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Tageblatt für »ic Stabt Aue utt» UMgcvut»,. Mlligste Tageszeitung im Erzgebtt»-. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Funke, Aue tErzgebirge' Redaktion u. Expedition: An«, Marktstraßr. «rschelttt - tSgltch Nachmittags, außer an Sonn» u. Feiertagen- — Preist pro Monat frei ins Haus 20 Psg-, abgeholt IS Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Mi. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. >ke einspaltige Peützeile Ist Pf«., amtltchc Inserate die CorpuS-Zeile Sb Psg., Reklamen pro Zeil« 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahm. Ub'/o Rabatt. — Bei größeren Inseraten mehrmaliger Aufnahme wird entspreä ent höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an. Nr. 67 Bekanntmachung. Nachdem die Einschätzung zu den Stadtanlagen aus das Jahr 1900 beendet worden ist, liegt das Ka taster, oom Tage des Erscheinens dieser Bekanntmachung an gerechnet, 14 Tage lang zur Einsicht eines jeden § Steuerpflichtigen, insoweit dasselbe ihn betrifft, in unse rer Steuereinnahme aus. Beschwerden wegen zu hoher Eins etzung sind, ge hörig begründet, binnen 4 Wochen bei dem unterzeichne ten Rathe anzubringen. Später eingehende Beschwerden können als ver spätet nicht beachtet werden. Aue, am 21. März 1900. Der Rath der Stadt. Dr. Kretzschmar. Deirtsetze* Reichstes. 172. Sitzung vom 20. März Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Lesung des Etats. Etat für Einführung de» Scheckverkehrs. Die Konimission hat einerseits die Gebühren, andererseits die Verzinsung der Scheckeinlagen gänzlich gestrichen. — Abg. Müller-Sagan (fr. Vp.) steht den Vorschlägen der Kommission freundlich gegenüber, insbesondere der Gebührenfreiheit und der Zinslosigkeit, durch welche jede Gefahr einer Etablierung von Postsparkassen aus geschlossen werde. — Der Etat für den Scheckverkehr wird mit den Beschlüssen der Kommission genehmigt, ebenso der Etat des Jnvalidenfonds nachdem Abg. Bachem (Ztr.) eine Erhöhung der Pensionssätze em pfohlen hat. — Es folgt der Rest des Kolonialetats, zunächst die Forderungen für die ostasrikanischen Eisen- ba znen. Tie Forderung für die Usumbara-Bahn wird nach dem Anträge der Kommission bewilligt. Die Summe von 120 000 Mark für Vorarbeiten zur Zen- tralbahn hat die Kommission gestrichen. Nach längerer Debatte wird der Kommissionsantrag angenommen. Morgen l Uhr: Fortsetzung der Elatsberatung, dann PatentanwultSgesetz. — Schluß 7 Uhr Frektag, den 23. März 1900. Deutschland. * Nach der in Bundesratskreisen vorherrschenden 'Stimmung zu urteilen, muß es als ausgeschlossen i betrachtet werden, daß die sogenannte lex Heinze die Zustimmung des Bundesrats finden könnte, wenn es der Mehrheit des Reichstages gelingen sollte, den Ent- wurs durch die dritte Lesung zu bringen. * Angesichts der nachdrücklichen Proteste nicht nur aus Künstler- und Gelehrtenkreisen, sondern aus allen Volksschichten gegen die kunst- und litteraturfiindlichen Bellimmungen der lex Heinze machen sich selbst inner halb der bisherigen Mehrheit immer mehr Bedenken gegen das Gesetz geltend. * Die Kommlssion des preußischen Abgeordneten hauses hat gestern § 1 des Gesetzes über die Waren- Haussteuer angenommen. Danuch unterliegen in Berlin Betriebe mit einem Jahresumsätze von 500 000 Mark dieser Steuer, in Orten mit über 100 000 Einwohnern bei 400 000 M. Jahresumsatz, in Orten mit 20 000 bis 100 000 Einwohnern bei 300 000 M. und in Orten mit höchstens 20 000 Ein» w chnern bei 200 000 M. Jahresumsatz. Detailbetricbe mit drei oder mehr Filialen unterliegen der Waren haussteuer, auch wenn ihr Geschäftsbetrieb nur eine Warengruppe umfaßt. ... -Am-L ba..u L. . * Brüssel, 20. März. Dr. LeydS reist heute nach Paris zu einer Besprechung mit dem Minister des Auswärtigen Delcasse, vermuthlich über die Friedens frage. De* LLvies