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z. Beßtlatt z« Der SSchMe ErzWer SSSSSYWWSSSS—«S-S—S Der Tod im Schacht Ossegg im Zeichen -eS Schreckens. kennen, da« sie, aber nicht verhindern konnten. Und selbst die einzig« Möglichkeit, oem Tod wenigstens einen Teil sei ner Opfer zu entleihen, den Verunglückten möglichst rasche und sichere Hilfe zu bringen, ist in diesem Fall zunichte ge worden: der Förderschacht ist durch die Gewalt der Explo- 7.7"' _ , . tote» Gebilde, ein nichtiges Mach ¬ werk von Menschenhand, steckt die Fvrderschale eingeklemmt in der Versteifung, während in der Tiefe des Schachts ein unentrinnbare« Gewirr von Sparren und Eisenpfeilern liegt. Oben stehen dichtgedrängt Tausende von Menschen: Frauen, Kinder, di« Angehörigen der eingeschlossenen, schon längst al» tot «mgesehenen Bergleute, Feuerwehr- und Po- lizeileute, RegtrrUngsvertreter, Journalisten. Sie all« stehen schweigend, mit harten verbissenen Gesichtern, mit Augen voll Entsetzen, stehen und warten, daß endlich die verzweifelten Rettungsversuche der fieberhaft arbeitenden Mannschaften von Erfolg gekrönt werden, daß man wenig stens die irdischen Ueberreste der Opfer dem Berg entreißt. Aber es geschieht nichts. Noch ist es nicht gelungen, nach dem Unzlücksschacht Nelson S vorzudringen, kein Klopfzeichen der Lingrschlossenen wurde gehört. Lebt noch ein einziger von ihnen? Kein Mensch kann Auskunft geben. Bier Berg- leüte-sind dem Verderben entronnen. Sie kamen aus der benachbarten Grube Nelson 7 zu Tag, dem Erschvpfungstod nähe. Ihr Zustand ist durch die übermenschlichen Anstren- gungrn ihres Weges, durch die tödlichen Giftgase, die sie «iMwneten, bedenklich genug. Ueber ihre Rettung, über die Katastrophe selbst, konnten sie nicht berichten. Eine Bergungsabteilung versuchte sofort nach dem Er- fchxtnen der vier Ueberlebenden, den Weg, den sie genom men haben Müssen, nach rückwärts zu verfolgen. Wird es ihnen gelingen zur Stätte der Katastrophe vorzudringen? Bisher sind vier bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Leichen ge borgen worden. Schweigend wartet die Menge auf den Er ¬ folg der Rettungsaktionen, nur hier und da klingt ein er sticktes Schluchzen auf von einer Frauenstimme, oder die Helle Stimme eine» Kindes, das von der entsetzlichen Tragik dieser Szene gottlob nichts versteht, tut eine Frage, um so fort erschreckt wieder zu schweigen, wenn nur ovrwurfsvoll« Blicke oder ein murrendes „Sei still" antworten. Line Gruppe hat sich um einen uralten Mann gebildet, der mit leiser Stimme von der großen Katastrophe von 1880 auf Nelson S berichtet, der er nur durch ein Wunder ent- ging. Damals wie noch zweimal in den SOer Jahren des vorigen Jahrhundert» war die Grube total versoffen und wurde nur mit großem Kostenaufwand überhaupt wieder betrirbrfähig gemacht. Die Nelsongruben gehören zu den ertragreichsten Gruben Nordböhmens, auf Nelson 3 wurden beispielsweise schon 1890 bis zu 180 Waggons Braunkohle täglich gefördert, «ine Leistung, die durch moderne Ausbau ten noch erheblich gesteigert wurde. Die Exvlosion fand am Mittwochnachmtttag um 5 Uhr statt. In das trübe Dunkel des Winterabends schlug im ohrenzerreißenden Donnern einer grauenhaften Explosion eine riesige Stichflamme aus dem Schacht, der gleich darauf von schwarzen Rauchwolken verhüllt war. Klirrend schlu- gen die Fensterscheiben der Häuser in der Nähe des Schachts aus dem Rahmen, das Maschinenhaus und die Sortieran lage sowie di« Kanzlei über dem Förderschacht sackten in Trümmer zusammen, aus denen gleich darauf Helle Flam- men schlugen. Der ganze klein« Ort Ossegg wurde wie von