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Tageblatt f«r -ie Stadt Aue «uv llmgevunit. Erscheint '! täglich Nachmittags, außer au Sonn- u. Feiertagen. - Preis pro Monat frei ins HauS 25 Psg., abgeholt 20 Psg. — Mil der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" 5 Pfg. mehr. — Bei der Post abgeholt Pro Vierteljahr I Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Marl. Nr. 23 Billigste Tageszeitung im -Erzgebirge. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Knut«, Aue jErzgebirge. I Redaktion u. Expedition: An«, Marktstraße. Dienstag, den 30. Januar 1900. Auferate «titzeile sp «f, IS. Hahrgang Rabatt. Bei gdMreii Inseraten «. mehrmaliger Ausnahme Wjrdl entsprecl end höherer Rabatt-aewährt., Me Postanstalten und LlUidbrieMgsr nehmen Bestellungen an. Bekanntmachung. Herr Robert Friedrich Fritzsch aus PiurkersUach is' heute von uns als Hnndifäugec für die Dauer der jetzigen Hundesperre verpflichtet worden. Aue, am 25. Januar 1900. Der Rath der Stadt. Rudolph, Nathsassessor. Hr. Als Hausmann für das neue Stadthaus wurde hl Ute der seitherige Fabrikarbeiter Herr Christian Gottlieb Mehlhorn in Aue v- rpflichtet. Aue, den 26. Januar 1000. Der Rath der Stadt. Dr. Kretzschmar, Bürgermeister. Kühn. Derrtfstze* Aerehrtsss 136. Sitzung vom 26. Januar. Präsident Graf Ballestrem macht vor Eintritt in die Tagesordnung Mitteilung von dem Ableben der H rzogin Friedrich von Schleswig-Holstein. Der Präsi» di nt macht sodann noch Mittelung von dem Eingang der Flottenvorlage. Nunmehr setzt das Haus die Be ratung der lex Heinze bei dem von der Kommision gestrichenen 8 181b fort, welcher das Vermieten an Prostituierte straffrei lassen will, sofern damit keine Ausbeutung des unsittlichen Erwerbes der Mie terin verbunden sei. — Geh. Rat von Tischendorf führt ReichsgerichtsentscheiL ungen an, wonach schon das V rmteten an Prostituirte an sich als Vorschnbleistung ai zusehen ist. Und das sei ein unhaltbarer Zustand. — Abg. Stöcker (wildkos.) kann nicht glauben, daß schon das bloße Vermieten an sich straffällig sein solle. Nehme man aber einen solchen ausdrücklichen Para graphen an, dann würdest die Zustände noch schlimmer. Werde dieser Paragraph angenommen, dann sei es ihm sehr zweifelhaft, ob er das ganze Gesetz anneh men könne. — Geh. Rat von Lenthe bestes:tet, daß die Regierung die Prostitution als ein.notwend iges U'.bel" bezeichnet habe, sowie „daß tz I8lb die Lokaltsirung und Kasernierung zur Folge haben werde- — Abg. Gamp (Rp.) bekämpft lebhaft die Stöckerschen Ausführungen. Wenn Herr Stöcker von der Vergif tung der Kindei sprach, dann hätte er eigentlich sort- fahren müssen : Also ist Kasernierung das richtigste l (Ruse: Sehr richtig N Und zweifellos sei doch das Uebel viel schlimmer, wenn die Dirnen nur heimlich Wohnung finden könnten. Gerade dann fielen sie-den Ausbeutern in die Hände. — Abg. von Salisch (kons.) hält die Annahme der Regierungsvorlage für durchaus zweckmäßig und zwar hauptsächlich für großstädtische Verhältnisse. Für kleinstädtische Verhältnisse aber liege die Lache anders. Als Vertreter der platten Landes stimme er gegen den Paragraphen. — Schließlich wird 8 181b in der Fassung der Regierungsvorlage ange nommen. — Es folgt Z 182. Auf Antrag des Abg. Prinz Arenberg hat hier die Kommission beschlossen, daß die Verführung eines unbescholtenen Mädchens im Alter bis zu 18 Jahren (bisher bis zu 16 Jahren) strafbar sein soll. — Staatssekretär Nieberding: Dem Verführer sei schwer nachzuweisen, ab er über das Alter der Verführten informiert war. Ost werde es aber auch fraglich sein, wer verführt habe und wer verführt worden sei. — Abgeordneter Roeren (Zentr.) und Ab- geordneter Stöcker (b. k. F.) treten für Erhöhung des Schutzalie.s ein. — Abg. Heine (Soz.) stimmt dagegen. Er