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d) Ein Stündlein wohl vor Tag. . Derweil ich schlafend lag Ein Stündlein wohl vor Tag, Sang vor dem Fenster auf dem Baum Ein Schwälblein mir, ich hört’ es kaum: Ein Stündlein wohl vor Tag, »Hör’ an, was ich dir sag, Dein Schätzlein ich verklag’: Derweil ich dieses singen tu’, Herzt er ein Lieb in guter Ruh’ Ein Stündlein wohl vor Tag!« O weh! nichts weiter sag’! O still! nichts hören mag! Flieg’ ab, flieg’ ab von meinem Baum! Ach, Lieb’ und Treu’ ist wie ein Traum, Ein Stündlein wohl vor Tag! Morike. e) Die Harrende. Hör’ ich ein Vöglein singen, So stimm’ ich sacht’ mit ein, Und hätte ich seine Schwingen, Ich bliebe nicht allein. Das ist ein Blühn und Prangen Da draußen in der Welt, Als wäre nun alles Bangen Auf ewig eingestellt. Er hat mir nicht versprochen Die frohe Wiederkehr, Doch sagt mein Herzenspochen: Er bleibt nicht lange mehr. Ins Herz wie Lenzgeläute Zieht lachend die Hoffnung ein Noch heute wird er, heute In meinen Armen sein. Osterwald. f) Im Herbst. Die Heide ist braun, einst blühte sie rot; Die Birke ist kahl, grün war einst ihr Kleid; Einst ging ich zu zwei’n, jetzt geh’ ich allein; Weh’ über den Herbst und die gramvolle Zeit! O weh, o weh! Einst blühten die Rosen, jetzt welken sie all’, Voll Duft war die Blume, nun zog er heraus; Einst pflückt’ ich zu zwei’n, jetzt pflück’ ich allein; Das wird ein dürrer, ein duftloser Strauß! O weh, o weh! Die Welt ist so öd’, sie war einst so schön, Ich war einst so reich, jetzt bin ich voll Not! Einst ging ich zu zwei’n, jetzt geh’ ich allein! Mein Lieb ist falsch, o wäre ich tot! Wolfgang Müller. Einlaß 6V2 Uhr. — Anfang des Konzerts 7 Uhr. — Ende nach 9 Uhr. 5. Konzert: Donnerstag, den 25. November 1915. Gesang: Edyth Walker. 2. Kammermusik: Sonntag, den 12. Dezember 1915. Streichquartette von Beethoven: Op. 18 Nr. 2 (Gdur), Op. 95 (Fmoll), Op. 132 (Amoll). Die Gewandhans-Konzertdirektion. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.