einem Erdbeben erschüttert. Die auf der Stelle eingeleite ten Bergungrmaßnahmen ergaben nach wenigen Minuten die vernichtende Tatsache, daß es fast unmöglich ist, noch rechtzeitig ins Inner« des Schachts zu gelangen, um noch jemanden zu retten. Alle Telephonleitungen und alle Zu bringerwege sind zerstört. Außerdem ist wegen der Vergift tungsgefahr durch die freigewordenen Gase allerhöchste Vorsicht geboten, um nicht noch mehr Menschenleben aufs Spiels zu setzen. Di« wartende Menge der unglücklichen An- gehörigen der betroffenen Arbeiter wartet nur noch auf die letzt«, unwiderrufliche Bestätigung vom Tode ihrer Gatten, Väter, Söhne. Sine dumpf« Hoffnungslosigkeit hat sich aller bemächtigt, keiner erwartet mehr, die Vermißten lebend wieverzusehen> aber weder Bitten noch Drohungen vermö gen es, die Wartenden zu zerstreuen und zum Heimgehen zu bewegen. Eine graue, gespenstische Mässe, warten sie, mit übernächtigen Gesichtern, schlaffen Gliedern und bren nenden AugeN, die unablässig nach dem Trümmerhaufen des Schachteingangs starren, von d«M die letzte furchtbare Gewißheit kommen Muß. hg. Dux. 4. Januar. (Eigener Bericht.) Di, entsetzlich« Grubenkatastroohe auf der tschechischen Lraunkohlengrub« tn Ofleaa bei Dux ist die schwerst«, die seit Menschengedenken die Tschechoslowakei heimgesucht hat. 186 Bergleute sind noch unter Tag, vollkommen abgeschnst- ten von der Welt, in glühend heißen, vielleicht brennenden Schächten, die mit giftigen Gasen gefüllt sind. Nach mensch licher Berechnung sind sie alle verlorenl Wieder einmal hat der Lod, der ewige Begleiter der Bergknappen, eine grau sige, reiche Ernt« gehalten, wieder einmal stehen Menschen völlig machtlos vor einem Unalück, dessen Ursachen sie wohl rennen, da» sie, aber nicht verhindern konnten. Und selbst die einzig« Möglichkeit, dem Tod wenigstens einen Teil sei ner Opfer zu entreiße, ' worden: der tzöiderschm. ston zerstört, al» nutzlose«, werk von Menfchenhand, Lagekarte der Unglück-stelle (X), an die er- - r vtlb. Prag, 4. Januar. Vie au» Dux gemeldet wird, «Mrd« auf-en Gruben Nelson VH üud VIII mit der Eln- mauerung begonnen, da die Gefahr bestand, daß sich das Feuer, da» da» eiugefiürzte Holzgerüfi ergriffen hat, aus- -reiten würde. Auf dtr Grube Nelson IN arbeiteten an dem Unglücks- sag in der Nachmittagsschicht 131 Bergleute und S Auf seher, insgesamt also 140 Personen. Der Nationalität nach sind es 72 Deutsche, 67 Tschechin, nad ein Pole. Don den 140 üngefahrenea haben sich nur vier gereitet. Zehn wurden bisher als Leichen geborgen. Ls find demnach noch 126 Bergarbeiter im Schacht eingeschtossen. Die elngeschlosienen Bergleute haben kein Lebenszeichen von sich gegeben, und es ist bisher auch nicht gelungen, eine Verbindung mit ihnen yerzustellen. L» besteht kaum eine Hoffnung, die Verschütte, ten zu retten, da im Stollen keine Atemluft mehr vorhanden ist. Line herunlergelasten« Lamve erlosch sofort. Die Ret- tungsarbeiten schreiten fehr langsam vorwärts, da sie neuen Schwierigkeiten begegnen. In den Schächten VH und IX ist Feuer ausgebrochen, nur noch eine kurze Verbindung zwischen Schacht VH und IX ist frei von Feuer. Gegen 3 Uhr wurden Aeuerwehrwagen, Sanitälskraftwagen und Rettungsmannschaften zum. größten Teil nach Hause geschickt. Allmählich leerte sich der Schachthof, u. es wurde die Weisung gegeben, erst bei Tagesanbruch wieder mit den Arbeiten zu beginnen. Auf der Grube VII mußten wegen 4 Uhr mor gen» die Rettungrarbelten eingestellt werden, da sich aus der Grube ein schwarzer Rauch wälzte. Um die Mittagsstunde wurden aus dem Schacht Nelson drei Tote geborgen. Geradezu