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man die betreffende Arbeit selbst schon ausgeführt hat. Die Beurteilung ist natürlich subjektiv. Man hat nun versucht, dieses an sich unexakte Verfahren durch Aus wertung zahlreicher Erkenntnisse über die Eigenarten menschlicher Arbeit zu verbessern, eben auf Grund der Häufigkeitskurve beim Gehen, es ist dies aber bis heute nicht gelungen, denn diese Verfahren zielen darauf ab, die beschriebenen Einflüsse der Wechselwirkung zwi schen Vorgabe und Verdienst auszuschalten, was je doch auf Grund des vorliegenden Produktionsverhält nisses unmöglich ist. Man kann die Leistung im allgemeinen festlegen auf Grund einer Mindest-, Normal- oder Bestleistung. Bestleistung wurde bisher allgemein aus psychologi schen Gründen abgelehnt; dabei spielt jedoch die Frage des Reallohnes eine große Rolle. Die sowjetische Auffassung geht von anderen Vor aussetzungen aus. Dabei darf aber die ganz andere wirtschaftliche Entwicklung in der Sowjetunion nicht außer acht gelassen werden. Bei Beginn des Neuauf baues, etwa um 1922 herum, und den damaligen wirt schaftlichen Verhältnissen war ein Leistungslohnsystem nach dem Vorbild der kapitalistischen Welt unmöglich, außerdem waren die breiten Massen der Werktätigen noch weit davon entfernt, einzusehen, daß man einen hohen Lebensstandard nur durch eine hohe Arbeits produktivität erreichen kann. Dieser Standpunkt ist auch bei uns noch nicht ganz überwunden, er wird jedoch stark von der Frage des Reallohnes beeinflußt. Man ging also zunächst dazu über, bestimmte, meist wenig genau ermittelte Arbeitsleistungen als Normen vorzugeben. Auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung und Verbesserung der Fachkenntnisse trat jedoch der Au genblick ein, wo dieses Verfahren zu einem Hemmschuh wurde. Zahlreiche Werktätige erkannten auf Grund ihres neuen Bewußtseins, daß nur eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität einen Fortschritt bringen konnte. Das war der Beginn der Stachanowbewegung. Aus dieser Zeit stammen auch die vielzitierten Worte Stalins auf der ersten Unionsberatung der Stachanowarbeiter: „Wir brauchen technische Normen, die etwa in der Mitte liegen zwischen den jetzigen technischen Normen und jenen Normen, die die Stachanows und Bussigins erreicht haben.“ Bei der Betrachtung dieser Feststellung spielt allerdings die Frage, wie diese Durchschnitts normen entstanden sind, also der Stand des Arbeits studienwesens, eine ausschlaggebende Rolle und darf keineswegs außer acht gelassen werden. Der Grund gedanke besteht darin, die Durchschnittsleistung durch Verallgemeinerung der besseren Arbeitsmethoden und damit die Arbeitsproduktivität zu steigern. Bei uns klammert man sich im allgemeinen an die Formulierung „etwa in der Mitte“, und diese Formu lierung kann man immer wieder antreffen. In dem Ar tikel von H. MÜLLER, Vizepräsident der K. d. T., in der „Wirtschaft“ 37/Sept. 1952, S. 5, wird das Problem der Ermittlung von TAN unter Bezug auf die Ausführun gen des stellvertretenden Ministerpräsidenten WAL TER ULBRICHT auf der II. Parteikonferenz der SED ausführlich behandelt. Allerdings steht hier wieder: „Die neuen fortschrittlichen Normen müssen etwa in der Mitte zwischen den alten und den Höchstleistungen liegen“. Diese Formulierung ist unrichtig, denn wo diese neuen Normen liegen, hängt davon ab, wie der Arbeitsablauf vonstatten geht, d. h. von der Frage: „Wie kommt die Leistung zustande?“ Diese Frage wird in dem erwähnten Aufsatz bei Besprechung der Kowal- jowmethode ausführlich behandelt. Warum also die Rückkehr zur Mitte? Die Übersetzung des Zitats von Stalin ist allerdings nicht ganz exakt; es dürfte nicht heißen „liegen“, sondern „liegen sollen“. Abgesehen davon ist das Zitat jedoch eine Aufgabenstellung, die bestehenden Normen zu ver bessern, und keine Definition dafür, daß die neuen Normen tatsächlich in der Mitte zwischen der Durch schnittsleistung und der Höchstleistung liegen. Bei LYSLOW steht auf Seite 130 folgender Satz: „Niemals darf man sich bei der Aufstellung der Zeitnorm nach dem Mittelwert orientieren, der sich aus den bei Sta chanow- und Durchschnittsarbeitern gemessenen Zeit aufwänden ergibt“, also genau das Gegenteil dessen, was durch gedankenlose Wiederholung eines Ausspru ches von Stalin immer wieder behauptet wird, und diese Feststellung von LYSLOW ist richtig, denn der Mittelwert spielt bei der Ermittlung der TAN gar keine Rolle; wo diese liegt, ergibt sich aus der Arbeitsablauf studie, Arbeitsplatzstudie usw. Die Leistung an einem bestimmten Arbeitsplatz wird beeinflußt: 1. Von der technischen Leistung des Arbeitsmittels und seiner Ausnützung, diese wird z. T. beeinflußt vom Bedienungsmann, z.B. durch sorgfältige Behandlung der Anlage, der Werkzeuge, gute Beherrschung des Arbeitsvorganges (z. B. am Schmelzofen usw.), der Anwendung bestimmter konstr. Änderungen, z. B. anderer Werkzeuge, anderer Brennerköpfe, automa tischer Regelgeräte usw. Die Anteile der Zeit, welche durch technische Maß nahmen verändert werden, kommen sofort nach ihrer Durchführung in der Zeiteinsparung voll zur Aus wirkung. Eine Senkung der Zeiten ist ferner durch Verbesserung der Fachkenntnisse desjenigen, der die Arbeit ausführt, möglich. Dies dauert meist längere Zeit, und erst nach dem Vorhandensein höherer Fachkenntnisse kann die Vorgabe erhöht werden. Diese Erhöhung der Norm wirkt sich jedoch anders aus als eine technische Maßnahme, da Fachkennt nisse ein der Eigenart menschlicher Arbeitsleistung unterliegender Begriff sind und subjektiven Einflüs sen unterliegen. Ferner kommt eine verbesserte Arbeitsorganisation in Frage durch Änderung des Arbeitsablaufes. Da es sich hierbei meist ebenfalls um technische Maßnah men handelt, steht nach ihrer Durchführung der volle Zeitbetrag als Einsparung zur Verfügung. 2. Von der menschlichen Arbeitsleistung, wobei z. B. a) eine besondere Eignung und Geschicklichkeit für eine besondere Arbeit vorliegen kann. Derartige Einflüsse sind nur bedingt übertragbar, da sie eine besondere Auslese bedingen. Eine besondere Auslese zur Steigerung der Leistung hat unter Umständen eine Erhöhung der Lohngruppe zur Folge, was auch bei Erhöhung der Fachkennt nisse der Fall sein kann. b) Eine besondere Rolle spielt die Arbeitsgeschwin digkeit. Diese ist naturgemäß ein subjektiver Be griff und läßt sich absolut nicht ohne weiteres festlegen. Hier spielen jedoch die bereits ange führten Einflüsse der Einstellung zur Arbeit, also