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Auerthal-Zeitung : 22.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189901225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18990122
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18990122
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-22
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 22.01.1899
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ki , ,«» >«h«» r«». ? Mffel. Wie bereit» jetzt feststeht, tvstdkaS »Mervaar in den Tagen deS 26. uno 27. Mai t^Sassel residieren, um dem Wettstreit der «Men Männer-Gesang-Vereine beizuwohnen. a, »eberreichung des Preises an den siegenden «ein wird diesmal persönlich durch die Kaiserin folgen. SS werden an 10000 Sänger er» artet. l Dresden. Sämtlichen Postunterbeamten Dre-denS ist, wie daS Meist. Tagebl.' meldet, Hre Verfügung zur Unterschrift unterbreitet Horden, durch die sie von der Oberpoftdirektion Hör dem Betreten solcher öffentlichen Lokale ge- warnt werden, in denen das bisherige Organ für die Postunterbeamten, der .Deutsche Post» bot«' autzlirgt. — Es wird angenommen, daß der hier» selbst vor einigen Tagen aufgetretene Brillanten schwindler derselbe ist, der am 15. Dezember v. in Köln ein Brillantenhalsband und 10 Herren- Uhrketten im Gesamtwert von 9000 Mk. auf betrügerische Weise sich zu verschaffen wußte, lieber die Person des Gauners fehlt auch heute noch jeder Anhalt. Hannover. Ein großer Uhrendiebstahl wurde in der Nacht -um Freitag bei einem hiesigen Uhrmacher verübt. Die Diebe haben die vor dem Schaufenster befindliche Jalousie hochgehoben, die Glasscheibe eingeschlagen und dann aus dem Auslageraum eine beträchtliche Anzahl Uhren entwendet. Der Gesamtwert der gestohlenen Gegegenstände beläuft sich auf etwa Mainz. Am Dienstag vormittag ist ein neu aufgeworfener Eisenbahndamm über den Floßhafen gerutscht. Der auf dem Damm be findliche, aus Maschine und vier Materialwagen bestehende Zug stürzte in das Wasser. Das Zugpersonal rettete sich durch Abspringen. Essen. Zwei Kinder eines hiesigen Arztes wurden erstickt aufgefunoen. Ihre Amme hat sich erhängt. Aufklärung fehü noch. Danzig. Bei der Einfahrt eines Personen zuges in den Bahnhof Rheda stürzte am Montag ein Passagier, dessen Persönlichkeit bisher nicht festgestellt werden konnte, dadurch aus dem Zuge, daß er vorzeitig die Wagenthür öffnete. Er wurde überfahren und auf der Stelle getötet. Thorn. Der Briefträger Ganatinski in Mocker, der von der kaiserlichen Disziplinar- Kammer in Danzig wegen Hineinlegens polnischer Flugblätter in von ihm bestellte Zeitungen zur Strafversetzung unter Verminderung seinjes Dienst einkommens um ein Zehntel verurteilt worden war, ist, nachdem das bezügliche Urteil Rechts kraft erlangt hat, auf Anordnung des Reichs postamts in den Bezirk der kaiserl. Oberpost- Direktion zu Kassel versetzt worden. Speyer. Am 14. d. abends ist in Otters heim ein Mordanschlag gegen den katholischen Kaplan Löffel verübt worden. Als der Geist liche abends sein im zweiten Stockwerk des Pfarrhauses gelegenes Zimmer betrat, und das Licht anzuzünden suchte, wurde auf ihst plötzlich ein scharfer Schuß abgegeben. Die Kugel durch schlug das Fensterkreuz und fuhr jedenfalls in die Decke, denn diese ist stark beschädigt. Von dem Thärer fehlt bis zur Stunde jede Spur; man nimmt an, daß es sich um einen Racheakt handelt. Metz. Der Oberlazarettgehilfe Müller vom rheinischen Fußartillerie-Regiment ist Montag abend am deutschen Thor von drei Strolchen überfallen und derart gemißhandelt, daß er am nächsten Morgen gestorben ist. Die Angreifer sind verhaftet