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Auerthal-Zeitung : 10.02.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189702108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18970210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18970210
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-02
- Tag 1897-02-10
-
Monat
1897-02
-
Jahr
1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 10.02.1897
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Passagieren i« gan, Indien « dafür geeigneten Punkten, wo Lager »ur Isolierung und Hospitäler errichtet werden sollen. er der iimere Zeitung, t stützen wl Offiziöse einen Vorteil, wenn ein russischer Minister mit einer Regierung de» Dreibunde» verkehrt, womit er Berlin gleichsam ns» vertrauen»« stelle für die Regierungen der verbündeten Rächte bezeichnete. Wknnkrottst. *Eine vielsaaende Klausel enthält dem .Figaro' zufolge der Vertrag Frankreich» mitAbessinien. Diese Mause! besagt, daß Frankreich die Feinde de» Königs Menelik al» seine eigenen Feinde ansehen werde. Euglan». *Ueber die geplanten HeereSver- ftärkungen hat die Regierung im Oberhaus« beruhigende Erklärungen abgegeben. E» handele sich hauptsächlich um die Beseitigung der Un fähigkeit des heimischen Heeresteil», den im Auslande stationierten HeeresteU zu unterstützen. Der im Inland befindliche HeereSteU bleibe um 11 Bataillone hinter dem auswärts befindlichen zurück. Durch die Vorschläge der Regierung werde diesem Uebelstande dauernd abgeholfen. Anstatt daß, wie eS jetzt der Fall sei, 76 Bataillone auswärts und 65 daheim sich befänden, würden nach Durchführung der Verstärkung 73 aus wärts und 69 im Jnlande sein. "In London trat am Freitag nachmittag der parlamentarische Ausschuß zur Untersuchung deS Einfalles JamesonS in Transvaal zu einer ersten Sitzung zu sammen. Pslttifche Kvvdfch««. Dotfchl««». *ivte V-ett-te.Jltt»'«Rani sollte «n ' Schlöffe durch de» Admiral v. Knorr vorgestellt werde». *Die deutschen Finanzminifter find i« Berlin versammelt. Für Bayem ist Dr. Frhr. v. Riedel, für Sachsen v. Watzdorf, für Württemberg Dr. v. Riecke, für Baden Dr. Buchenberger, für Schaumburg-Lippe v. Wegnern eingetroffen. Auch die Ankunft de» Lailde»- Direktors v. Waldeck, Geheimrat» v. Salden», wird gemeldet. ES wird gemeldet, daß die Finanzminister der Einzelstaaten zusammen gekommen sind au» Anlaß einer im BundeSrat eingebrachten, die Verwendung der Ueber- fchüsse deS laufenden EtatSjahreS betreffenden Vorlage deS Reichsschatzamts, über welche im Reichstag bereit» Andeutungen gemacht find. * Von de» Beratungen deS Bundesrats über die Militärstrafprozeß-Novelle ver lautet jetzt, eS zeigen sich Meinungsverschieden heiten, die, ganz abgesehen von den reservat rechtlichen Gesichtspunkten, in der außerordent lichen Verschiedenheit des Prozeßganges gelegen find, wie er einerseits bisher bei der preußischen Armee und anderseits bisher in dem bayrischen, württcmberaischen u. s. w. Kontingente in Gel tung ist. Diese Schwierigkeiten dürsten sich so sehr verstärk haben, daß der Entwurf auS dem Bundesräte heraus nur mehr zu einem Zeit punkte zu gewärtigen sein wird, der eine Er ledigung des Gesetzgebungswerkes in der laufen den Reichstagssesfion als mindestens fraglich erscheinen lasten wird. *Zur Gründung des deutschen Zuckersyndikats erfahren wir weiter