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«,---°»-«°« «»'»„-L-L-xm--,°«. <s°°L.°.'».7^ nummeris^) , Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de- Bezugspreises. keine Gewähr. - Erfüllungsort Bischof««»-. — Erfüllungsort Bischof««»-. Aleukirch und Almgegend Unabhängige Zeitung für alle Ständein Stadtund Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt Heimatkundliche BeUage Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Bering von Friedrich May, G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. 64 DerSWsHeLrMer Tageblatt MAWofswerda Aleukirch und Almgegend Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt machungen der Amtshauptmannschast, des Arbeitsgerichts, des Hauptzoll- amts und des Bezirksschulamt» zu Bautzen sowie de» Finanzamts und des Stadtrats zu Bischofswerda behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 245 Mittwoch, den 18. Oktober 1933 88. Jahrgang Tagesschau. * Da» Reich»kablaett Hal l« seiner gestrigen Sitzung ein Gesetz zue Aeaderung de» Lautgesetze» sowie ein Gesetz über den vorläu fige» Aufbau de, deutschen Handwerk, verabschiedet. Die Einzel- Handelssperre wurde bl» 1. In« 1SZ4 «rlüngerk. * Auf Veranlassung de» französischen Ministerpräsidenten wurde die für Dienstag nachmittag in drr französischen Sammer vorgesehene Interpellation über die auiwärtige Politik auf den 27. Oktober verschoben. Daladier begnügte sich gestern mit einer kurzen Erklärung. Der von der französischen Regierung eingebrochte Gesetzent wurf zur Arbett»beschaffung sieht für die Iahre 1SZ4—19Z7 Auf- Wendungen in Höhe von 24^ Milliarden Franc» vor. Die englische Zeitung „New croulcle" veröffentlicht eine Zu sammenfassung der Rede de» deutschen Reichaautzenmiuifler» und sagt, Deutschland wäre bereit, beträchtlichere Zugeständnisse zu machen, al» mau geglaubt habe. * Der tschechisch« Auhenminlsker Venesch ist heule vormittag zu einem «lutäglgeu Vesuche in Men eingelroffen. Die Begcg- «Ung mit Dollfuß gilt den gemeinsamen politischen und wirtschaft, lichen Fragen zwischen Deutschland und Oesterreich. Da» bulgarlsche Erdbebengeblet wurde in den letzten Tagen wieder von starke« Erdbeben, die mit furchtbarem unterirdischen Getöse verbunden waren, heimgesucht. Schäden sind nicht entstan den. Die Bevölkerung befinde» sich in großer Erregung. Ausführliche» an anderer Steflr. . -'t "'li, - Ser plan der Weite« Entivaffnvng Seatsiblands. Die Wahrheit über die 20000V Mann. Reichsaußenminister von Neurath hat in seiner großen Rede vor den Vertretern der ausländischen Presse die Um wandlung der Reichswehr in ein Milizheer von der doppel ten Stärke des bisherigen Effektivbestandes als eine weitere Schwächung der deutschen Wehrkraft bezeichnet. Auf den ersten Blick erscheint eine solche Kennzeichnung paradox, denn unwillkürlich ist man geneigt, die Verdoppelung der bisheri gen Streitkräfte eines Landes nicht als eine Schwächung, sondern als eine Stärkung anzusehen. Und doch ist dem nicht so. Die Presse der Militärstaaten kommt aber immer wieder von neuem, wenn sie die Stellungnahme Deutsch lands kritisiert, gerade auf diesen Punkt zurück, ja in Frank reich hat die Rechts-Presse dem Ministerpräsidenten Dala dier und dem Außenminister Paul-Boncour gerade diese Verdoppelung des deutschen Heeres zum Vorwurf und zum Ausgangspunkt heftiger innenpolitischer Angriffe gemacht. Wie stellen sich nun diese vielgerühmten 200 000 Mann in Wirklichkeit dar? Sie tauchten zum ersten Male auf in dem bekannten MacDonald-Entwurf vom 16. März, in dem für die europäischen Staaten bestimmte Höchstziffern aufge stellt worden waren. An