worden. Prag. Der Techniker Biberle vom studen tischen Korps Suevia ging Montag nachts um zwei Uhr durch die Komenskygasse nach Hause und sprach vier ihm begegnende Herren aus tschechisch um Feuer für seine Zigarre an, das ihm jedoch verweigert wurde. Als Biberle sich hierüber auf tschechisch beklagte, fielen die vier über ihn her, warfen ihn zu Boden und miß handelten ihn. In äußerster Bedrängnis zog Biberle einen Revolver und feuerte drei Schüsse ab, ohne in seiner Lage zielen zu können. Zwei Schüsse trafen, der eine verletzte den einen der Angreifer leicht cm der Hand, der andere traf Wirbelsäule stecke». Diese Verwundung erwies Nacht im Krankenhaust,' wohin man ihn schleu nigst geschafft hatte. Biberle «mdt verhaftet. Die Tschechen behaupten, zuerst von Biberle be leidigt und angegriffen worpey zu sein, was jedoch unter, den obwalstnßen UtHKttmu ganz London. Seit vielen Jakren kLicken de Souveräne Europas der Königin WML tv t ,LadyS Pictonal' mitteilt, die DeMUn, de ihr. Land allein in der Güte erzeugt. So schickt der deutsche Kaiser seiner Großmutter alljährlich einen Eberkopf. Die Kaiserin Frttdrjch, lendet Pfefferkuchen. Der verstorbne -PrstAKemahl Albert chatte die deutschen Pfefferkuchen oeszyders gern. Man hat sie auch m Mglan« und nqwit Oe dort .Ingwer-Brot", aber 'die-vollendung der deutschen Pfefferkuchen erreichen sie doch nicht. Die Gabe des Zaren Nikolaus, besteht in. einem unge heuren Stör, und die des KafferSÄlmDeMrelch in einem Dutzend Flaschen auserlesenen Tokgyers. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin sandte letztes Mal zu Weihnachten Gänseleber pasteten, und die Kronprinzessin von Griechen land Gewürz und eingemachtes yhst. *( Palermo. Ein entsetzlicher Racheakt wurde in Termini begangen. Dort erhielt der Pro fessor an der technischen Schule, Evangrlisti, einen anonymen Brief mit dem Poststempel Sulmona, in welchem man ihm die baldige .Er mordung seines einzigen - Kinde?. Mündhgte. Am Tage darauf fand er sein Söhnchen vvll- ständig verbrannt in seinem Wohnzimmer vor. Es scheint, daß man das Kind mit Schießpulver bestreut und das Pulver angezündet hat. Der Eindruck dieser Schreckensthat tst unter der Be völkerung ein ungeheurer, zumal da Evangrlisti allgemein beliebt ist, und man auch nicht die geringste Spur von dem Thäter hat. Brüssel. Die Spielwut treibt in Belgien immer üppigere Blüten. In der Provinz Nomur befinden sich in den bei Rochefort befindlichen zerklüfteten Kalkmulden großartige Höhlen. Diese Grotten wurden bisher durch Magnefiumlicht beleuchtet; ein einzelner Besucher muß für ihre Besichtigung fünf Frank, eine Gesellschaft nur die Hälfte für jeden Besucher entrichtest; aber das Durchschreiten der Grotten erfordert an zwei Stunden. Jetzt ist in Brüssel eine Gesell schaft mit 1200 000 Frank Kapital, das sofort auf 2 200000 Frank gebracht werden kann, er richtet worden. Die Grottenbesitzer haben gegen Zahlung von 70000 Frank in ba>- und gegen 500 Aktien von je 1000 Frank der Gesellschaft die Ausbeutung der Gesellschaft überlassen. Da zu gehört auch ein Kasino, in dem ein großer Spielsaal eröffnet wird. Jeder Grottenbrsucher kann auch ein Spielchen machen. Alles wird weltstädtisch umgestaltet; auch elektrische Beleuch tung wird eingerichtet. Also eine neue Spiel hölle! Kopenhagen. Der Brauereibefitzer Karl Jakobsen hat dem Magistrat von Kopenhagen mitgeteilt, daß er alle seine Kunstsammlungen der Stadt Kopenhagen zu schenken beabsichtige unter der Bedingung, daß für die Kunstschätze ein zweckentsvrechendes Gebäude geschaffen werde. Der Wert der Sammlungen wird auf über 5 Millionen Kronen geschätzt. Stockholm. Die