noch, daß sich die beigetretenen Fabriken vorläufig nur zur Zahlung des Geschäftsanteils von je ->00 Mk. verpflichtet haben, so daß da» Grund kapital demnach zunächst 75 500 Mk. beträgt. Alle weiteren Bestimmungen, namentlich die Festsetzung der den Mitgliedern aufzuerlegenden Absatzbeschränkungcn, bleiben künftiger Verein barungen Vorbehalten. Es folgt daraus, daß das Syndikat vorläufig seine Wirksamkeit noch nicht wird entfalten können. * In konservativen Kreisen des Reichstages wurde am Donnerstag über die Bäckerei- Verordnung verhandelt. ES wurden ver schiedene Vorschläge gemacht, die im großen und ganzen darauf abzielten, bei der Regierung den Antrag zu stellen, den Bundesrat zu veranlassen, die Verordnung betreffs des Bäckereigewerbes wieder aufzuheben. Eine Einigung über die Art und Begründung eines derartigen An trages ist zwar noch nicht erzielt; das dürfte indessen schon in den nächsten Tagen geschehen und dann wird der Antrag sofort dem Reichstag zugehcn. *Eine Novelle zum Lohnbeschlag- nahmcgesetz ist dem Reichstage zugegangcn. Dieselbe beabsichtigt in Uebereinstimmung mit einem Initiativantrag, der den Reichstag im vorigen Jahre beschäftigte, die Lohnbeschlag nahme zuzulassen in bezug auf die Ansprüche auch der unehelichen Kinder. Doch sollen die durch die Ehe uud die Familiengcmeinschast be gründeten Unterhaltungsansprüche in erster Reihe berücksichtigt werden. Eine Aenderung des be stehenden Rechts zu Gunsten der unehelichen Kinder erscheint daher nur zulässig, soweit da durch die Ansprüche der sonstigen Unterhalts berechtigten nicht gefährdet werden. Oesterreich-Ungarn. ' Die Antwort des ungarischen Minister präsidenten Banffy auf die Anfrage Franz Kossuths wegen der Reise Aiurawiews, die der Ministerpräsident von einem in Wien mit dem Grafen Goluchowsk vereinbarten Kon zept ablas, war eine schroffe Abfertigung des Fragenden. Banffy betonte, daß derlei Inter pellationen überhaupt unschicklich seien, daß er daher auch keine „meritorische" Antwort erteilen werde. Die inneren Angelegenheiten der Türkei gehörten überdies nicht vor das ungarische Parlament. Als bedeutsamster Punkt der Ant wort wird angesehen, daß die Regierung sich mit vollem Vertrauen über die Beziehungen zu Berlin ausspricht und erklärt, sie erblicke darin A», Ke» Krichstagr. Die Etat«brratung wurde am Freitag «st einer Debatte üoer den Prozeß Leckert-Lützow und die politische Polizei fortgesetzt. Den Anlaß dazu gab ein freisinniger Antrag, toelcher den Reichskanzler zum Einschreiten gegm die preuß. politische Polizei auffordertr. Fürst zu Hohenlohe erklärte, die poli tische Polizei sei, trotz einzelner Mißgriffe, nicht zu entbehren, und der preuß. Minister deS Innern habe bereiis Schritte gethan, um Vorkommniffe nach Art der in jenem Prozeß aufgcdeckten unmöglich zu machen. Staatssekretär v. Marschall suchte gegen über den vom Abg. Grafen Limdurg-Stirum im preuß. Abgeordnetenhaus« gemachten Ausführungen die Unvermeidlichkeit des Prozesses Leckert-Lützow und deS gerichtlichen Einschreitens gegen den Kom missar v. Tausch, sowie die Richtigkeit seines Ver haltens im Verkehr mit der Presse nachzuweisen. Nachdem sich die einzelnen Redner zu der Sache ge äußert, wurde ein Vertagungsantrag angenommen. Am t>. d. wird die zweite Beratung fortgesetzt beim Titel .Reichskanzler" des Spezial-Etat« „Reichskanzler