichlagender Wetter statt. Zwei Häuer er- litten Brandwunden. Die Ursache der Explosion ist nicht bekannt, Erhebungen sind etngeleitet. 8 Graz, 20. März. Heute Vormittag fand zwi schen dem Studenten der Medicin Tetnttzer und dem Studenten der Rechtswissenschaft Fuchs ein Pistolen duell statt, bei welchem Fuchs durch einen Schutzen die Stirn getötet wurde. 8 Bozen, 20. März. Am Sonntag-Morgen lagerte zur allgemeinen Ueberraschung über der ganzen Land schaft um Mercn eine Schneedecke. ES schneite bei vollständiger Windstille mehrere Stunde» lang. Schnee zu so später Jahreszeit ist in Meran eine grotze Sei- tenheit. Mandeln urd Pfirsiche blühen bereit» und haben unter dem Schneefalle gelitten. 8 Wien, 20. März. Der Geschäftsmann Dominik Lang vergiftete sich und vier erwachsene Kinder. Lang und zwei Kinder sind rot, zwei Kinder sind schwer krank. Da» Motiv ist unbekannt. 8 Budapest, 20. März. Gestern Vormittag 10 Uhr fand man in der Vorstadt Neupest die Obsthändlerin Juliane Pallag in ihrer Wohnung ermordet vor. Die Untersuchung ergab, datz ihr Gatte Joftf Pallag der Mörder war. Er erschlug seine Frau meuchlings mit Beilhieben. Der Mörder ist flüchtig; zu seiner Ver folgung ist das ganze DetectivkorpS mobilistrt. — Im Armenhause starb gestern die Baronin Klara Hör- vath. In ihrer Jugend eine gefeierte Schönheit, kam die einer ersten Magnatensamilie entstammende Frau vor 15 Jahren, vollständig verarmt, in» Armenhaus. Vor einigen Tagen wurde sie auf der Strotze über fahren und starb gestern. 8 Nach Pak» in Ungarn heimkehrende Bauern, 25 an der Zahl, wollten trotz herrschenden Sturme» über die Donau fahren. In der Mitte des Flusses kippte das Fahrzeug um und alle Bauern bis aus einen er tranken. 8 In Suhr (Aargau) ist bei der Probe in der Menagerie Bürgten die 15 jährige Tochter deS Besitzers von zwei Löwen zerfleischt worden. 8 Calcutta, 21. März. Die Pest ist stark im Wachsen begriffen. In Bengalien kamen in der letzten Woche 4725 Pestfälle vor. 8 In Petersburg haben beim Brande eines ein stöckigen Holzhauses vier Personen das Leben einge- büßt. 8 Nach dem Auftauen des Schnees stellt sich jetzt heraus, datz bei dem dreitägigen Schneesturm, der Ende Februar Südwest-Rußland heimsuchte, sehr viele Men schen um» Leben gekommen sind. Im Kiewschen Kreise allein wurden etwa 20 Leichen vou Erfrorenen gefunden. Aus Aue und Umgebung. Aue, den 22. März 1900. — Prachtvolles Wetter hatte uns die Natur gestern zu Frühlingsanfang bescheert, denn die Sonne hat den ganzen Tag geschienen. Die Nacht vorher war ziem« stch kühl und starker Reif bedeckte am Morgen die dafür sehr empfänglichen Gegenstände, auch hatte es an recht zugigen Stellen gefroren. Heute haben wir starken Wind und eS ist wieder ziemlich kühl geworden. -- Sonnabend, 24. März 1S00, Vormittags 11 Uhr sollen in Lößnitz 1 Lastschlitten und 1 Halbchaise gegen sofortige Bezahlung meistbiesend versteigert werden. Bieter sammeln sich in der Restauration zum Rathskeller. — Holz-Versteigerung auf Staatsforstrevier Schön- Heide findet im Hotel „zum RathhauS* in Schönheide Mittwoch, den 28. März 1S00, von norm S Uhr an, sowie Donnerstag, den 2V. März 1V00 von vorm. 9 Uhr an start. — Die im Grundbuche auf den Namen Marie Selma oerehel. Dtttrtch geb. Jungnick-l in Pöhla ein getragenen Grundstücke sollen im Amtsgerichte zu Schwarzenberg Abth. BzwangSweise versteigert wer den und eS ist der 5. April 1900, Vormittags 10 Uhr als VersteigerungStermtn, sowie t er 19. April 1900, Vormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung de» VertheilungSplanS anberaumt worden. — Eine Ucher- sicht der auf den Grundstücken lastenden Ansprüche und ihres RangvertzältnisseS kann in der Gerichts« schreiberei des etmtSgericht» eingesehen werden. — Fahrkarten, die über eine längere Strecke lauten, aber auf einer kürzeren Strecke benutzt werden sollen, gelten von jetzt ab ohne weiteres