Einwohner des kleinen Städtchens Orsa (Provinz Dalekarlien) erstellen sich der glücklichsten und vorzüglichsten Lebens bedingungen. Die Stadt besitzt nämlich uner meßlich große Wälder, die jährlich enorme Summen m den Stadtsäckel fließen lassen. Die Stadtverwaltung hat unlängst für 9 616 000 Kronen Holz verkauft, und Sachverständige haben bekundet, daß diese kolossalen Einnahmen, ohne daß der Bestand der Wälder deshalb er heblich vermindert zu werden braucht, noch lange Zeit gezogen werden können. Die Einwohner von Orsa brauchen keine Steuern zu zahlen; ein Telephonverkehr, der unentgeltlich funktioniert, verbindet jedes Haus und jede Hütte des Städtchens. Außerdem gibt es in Orsa eine anwatts sestzunehmen. Der Prinz wurde abends i« der Equipage. des Präfekten nack d« LoMranie Grrichtshalle. Berlin. Wegen MajeftätSbeleidigung ist am -Montag der polnische Arbeiter Stendara, der als gefährlicher Schwätzer bezeichnet wird, zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Bei Erwäbnung des Mordes der Kaiserin Elisabeth in der Werkstatt hatte der Angeklagte einige Redensarten dazwischen ge worfen, die schwere Beleidigungen des Kaisers Wilhelm enthielten und zugleich eine Billigung der artiger Blutthaten ausdrückten. Offenburg. Ein merkwürdiger Schwurgerichts prozeß spielte sich hier dieser Tage ab. Auf der An klagebank saß der 22 Jahre alte Bauernbursche Eduard Wahle, angeklagt des Totschlagversuchs, be gangen an der 17jährigen Luise Kern, ru der der junge Romeo in heißer Liebe entbrannt war. Sie konnten aber zusammen nicht kommen, denn Wahles waren katholisch und Kerns Prolestantisch, so daß der junge Wahle sich fast „hinterdachte" und sein Gemütszustand sich immer mehr verdüsterte. In glühenden Liebesbriefen gab der Aermste seinem Schmerz Ausdruck, zugleich aber auch dem Gedanken an Selbstmord. Aber nicht allein wollte er sterben, sondern sich mit der Geliebten im Tode vereinigen. Zu dieser gedrückten Gemütsstimmung kamen die Folgen einer mehrtägigen Kirchwcihtrinkerei und in diesem Zustand begab er sich nach einem dem Vater der Kern gehörenden Acker, auf dem Luise mit ihrer Schwester mit Welschkornbrechen beschäftigt war. Er reichte seiner Angebeteten einen Zettel, auf dem er ihr mitteilte, daß er ge sonnen sei, mit ihr zu sterben, da er sie nicht lebendig in den Armen eines andern sehen könne. Die Dorfschönc war aber weniger romantisch ver anlagt, sie lachte ihn einfach aus. Das brachte den armen Wahle vollends aus dem Häuschen und er gab aus allernächster Nähe vier Schüsse auf die Geliebte ab, die zwar sämtlich trafen, aber keine erheblicheren Verletzungen im Gefolge hatten. Hierauf begab sich Wahle in die Wohnung des Gendarmen und legte den Revolver mit den Worten auf den Tisch, er habe seine Liebste er schossen, die ihm untreu geworden sei; er habe sich auch selbst erschießen wollen, habe aber keine Patrone mehr gehabt. Jetzt weinten sie beide, er auf der Anklagebank, sie auf der Zeugenbank, indem sie schluchzend ihren Nachbarn versicherte, daß sie „ihren Eduard trotzdem heiraten werde". Und das kann bald geschehen, denn nach einer glänzenden Rede des Rechtsanwalts sprachen die Geschworenen den Angeklagten frei. Kirnte» Allerlei. Ueber Hochwasserverwüstungen, beson ders im Schwarzwald, laufen fortgesetzt schlimme Meldungen ein. Alle Eisenbahnen im Donau thal zwischen Hüfingen und Pforen mußten den Betrieb einstellen. Die Häuser stehen einen Meter im Wasser. In Neustadt wurde ein Beamter von den Fluten weggerissen und ist ertrunken. Zahlreiches Vieh ist umgekommen. Auf dem Schwarzwald schmelzen große Schnee massen, die Wasser stürzen tosend