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Gewinnung von kokfähigen Bindemitteln aus Braunkohlenprodukten Von Nationalpreisträger Prof. Dr. ANTON LISSNER, Freiberg, und Ing.-Chem. WERNER GÖBEL, Freiberg (Vorgetragen von Werner Göbel) Einleitung Bei der Herstellung von stückigen Hochtemperatur koksen aus mitteldeutschen Braunkohlen ergibt sich die Notwendigkeit, die Kohlen vorher zu entaschen und in der Regel auch zu entschwefeln. Da beide Ope rationen mit kleineren Kohlekörnungen am erfolg reichsten verlaufen, so hinterbleiben, je nach Höhe der Entschwefelungstemperatur,entweder teilentschwefelte Kohlen oder weitgehend entschwefelte Koksgemische. Um diese in größerer Stückform zu verkoken, muß zu vor eine Verformung oder Brikettierung unter Ver wendung eines Bindemittels erfolgen. Damit ergibt sich aber die Frage nach einem ge eigneten Bindemittel. Man wird ohne weiteres ein sehen, daß hierfür nicht jedes brauchbar sein wird, vielmehr an ein solches ganz bestimmte und festge legte Bedingungen gestellt werden müssen. Diese er geben sich in der Hauptsache aus den Anforderun gen, die bezüglich der Festigkeit an einen Hochtempe raturkoks gestellt werden. Demnach muß ein Binde mittel die besondere Eigenschaft besitzen, das ur sprünglich durch Formung' oder Brikettierung ver kittete Körnungsgemisch während des Verkokungs vorganges zu einem einheitlichen Gefüge fest zu ver binden oder zu verschmelzen. Daß ein solches Binde mittel nahezu asche- und schwefelfrei sein muß, ver steht sich von selbst. Damit scheiden aber von vorn herein anorganische und schwefelhaltige Bindemittel, wie z. B. Sulfitzellulose oder Säureharz, aus, und es verbleiben nur die Produkte aus den Stein- und Braun kohlen, insbesondere ihre Peche und Harze. Die wenig befriedigenden Ergebnisse aber, die man bisher bei der Brikettierung von Koksen mit Pechen erzielt hat, ließen vermuten, daß diese in Anbetracht der geforder ten Bedingungen dazu nicht besonders geeignet sind. Es bestand aber die Hoffnung, daß in den Pechen brauchbare Anteile gefunden werden können, die bes sere Bindemittel abgeben würden. Bindemittel aus Steinkohlenpechen Wenn wir auf der Suche nach einem Bindemittel nur rein praktisch vorgegangen sind, so lag dies an der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit. Die chemi schen Zusammenhänge, im besonderen die Natur der Bindemittel, ihre Konstitution sowie die Vorgänge beim Verkokungsprozeß selbst mußten also zunächst unberücksichtigt bleiben. Zu einer besseren Beurteilung der Bindemitteleigen schaffen bedienten wir uns der Tiegelverkokung. Hier mit konnten gute Vergleiche mit bekannten, geeig neten Bindemitteln sowohl aus der Höhe der flüch tigen Bestandteile als auch aus der Beschaffenheit des Koksrückstandes im Tiegel gezogen werden. Solche zum Vergleich geeigneten Bindemittel waren die von lierg [1] aus den Steinkohlenpechen isolierten Be standteile. Unter Verwendung dieser stellte LIERG auch aus Braunkohlen feste und gute Kokse her. Da diese Stoffe aber nicht in größerer Menge zur Ver fügung stehen, mußten wir unser Augenmerk in erster Linie auf die Braunkohlenprodukte richten. Trotzdem knüpften wir an seine Arbeiten an und versuchten zunächst, einen Teil seiner Verkokungszusätze aus Steinkohlen durch solche aus Braunkohlen zu er setzen. Wir stellten also vorerst die von ihm ange gebenen kokbaren Bindemittel aus Steinkohlenweich- und -hartpechen her. Ihre Gewinnung erfolgt durch eine Pechzerlegung mittels Benzol. Diese benzolunlös lichen, als Pechkohlenstoff oder als Alphabestandteil bezeichneten Anteile ergeben bei der Tiegelverkokung geschmolzene, mehr oder weniger stark geblähte Koks rückstände, je nachdem, ob man von einem Weich oder Hartpech ausgeht. Der Gehalt an flüchtigen Be standteilen ist bei verhältnismäßig hoher Koksaus- beute entsprechend klein, wie Bild 1 zeigt. Bild 1. Bindemittel aus Steinkohlenpedi (Verkokungsergebnissc) Durch Oxydation mit Luft oder Extraktion mit einem aromatischen Lösungsmittel von höherem Siedepunkt als Benzol kann die Koksausbeute und die Höhe des Kokskuchens vergrößert werden, so daß er danach kokfähiger ist. Diese wie pulverisierte Braunkohle aus sehenden Stoffe besitzen hohe, über 200° C liegende Schmelzpunkte und bestehen aus wasserstoffarmen hoch- und höchstmolekularen Verbindungen wahr scheinlich aromatischer Natur. Sie lösen sich nur in hochsiedenden Ölen, wie Anthrazenöl, und, wie wir feststellten, auch in Braunkohlenteerölen mit Siede punkten über 300° C, nahezu vollständig auf. Setzt man eine solche Bindemittellösung von Hartpech einer Braunkohle zu, so entsteht eine zähe plastische Masse,