Volltext Seite (XML)
EDUARD HEUCHLER 1801—1879 Eduard Heuchlers Bilder zum Bergbau- und Hüttenwesen, von denen hier nur ein kleiner Teil vorgelegt wird, nachdem der größere Teil seit einigen Jahren in mustergültigen Neuauflagen des Glückauf-Verlages Essen erschienen ist, fanden bei seinen Zeitgenossen reiche Anerkennung und Verbreitung und wurden vor allem von denen geschätzt, denen sie recht eigentlich gewidmet waren: den Berg- und Hüttenleuten. Sie empfanden die Huldigung, die ihnen hier mit den Mitteln der Kunst gezollt wurde, und fühlten sich und ihre Arbeit in diesen Bilderwerken geehrt und an erkannt. Sie sahen sich darin weder verzerrt noch karikiert, sondern mit würdigem Ernste und gütigem Herzen dargestellt, wie sie sich selber zu sehen wünschten. Und daß alles, was zu ihrem Beruf und Handwerk ge hörte, so urrichtig und echt dargestellt war, von einem, der ganz offensicht lich mit der Sache, die er darzustellen hatte, vertraut und von Liebe zu ihr erfüllt war, das machte ihnen Heuchlers Bilder besonders wert. Die Be haglichkeit, die diese Bilder der Arbeit dennoch ausströmen, ist der Zeit, aus der sie stammen, durchaus noch eigen. Trotz der Eisenbahn, die be reits von Leipzig nach Dresden, aber noch nicht nach Freiberg führte, blieb das allgemeine Tempo gemächlich. Das Wetterleuchten einer neuen Zeit, die mit verstärkter Industrialisierung und verschärften Sozialpro blemen zu neuen Formen des gesellschaftlichen Lebens drängte, ist in Heuchlers Bildern noch nicht sichtbar. In einer Entwicklung, die mit Agricolas Bergbaubildern wissenschaftlich-lehrhaft begann, bilden sie einen künstlerisch-lehrhaft betonten Schlußpunkt und geben das Ganze des berg- und hüttenmännischen Daseins in biedermeierischer Geschlossenheit, rund, harmonisch, ungebrochen. Diese Geschlossenheit aber ist, das muß dennoch betont werden, bereits nicht mehr in vollem Umfange ein Ausdruck der Zeit, die bewegt genug war, sondern ein Ausdruck des Künstlers, der durch die Kraft seiner Persönlichkeit festhielt, was schon zu entschwinden drohte, und dadurch dem ganzen Bergmannsdasein den Stempel idyllischen Be hagens und geruhiger Zufriedenheit aufprägte. So wenig wie die gemüt vollen Holzschnitte des gleichzeitig mit Heuchler schaffenden Ludwig Richter den Zeitgeist widerspiegeln, sondern ihn bannen und zurückführen wollen zum Glück im Winkel und zu beschaulicher Zufriedenheit, bevor er in fortschrittsstolzer Überheblichkeit in die Rauchwolken seiner Dampf maschinen sich verflüchtigt, so sehr sind Heuchlers mit Andacht und Hin gebung gezeichneten Bergbaubilder von der gesellschaftlichen Seite her Wunschbilder: Selber der Förderung wohlwollender Gönner außerordent lich viel verdankend, revolutionärer Umgestaltung der Gesellschaft gründ lich mißtrauend, gab Heuchler in seinen Bildern den zufriedenen, arbeit samen, in sein Schicksal ergebenen Bergmann, der die fast noch patriarcha lischen Verhältnisse, in denen er lebt, für gottgegeben hinnimmt. Aber es ist nicht zu leugnen, daß gerade diese romantische Geschlossenheit, dieser Zug scheinbarer patriarchalischer Geordnetheit den besonderen Reiz aus macht, den diese Bilder bei ihrem Erscheinen ausübten und bis auf den heutigen Tag nicht verloren haben. Aus ihrer persönlichkeits-, aber durch aus nicht zeitbedingten Harmonie beziehen sie die Kraft, einem Berufe voll gültigen Ausdruck zu verleihen, der zu den Grundberufen unseres Lebens gehört wie der Bauer. Nicht aus politischem Räsonnement, sondern aus wirklicher persönlicher Verbundenheit mit dem Kumpel, der er einst selber gewesen war, wandte sich Heuchler der Darstellung dieser einfachen Menschen zu. Der Kumpel ließ sich diese Huldigung gefallen, weil er die Liebe spürte, aus der sie geboren war. Aber wie anders suchte Heuchler den Geist der Zeit zu bannen als Ludwig Richter! In den nahezu 3000 Bildern Ludwig Richters begegnen wir indu striellen Motiven höchst selten, obwohl überraschenderweise gerade einigen technischen Bauwerken auf Bildern aus Freibergs Umgebung, die um 1830 entstanden sind. Von der Landschaft herkommend, wurde Richter immer mehr zum Maler der Tiere und Menschen, die er nicht müde wurde, in holder Eintracht bei den verschiedensten Gelegenheiten bürgerlich-bäuer lichen Lebens zu zeigen, das weder Hast noch Gier noch Neid und Unrecht duldet. Aber in den gleichen Jahren, da Ludwig Richter Peter Hebels „Alemannische Gedichte“ und Ludwig Bechsteins „Märchen“ illustrierte, den Zeitgenossen zur Freude und doch auf seine Weise der Zeit ent fliehend, schuf Eduard Heuchler seine Bergbaubilder mit minutiös genauer 3