und Reichskanzlei". — Die gestern abgebrochene Diskussion über die Reso lutionen Ancker u. Gen. (srs. Bp.) betr. den Pro zeß Leckert-Lützow, und Barth betr. Denkschrift über die Wirkung der Handelsverträge dauert fort. Adg. Rickert (frs. Vgg.): Der Führer der Konservativen, so können wir Herrn v. Plötz ja wohl jetzt nennen, hat kürzlich den Staatssekretär al« den Günstling der Freisinnigen hingestellt. Man wird auch hier wieder sagen, wir wollten Herrn v. Marschall herauShanen. Herr v. Marschall hat nun das allerdings gestern bereits selbst gethan. Er wird es uns nicht übel nehmen, wenn wir ihm hier unsere ausdrückliche Zustimmung zu seinem Verhalten ausdrücken. Er hat für uns überzeugend dargcthan, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als vor Gericht zu gehen Wir können nicht anerkennen, daß dadurch die Autorität des Staates irgendwie beeinträchtigt worden sei. Abg. Liebermann von Sonnenberg (Antis.): Tie politische Polizei ist notwendig, siehst aber Uebergriffe gemacht, die nicht geduldet werden dürfen. Ich danke Herrn v. Marschall für die antisemitische Ausbeute, die der Prozeß geliefert: Herr Leckert — eine jüdische Mutter, Herr v. Lützow — eine jüdische Frau, Herr Gingold-Stacrck — un verfälschtes Vollblut. Wir haben auch weiter gehört, daß der Agent, gegen den wir seit Jahren gekämpft, jener Herr Norniann-Schumann war, den mau mit der Ueberwachung der antisemitischen Bewegung in Leipzig beauftragt hatte. Das sind Ergebnisse von grobem Wert, und wir möchten die Angelegenheit daher auch vor voller Oesfentlichkeit zu Ende ge führt sehen. Redner spricht seine Verwunderung darüber aus, daß inan den Normann-Schnmaun nicht verhaftet habe, obwohl man von der Gefähr lichkeit seines Treibens längst überzeugt gewesen »ei. Abg. Friedberg (nat.-lib.): Wir haben den Antrag Ancker begrüßt, weil er die Möglichkeit bot, die Angelegenheit zu erörtern. Formell zuzunimmen vermögen wir dem Antrag nicht, da der Reichskanzler selbst erklärt hat, er würde mit der ihm dadurch er teilten Vollmacht nichts anzusangen wissen. Wir müssen auch anerkennen, daß der Prozeß nicht zn vermeiden war. Abg. ». Kardorff (freikons.): Ich bin dem Herrn v. Marschall dankbar dafür, daß er die Myte von den Hintermännern gründlich zerstört hat. Ich muß ferner zugeben, daß ich durch seine Ausführun gen doch zweifelhaft darüber geworden bin, ob der Prozeß zu vermeiden gewesen. DaS ändert aber nichts daran, daß ich bedaurc, daß es zu dem Pro zeß kommen mußte. Unter dem Fürsten Bismarck wäre eS sicher nicht dazu gekommen. Fürst Bismarck konnte die offiziöse Presse nicht entbehren Kein Minister der Auswärtigen wird sie je.entbehren können. Gleichwohl ist die offiziöse Presse auch nicht ohne Bedenken, denn man weiß eben nie, ob ein Artikel offiziös ist oder nicht. — Herr- Richter hat gestern der konservativen Partei vor- geworseu, daü sie der Regierung Opposition mache und gleichwohl immer höflicher werde. Die Opposition der Konservativen ist aber eine andere als eine au« Geschäft betriebene Opposition. Dem Antrag Ancker können wir nicht zuslimmen, weil wir nicht glauben, daß er zur Kompetenz des Reichstages gehört. Staatssekretär Frhr. ».Marschall: Der Vor redner hat über die Informationen an die offiziöse Presse geklagt. Ich kann ihm versichern, daß wir nur Informationen über die