iir Süd^ferrk« * London, 21. März. An der Grenze des Ba- sutvlandes beginnen die Buren sich zu ergeben. * London, 21. März. Den „Daily News" wird aus Lorenzo Marquez gemeldet: Die Eingeborenen im Gazalande haben sich erhoben. Portugiesische Truppen sind am 1b. März mit dem Gouverneur auf einem Dampfer abgegangen, um den Aufstand niederzuwersen. * Kapstadt, 21. März. Gouverneur Milner erließ eine Proklamation, in der bekannt gegeben wird, daß die Reichsregierung Veräußerungen von Ländereien, IS. Jahrgangs Minen oder Eisenbahnen in Transvaal oder im Oranje-Freistaat oder die Aufnahme von Belastungen auf Konzessionen, die von der Regierung Transvaals oder des OranjesreistaateS bewilligt worden seien, nicht al» giltig anerkennen werde. * 21. Februar. In einer Gegenproklamatton droht Präsident Steijn an: Jeder Burgherr, der nicht mit uns kämpfen will, wird als Verräter erschossen werden. * London, 2l. März. Kitchener meldetauS Pries- ka: Die Transvaalburen entkamen über den Oran- jefluß. 33 von ihnen wurden gefangen genommen. Zweihundert Gewehre mit Zubehör, einige Vorräte, sowie Explosivgeschosse wurden erbeutet. * Im nördlichen Natal sollen 14 000 Buren mit 20 Geschützen 40 000 Engländern unter Buller gegen überstehen. * Bloemfontein, 19. März. In der vergangenen Nacht haben die Buren die Eisenbahnbrücke über den Modderfluß etwa vierzehn Meilen nördlich von hier zwischen Bloemfontein und Brandfort in die Luft ge sprengt. * Es verlautet, daß Lord Kitchener, der ohne Wider stand in PrieSka (an der Grenze der Kapkolonie und dem Griqualande) etngezogen ist, an der Spitze einer starken HeereSabteilung auf Maseking marschiere, dann will Kitchener direkt auf Pretoria oorrücken, während Lord Roberts sich gegen die am Vaalstuß zusammen gezogenen Burentruppen wenden wrrd. * Weitere Abteilungen der Oranjeburen haben die Waffen gestreckt. V e * iir i s eh t « » Deutschland. 8 Im MilitärbefreiungSprozeß zu Elberfeld wurde am Sonnabend die Vernehmung der Angeklagten be endet. Der Gastwirth Ott-Elberfeld bestritt die An gaben des Struckeberg, daß er für die Befreiung seines Schwagers Petry 1000 Mk. hergegeben habe !luf Antrag des Ersten Staatsanwalts beschloß hierauf das Gericht die Beschlagnahme der GeschäftSbüche des Ott. Frau Struck'berg zeigte an, daß sie krankheits halber nicht als Zeugin erscheinen könne. Der Staats anwalt erklärte, auf Frau Strucksberg nicht verzichten zu können. 8 Berlin, 2t. März. Durch Vergleich vor dem Einigungsamte des Gewerbegerichtes ist gestern Abend Auf falschem Megs. Roman von Oswald Reicher. IG Der verfallene Landsitz gehörte nicht Manfred Berdt, sondern einem Freunde desselben, der in den Hofkreisen sehr wohl gelitten war. Beppo war halb tot vor Schrecken, al» er in einem spärlich erleuchteten, unterirdischen Gewölbe, von seinen maskierten Begleitern umringt, einer sorgfältigen, stren gen Durchsuchung unterworfen wurde. Ein halbunterdrückter Seufzer entrang sich ihm, al» die Börse mit Gold, die er so freudig in Einpsang genom men hatte, au» seiner Tasche gezogen wurde. Die Börse war mit dem gestickten Wappen der Polli» niS geschmückt. Ein AuSruf der Befriedigung ertönte von den Lippen der Verschwörer. Die Durchsuchung Beppo» wurde noch weiter fortgesetzt und endlich im Futter der Weste da» Paketchen mit dem feinen, grauen Pulver ge sunden. „Gift," sagte eine Stimme. „Ist das gewiß?" fragte Manfred. „Ich kann es beschwören," antwortete der Mann, einer der berühmtesten Aerzte Mailand». Ueberdie» «st die Sache leicht zu ergründen. Arad, der alte Ungar, und ich sind die beiden einzigen Personen in der Stadt, welche dieses Gift znluireiten. Ich denke, wir können die Fesseln unsere» Ge- sanßenen lösen." Der Vorschlag wurde angenommen. Der Mantel, der Beppos Kopf verhüllte, wurde abgenommen und der Kne bel au» seinem Munde entfernt. Der zitternde