wunderbar ist die Rettung de» einen der vier mit dem Leben davoagekommenen Bergleute, des Berg mann» Dalibor Sykora. Etwa in der Mitte des Schachte«, noch 156 Meter unter der Erdoberfläche, verliehen ihn dle letzten Kräfte. Die zu Tode erschöpften Kameraden, die selbst jede Sekunde glaubten, nicht mehr weiter zu kön nen, hätten ihn feinem Schicksal überlasten müssen, als in demselben Augenblick vor ihnen der Umriß eine» Manne» auftauchte, der auf den Leitern des Lüfiungsschachle» eilend herabstieg. Der Retter packte den taumelnden Sykora und schleppte ihn mtt Hilfe der anderen die Leitet herauf bi» an« Tageslicht E« war durch einen wunderbaren Zufall der Bruder des Geretteten, der Bergmann Aranz Sykora. Das Trümmerfeld von Ossegg. Noch immer steigen aus den Oeffnungen des Nelson- Schachts schwarze Rauchwolken hervor, die ganze Gegend in dichtes Dunkel hüllend. Wo der Förderturm einstürzte, bilden sich Steine, Schuttgeröll, geborsten« Eisen stangen. Au» dem Chaos ragen die geschwärzten Reste der Eisenkonstruktion des eingestürzten Förderturms in den Nebel. Vor dem Zechentor haben sich schon seit frühmor gens Tausende von Menschen angesammelt. Auf allen Straßen der Umgebung ziehen zahllose Menschen der llnglücksgrube zu. Eine Frau ist bis auf den Förderhof vorgedrungen und lehnt, laut klagend und schreiend, einer geschwärzten Mauer. In -em Ort Ossegg sind ersten Trauerfahnen aufgezogen. An allen Ecken stehen 136 Todesopfer des GkubemmMs in Aordböhmen Darunter 7S Deutsche. Bll» auf di« Nelson-Drude. den S. Mannar 1VS4 regt« Menschengruppen. Ueberall sieht man weinend« und klagende Frauen. In einer kleinen Zechenstub« siegen di« vier geborgenen Leichen nebeneinander an der Wand. Koh lengeschwärzte Gesichter, die Hände vor dem Körper ver krampft, al» wollten sie ihn schützen. Vie Haut schält sich von den Gesichtern. E» werden einfache Holzsärge herbei geschasst, die Toten dineingelegt. Lin Betriebsleiter ruft" die Namen auf, einer schreibt sie auf die Holzsärge, dann schlägt man die Nägel in Li, Särge. Dumpf hallen dle Hammer schläge durch den hohen Raum, einen Atemzug lang Schwei gen. Die Gendarmen und Feuerwehrleute nehmen den Helm vom Kopf. Der Leiter der vstegger Feuerwehr, Stadtrat Irenker, schildert« den Hergang -er Katastrophe. Um 16.45 Uhr gab es eine Exvlosion und einen gewal tigen Knall. Er war, wie ich erfuhr, bis an die 20 Kilo meter entfernte sächsische Grenze zu hören. Durch den mit der Explosion verbundenen Feuerschein — ich sah «ine Stichflamme, die höher war al» der Schlot Les Schachtes, also etwa 100 Meter — wurden die Feuerwehren oer ge- iamten Umgebung alarmiert. Wir waren wenig« Minuten nach der Explosion mit etwa 20 Mann als die ersten an der Stell«. Zuerst galt es, das sehr erschüttert« Gebäude der Sortierungsanlage abzuspritzen. Es brannte an einzelnen Stellen, und eine Helfersgruppe versuchte, dort zu loschen. Die anderen machten sich zunächst an die Bergung d§r Ver unglückten, die unter -em eingestürzten Turm lagen. Nach kurzer Zeit trafen die anderen Feuerwehren ein. Drei Stunden später gelang die erste Rettung. Wir erreichten den Werkschmied Linke, er hatte einen Oberschenkelbruch er litten. Linke berichtete uns, daß der Werftneister Schmidt in seiner Nähe liegen müsse. Tatsächlich wurde Schmidt gefunden, aber er war völlig unkenntlich. Zentnerschwere eiserne Konstruktionsteile waren auf ihn herabaestürzt. Daneben stießen wir auf die Leiche einer Frau, dl« beim Reinigen beschäftigt gewesen war. Der Bericht der vier Geretteten. Die vier Bergleute, denen es gelang, sich durch einen Notausgang des Schachts „Nelson