und für sich hätte sich Deutschland mit der Berdoopelung seiner bisherigen Streitkräfte durch aus einverstanden erklären können, wenn nicht an die Ver wirklichung eine Reihe von Bedingungen geknüpft gewesen wären, die zunächst bei der Reichsregierung und der militäri schen Leitung die schwersten Bedenken heroorriefen. Um aber die Verhandlungen zu fördern, um überhaupt eine Diskus sions-Basis zu haben, erklärte sich Deutschland bereit, auf der Grundlage des MacDonald-Planes zu verhandeln. Im Laufe der letzten Monate jedoch und zuletzt auf Grund der Pariser Besprechungen wurden dem ursprünglichen Plane noch einige neue Bestimmungen beigegeben, die es Deutsch land vollends unmöglich machten, auf den 200000 Mann- Borschlag einzugehen. In einem Zeitraum von IZH oder 2 Jahren — genau hatte man sich darüber noch nicht geeinigt — sollte Deutsch land die Reichswehr auf eine Miliz-Armee von 200000 Mann umstellen. Den Gedanken eines Milizheeres lehnte Deutschland von vornherein nicht ab. Man wird sich viel leicht noch erinnern, daß General von Schleicher im Herbst des vorigen Jahres selber einmal den Milizgedanken in dre Debatte warf, ohne allerdings damals ein sonderliches Echo zu finden. Die selbstverständliche Voraussetzung, von der Deutschland damals wie heute ausging und ausgeht, war jedoch die Beteiligung des ganzen Volkes an der Miliz, wie dies z. B. mustergültig in der Schweiz durchgefuhrt ist. Dort steht die Wehrmacht in einem bestimmten prozentualen Ver- hättnis zur Bevölkerungsdichte. Cs hat sich sogar in der Schweiz herausgestellt, daß im Zusammenhang mit der Zu- nähme der Bevölkerung die Wehrmacht zu groß geworden ist - von 1908 bis 1933 hat sie um 70 Prozent zugenommen - so daß die,Schweizer Militärverwaltung jetzt genötigt is^zu bremsen und gewiße Einschränkungen vorzuschlagen. Der- artige Einschränkungen sind aber in das freie Ermessen der Regierung gestellt und bedeuten etwas anderes, als wenn auch für das Miliz-System einschneidende Einschränkungen von vornherein vorgesehen werden. Das war aber bei dem neuen Vorschlag der Militärmächte hinsichtlich der deutschen Miliz der Fall. Zunächst einmal sollte der Bestand von 200 000 Mann niemals überschritten ""den, ganz gleichgültig, in welchem Prozentsatz sich die deutsche Bevölkerung vermehrte. War eine solche Beschrän kung ohne Rücksicht auf die Bevölkerungszahl schon kaum annehmbar, wurde sie vollends unmöglich durch die Abset zungen und durch die Organisationsform. Zunächst einmal sollten 40 000 Mann Schutzpolizei als militärische Kräfte ab gesetzt werden, so daß für die reine Miliz nur 160 000 Mann ubriggeblieben wären. Selbst wenn der englische Antrag auf einen lOprozentigen Polizeizuschlag zu der Heeresstürke durchgegangen wäre, hätte sich diese Zahl nur um 20 000 Mann erhöht. Naturgemäß gibt es in jeder Miliz ein Stammpersonal, das zu Ausbildungszwecken ständig vorhan den sein muß, und die reinen Ausbildungsbestände, die nur kurze Zeit im militärischen Verhältnis stehen. Nach dem En tente-Vorschlag sollte die Ausbildungszeit etwa 5 bis 8 Mo nate währen. Der Stammbestand sollte nicht mehr als 7 Prozent Offiziere und 25 Prozent Unteroffiziere und Mannschaften enthaltet. Daraus ergibt sich, daß bei einem Bestand von 200 000 Mann 51200 und bei 220 000 Mann 57600 Mann als eigentliche ausgebildete und kampfbereite Truppe übriggeblieben wäre. An dieser Stelle enthüllt sich nun die ganze Hinterhäl tigkeit des Vorschlages. Binnen 18 Monaten oder höchstens binnen 2 Jahren sollte die Reichswehr von 100 000 auf 51000 bzw. auf 57 000 Mann verringert werden. Dann erst hätte das Miliz-System