und ohne daß eS einer besonderen Umschreibung bedarf, für die letzt genannte kürzere Strecke, wenn der Reisende in durch laufenden Zügen oder in direkten Personenwagen von den Anschlußbahnen her auf die sächsischen Staats bahnen gelang! und in dem sächsischen Anschlußzug« ohne Wagenwechsel über die kürzere Strecke weiter fährt. Ein Beispiel möge dies erläutern: Fahrtausweis« Aue—Chemnitz Dresden- Berlin sind auch gilttig Berlin-Leipzig-Aue. — Die diesjährige (10.) Delegiertenversammlung des Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands (60 000 Mitglieder) findet am 18. und IS. April zu Dresden im Evangelischen'Vereinshause statt. — Auf daS von dem Nationalliberalen Parteitage in Chemnitz am 18. d. M. an Se. Majestät den König Albert abgesandte Glückwunschtelegramm ist noch an demselben Abend Antworttelegramm aus Mentont eingegangen. — Nach den Auszeichnungen des „Neuesten Säch- sichen Kirchenblattes" wurden 1899 gestiftet für kirch liche Zwecke 265 584 M, für Schulzwecke 130 560 M., für christliche Liebeswerke 106 787 M. und für andere gemeinnützige Zwecke (für Arme, Kranke, Kinder, Ar beiter usw.) 2 281865 M., zusammen also reichlich zwei dreioiertel Millionen Mark. — Aus dem Landtage. Dresden, 20. März. Auf der Tagesordnung der Zweiten Kammer steht die Schlußberatung über den Bericht der Finanzdeputation über den Bau mehrerer Nebenbahnen. Die Deputation beantragt: 1. zur Herstellung ») einer normalspurigen Eisenbahn von Weißenberg nach Radibor, welche mit 5 067 000 Mark veranschlagt ist, b) einer normal spurigen Nebenbahn von Schönheiderhmnmer nach Eibenstock, c) die Fortsetzung der normalspurigen Nebenbahn Pirna-Berggießhüoel bis Gottleuba ä) einer Verlängerung der schmalspurigen Industriebahn Reichenbach i. V.-Heinsdors bis Oberheinsdors s) einer schmalspurigen Nebenbahn von Thum nach Meiners dorf das Einverständnis zu erklären. In der Debatte sprechen zur Linie Schönheiderhammer-Eibenstock die Abgg. Bochmann und v. Querfurth. Einstimmig tritt das HauS den DepmationSamrägen bei. (Eingesandt.) Mit Recht dringen dem gesamten deutschen Volke von Tag zu Tag mehr und mehr die Mahnungen zu Ohren, wie nothwendig es sich macht, gleich der deutschen Handelsflotte auch der deutschen Macht-Sphäre zurSee durch großeOpfer oonAn. schassung einer nicht unbedeutenden Kriegsflotte d. h. deren Verstärkung mit allem Nachdruck zuzustimmen. In Verbindung mit diese», sich mächtig gestaltenden Ausbau und der sich täglich auch mehr und mehr Beppo wurde wiederum in einen Wagen gehoben, ein Mann, besten tief in die Stirn gedrückter Hut und in die Höhe geschlagener Mantelkragen ihn unkenntlich machte, gesellte sich zu ihm und fort ging ei». Bon Beppo wurde nie wieder etwas gesehen. 18 Kurz nach Tagesanbruch trennten sich die Teilnehmer em diesem seltsamen und außergewöhnlichen Gericht, um einzeln und durch verschiedene Thore in die Stadt zurück- zukehren. Manfred erreichte unerkannt den väterlichen Palast. Auf seinem Nachttisch fand er ein Briefchen von Olga, in welchem sie ihm ihre Unterredung mit dem Grasen von Irving mitteilte. Ein Lächeln höchster Befriedigung erhellte seine au«- drnckvvllen Züge. „Diese Engländer," murmelte er, „sind entschieden besf.r als ihr Ruf. Wie großherzig ist dieser Graf. Soll ich ihn besuchen? Nein. Da» würde ihn nur blossteilen, denn er ist zu stolz zur Lüge. Ich muß ihn auf anderem Wege von dem Vorgefallenen unterrichten und ihm die erforderli chen Beweise in die Hände spielen.* Nach einigem Ueberlegen schrieb Manfred dem Gra- fen einen ausführlichen Brief, welchen er „ein Freund der Engländer* unterzeichnete, legte Beppo» Bekenntnis schrift und da» vom Grafen Pollini erworbene Gift bei und klingelte seinem Kammerdiener. Ein klua aussehen- der, junger Mann erschien auf diesen Glockenruf. Zwischen dem Herrn und dem Diener, die Milchbrüder waren» bestand seit den Tagen ihrer frühesten Kindheit da« nnbegrenzteste Vertrauen. Felix Polidori hatte Man fred schon aus mancher bedenklichen Verlegenheit befreit. Ein Verrat an seinen» Herrn wäre ihm so unmöglich ge wesen, Ivie sich selbst dem Teufel zu verschreiben. „Felix,* sagte der Maroni», „bist Du heut« bet beson der» leuchtendem Verstand?'' Der Diener lächelte. „We»halb antwortest Du nicht?