VN" zu retten, hatten sich Donnerstag vormittag soweit erholt, daß sie ihren Eindruck von der Katastrophe schildern konnten. Was sie berichten können, trägt aber zur Aufklärung der Ursache der Kata strophe nicht bei. An ihrer Arbeitsstelle verbreitet« sich plötz lich ein dicker Qualm. Di« vier Hauer wurden dadurch so beunruhigt, daß sie sofort versuchten, zum Förderschacht zu gelangen. Sie konnten aber infolge des Rauches nicht wei ter und kehrten zunächst um. Ls gelang ihnen dann, durch den nicht weit entfernten Notausgang -es Schachts Vll her auszukommen. Aber auch auf dieser kurzen Strecke lagen bereits überall Tote, über die die Flüchtlinge stolper ten. Die Geretteten sind durch die grausigen Eindrücke see lisch auf das schwerste erschüttert. Bisher 17 Tote aus dem Schacht Nelson geborgen. dnb. Vrag, 4. Januar. In den Abendstunden wurden aus dem Schacht Nelson weitere fünf tote Bergleute gebor gen, so daß die Zahl der geborgenen Leichen sich auf 17 er höht. Die Leichen waren nur noch ein Häuflein ver- brannter Knochen.' Nach einer Meldung tschechoslowakischer Blätter be merkte Innenminister Tscherny, der in der Nacht auf Don nerstag an ber Unglücksstätte erschienen war, daß überhaupt kein Staatsbeamter des Revierbergamtes zugegen war. Er ließ die Beamten suchen und stellte fest, daß sich die Beamten in ihre Wohnungen begeben hat ten. Der Minister bestellte alle Beamten des Bergamtes so fort an die Unglücksstätte und sprach ihnen seine Verwunde rung aus, daß Staatsbeamte, die mit der Kontrolle des Re viers betraut sind, zur Zeit einer solchen Katastrophe ruhig nach Hause gehen können und sich dort schlafen legen. Zur Untersuchung der Katastrophe wurde ein besonde rer Ausschuß eingesetzt. Aus dem Umfang der Verwüstun- gen schließt man, daß es sich Höchstwahrscheinlich um eine Kohlenstaubexplosion gehandelt hat. An der Un fallstelle traf der Ministerpräsident Malypetr ein. Als erste Hilfe für die betroffenen Familien stellte er 50 000 Kronen zur Verfügung. Das Beileid -er sächsischen Regierung zu der Bergwerkskatastrophe in Dux. Dresden, 4. Januar. Zu der furchtbaren Katastrophe im Duxer Kohlenrevier, der so viele brave Bergleute zum Opfer fielen, hat Ministerpräsident von Killinger dem tsche choslowakischen Generalkonsul in Dresden dle Teilnahme der sächsischen Regierung aussprechen lasten. Neues aus aller Welt. — Diphtherie in Georgswalde. — Schulschluß. Wegen der seit längerer Zeit in Georgswalde i. B. auftretenden Diphtherieerkrankungen von Schulkindern mußten jetzt sämt liche Volks- und Bürgerschulen bis einschließlich 17. Januar geschloffen werden. — Da, Kamel al« Haustier — In Dänemark. Großes Aufsehen erregte ein dänischer Großbauer, -er mehrere Ka- mel« kaufte und sie in seine Heimat mitbrachte. Er ist der Ansicht, daß das Kamel sehr gut da» Pferd ersetzen könne und im übrigen stärker und viel genügsamer sei als andere Haustiere. Das ganze Dorf lief zusammen, al» der Land wirt zum ersten Male mit seinen Kamelen den Acker be stellte. Er hat seine Pferde verkauft und besitzt den Ehr geiz, seinen Landsleuten eine Muster-Kamelwirtschaft vor zuführen. Die Bauern der Umgegend sehen diesen Bestre bungen skeptisch und belustigt zu, sie denken nicht daran, dem Beispiel des „verrückten Kameltreibers", wie sie den reformeifrigen Landwirt nennen, nachzukommen. Sie Ha den ihm erklärt, bei ihren Pferden bleiben zu wollen, ob wohl er ihnen immer wieder dle Vorzüge de» importierten Wüstenschiffes klarzumachen sucht und si, überzeugen will, daß gerade da» .Klima und die Bodenverhälttsiss« von Dä nemark sich besonder» für dle Kamelzucht eignen