einsetzen dürfen und gleichzeitig hätte die Kontrolle über die deutschen „Rüstungen" einge setzt. Nicht minder perfide waren die Bestimmungen über die Entwaffnung, lieber den Bestand von 200000 b«v. 220 000 Mann hinaus sollte Deutschland kein einziges Ge wehr mehr besitzen. Auch die übrigen Waffen sollten ledig lich verdoppelt werden. Andere Waffen dagegen, die Deutschland bislang verboten waren, dursten auch jetzt nicht angeschafft werden. Mit anderen Worten also, das Wellige, das wir haben, solle aus den Händen der Berufssoldaten in die von unausgebildeten Rekruten gelegt werden. Wie un möglich eine derartige Konstruktion eines „Heeres" gerade für Deutschland ist, erhellt aus einem einfachen Vergleich: Das wohl-ausgerüstete Frankreich sollte neben seinem wei ßen Heere jederzeit eine Kolonialarmee von 200000 Mann auf dem Festland behalten dürfen. Das ist die Wahrheit über die 200 000 Mann. Wären wir darauf «ingegangen, hätten wir uns selbst der einzigen Waffe, die wir noch haben, beraubt. Neurath hat durchaus Recht, wenn er die 200 000 Gewehre der Milizen gegen die 8 Millionen Ge wehre der Franzosen setzt. Es war geradezu ein Dolchstoß, der auf das Heer unserer Macht gezielt war. Obendrein sollten wir noch einer Bewährungsfrist ausgesetzt werden, um — vielleicht — einen Besserungsschein zu erhalten. Das alles aber wäre erst nach acht Jahren in die Erscheinung getreten! Nun ist Deutschland durch seinen Austritt aus der Abrüstungskonferenz allen diesen Plänen zuvorgekommen. So behalten wir unsere ausgezeichnete in jeder Hinsicht aus gebildete Reichswehr und können auf alle „freundlichen" Miliz-Vorschläge verzichten. Wenn je die Heuchelei Triumphe feierte, dann jetzt, wenn die ausländische Presse Deutschland Vorwürfe macht, daß es das „Geschenk" der 200 000 Mann abgewiesen habe! Oie Gnadenfrist für die Abrüstungskonferenz Nachdem die Generalkommission der in Genf zurückge bliebenen Rumpfkonferenz am Montag beschlossen hat, sich bis zum 26. Oktober zu vertagen, und am Tage vorher, am 25. Oktober, das Büro der Konferenz zusammentrcten zu las sen, sind zehn Tage Zeit gewonnen, in der die Regie- r u n g e n die Entschlüsse zu fassen haben werden, die über das endgültige Schicksal nicht nur der Abrüstungskonferenz, sondern des Abrüstungsgedankensüberhaupt entscheidend sein werden. Als erste hat die Regierung der Bereinigten Staaten ihre Stellung neu festgelegt. Norman Da vis, der amerikanische Hauptdelegierte, hat in Genf eine Erklärung veröffentlicht, die sich noch einmal zum Abrü stungsgedanken im Sinne der Rooseveltschen Botschaft vom Mai dieses Jahres bekennt, im übrigen aber in einer fast schroff wirkenden Form sich von den politischen Streitigkeiten, die die Abrüstungsdebatte in Europa ausgeköst hat, distanziert. Die Regierung der Vereinig ten Staaten stellt fest, daß sie in keinerWeisepoli- tisch an irgend eine europäische Macht ge- Kunden sei, und daß sie die Beantwortung der Frage, ob die gegenwärtigen Umstände für die Fortsetzung der Abrü stungsbemühungen günstig seien, Europaalleinüber lassen müsse. An den darüber eingeleiteten Besprechun gen aktiv teilzunehmen, lehnt die Regierung in Washing ton ab. Das isthartfür Frankreich, das die Anlehnung an Amerika so stark betrieb. Es wird möglicherweise der englischen Regierung, die sich unter dem Einfluß von Sir John Simon so stark für die französischen Wünsche engagierte, eine willkommene Gelegenheit bieten, sich eb e n- falls zurückzuziehen. In London ist die Parole für die Ausnahmestellung, in die man zu gehen gedenkt, schon ausgegeben worden. Sie heißt Locarno. Der Locarno- Vertrag