* „Nun, der Herr Marquis wissen, baß mein bißchen Mtz Ihnen immer zu Diensten steht.* „Gut, mein Freund, Du kennst doch da» Maltheser- kreuz ?" „Ja, gnädiger Herr." „Du hast natürlich auch schon von dem vornehmen Engländer sprechen gehört, über den ganz Mailand sich gegenwärtig unterhält, und der in jenem Gasthof wohnt." „Ich habe ihn wiederholt gesehen, Herr Marquis." „Um so leichter wird Dir Deine Ausgabe sein. Ueber- reiche ihm diesen Brief." „Der fremde Herr ist von einem ganzen Dienerstabe bewacht. Wie soll ich bis zu Sr. Excellenz Vordringen?* „Das weiß ich in der That nicht, das ist Deine Sache, lieber Felix. Ich habe eine schlechte Nacht gehabt, bin müde und bedarf der Ruhe, geh." Der Diener nahm den Brief vom Tisch und entfernte sich. Eine Stunde später war Manfred Verdi fest einge schlafen. Als der Graf von Irving gegen Mittag sein Hotel in der Absicht verließ, dem österreichischen Premierminister der Lombardei, Barvn Schultz, dem Vertrante» de» Für sten Metternich einen Besuch abzustatten, warf ihm ein pinge» Mädchen in der malerische» Tracht des Arnvthales einen Blumenstrauß in den Wagen, ein Umstand der in Italien nichts Ungewöhnliche» ist. Diese duftigen Gaben werden nicht ohne Hoffnung auf Belohnung dargebracht, so uneigennützig sind die Blumenmädchen nicht, aber sie warten, und diese» geduldige und artige Warten macht sich ihnen sehr gut bezahlt. Der Graf lächelte. E« war nicht da» erste Mal, baß ihm eine solche Aufmerksamkeit erwiesen wurde. Er be fahl seinem Kutscher, zu haltest, und winkte dem jungen Mädchen, näher zu treten. „Für Bänder,* sagt« er, d«r Klein«» «inig« Goldstücke in die Hand drückend. „Ich danke, Excellenz,* rief da» Blumenmädchen laut und freudig, und flüsternd fügte st« hinzu: „Untersuchen Sie die Blumen.' Felix, ein Freund der hübschen Blumenverkänferin, hatte sie diese Worte gelehrt. Der Graf nickte und der Wagen fuhr davon. „Du hast heute Glück, schöne Marietta,* bemerkte ein Polizeidiener, der die ganze Scene beobachtet hatte. Da» Mädchen lachte, zeigte ihm das Geld und lief da von. Der Graf von Irving sann einige Augenblicke nach, dann rief er seinem Kutscher zu, wieder nach dem Hotel zurückznkehren. „Ich habe einige wichtige Papiere ver gessen," bemerkt« er, „ohne die mein Besuch beim Minister nutzlos wäre." Der Kutscher war ein Böhme und stand, wie der Graf guten Grund hatte zu glauben, im Dienste der Polizei. In seinen Gemächern angelangt, prüfte er zunächst den Blumenstrauß, in dessen Mitte er von Blättern verhüllt, den Brief Manfreds entdeckte. „O," murmelte der Graf, „da» ändert mein« Lage und versetzt mich in die Stellung, fordern zu dürfen, wo ich bitten zu müssen glaubte. Jetzt werden sie e» nicht mehr wagen zu verweigern, wa» ich b«gehre." „Zum Minister,' befahl der Graf, al» er seinen Wage« wieder bestieg. „Unterweg» halten Sie vor dem Polizei präsidium.* Da» Hau» Arad», de« alten Ungarn, stand dicht neben der AmbrostuSkirche. Die Wohnung oe» Droguenhändler» war klein und enge, die Fenster de» niedrigen Erdgeschos se», durch welche sie ihr Licht erhielt, waren mit Eisen stäben vergittert. Der finstere Mann mit den schwarzen, stechenden Augen, wurde von den Nachbarn mit Miß trauen und Abneigung betrachtet. Der Schnee vieler Win ter ruhte aus seinen dünnen Locken, die sich spärlich unter dem Sammetläppchen hervorstahlen, da» seinen Scheitel bedeckte. Er wa« mit der Anfertigung eine» Medikamen te» beschäftigt, al» Graf Irving, von dem Poltzeipräst- denten begleitet, in den Laben trat. (Fortsetzung folgt.)