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weder zur Maschine, noch zum Einsiedler werden läßt. Darum möge auch der ernsteste, strebsamste Bergmann die schöne Kunst nicht ganz von sich abweisen, sondern sie, soweit praktisch thunlich, mit den nützlichen Kün sten des Bergbaues und Hüttenwesens zu vereinen suchen. In solchem Sinne, mit Befriedigung können wir es aussprechen, findet man die Stel lung der schönen Kunst zur bergmännischen Praxis an unserer Akademie aufgefaßt.“ Zu einer solchen Auffassung hatte Heuchler seine Schüler erzogen. Der „Zeichnenmeister“ der Bergakademie war nicht auf Fachgebiete beschränkt, sondern sah seine Arbeit als Teil der kulturellen Gesamtentwicklung, auf deren große Beispiele und Zeugen aus Freibergs Vergangenheit er nach drücklichst hinwies. Seine Ausbildung in Dresden und Karlsruhe und seine verschiedenen Studienreisen hatten ihm den Blick geschärft für die Kunstschätze der Heimat. In seinem Beitrag „Betrachtungen über den Alterthums- und Kunstwerth der goldenen Pforte am Dome zu Freiberg“ („Freiberger Anzeiger“ 17. 11. 1860) würdigte er die Bedeutung dieses einzigartigen Kleinodes romanischer Architektur und Plastik aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Ergebnisse seiner langjährigen Studien über die Baugeschichte des Domes veröffentlichte er in seinem Werke „Der Dom zu Freiberg. In geschichtlicher und kunsthistorischer Beziehung beschrieben“, Freiberg, I. G. Engelhardt in Komm. 1862. Im 3. Heft der „Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins“, dessen Mit begründer er war (1860), erschien 1864 sein bebilderter Aufsatz „Nörd liche Ansicht der Stadt Freiberg im 14. und 19. Jahrhundert“. Auf dem Gebiete der Freiberger Stadt- und Bergbaugeschichte war er Mitarbeiter der Heimatzeitschrift „Sachsengrün“. Durch öffentliche Vorträge trug er zur allgemeinen Wertschätzung der geschichtlichen Denkmale bei und malte eigens für einen solchen im Jahre 1864 im Freiberger Altertums verein drei große Aquarelle von der Goldenen Pforte, dem Dominnern mit der Tulpenkanzel und der Fürstengruft. Daß der Kunsthistoriker Heuchler zugleich ausübender Künstler war, verschaffte seinen kunsterzieherischen Bemühungen besonderen Nach druck. Seine Tätigkeit als Architekt ist umfassender, als man bei seinem pädagogischen Wirken annehmen sollte, und erstreckte sich auf weltliche und kirchliche Bauten verschiedener Art. Um- und Neubauten der Berg akademie standen unter seiner Leitung. Nach dem Ankauf und Abbruch des neben dem alten Akademiegebäude gelegenen Privathauses (1835) wurde der Neubau von Heuchler und dem Maschinendirektor Brendel projektiert und ausgeführt, so daß der neue zweistöckige Flügel an der Futtergasse, der jetzigen Akademiestraße, 1839 bezogen werden konnte. Weitere Umbauten des Akademiegebäudes unter seiner Leitung erfolgten 1855—1857 und 1861—1862. Diese An-, Um- und Aufbauten, die in ge schlossene Häuser komplexe eingefügt werden mußten, stellten den Archi tekten vor schwierigere Aufgaben als Neubauten. Im Freiberger Revier wirkte er bei der Projektierung und Ausführung mehrerer Berg- und Hüttengebäude mit. Das 1830 nach einem Entwurf Brendels erbaute Schwarzenberggebläse der „Königl. Antonshütte“ bei Schwarzenberg im Erzgebirge verrät in der vollkommen gotischen Durch bildung der Architektur Heuchlers Einfluß. Der innere Umbau des Korn hauses, eines der ältesten Gebäude Freibergs, wurde 1838—1839 nach seinem Entwürfe vorgenommen; v. Herders Wohnhaus wurde nach dessen Tode von der Stadt erworben und nach Heuchlers Plan zu einer Knaben bürgerschule umgebaut. Vor allem aber galt Heuchlers Liebe der Ring promenade, die um 1800 auf dem teilweise ausgefüllten ehemaligen Stadt graben angelegt worden war. Das Schwedendenkmal zur Erinnerung an die heldenhafte Abwehr schwedischer Belagerung im Dreißigjährigen Kriege wurde nach seinem Entwurf vom Bildhauer Stein in Cottaer Sand stein ausgeführt und 1844 enthüllt. In der Nachahmung gotischen Stils, die es mit manchen Bauten der Zeit teilt und die auch am Schwarzenberg gebläse, an „Herders Ruhe“, am Hornbrunnen und manchen anderen Ent würfen Heuchlers festzustellen ist, können wir heute eine besondere kunstschöpferische Leistung nicht mehr erblicken. Hier sind die Archi tekten und Denkmalgestalter des 19. Jahrhunderts Opfer ihrer kunst geschichtlichen Begeisterung geworden. Das Wernerdenkmai in der Ringpromenade, dessen Bronzebüste von Ernst Rietschel stammt, wurde nach einem Heuchlerschen Entwurf von dem Dresdner Bildhauer Seelig in Sandstein ausgeführt und 1851 enthüllt. Den Brunnen schenkte Heuchler besondere Aufmerksamkeit. Nach seinem Entwürfe wurde der Kreuzbrunnen, der früher jenseits der Leipziger Straße stand, 1852 an der Stelle, wo er jetzt steht, und der Hornbrunnen zu Ehren des 1736 verstorbenen Bürgermeisters Horn 1857 an der Horn- straße errichtet. Vor der Goldenen Pforte wurde 1861 ein solcher auf seinen