verpflichte England nicht nur, Frankreich gegen einen deutschen Angriff zu schuhen, sondern auch Deutschland gegen einen etwaigen franzö sischen Einfall beizu stehen. Diese taktische Hal tung ist zwar nicht mehr diejenige einer aktiven, richtung gebenden Politik, aber sie ermöglicht es, den England jetzt höchst unerwünschten Austrag des Streites zu verhindern. Wenn so die beiden Hauptfronten stehen, ist es verständ lich, daß man in Genf vor allen Dingen fragt, was wird Mussoliniin den zehn Tagen Gnadenfrist, die der Konferenz gegeben sind, tun? Er hüllt sich bisher in Schweigen. Bekannt geworden ist nur aus der Aeußerung einer ihm nahestehenden Zeitung, daß er bei aller Anerkennung des deutschen Standpunktes die von der deutschen Regierung gefaßten Beschlüsse nicht als die geeignetsten ansieht, um zu einer Klärung der politi schen Lage in Europa beizutragen. Cs ist nicht einmal sicher, ob er im gegenwärtigen Augenblick den Wunsch hat, die große europäische Vermittlerrolle, nach der er zeitweilig sicherlich trachtete, zu spielen. Die kleinen Mächte, deren einige in der Sitzung der Generalkommission Vorbehalte gegen den Beschluß über die an Deutschland zu erteilende Antwort erhoben, haben of fenbar den Wunsch, die unfruchtbare Abrüstungs debatteüberhaupt zu beenden. Ueber den pol nischen Vorbehalt wird jedenfalls bekannt, daß er auch die Verlegung der Erörterung in eine Vier- oder Fünfmächte» Besprechung verhindern wollte. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusehen, daß die Generalkommission am 26. Oktober eine Situation vorfinden wird, die jedenfalls für die Abrüstungskonferenz genau so aussichtslos ist wie sie am 14. Oktober war. * Daß auch der französische Ministerpräsident Daladier unter dem Eindruck der Erklärung von Norman Davis die Wichtigkeit des Abrüstungsproblems für die ganze weitere Behandlung der europäischen Schwierigkeiten erkannt hat, wird in Berlin aus der Verschiebung seiner außenpolitischen Rede und aus manchen Indiskretionen der französischen Presse geschlossen. Wenn die neue Jnterpellationsdebatte von Daladier auf den 27. Oktober vertagt wurde, so kommt die sem Termin eine besondere Bedeutung zu, weil ja am 26. Oktober die Abrüstungskonferenz wiederum zusammentreten soll. Die Vertagung besagt also, daß der französische Mini sterpräsident erst in dem Augenblick zu sprechen wünscht, wo auch über die Abrüstung zwischen ihm und den anderen Staaten, die noch an der Konferenz teilnehmen, ein Aus gleich herbeigeführt worden ist. Ob die Vertagung auf der anderen Seite einen ausgesprochen deutschfeindlichen Charak ter trägt, ist im Augenblick noch nicht zu übersehen. So weit Nachrichten aus Paris vorliegen, ist es nicht völlig von der Hand zu weisen, daß Daladier zunächst einen mäßigenden Einfluß auszuüben wünscht. Das kann eine positive Reak tion auf die Rede des deutschen Kanzlers, aber ebenso auch ein taktische/ Schachzug sein. Welcher Version der Vorzug gebührt, ist abzuwarten. MMlMölWMMSMM Paris, 17. Oktober. Ueber die durch den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund eingetretene Lage führte Ministerpräsident Daladier in der Kammersitzung u. a. aus: Der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund habe in die Diskussion des Problems der Organisierung des Friedens ein neues Element hineingebracht, dessen sämtliche Folgen die Regierung gegenwärtig zu studieren sich bemühe. Die französische Regierung sei sich bewußt, daß sie von «m- zem Herzen die Politik der international«» Zusammenarbeit mit dem heißen Wunsch verfolgt habe, «in Regime des Vertrauens und der Sicherheit wie-