betont, schon jetzt seien Anklagen auf Grund des Paragraphen 182 sehr selten, weil nicht immer Anträge von den Beteiligten gestellt werden. Die Sozialdemo kraten strmmten aber auch gegen den Kommissionsbeschluß, weil in den sog. höheren Ständen die svg. höhere Tochter noch mit 18 Jahren die Schulmappe trage, in Ari eitcrkreisen dagegen die Mädchen weit früher ins Leben träten und reifer und nicht so schutzbedürftig seien. Die Abstimmung ergiebt Annahme des Kommissionsbe schlusses auf Erhöhung des Schutzalters. Darauf ver tagt sich das Haus. Aut N»<»t. Deutschland. * Der Gesandte der SÜd'äfrikc Nischen Republik Dr. Leyds traf in Berlin ein, angeblich? !ülri den Kaiser seine Glückwünsche zum'GeVutlStage darzubriug'n, in Wirklichkeit aber, um, wie iü liacis^ sö äuth in Berlin, Protest gegen die jüngste NeutratikcttSöerletzung seitens Portugals "einzüleKen.—Das Auswärtige Amt soll darauf auf nerksam gemacht werden, daß England aus Portugal starken Druck üuSübe, in der Delagoa- bai Zwischenfälle zu schaffen, die die Beseitig der Bucht als gerechtfertigt erscheinen lassen. * Aus Pekinz sind in den letzten Tagen Meldun gen über eine aufrührerische Bewegung in Schantung eingetroffen, von der auch def dortige, von Deutschen betriebene Eisenbahnbau in Mitleidenschaft gezogen wird. * Bei der ReichStägsersatzwahl im 5. bayerischen Wahlkreise (Deggendorf) wurde Graf Konrad Preystng gewählt. Ausland. * Die Machthaber in Sofia sollen gegenwärtig mehr als je die Unllbhängkgkeitserklärung Bulgariens ins Auge gefaßt haben. : Es ist ja übrigens kein Ge heimnis mehr; daß dieser Gedanke seit langer Zeit be reits den Fürstew Ferdinand lebhaft beschäftigt. * Der Emir von Afghanistan: scheint zu ahnen, daß er in nächster Zeiv sich eines unwillkommenen Besuches der Russen zu versehen habe. Er Hai den . Befehl gegeben, alle Wege, die aus dem Gebiet um Heeat nach Kuschk führen- zu zerstören und die Grenz truppen zu verstärken * Der Absetzung des Kaisers von Chin i, dessen Tod durch Mord oder Selbstmord noch nicht bestätigt ist, scheint die russische und die französische Diploma tie nicht ssrn zu stehen; bereits ,oll eine Abteilung französischer Truppen in Peking eistgerückt sein. * Frankreich rüstet sich schon aus die Möglichkeit eines Konfliktes mit, England um den Einfluß in Nordasrika. Die Regierung hat'den Befehl erteilt, t.000 Mann nach Madagaskar zu senden. Auch wer fen die Franzosen in jüngster Zeit mehr als je ihre Augen aus - die unter dem: gemeinschaftlichen Schutze StMyorst. Roman von Max v. Rosenstei«. IS Mika» Augen schweiften von dem einen zu hem an- -i Len, aber sie erkannte keinen. „Mila I" rief ihr Vater endlich. „Karl, wo ist mein Karl?" murmelte sie. „Mila, Tochter, kennst Du Deinen Vater nicht?' „Laß sie in Frieden, Alfred. Quäle sie jetzt nicht mit , T inen Fragen," ermahnte Wallram den Freund. Seltsam, daß diese Stimme Mila vertraute« klang als bi: Ihres eigenen Vaters. „Ernst/rief sie, „bist Du e», Ernst?" . „Ja, Mila." „Nicht wahr, Papa, er war es nicht, der meinen Karl tk ete ?" flüsterte sie erregt des Arzte» Hände umschlingend. „! ächt wahr, diese« Mann tötete mir den Gatten nicht?" „Natürlich nicht." beruhigte sie der Arzt. „Versuchen « »zu schlafen, liebes Kind/ Der Lehiser ächzte und rang die Hände. „O, die Arm« P i ihren Verstand verloren," jammerte er. „Hörtest Du, »,S sie sagte, Ernst?" „Ja," antwortete Wallram, Mila noch immer mit ßt »selben trauervollen Blick beobachtend. „Der Arzt verbietet Dir zu sprechen," rief der Vater, st»', zärtlich über die Tochter neigend. „Du erkennst mich Kl h, mein Kind?" „Ich glaub« wohl," erwiderte sie, die Augen auf» « »«Mießend. „wenn sie allein gelassen wird, hoffe ich für ihre Ge- m 'ung etnstehen zu können, andernfalls nicht," sagte Dr. P lson ernst. „Könnten