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Vertiefung des Unterrichts auch die Zahl der Zeichenstunden erhöht. 43 Jahre lang erteilte Heuchler diesen Unterricht an die lernbegierigen jungen Bergleute und bezeugte ihnen, daß sie „ihm allezeit liebe Schüler gewesen seien und daß er gerade in der Bergschule seine schönsten Freuden erlebt habe“. Das Lehramt des „Zeichnenmeisters“ an der Bergakademie, das ihm gleich falls 1829 übertragen worden war, stellte Heuchler vor größere Aufgaben. Bis zu seinem Amtsantritt hatte man sich auch an der Bergakademie mit insgesamt zwei Wochenstunden im Zeichnen für die ganze Akademie be gnügt, die zwischen 12 und 2 Uhr, unter seinem Vorgänger Sieghard noch dazu nur sonnabends, erteilt werden mußten, um „Collisionen zu ver meiden“. Heuchler vertiefte die Ausbildung im Zeichnen erheblich. An fangs unterrichtete er in drei Abteilungen mit insgesamt 6-—8, später in vier Abteilungen mit insgesamt 12—16 Wochenstunden. Infolge der großen Raumnot im Akademiegebäude wurde der Zeichenunterricht in der Wohnung des Lehrers erteilt, bis 1839 der neue Zeichensaal in dem nach Heuchlers Plan errichteten Erweiterungsbau bezogen werden konnte. Der Unterricht begann mit dem freien Handzeichnen und ging dann zum Situationszeichnen, darauf zum geometrischen Zeichnen und zuletzt zum Maschinenzeichnen als dem für den Berg-und Hüttenmann wichtigsten Teil der Zeichenkunst über. Die 1830 übernommene Vorlesung über Zivilbaukunst erweiterte Heuchler von zwei auf drei, bisweilen vier Wochenstunden, die dem 3. Studienjahr geboten wurden. Die Studierenden des Berg- und Hüttenwesens erwarben sich dort die notwendigsten allgemeinen Kenntnisse des Baufaches und die Fähigkeit, Pläne für Zechenhäuser und Hüttengebäude selbst zu entwerfen. In manchen Semestern hielt Heuchler eine zweistündige Vorlesung über die Geschichte der Baukunst. Neben der Lehrtätigkeit oblag ihm als Architekten auch das gesamte Bau wesen der Bergakademie. Da die Hochschule in den Jahren 1833—1862 durch umfangreiche Um- und Neubauten wesentlich vergrößert wurde, bedeutete die Leitung aller Projektierungs- und Ausführungsarbeiten eine erhebliche zusätzliche Arbeitsleistung des akademischen Lehrers Heuchler. Die Möglichkeit, solche vielfältigen Aufgaben zu vereinigen, wird be greiflich, wenn man sich vor Augen hält, daß zu Heuchlers Lebzeiten die Gesamtzahl der Studenten der Bergakademie im Durchschnitt 5 0—60, die Zahl der Professoren 10, die der Dozenten 5 betrug und erst das Jahr, in dem Heuchler aus dem Amte schied, eine Erhöhung der Studentenzahl auf 76 brachte. Da auch die einzelnen Disziplinen noch nicht so entwickelt und die Arbeitsgebiete der Professoren und Studenten noch nicht so um fangreich wie heute waren, hatte jeder Einblick in die Arbeit des anderen. Man kannte sich gut und nahm gern persönlichen Anteil aneinander. Der Umstand, daß die Leiter der Bergakademie zu Heuchlers Zeiten, nämlich die Oberberghauptleute v. Herder, Freiesieben und v. Beust, und alle z. B. 1850 an der Bergakademie wirkenden Professoren, Breithaupt, Reich, C. A. Naumann, J. Weisbach, Gätzschmann, Plattner, Cotta, Scheerer, Römisch, selbst aus der Bergakademie hervorgegangen waren, gab dieser Hochschule ein intimes Gepräge und fast den Charakter eines Familien verbandes, dem jeder, der ihm einmal angehört hatte, zumeist bis zum Ende seines Lebens sich verbunden fühlte. In diesem Verbände genoß Heuchler die uneingeschränkte Achtung seiner Kollegen und die Ver ehrung und Zuneigung der Studierenden, die sich seiner zuverlässigen und liebenswürdigen Führung gern anvertrauten und seinen künstlerisch technischen Beitrag zu ihrer Ausbildung als integrierenden Faktor zur Abrundung ihres Welt- und Menschenbildes ansahen. So schreibt Scheerer, der in den Jahren 1830—1832 sein Schüler und später sein Kollege an der Bergakademie war, im Jubiläumsjahr 1866 in seinem Festschriftbeitrag über „Das bergmännische Studium“: „Um Allen gerecht zu werden und Jedem das Seine zu geben, müssen wir schließlich noch der Civilbaukunst und des Zeichnens gedenken, nicht bloss als helfender Elemente für die bergmännische Praxis und zum Teil auch für die Theorie, sondern zugleich weil hier im bergmännischen Studium die einzige Möglichkeit angebahnt ist, daß die schöne Kunst mit ihren, das Gemüt erhebenden Gaben zur Veredelung bergmännischen Lebens beitragen kann. Wissenschaft undKunst mit den entsprechenden Gebieten der Wahrheit und Schönheit stehen nur bei einseitiger, pedantischer Auffassung als völlig getrennte Geistes richtungen da. Gleich wie die Wahrheit im schönen Gewände ansprechen der wird, und die Schönheit ohne wahr zu sein, an Bedeutung verliert, können auch Wissenschaft und Kunst sich zu einander gezogen fühlen, sich gegenseitig unterstützen und fördern. Beide haben den ebenso wohl- thätigen als hohen Zweck, die trockne Prosa der alltäglichen Lebens praxis mit etwas Edlerem, Höherem zu durchdringen, was unseren Geist 10