auswärtige Politik geben. Nur solche könne» als offiziös, als von uns inspiriert gelten. Die Blätter müssen wir so aus- wählen, daß die Nachrichten die uns wünschenswerte Verbreitung finden. Wir können nicht Rücksicht ! einziger Gedanke bei all den Ergüssen in des Onkels Briefen, ich wünsche mir keine gefeierte Salondame. Doch bestimmten ihn die kalten Worte des Onkels, die zu den eigenen warmen Herzenswünschen in schroffem Widerspruch stan den, zu weiterem Verweilen und ausgedehnteren Reisen. . Acht Monate find seit Rittas Vermählung verflossen. Es ist Hochsommer, die Natur in Ueberreifc prangend. Auf dem Lande regte sich, was fleißige Hände hatte, um die überreichen Gaben der Gefilde zu sammeln. ' Gräfin Dehnhardt weilte in WolfenShagen, um der Ernte und dem Erntefeste beizuwohnen. Ihr Gatte ist als Reichstagsmitglied verhindert, bei ihr zu sein, er lebt in der Residenz. Der Großgrundbesitzer Graf Dehnhardt orfreute sich eines anderen Ansehens, wie der verarmte, über schuldete Offizier. Ritta ist noch etwas voller geworden, was sie zur vollendeten Schönheit macht. Aber von GlückSgcfühl ist in ihrem Antlitz nichts zu finden. Ihre Züge entbehren deS sonnigen Aus druck», jeden Hauch von Seelenwärme, der sie dereinst in anderer, wunderbarer Weise belebte und verschönte, so unbeschreiblich anziehend machte; sie ist bedeutsamer, vollendeter, aber ernster, kälter, stolzer geworden. Sie nimmt regen Anteil an allem, was um sie vorgeht, doch e» geschieht mehr au» Lust zur Thätigkeit, so wahre, warme Herzenssache wie früher find ihr die Geschicke der Menschen und ihre Arbeit jetzt nicht mehr. Erst seit ihrer Rückkehr auf WolfenShagen Die Herrin von Wolfenvhagen. 7j Novelle von Luise Eammerer. (Aorts-»uug.> „Onkel!" Ritta barg das thräucnfcuchte Antlitz an seine Brust. „Onkel, es geschieht ja auch um deinetwillen mit; du bist so allein und ich bin in letzter Zeit zerfahren und ruhelos geworden. Du sollst junges, blühendes Leben nm dich sehen, sollst den, der deinem Herzen näher steht al» ich, nicht länger missen, und da ich nun einmal deine Tochter nicht sein kann, so segne die, die er für mich erkoren und segne auch mich für mein einsames, licbeleeres Leben." Sic iveinte bitterlich und auch dem alten Mann perlte eine Lhräne nach der andern aus seine bleichen Hände, die er wie segnend auf ihr Haupt gelegt hatte. Schon in nächster Zeit kam Graf Dehn hardt nach Finkenstein gefahren. Er hatte es eilig. Er war der Held der Residenz gewesen, hatte die Standalgeschichten derselben mit manchem prickelnden Abenteuer bereichert und sich doch als Kavalier der guten Gesellschaft zu behaupten gewußt. Nur eigenes Verschulden, „vornehme Liebhabereien" hatten seine zer rütteten Vermögcnsverhältnissc herbeigeführt. Stun lächelte ihm Fortuna, die ihm einige Zeit ihr Antlitz abgewendet, wieder zu. Durch da» Wolfenshagener Testament wurde er wieder zum reichen Mann. Er konnte ohne Gewissen»zweifel da» Erbteil annehmen, denn von rechtSwegen hätte nach seiner Meinung immer ein Gut an seine Familie zurückfallen müssen, allein die Ver bindung mit Ritta schien ihm auch um ihrer Persönlichkeit willen sehr wünschenswert, liebte Ritta, liebte sie mit aller Macht, deren sein Herz noch fähig war. Sic war so ganz das Gegenteil von all' den Frauen, mit denen er bis jetzt verkehrt, mit denen er gescherzt, ge