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Billigste Tageszeitung im Erzgevuu^ Verantwortlich« Redakteur: Ernst Funke, Aue (ErzgeSirg^ Redaktion u. Expedition itne, Marktstraße. Vrsa,«t»t täglich Nachmittags, außer au Soui». u. Feiertagen. — Preis pro Monat srei ins Hauk t'O Pfg., abgcholt 15 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgcholt Pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Tageblatt für die Stadt Uue rrrrd HwgevtMM wrstprtnt »>— Hnsernt» ne einspaltige Petitzxile Ist Pfa., ai,.tl)chr Inserate die EorpuS-Zeile 25 Pfg., Reklamen pro Zeile SO Psg. Bei 4 maliger Aufnahm Ski*/«, Rabatt. — Bei größeren Inserater ».mehrmaliger Aufnahme wird entspreä «ü höherer Rabatt gewährt. Alle Postayssalten und LandbriestrLger nehmen Bestellungen an. Nr. 62 Sonnabend, den 17. März 1900. > Aeletzstsrs. 166. Sitzung vvm 13. März Auf der Tagesordnung steht die 3 Lesung der lex Heinze. Von den Konservativen, der Reichspartei, dem Zentrum, den Polen, Welfen und Fraktionslosen ist ein von 205 Abgeordneten unterzeichnet«r Kompromiß antrag eingebracht, der folgende Aen ierungcn der Be schlüsse zweiter Lesung vorschlägt. Es werden ge strichen 1) der sogenannte Vermieterpaiagraph (§ 181b), 2) die Erhöhung des Schutzaiters des weiblichen Ge schlechts von 16 auf 18 Jahre (8 182/ und 3) der Arbeitgeberparagraph. 4) soll das Angebvt unzüchtiger Schriften, Darstellungen oder Abbildungen an Per sonen unter 16 Jahren (die zweite Lesung sagte 18 Jahren) verboten sein; 5> der sogenannte Künstler paragraph (ß 184a) soll lauten: „Mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 600 Mark wird bestraft, wer Schriften, Abbildungen oder Dar stellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamge fühl gröblich verletzen a. zu geschäftlichen Zwecken an öffentlichen Straßen, Plätzen oder an anderen Orten, die dem öffentlichen Berkehr dienen, in Aergernis er regender Weise ausstellt oder anschlägt; b. einer Per son unter 16 Jahren gegen Entgelt überlaßt oder an bietet ; 6) der sogenannte Thealerparagraph soll folgende Fassung erhalten: „Wer innerhalb öffentlicher Schau stellungen, Aufführungen oder Vorträge von Gesangs und sonstigenUnteiHaltungsstücken öffentlich ein Berger- nis giebt durch eine Handlung, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzt, wird mit Gefängnisstrafe bis zu 1000 Mark bestraft. Dieser Paragraph soll nicht, wie bisher, l84b heißen, sondern 183a, und vor § 184 stehen. Die 88 181 (qualifi zierte Kuppelei) und 181a (betr. die Zuhälter) werden debattelos angenommen. — 8 182 betrifft das Schutz alter für r nbescholtene Mädchen, das in der 2. Lesung auf 18 Jahre erhöht worden ist. Der Kompromißan trag, den Paragraphen wieder zu streichen, wird einstimmig angenommen. - Auch den Arbeiterpara- graphen, 8 l82a, beantragen die Komp.omrßparteien zu streichen. — Nach kurzer Debatte ivird 8 l82a, entspre )end dem Kompromißbeschlusse, gestrichen. — Hiermit ist die GcncraldiSlussiongeschlossen. DieEin- zelbesprechung wird aus morgen vertagt. Bei der Abstimmung übe: das Münzgesetz wird der Antrag Arendt auf Ankauf von Silberbarren und Beibehaltung der Thaler mit 161 gegen 61 Stimmen abgelehnt. Morgen 1 Uhr: Fortsetzung der Debatte Schluß halb 7 Uhr. 167. Sitzung vom 14, März. Tagesordnung : 3 Lesung der lex Heinze. Spezial beratung. Die Beratung über 8 180 betr. einfache Kuppelei erstreckt sich zugleich au> 8 181b betr. daS Wohnungsvermieten an Prostitui-rte. Nach längerer Debatte wird 8 180 angenommer.. 