Gefängnis aufseher wagte kauin zu atmen, so unheimlich war Ihm zu Mute. Man drückte ihn in einen Sessel nieder und band ihn darin fest. An einem Tisch ihm gegenüber saßen fünf vermummte Gestalten. Ein kalter Schauer durchrieselte ihn. Ihm war e», al» befände er sich vor einem Gericht»- Hof, der berufen schien, sein Todesurteil zu fällen. Was feine Furcht am meisten erregt«, war «in« hohe, ganz in Schwarz gekleidete Gestalt, die sich auf ein bloßes Schwert stützte. „Meine Herren," rief der Schelm zähneklappernd und bleich vor Entsetzen, „ich weiß, daß Sie sich nur einen Spaß mit mir machen, aber diese Belustigung könnte mich teuer zu stehen kommen, wenn meine Abwesenheit im Ge fängnis bemerkt wird. Ich werde meine Entlassung erhal ten, mein Amt verlieren, und was sollte dann aus mei ner armen Frau und meinen Kindern werden?" „Beppo," unterbrach ihn Manfred Verdi, „wir wissen, daß Du weder Weib noch Kinder hast und daß Du un» belügen willst." „O, schicken Sie nach dem Stadtgefängnis, gnädiger Herr, und erkundigen Sie sich, ob ich sie Wahrheit rede." „Verschwende Deine Worte nicht unnütz, Beppo. Wir urteilen aus Beweise gestützt. Siehst Du jenen Herrn?" fuhr Manfred, ans die düstere Erscheinung des Arzte» deu tend, mit GrabeStou fort. Der Gefangene blickte ans die schwarze Gestalt, die re gungslos neben ihm stand, und schauderte sichtbar. „Bei der dritten Lüge wird er Dir den Kopf von den Schultern schlagen. Eine hast Du un« bereit» gesagt. Wir warnen nicht zweimal. Hast Du wirklich Frau und Kin der?" „Nein, gnädiger Herr," lautete die zitternde Entgeg nung. „Bon wem erhieltest Du diese Börse mit Gold?" „Der junge Graf Pollini gab sie mir." „Zu welchem Zweck?" Beppo zögerte und Manfred erhob drohend sein« Hand. „Muß ich mich selbst anklagen, gnädiger Herr?" fragte ve-po in Todesangst. , „Ja." Da» Wort wurde langsam und mit schneidender Strenge ausgesprochen. »Run, ich.. ich sollte «in«» meiner Gefangenen, den jungen Engländer, welcher den Herrn Grafen im Duell beinahe tötete, vergiften " > Ein Gemurmel de» Unwillen» wurde kaut. „Und Du. sagtest zu, Beppo?" „Sie sanden da» Gold bei mir, meine Herren." Diese» Zugeständnis war aufrichtig genug. „Du mußt ein offene» Bekenntnis mederschreiben," bemerkte Manfred Verdi. «. u. „Ich kann nicht schreiben," erwiderte Beppo finster. „Die zweite Lüge," rief einer der Richter. „Ich selber sah,ihn schreiben; lest diesen geschriebenen Bericht au die StaLtbehürden, er ist von seiner Hand. Elender! Nimm Dichin acht, oder Du stirbst Willigst Du ein oder nicht?" Mit einem wilden Aufschrei fügte sich Beppo. Seine rechte Hand wurde entfesselt, und Schreibmaterial auf das Tischchen vor ihm gestellt. Fast eine Stunde saßen die maskierten Männer schweigend da. Al» Beppo mit seiner Ausgabe zu Ende war, warf er die Feder mit einer Be wegung bitterer Verzweiflung von sich. „So, da habe ich meinen Untergang besiegelt!" rief er. „Vielleicht," bemerkte einer der verhüllten Richter, die sich um den runden Tisch drängten, das Bekenntnis de» Gefängnis-Aufseher» zu lesen. „Beppo, wir bedurften dieses Beweise» nicht, haß Du ein Erzschurke bist," rief Manfred Verdi endlich, „aber wir wollen Gnade Üben und Dich nicht nach Verdienst behandeln Noch beute nacht mußt Du di« Grenze über schritten haben und Dich auf dem Wege nach Amerika befinden. Da, nimm Dein Geld wieder zurück, es sei Dein Reisegeld^ Was Deiner wartet, wenn Du unseren« Befehl nicht gehorchst, magst Du Dir selber sagen, Du hast als- dann nicht nur die unerbittliche Strenge Deiner Vorgesetz ten, nicht mw de» Grafen Pollini» Rache für Deinen Ver rat, Du hast auch un» zn fürchten, und die Strafe von unserer Hand würde Dich ereilen, wo Du Dich auch zu verbergen gedächtest. Einst unserer Vertrauten wird Dich bis London'begleiten. Sage«», ihm zu entschlüpfen und Du bist ein -in» de» Todes " SS,iS