spielt, getändelt und die er dann als wertloses Spielzeug beiseite gesetzt. So manchem reichen, bürgerlichen Mädchen hatte es nach seinem Namen gelüstet, doch er hatte immer noch andere Mittel zu finden gewußt, sich den Händen drohender Gläubiger zu entwinden. Freiheit und Würde hatte er nicht verkauft. Ritta liebte er um ihrer selbst willen, reine, holde Weiblichkeit, die sie stets zu wahren verstand, ihr Geist, ihre Schönheit hatten ihn gefesselt. Er peinigte sich mit dem Gedanken, daß sein Alter (er stand im Anfang der Vierziger, hatte sich aber sehr gut erhalten) sic abstoßcn könnte, um so mehr, als eine frühere Werbung erfolglos geblieben. Nun warb er abermals in warmen, flehenden Worten und sie sand nicht den Mut einer abermaligen Abwehung und wies ihn an den Onkel. Auch in des alten Finkensteiner Herzen regte sich daS Mitgefühl; die ehrenhaften, ernsten Worte nahmen ihn gefangen. „Ritta wünscht e», ihre Wünsche waren stet» die meinen," er widerte er ernst auf den Antrag, sie ist mehr al» mein Mündel, sie ist die Tochter meines Herzen», in diesem Sinn gebe ich sie in Ihre Hände und in diesem Sinn verlange ich Rechen schaft über ihr Glück." Graf Dehnhardt umschloß die fest darge botene Hand, der kräftige Druck versprach und sagte mehr, al» viele Worte. Er! Die öffentliche Verlobung erfolgte etwas später und bald darauf die Hochzeit. Der blumcngeschmnckte Altar in der Wolfenshagencr Kapelle sah eine bleiche, traurige Braut, einen stolzen, stattlichen Bräutigam und eine schau lustige, unbefriedigte Menge, die sich langweilte, weil die Hochzeit gar so ohne Sang und K^ang, ohne Pomp und Festlichkeit verlief. Gleich nach der Trauung reiste daS neuvermählte Paar ab, ilm eine Rehe nach der Schweiz zu machen und den Winter in der Residenz zu verleben. Oswald erhielt die Vermählungsanzeige Rittas im südlichen Spanien. Mit geheimem Jubel drückte er sie ans Herz. Die Reise, die ihm diesmal beinahe eine Verbannung ge schienen, konnte nun bald beendigt werden. Er konnte zurück, um sein Herz, sein Leben der zu , weihen, die in nur flüchtiger Begegnung einen ! so unauslöschlichen Eindruck auf ihn gemacht. Doch gebot ihm sein Zartgefühl noch etwas längeres Fernsein. Die stürmischen Gefühle wur den zurückgedrängt, um in der Heimat niemand durch zu plötzliche Wiederkehr zu verletzen. Vorläufig schickte er zärtliche Briefe »ach Schloß Finkcnstein. Doch der alte Herr antwortete kühl, zurückhaltend. Er lebte diesen Winter mehr in der Residenz, al» auf seinen Gütern. Er konnte den Anblick de» geliebten Mündel» nicht entbehren, die -war in gutem Einvernehmen, doch so teilnahmslos, so gleichgültig an der Seite Dehnhardt» lebte, der sie vergötterte, um so mehr, al» ihre Er scheinung, ihr Feingefühl und ihre Anmut all überall Bewunderung erregten. Ich gönne ihm sein Glück, war OSwald» Italien. *Der Zusammentritt der internationalen Pestkonferenz inBenedig ist bis zum 16. d. vertagt; inzwischen steht die Veröffent lichung von Einfuhrsbeschränkungen aus Indien, Persien, Formosa und China von deutscher Seite unmittelbar bevor. Belgien. * Der Senat hat mit 50 gegen 47 Stimmen da» von der Kammer angenommene Gesetz be treffs Gleichstellung der vlämischen mit der französischen Sprache ver worfen und den Entwurf an die Kammer zurückverwiesen. Diese Verschleppung erregt die vlämischen Kreise. Die