in die Thäler hernieder, die meisten Landstraßen find völlig zerstört. Unterhalb der Station Mambach wurde die Bahnlinie von einem Erdsturz verschüttet. In dem tiefer gelegenen Magazin des Rührorter Hafens ist der Betrieb eingestellt. In dem ge samten Rheingebiet steigt das Wasser fortgesetzt rapide. Ein Fesselballon soll dem Vernehmen der ,Nationalztg/ nach in der Nähe von Berlin demnächst eingerichtet und in großer Höhe dauernd erhalten werden. Derselbe wird mit selbst messenden Instrumenten ausgestattet und zu fort laufenden meteorologischen rc. Untersuchungen dienen. Einer von «ns beiden. Als einst Moltke in Ragaz war, ging er allein durch den Wald nach dem Dorfe Pfäfers. Es war sehr heiß geworden uud er verspürte großen Durst, daher trat er in eine Dorfschenke, um sich Äst einem Trunk zu erfrischen. Der Wirt setzte sich zu ihm und fragte: „Wohl Kurgast in Ragaz?" — „Ja." — „Der Moltke soll ja da sein." — „Ja." — „Wie schaut er denn aus?" — „Nun, wie soll er denn aussehen ? Wie einer von uns beiden!" Falscher Alarm. Sie: „Männchen, ich werde zu stark! Ich fange an, ängstlich zu werden — ich wiege jetzt bereits über 80 Kilo gramm !" — Er: „80 Kilogramm? Wo hast du dich denn wiegen lassen?" — Sie: „Bei unserem Kohlenhändler." — Er: „Na, da kannst nötig, aber er hatte dem Verhör „Moiffeign«»" beiwohnen wollen, um dem „Herzog" MO- teilen, daß er vor dem Polizeigericht eine-Vch- tagung verlangen konnte. Dann ließ er den . „erlauchten Gefangenen" auf verschiedenen Um wegen, statt durch die Treppe deS^ Polizei- Gefängnisses in daS Kabinett d«S HlktuarStstr 8. Kammer geleiten. Dort wartete „Mön- seigneur", bis die Gerichtssitzung eröffnet wurde, in der er nur einen Augenblick erschien und die Vertagung erlangte. Er wurde nach der Coneiergerie zurückgerührt,, die er,dank den zartesten Aufmerksamkeiten ganz verhandelt fand. In der Zelle des „Herzogs" stand ein weiß lackiertes Bett, zwei Rohrstühle, ein Tisch und der Lehnsessel der Königin Marie Antoinette. WaS würden die Wände erzählen, wenn sie reden könnten. In diesem reizenden Gemach wurden dem Schützling des GeneralprokuratorS die feinsten Soupers serviert: keine Grogs, wohl aber die besten Weine und die erlesensten Delikatessen, daS alles in einem silbernen Tafel service mit dem Wappen des Herzogs. Den Glanzpunkt seiner Leistungen verlegte aber der General-Staatsanwalt auf den Gerichtstag. Den Saal füllte der Adel des Faubourg Saint-Ger- main, der gekommen war, um seinem König zu zujubeln. Statt des Thrones harrte leider die Anklagebank des Herzogs von Orleans. Da ließ der Generalprokurator einen Stuhl für den Be schuldigten herbeibringen. Und so durste der Sohn des Grafen von Paris, der nach Frank reich gekommen war, um „aus der Soldaten schüssel zu essen" sich bequem »wischen zwei gut gekämmten, schmucken, für di« Gelegenheit auserkorenen Polizisten im Gerichtssaale nieder lassen. Dieser Generalprokurator wollte sich Monseigneur für eine mögliche Zukunft geneigt machen. Sein Name ist bedeutsam genug : er hieß Quesnay de Beaurepaire." große Anzahl von Schulen mit durchaus tüchtigen Lehrkräften, deren Unterricht unentgeltlich ist. Cadiz. Der auS Havana hier etngetroffene Sarg de» Christoph Kolumbus tst geöffnet worden; in demselben befanden sich nur Asche und einige Knochenreste. Der Sarg wurde sodann wieder geschlossen. Der Aviso „Giralda" wird den Sarg nach Sevilla bringen, wo er feierlich empfangen und in die Kathedrale über geführt werden soll. Peter-bnrg. Unter den Tataren in Rostow am Don herrscht fortgesetzt eine jeder Beschrei bung spottende Not. Hunderte halbverhungerter und zum Skelett