8 181b wird ent sprechend dem Kompromißantrage gestrichen. Alle übrigen Anträge werden abgelehnt. ritt» -e* Dlslttrfehei* rvslt. Deutschland. * Berlin, IS. März. Der Kaiser ist über Bremer, wo er im Ratskeller ein Frühstück nahm, in Kiel ein gesoffen. Dort findet heute die Taufe des jüngsten Sohnes des Prinzen Heinrich statt. * München, 15. März. Deutschland ist im Be griffe, sich auf dem Wege nach Ostasien eine neue Kohlenstalion zu sichern, und zwar die Insel El Cueit, am persischen Golf, gegenüber der Mündung des ver einigten Euphrat und Tigris gelegen. — In China stehen weitere deutsche Erwerbungen unmittelbar be vor. (M. N N.) Ausland. * Die Subskription auf die ei glische Kriegsanleihe ist geschlossen worden; die Anleihe ist zehn Mal ge zeichnet. Im englischen Parlament wurde von Mit gliedern der Regierung am Dienstag der Wortlaut der Friedensvorschläge Krügers und Steijns verlesen. De* LL*ies iir * Die Verluste der Engländer bei Drietfontetn be tragen 321 Mann an Verwundeten und etwa 60 bis 70 Mann an Toten und Bei mißten. * New-Aork, 15. März. Das „Evening Journal" veröffentlicht folgende Depescbe Vcs Präsidenten «rü ger aus Pretoria vom 13. März! Die Burghers wer den erst mit dem Tode zu kämpfen aufhöreu. * London, 18. März. Amtlich wird gemeldet: General French besetzte in letzter Nacht 2 Bloemfontein beherrschende Hügel. * London, 15 März. „Daily Chronicle" meldet aus Bloemfontein vom 13. Mär; abends; General French drohte die Stadt heute zu beschießen, wenn sie sich nicht ergebe. Heute früh w «rde eine englische^ IS. Jahrgang. Flagge gehißt und eine Deputation begab sich zum Feldmarschall Roberts, der um. 9 Uhr seinen Einzug hielt. * London, 15. März. Das KriegSamt teilt mit» daß Feldmarschall Lord Roberts in Bloemfontein eingerückt ist und dort die englische Flagge gehißt hat. * Ladysmith, 14. März (Meldung d,S Reuterschen Bureaul.) Aus hervorragender Quelle verlautet, daß die Buren mehrere stark verschanzt« Stellungen mit schweren Geschützen bei der Vereinigung der Drachen berge mit den BiggarSbergen besetzt basten. * Au» Maseking wird vom 5 März gemeldet: Die Garnison leidet sehr unter der Belagerung. Sie ist aus Pferdefleisch und aus Pferdesufter hergestelltes Brot angewiesen. Typhus, Dysenterie, Dtphteritis treten epidemisch auf. Besonders schrecklich leiden die Frauen und Kinder. Die Eingeborenen sterben vor Hunger. * Dem Reuterschen Bureau wird auS LundeanSnek vom 10. März gemeldet: Zwei britische Offiziere mit einer Abteilung Soldaten trafen gestern mit einer großen Abteilung Ausständiger zusammen, welche ge- kommen waren, um 5900 Gewehre und eine große Menge Munition auszuliefern. Man erwartet, daß sich heute noch mehr Aufständische ergeben. Wie die Gefangenen mittelen, haben sich andere Aufständische in Barklypaß ergeben. V e * 1» i f eh t e Deutschland. 