französische Partei hatte für den Fall der Annahme des Gesetzes mit der LoSreißung der französischen Provinzen gedroht. Spanien. * Die versprochenen Reformen für Cuba scheinen auf die Aufständischen noch keinen Eindruck gemacht zu haben. Gegen einen von Havana nach der „gesäuberten" Provinz Pinor del Rio abgehenden Bahnzug schleuderte ein Trupp Insurgenten eine Bombe. Ein Hauptmann, fünf Soldaten, der Lokomotivführer und die Heizer wurden verwundet, ein Bauer wurde getötet. Eine andere Bande brachte einen Eisenbahnzug zur Entgleisung, wobei zwei Reisende und ein Major ums Leven kamen. Portugal. * Das portugiesische Ministerium hat seine Entlassung genommen. Der König hat Luciano de Castro mit der Bildung des neuen Kabinetts betraut. Dessen Programm ist: Regelung der Staatsschulden, Abschluß von Handelsverträgen, Begünstigung derWcinausfuhr und selbstverständlich Förderung von Industrie und Handel. Ob ihm die Ordnung der stets zerfahrenen Verhältnisse gelingen wird, scheint allerdings sehr fraglich. Balkauftaaten. * Der Artillerie-Instrukteur der deutschen Mission, türkischer Divisions-General von Grumbckow -Pascha, ist von mehrmonatigem Urlaube nach der türkischen Hauptstadt zurück gekehrt. Die türkischerseits gehegte Erwartung, daß er eine Antwort des Kaisers Wil helm aus das Schreiben des Sultan», welches Grumbckow beim Antritte seines Urlaubes in Berlin überreicht, mitbringen werde, hat sich laut der,Pol. Korr.' nicht erfüllt. Asien. *Jn Indien greift man endlich zu ernst hafteren Maßregeln gegen dicPest. Der vizckönigliche Rat in Kalkutta hat eine Antipest-Bill angenommen, welche die Zurück haltung von Schiffen vorsieht, wenn dies als notwendig crrachtet wird, sowie die sofortige ncrvrenung »noe». civir ivmicu »u» > systematische Untersuchung von Eisenbahn- ' nehmen ans die Haltung der betreffenden Blätter in Wieben di- Nachrichten I« Vis-Hk-Hrr «u»wärttgrn Politik nm , Die allgemeinen Klagen über un Offizivsentu« find daraus zurück,ntühren, daß »ew Leute etz verstehen, die Blätter mit solchen angebt offiziösen, aber thatsächltch falschen Nachrichten »ersehen. Da» System Tausch hat eben Schute , macht. Da» geht so west, daß man e» im A, lande bereit» so darftellt, al» schreibe dir deuts Presse überhaupt nicht» andere«, al» »a» ! Regierung angenehm ist. I« Interesse de» S sehen» der deutschen Presse dürfte e« daher liegen,, daß diesem Zustand ein Ende gemacht wird. ' Abg. Lieber (Zentr.): Die gestern vom Abg. ( v. KomierowSki vorgebrachten Beschwerden muß ich! meinerseits unterstützen. Unsere staatSerhattende Ge sinnung kann von keiner Seite in Zweifel gezogen werden. Sie kann un» aber nicht hindern, im Interesse der Gerechtigkeit für unsere polnischen Brüder einzutreten, nm so mehr, al» e» immer mehr den Anschein gewinnt, al» wolle man neben dem PoloniSmu» auch den Katholizismus treffen, all solle im Osten de» Reiche« der Kulturkampf neue Orgien feien,. WaS den Antrag Ancker anbetrifft, so müssen auch wir anerkennen, daß er die Kompe tenz des Reichstage» überschreitet. Wir können also nicht für ihn stimmen. Auf den Prozeß Leckert- Lützow will ich meineiseit« nicht mehr eingehen. Die abgegebenen Erklärungen haben mich darüber beruhigt, daß sich ähnliche Vorkommniffe in der Zu kunft nicht wieder ereignen können. Da» Verhalten des Auswärtigen Amtes kann nur unsere