abgemagerter Gestalten wanken auf den Straßen umher und sind teilweise nicht mehr im stände, aufzustehen. In elenden Keller wohnungen, auf feuchtem Heu, hocken oft fünf zehn und mehr Frauen, Männer und Kinder »zusammen. Brot ist gar nicht vorhanden, und Wasser muß gekauft oder vier Werst weit aus dem Don geholt werden. Ein Augenzeuge auS jenen Gegenden schildert in den furchtbarsten Farben das Elend dieser Aermsten, die ohne jeglichen Verdienst und Hilfe verkommen müssen. Aus Pari». Der Schluck Rum mit Wasser, den die Richter der Kriminalkammer Picquart während seines Verhörs zur Verfügung stellten, hatte es bekanntlich dem ehemaligen Staatsanwalt Beaure paire angethan. Er fühlte ob dieser zuvorkom menden Behandlung eines Gefangenen sein staatsanwaltliches Gewissen beunruhigt, ging hin, bezichtigte seine Kollegen der Parteilichkeit und rettete so die Ehre der Justiz. Wie geeignet gerade Beaurepaire war, die Rolle des ge kränkten Gewissens zu spielen, zeigt die sehr interessante Erzählung eines Mitarbeiters der ,Aurore'. Er schreibt: „Am 9. Februar 1890 Iras der junge Herzog von Orleans insgeheim in Paris ein. Der Polizeikommissar Clöment du beruhigt sein — dann wiegst du bestimmt erhielt von der Staatsanwallschaft Befehl, ihn ! um ein Drittel weniger!" ...u. Gründen sehr erwünscht gewesen wäre, da es auch häufige Konferenzen mit dem Notar gab, zur Regelung des Nachlasses, so erklärte er, daß ihm seine Gesundheit das höchste und viel wichtiger sei als Geld und Geldeswert und daß er für vier Wochen nach Berlin gehen werde. Schon war alles für die Reise geordnet, die Koffer standen gepackt, als Ferdinand am Morgen der beabsichtigten Abreise, nach einer qualvoll verbrachten Nacht, im Fieber angetroffen wurde. Mit kundigem Blick erkannte der Arzt so gleich, daß eine typhöse Krankheit im Anzuge sei und traf seine Vorkehrungen. Zwei barm herzige Schwestern aus dem Krankenhaus zu L. teilten sich in die Pflege des Patienten, der entweder gänzlich apathisch auf seinem Lager ruhte oder von den qualvollsten Fiebervor stellungen geplagt wurde. Wieder beschäftigte sich die allgemeine Teil nahme mit dem Besitzer von Schloß Ellernhoff. „Ruht denn ein Fluch auf dem Erbe des Frei herrn Hans Kaspar, daß es dem jeweiligen Erben Tod und Verderben bringt?" fragte die Menge und schüttelte den Kopf. Doch die schlimmsten Befürchtungen blieben unerfüllt. Ferdinand überwand glücklich die gefährliche Krise, und von da ab besserte sich sein Zustand zwar langsam, aber stetig. Trotz der Ungeduld des Kranken, der stets davon sprach, Ellernhoff zu verlassen und die verschobene Erholungsreise anzutreten, wollten sich die Kräfte nicht wieder einstellen, um solche Strapazen auszuhalten; der Arzt wollte ihm da« Reisen nicht gestatten. Der Gedanke, daß demnächst die öffentliche Verhandlung gegen Richard Strehlen stattfindcu sollte, beunruhigte Ferdinand sehr, und er bat seinen Arzt, seine öffentliche Vernehmung aus Besorgnis für seinen Gesundheitszustand zu ver hindern. .Doktor Wenkland beruhigte seinen Pattenten durch die Versicherung, daß er es ihm nicht ge statten würde, sein Zeugnis persönlich im Ge richtssaal abzugeben, wenn dies nur den gering sten nachteiligen Einfluß auf dessen geschwächte Gesundheit zu äußern drohte. » So vergingen dem Kranken Tage und Wochen mit bleierner Langsamkeit. Er be schäftigte sich eifrig, mit Brieffchreiben, empfing auch viele Postsendungen. Doch Ruhe und Friede wollten nicht in sein verdüstertes Gemüt wiederkehren; er fühlte nichts von der Wen Seligkeit eines Genesenden. Am Tage mochte das stoch angehen, da war Ferdinands Geist durch manches beschäftigt