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absoluten Höhe verschieden bemessen sein und, wie erwähnt, sowohl in Verbindung mit der Erstarrungs wärme (gekoppelter Vorgang) abgezogen werden als auch nacheinander (nichtgekoppelter Vorgang) abflie ßen. Im ersten Fall haben wir es mit einem Zwang zu tun, im zweiten mit einem freiwilligen Vorgang. Beide extremen Möglichkeiten sind in der Praxis durchaus reproduzierbar, ebenso wie alle Zwischenstufen. Er läutert werden sie am Bild 6 für eine Platte bei ab klingendem Wärmefluß. Nicht ¬ gekoppelter Vorgang Gekoppelter Vorgang Teilweise gekoppelter Vorgang Bild 6. Ablauf der Erstarrung und Gefügeaufbau bei überhitztem Gießgut (abklingender Wärmefluß,, Platte) a) Streng nacheinander werden beide Wärmebeträge ab geleitet, zuerst die gesamte Überhitzungswärme, wenn z. B. die Wärmeleitfähigkeit des Gießgutes im Verhältnis zu derjenigen des Formstoffes sehr hoch ist. Der Wärme ausgleich innerhalb der ganzen Gießgutmasse verläuft dann so schnell, daß die geringen Wärmebeträge, die über die Formwand abfließen, vollständig ausgeglichen werden und eine Ankristallisation nicht stattfinden kann, weil die Temperatur in der Berührungsfläche Oießgut/Form wäh rend der gesamten Erstarrungsdauer in unmittelbarer Nähe der Erstarrungstemperatur liegt. Graphisch läßt sich dieser Fall mit Hilfe einer Translation der normalen Er starrungsfunktion längs der Wegachse, aber in der Form wand herein, wie sie im vorigen Bild für nicht über hitztes Gießgut entwickelt wurde, darstellen. Trotz des Wärmeverlustes tritt eine bestimmte Zeit lang keine Rand erstarrung ein, sie beginnt erst, nachdem alle Überhit zungswärme abgeflossen ist. Die Erstarrung, die dann einsetzt, verläuft längs der normalen Funktion im realen Profilbereich weiter und schneidet die Profilmitte zu einem Zeitpunkt, der um so später einsetzt, je mehr Überhitzungs wärme im Gießgut vorhanden war. Diese Darstellung hebt deutlich die Bedeutung der Gießgutüberhitzung hervor, wie sie dem Gießer genau bekannt ist: je höher die Gieß temperatur, um so länger bleibt das Gießguf in der ge füllten Form flüssig stehen, um so länger kann die Gieß zeit für das Stück bemessen werden und um so dünnere Profile können bei gleicher Gießzeit noch fehlerfrei ge füllt werden. Da eine stetige Funktion vorliegt, müßte trotz vorhan den gewesener Überhitzungswärme die Textur einheitlich globulitisch (körnig) sein, da die eigentliche Erstarrung genauso wie im vorigen Abschnitt verlaufen ist. Lediglich die Körner sind größer, da die Erstarrung des Profiles insgesamt längere Zeit in Anspruch nahm. b) Ist die Wärmeleitfähigkeit des Formstoffes im Ver hältnis zur Wärmeleitfähigkeit des Gießgutes groß, also umgekehrt wie oben, dann tritt eine vollkommene Koppe lung der Überhitzungswärme mit der Erstarrungswärme ein. Beide Wärmebeträge werden gleichzeitig in verhältnis gleichen Anteilen dem Gießgut entzogen. Die Kühlung ist so intensiv, daß ein Temperatur- bzw. Wärmeausgleich innerhalb des Gießgutes nicht stattfinden kann. Die Tem peratur in der Berührungsfläche Gießgut/Form liegt stän dig weit unter der Erstarrungstemperatur des Gießgutes, weshalb sofort mit dem Beginn der Kühlung auch gleich zeitig eine Erstarrung vom Rand aus einsetzt. Da ein Abfluß von Überhitzungswärme vorher nicht stattfand, geht die Erstarrung des Profiles ständig unter gleichzei tigem Entzug beider Wärmebeträge bis zum Ende. Die Erstarrungsfunktion wird dann ebenfalls stetig verlaufen müssen, allerdings mit dem Unterschied, daß keine Ver zögerung des Erstarrungsbeginnes eintreten kann. Die Ableitung eines nun größeren Wärmebetrages (EW+ÜW) bedeutet grundsätzlich eine Verzögerung des Erstarrungs ablaufes. Trotz des gleichen Betrages an Überhitzungs wärme und des gleichen Zeitpunktes für die Erstarrung in der Profilmitte verläuft die eigentliche Kristallisation bei gekoppeltem Vorgang während einer längeren Zeitspanne als beim nichtgekoppelten Vorgang. Diese Tatsache ist eine Selbstverständlichkeit, da ja beim gekoppelten Vor gang die Höhe des Betrages an Überhitzungswärme, der gleichzeitig mit der Kristallisation abgezogen wird, den Kristallisationsablauf bremst. Die tatsächliche Erstarrungs geschwindigkeit liegt unter der theoretisch möglichen Kristallisationsgeschwindigkeit. Auch bei noch vollkommen gekoppeltem Vorgang liegt ein stetiger Kurvenzug vor, so daß auf eine Unstetigkeit in der Textur nicht geschlossen werden kann. Allerdings liegt die Vermutung nahe, daß grundsätzlich eine andere Anordnung auftreten müßte, weil die Kristallgruppen ge gen die anstehende Überhitzungswärme bis zuletzt wach sen müssen. Das Wettrennen können nach dem Auswahl prinzip nur diejenigen Kristallite bestehen, die gerade mit einer in der Wärmeleitfähigkeit bevorzugten Anord nung in der Richtung des Wärmeflusses liegen und des wegen schneller als die anderen in der Lage sind, die Wärme abzuleiten. Selbstverständlich können sie nur so lange unbegrenzt wachsen, bis sie auf der Profilmitte der Platte mit den entgegengewachsenen Kristallgruppen Zu sammenstößen. Im Zylinder kann infolge der radialen Kristallisation nur eine Kristallgruppe die Profilmitte be setzen, alle anderen müssen vorher das Rennen aufgeben. c) Zwischen den beiden geschilderten idealen Grenzen liegen die in der Praxis meist vorkommenden Fälle. Es ist dann mit dem gekoppelten Vorgang lediglich bis zu einer bestimmten Zeit bzw. Profiltiefe zu rechnen. In die ser Zeit, bzw. bis zu der betreffenden Tiefe, fließt bei gleichzeitiger Erstarrung vom Rand aus mehr als der ver hältnisgleiche Anteil an Überhitzungswärme ab, so daß der Kern inzwischen gleichmäßig auf Erstarrungstemperatur abkühlen kann und anschließend ohne Koppelung erstarrt. Sofern die volle Überhitzung wie oben vorliegt, muß die tatsächliche Erstarrungsgeschwindigkeit durch den Abfluß zusätzlicher Überhitzungswärme noch weiter ab sinken. Die Erstarrungsfunktion verläuft steiler. Erzielt werden kann dieser Vorgang z. B. durch Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit des Gießgutes oder Erniedrigung der Wärmeleitfähigkeit des Formstoffes bzw. durch gleichzei tige Änderung der Eigenschaften beider Stoffe. Diese Möglichkeit besteht z. B. beim Übergang vom reinen Kokillenguß zum Sandguß. Aber auch bereits durch einen entsprechenden Kokillenanstrich gelingt es, die Kühlwir kung herabzusetzen. Im gleichen Sinne wirken auch die