Anerken- « nung finden. Abg. Frhr. v. Stumm (freikons): Herr Bebel hat gestern meinen Namen in die Debatte gezogen, der frühere Hofprediger Stöcker hat da» aufgegriffen und mich in seinem .Volk' beschuldigt, ich hätte mich z de» Herrn Leckert und de» Herrn v. Lützow be- dient, um Material zu meinem Prozeß gegen ihn zu sammeln. Ich muß da» für eine absolute Lüge er klären. Ich habe nie mit einem der Herren ver handelt. Ich habe nur einen mir al» zuverlässig bekannten Herrn beauftragt, mir einige ZeitungS- nummern zu senden, in denen für mich brauchbare« Material vorhanden war. Zur Sache selbst habe ich zu erklären, daß ich annerkennen muß, daß der Prozeß da» einzige Mittel war, um einen so gefähr lichen Menschen, wie Herrn v. Tausch zu entlarven, ilebertrieben ist eS aber, wenn Abg. Bebel nun in der politischen Polizei lediglich ein Spstem von Spitzeln erblickt. Am wenigsten haben die Sozial demokraten ein Recht zn moralischer (Httrnstung. Die Moral der politischen Polizei steht immer noch himmelhoch über der Moral der Sozialdemokratie, wie sie außerhalb diese» Hause» hervortritt. Abg. Bebel (soz.): Die Moral des Herrn von Stumm würde der Sozialdemokratie gegenüber sicher sofort in die Bruche gehen, wenn er etwa durch.. einen LertranenSbruch in den Stand gesetzt würde, ihr einen Hieb zu versetzen. Wir haben seit 20 Jahren unter der Verfolgung der Polizei zu leiden. Auch der preuß. Finanzminister v. Miquel wußte früher ein Lied davon zn singen. Er soll noch 18»i.l au«- geruien haben, die Herren in Berlin sollten sich da» Schicksal der Bourbonen vor Augen halten. Herr Lieber ist der Meinung, die Sache gehöre nicht zur Kompetenz de« Reichstage«. Ich habe aber schon gestern darauf hingewielen, daß anch Mittel des Dispositionsfonds im ReichSeiat für die politische Polizei verwendet werden. Wir werden also sür den Antrag stimmen, obwohl er un»' nicht weit genug geht. Die politische Polizei muß, will man sie nicht gänzlich abswaffen, von Grund au« reformiert wer den. Ihre Agenten haben sich bisher sämtlich al- ehrlose Subjekte bewiesen, die sür jede Schurkerei zu haben sind. Die Diskussion über den Antrag Ancker wird nach weiterer unwesentlicher Debatte geschloffen. Abg. Richter zieht darauf den Antrag Ancker, ., da er in der Hauptsache seinen Zweck erfüllt habe, namens der Antragsteller zurück. Die Debatte über den Titel „Reichskanzler" dauert noch weiter sort. Abg. v. Jazdzewski (Polet kommt nochmal» auf die Polenfrage zu sprechen, indem er sich gegen die bezüglichen Erklärungen de» Reichskanzler« vom Freitag wendet und behauptet, die Polen beanspruchen nur das, wa« ihnen durch feierliche Versprechungen an Rechten verbrieft wäre. Abg. Hasse (nat.-lib.) antwortet auf diese Ausführungen, indem er dem Reichskanzler den Dank seiner Partei für seine Erklärungen und die Erwar tung ausspricht, daß in der Praxis nach diesen Er klärungen gehandelt wird, da eS sich nicht um aggressive Bestrebungen de« Deutschtum», sondern um die Ab wehr polnischer Angriffe handle. Daraus wird di« Beratung vertagt. Prrutzttch-r »«»»!«». Da« Abgeordnetenhaus nahm am 6. d. den An trag Ring an betr. die Sperrung der Grenzen zur Verhülung der Viehseuchengcsahr. Ferner wurde ein Antrag Hahn auf Einsetzung einer Spezial-Uuter- snchungskouimission angenommen.
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