und zerstreut. Doch sobald die Schatten der Nacht sich herabsenkten/ schienen sich t>ie hohen, öden Gemächer, die langen Korridottz mit ge spenstischen Wesen zu bevölkern; bleiche ver zerrte Gesichter blickten dem Letzten der Ellern host aus allen Ecken und WjnkelN entgegen und versolgten ihn mit starren Angrü übekalt hin. Das waren die Ahnherren und Ahnstauen des alten Adelsgeschlechtes, deren Bilde? sorglich aneinandergereiht, von der braunen Holztäfelung des Gemaches sich abhoben. Zuktzt in der Reihe, das pehvche JamMMMMAeißen Gewände mit den blotMst" HfWveNn — Therese Ellernhoff. Und da stand vor dem Augc seines Geistes ein Schreckgebilde, eine Feuersäule, aus der die fleischlosen Arme eines gequälten Weibes sich erhoben. Von den Wahngebilden seines erwachten Ge wissens verfolgt, floh Ferdinand in solchen Stunden aus dem Zimmer; er warf sich auf sein Lager, das Antlitz mit beiden Händen be deckend, und stöhnte laut auf. 7. Der Tag war gekommen, an welchem der Prozeß Strehlen vor dem Schwurgericht in L** verhandelt werden sollte. Ein rühriges Leben und Treiben hatte schon vom frühen Morgen an auf dem Marktplatze geherrscht, wo auch das Gerichtsgebäude, ein alter finsterer Bau aus dem Mittelalter stammend, gelegen war. Diejenigen, welchen es geglückt war, Einlaßkarten zu er halten, und es waren die angesehendsten Be wohner der Stadt und Umgegend, hatten sich schon zeitig eingefunden, denn sie wollten nichts von dem effektreichen Schauspiel verlieren, das ihre Neugierde sich versprochen, und an inter essanten Einzelheiten mußte ein derartiger Sen- sationsprozeß ja reich sein. Zur bestimmten Stunde traten die Geschwo renen ein, und bald darauf erschien auch der Gerichtshof. Tiefer Emst lagerte auf den Ge- sichtern der Männer, von deren Wahrspruch das Schicksal, ja daS Leben des Angeklagten avhtng. Die Erregung der Menge erreichte den höchsten Grad, als die Thür zu einem Neben zimmer des Gerichtssaals geöffnet ward; von dort her mußte der Angeklagte einsteten. Zuerst jedoch erschien der Verteidiger, Dr. Helmer, um sich auf einem erhöhten Sitze hinter der Bank des Angeklagten niederzulassen. Als die Thür jetzt wieder geöffnet wurde, flüsterte und zischelte man im Zuschauerraume: „Er kommt!" Und neben einem Wachtposten mit geladenem Gewehr erschien die hohe, schlanke Gestalt Richard Strehlens in schwarzem Anzuge, die Wangen fahl und hager, eine tiefe Falte zwischen den Brauen, die Blicke gesenkt. Als habe die Anstrengung des Gehens ihn völlig erschöpft, ließ er sich schwer auf der Bank nieder. Nach einer kleinen Weile glitt sein gleichgültiger, müder Blick über die versammelte Menge hin. Lorgnetten, ja Operngläser, wurtzen erhoben, damit man den Angeklagten nur ja recht deutlich sehen konnte. Endlich eröffnete der Präsident die Verhandlung, die Personalstage wurde rasch erledigt, und der Staatsanwalt begann mit dem Verlesen der Anklage, in welcher alle Bedachts momente, einer Kette gleich, geschickt qneinaicher- gereiht warenunddenAngerlagtenschwerbelasttten. Nurzuweilen zuckte der Angeklagte nervös zusammen, verhielt sich aber im ganz?» ruhig; man hätte sagen können gleichgültig, als Ange ihn das alles nichts an. Wofür sollte Richard sich auch noch interessieren, war Therese Hoch tot, sie, die der Leitstern seines Lebens genüsen, der fein Herz mit ttefer inniger Liebe gehört Hatte. Nach Verlesung der Anklageschrift lieH sich Richard wieder auf der Anklagebank niedM An die Gefahr, die ihn selbst bedrohte- da«e er nicht einmal; eS lag wie ein dumpser.PnÄ auf seinen Nerven. g» i» (Fortsetzung folgt.)
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