8 Der Ausstand in der Berliner Holzindustrie hat sich nun auch auf alle anderen Zweige der Holzbear beitung ausgedehnt. Am Dienstag san en aus den, Berliner Gewerbegericht wieder Besprechungen mit den beteiligten Personen statt. 8 Das Bataillonskommando in Homburg v. d. H. erklärt, daß zwei Mann des Bataillons an Genick starre gestorben sind und ein Mann unter Symptv- men dieser Krankheit sich in Behandlung befindet. 8 Arbeiterbewegung. In Tuttlingen (Württem berg) legten 2500 Schuhmacher infolge von Differen zen die Arbeit nieder 8 Die bayrischen Abgeordneten haben einstimmig Zeinen Gesetzentwurf genehmigt, nach welchem 6 Mill. Mark zur Beschaffung von Wohnungen für Beamte, Bedienstete und Arbeiter der Eisenbahnen bewilligt werden. Auf falschem M-g«. Roman von Oswald Reicher. IS * Im Jahre 1835 mußte sich nicht nur das lombardisch- venetianifche Königreich dem Scepter Oesterreichsbeugen, r auch da» übrige Italien konnte sich dem Einfluß des mäch- ? tigen Doppeladlers nicht entziehen. i Seit beinahe einem Jahre galt Olga Harri» al» die * » talentvollste Schülerin des Konservatorium». DieProfesso- ren der Anstalten prophezeiten ihr großartige Erfolge. Schon zweimal war da» schüchterne Mädchen an den Hof der Erzherzogin, der Gemahlin des Vicekönigs, befohlen worden, um in deren Konzerten zu singen. Ob die schöne Engländerin in einer Oper Spontinis oder in der Norina austreten würde, war eine in allen Gesellschaftskreisen leb- * haft erörterte Frage. Ihr selbst war diese Angelegenheit verhältnismäßig gleichgiltig. Bon äußerst feinfühliger, em pfindsamer Natur, bescheidenem, fast kindlichem Wesen, bebte sie vor den Schwierigkeiten de» Bühnenleben» zurück und * weinte und betete oft im Geheimen, dieser Kelch möge an ihr vorübergchen, aber sie sah keinen Ausweg, ihrem Ge schick zu entrinnen. Sie hatte eine Schuld der Dankbar keit an ihre Tante, Frau Sator, abzutragen, „ohne da»," murmelte sie häufig, „ohne da» ..." Troy de» politischen Drucke» fehlte e» in Mailand nicht an geselligen Vereinen, aber sie wurden streng und eifer- . süchtig bewacht. Der „Orient-Klub", nach dem prächti gen Thore diese» Namen» so genannt, war der am we- ' nigsten beargwöhnte, da er vorzugsweise au» den Söh nen des höchsten Adels bestand und nur Männer der Schrift steller-, Gelehrten- und Küustlerwelt Zutritt fanden. Das Vergnügen war der Zweck, welcher die Mitglieder zusam menführte. Der Klub hat längst aufgehört, viele seiner hervorragendsten Stützen besiegelten ihre geistige Wieder geburt auf dem Schlachtfelds in einer Bluttaufe, andere sind jetzt silberhaarige StaatSinänner, Parlamentsredner - und Dichter, welche emsig an dem Aufbau Ihre» geetnig- » ten Vaterland«» arbettev M Eine Gruppe von acht oder nenn jungen Männern plauderte fröhlich in den behaglich auSgestatteten Räu men des Klubs. Der süße Orvietto der Chamvaguer und der kühlende Asti hatten die jugendlichen Köpfe zu über schäumender Heiterkeit gestimmt, ohne sie zu berauichen In dieser angeregten Gesellschaft befand sich auch ein Eng länder, ein Künstler, welcher den Auftrag hatte, in den Ge mächern der Erzherzogin eine Reihe von Fresco-Gemäl- den auSzufUhren. Der Maler Lane schien in ungesährdem- selben Alter, wie die Gefährten, die ihn umgaben. Nie mand würde fein Vaterland verraten haben, bi» er sprach