Sie nicht eine zuverlässige Wär- U m für die Krank« besorgen?" „Möchtest Du mir nicht Frau Matthews schicken» Ernst?" st gte Laver. „Ich bin so ratlos wie ein Kind." „Nein, Alfred, sie versteht sich zu schlecht auf Kranken- pfl tge, und überdies hat Mila sie nicht gern/ „So muß ich mich im Dorf, nach «in« solchen Person umsehen," seufzte Xaver. „Die Krankheit wird doch keik» langwierige werden, Herr Doktor ? " „Darüber läßt sich jetzt noch nichts sagen," erwiderte der Arzt ausweichend. „Komm mit mir in die frische Luft, Ernst,"!bat Xa- ver. „Draußen wollen wirkte Angelegenheit besprechen/ die mir noch immer wie ein entsetzlicher Traum erscheint. Mila spricht wie eine Irre, und ihr Gatte, großer^Gött, ihr Gatte liegt hier nebenan al» Leiche. Wie da» zuging, begreife ich nicht, ich weiß nur, daß wir alle drei plötz lich eine schwere Heimsuchung erfuhren." „Ach ja," stimmte ihm Wallram zu, den Freund in den kleinen Borgarten begleitend und ihn vor der Zudring, lichkett der noch immer neugierig umherspähenden Dorf bewohner schützend. „Wenn Mila einer Wärterin bedarf, Ernst," begann Laver wieder, „wäre Jenny Matthews doch wohl die ge eignetste Person. Steift un» nicht fremd, und Fremde um mich zu dulden, wäre mir jetzt ungemein lästig. Wa» bringt Dich?auf die Vermutung, Mila lieb« Deine Haushälterin „Giebt e» irgend jemand, der sie liebt? Kannst Du sie leiden, Alfred?" „Ick? Ich w^h wirklich nicht." „Und ich denke, lmch sie hat Mila nicht gern: sie war eifersüchtig darauf, daß Deine Tochter während meiner Abwesenheit al» Herrin und Gebieterin nach Stillhorst' kam. Merktest Du garntcht» davon?" » „Nein, ich sah und hörte nicht». Mila heimlich »erhei ratet au» Furcht vor ihrem eignen Vater, während ich ' ste sür eine zärtliche, gehorsame Tochter hielt! Ahntest Du etwa» von der Geschichte, Ernst?" „Ich hörte gestern zum erstenmal davon." „Wer erzählte sie Dir?" ' " „DerLote,der jetzt bereit» schlummernder arm«junge Mensch, der wie ein Grashalm von der 'Erde wchgtfegt wurde. Ach, und ich hatte einen so schöqe« Plan «»sei» n«m und Milas Vesten «ttwvtsen, um chnen -ü bttvet- len- Käß ich'-Nicht--ttfkfichtig^vvri öder ihm grollte, wie «r sich vielleicht einbildete." „WeMvWt^erbäsMhaü haben?" „Ich gebot ihm, dey Gutshof schon äin-nächsten Mor gen zu verlassen." „^v "Mb es kleinen Streit zwischen Euch?" fragte der Lehrer lebhaft. '.Nicht Aeräde einen Streit." „Warte einen'Augenblick, ich höre Mila» Stimme wie- dtr." Laver eilte in dä» HauS zMrlick, kehrte aber nach we- Niaen Minuten Mit kummervollem KopfschnttÄn wieder. iE» war Nicht»," seufzte er. „Hatte Karl nicht Äne Schwe- ster, Ernst?" „Za,'«ine sehr kränkelnde Person." „Wo wohnt sie?" „In'Preston." .Dir sollten sie von dein Ungljtcksfalle unterrichten." „Ick telegraphierte ihr bttrlt» " Mter-treuer Ernst," .rief Xaver, dem Gutsherrn die Hand drückend, „Du denkst stet» an alle». Ich wnnschte Deine klare, ruhige Ueberleguna zu besitzen." „UiMiHMnschte mir Dein kühle» Hirn und Dein gleich- mäßig pulsierende» Herz und dk Fähigkeit, Mit derselben SUffima wi^DuaufÄldaSDttsetzliche schauen zu können." bin.ganz und garnicht gefaßt, Ernst. Ich bin wie verstört und vernichtet." " * ^gchoseha nicht» dergleichen, Alfred." ^QErnst, die Krankheit und da» Unglück Meiner Toch- »«ttasen nflch , härter al» Dn ahnst. Ich will-dein Toten iMihl verzechen, aber ich kann «» nicht so-leicht verschnitt- zen, daß er mein-Kind überredete, niich zu.htntergchen." „Unser« Borwürfe konunen zu spät, Alfred. Karl Gou- - 's. wakinberztger, junger Mensch, etwa» leicht- "stetig zwar, »aber nicht ünidel, und'bie Zeit hätte de» , kn ihm tag, zur Reife gebracht " .AMeit in tbren Schoß aufge- twltnmjn, Wmst. Aber zunächst mnH ich daran dtllkrl!» nrei» »««mnenMUa ein, Wärterin sjttvttschaffen."