und durch seinen Accent an seine Jnselheimat erinnerte. Sein Gesicht war von jener durchsichtigen Olivenfarbe, welche sonst den Südländer charakterisiert, Haar und Bart glänzten im tiefsten Schwarz, seine Kleidung zeichnete sich nur durch ihre Einfachheit au». Biele wunderten sich, daß der Fremde in diesem vor nehmen Klub zugelassen wurde, und noch mehr beneideten ihn um diesen Vorzug. Ein Wort seiner erzherzoglichen Gönnerin hatte ihm die Pforten geöffnet, sein eigenes, lie benswürdige» Wesen ihn zum gern gesehenen Gast gemacht. „Pollini," sagte der Marquis Verdi, sich an feinen Vet ter wendend, „wie weit ist Deine Angelegenheit mit der schönen, strengen Engländerin, dem neu aufgehenden Stern des Konservatorium», gediehen? Direktor Marini schwört auf sie. Himmel, welche» Auge sie hat k Welche Korallen lippen, welche Perlenzähne. Und diese Wangen, die einem Rosenblatt gleichen." „Ja, sie ist in der That vollendet schön," bemerkten einige der Herren. „Lane, Sie schauen so finster drein, langweilt Sie un ser Gespräch?" fragte der Marquis. „Ich kann mein Gefühl nicht gerade mit Langeweile bezeichnen, aber e- schmerzt mich, über eine junge Dame, Meine Landsmännin, deren Ruf bis jetzt noch keine Ver leumdung anzutasten wagte, leichtfertig scherzen zu hören." .Ja, ja. Endlich getroffen," la.ht« der Italiener. .v, «ein, nicht einmal berührt," rief -an» und «in ichivetwistigiev AuRlruck flog über sein bleiche»Gesicht, „ich bin kugelfest* „Für die Geschosse der Sicherheit?" „Für alle»; nur ittr die Erinnerung nicht," seufzte der Engländer „Dringen Sie nicht mitFragen iN mich, ich habe Ihnen nichts anzuvertrauen, werter Freund." „Dänn gestickten Sie mir, Sie stumm zu betrachten und mich in da» Studium Ihrer Züge zu vertiefen. Sie ha ben etwa» Ehrfurchtheischendes in Ihrem Wesen, Laue. Ich möchte St» anfangs nicht leiden, vermutlich, weil ich Sie nicht begriff, nicht verstand, vielleichtthue ich da» auch letzt noch nicht." > „Ich habe manchmal höchst seltsame Einfälle. Würden Sie mir glauben, daß ich mir ost wünsche, gut zu sein?" „Ich bin nicht so eingläubig, al» Sie anzunehmen schei nen," lächelte der Maler. „Pollini hat uns noch nicht gesagt, wie weit er in sei- . ner Werbung um die schön« Sängerin gekommen ist," be merkte Parca Leone. „Beichten Sie, Polltpi l" riefen mehrere Stimmen. „Ich darf mich noch keine» bestimmten Erfolge» rüh- men," erwiderte der junge Edelmann, „und ich bedaure eS ickchK Der löschten Siege bin ich überdrüssig, Schwie- rigkeiten erhöhen den Reiz und verklären den SiegeSprei». Die Holde keimt ihr« Macht über michunh.sMt, wie ich argwöhne, n«p eine gut einstudierte Rolle. Sb viel will ich Euch Mvertrauen, sie hat bereit» manchen duftigen Blumenstrauß pon mir angenommen." „O, dieser unerhörte Triumph," lachte man rsiiaSum. „Nahm sie, den letzten Strauß an, den Sie ihr anbo ten?" fragte der jung« Engländer. Da» Gesicht Pollini» verzerrte sich. Er empfand eine breunenhe Eifersucht und würde viel darum gegeben ha ben, wenn er im stände gewesen wäre, ja -« antworten, aber er war zu stolz, eine Lüge an»zuspxechen. „Sie müs sen sich ^e» Btrtranen» der Dam« mehr erfreuest styd tiefer in Ihre Geheimnisse «ingeweiht sein, «» ich vermutete," G