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Auerthal-Zeitung : 18.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189812185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981218
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981218
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-18
-
Monat
1898-12
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 18.12.1898
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»DlMfche Deutschloed. *Der Kaiser reiste « Mittwoch Wh : Jagd nach Springe. * Der braunschweigische Staat»- nißer Dr. v. Otto hat eine Enlärung ver> laßt, in der er eine» Gerücht entgegentritt, r ihm eine Aeußerung über die Reg ent last des Prinzen Albrecht in den und gelegt hatte. Danach sollte er gesagt ben, der Regent habe allerdings den Wunsch labt, die Regentschaft nicht mehr weiter zu )ren. Der Minister läßt dies ausdrücklich für wahr erklären. *Zur lippischen Angelegenheit ldet die ,Nat.-Ztg.', daß der Antrag, der undeSrat möge sich zwar für zuständig : Erledigung des fchaumburgischen Antrages lären, auf sein Recht aber zu Gunsten der ppifchenLandeSaesetzgebung der- yten, vom Königreich Sachsen gestellt rden ist. -Auf Beschluß des Senioren-Kon- ntS de» Reichstags ging der Reichs- , am DonuerStag in die Weihnachtsferien d wird am 10. Januar wieder zusammen- ten. , * Der Staatssekretär Gmf PosadowSky hat r Reichstag mit Rücksicht auf die neue LegiS- urveriode aufgefordert, die Wahlen der von , m die Kommission für Arbeiter iti st ik zu entsendenden Mitglieder vorzu- jmen. Diese Kommission besteht aus dem rfitzenden und 14 Mitgliedern. Von den tgliedern werden sechs vom Bundesrat und >en vom Reichstag gewählt, ein Mitglied er- "Ader Reichskanzler aus den Beamten des < Statistischen Amtes. Ausdehnung des Checkverkehrs r Vermittelung der Reichspost wird männischen Kreisen, soweit die großen luptftädtischen Handelshäuser in Betracht ? ..i, sympathisch begrüßt, und zwar beson- -eshalb, weil sie von der neuen Einrich- g rin; Erziehung des Publikums zur Ver- fachung des Seldverkehrs erwarten. Femer d angenommen, daß durch den Postcheckver- r eine Ermäßigung der Handlungsunkosten rohl bei den Grossisten wie bei den Detail- ten herbeigeführt werden wird, wenn dem neren Kaufmann, Handwerker und Beamten bequemerer Weg für die Begleichung seiner hlungen eröffnet wird. Eine Schädigung des nkgeschästs wird von dem Postcheckdienst nicht gewärtigen sein, da die Kreise, welche sich an Banken und Bankhäuser wenden, auch cerhin auf die vollkommeneren Einrichtungen selben angewiesen werden. * Bedürftigen Inhabern des Eisernen euzes soll nach dem ,Berl. Tgbl.' beab- tigt werden, einen Ehrensold zu gewähren, m schätzt die Zahl der Bedürftigen auf etwa 000, was bei einem Ehrensold von 150 Mk. jeden einen Kostenaufwand von drei Mill, ack erfordern würde. Oesterreich-Unaar«. * lieber eine angeblich bevor- hende Fürstenbegegnung in Wien d gemeldet, daß die Prunksäle der neuen durg eiligst fertiggestellt werden sollen, was derx-bevorstehenden Durchreise des Zaren zu uptz Müch in Venedig zusammenhängen soll, dukK Lie Herstellung freundlicher Beziehun- zwischrn -Frankreich uird Italien erleichtert de."- Der Zar dhrfte im März in der euer Hofburg zu Gäst sei». Ob damit auch für, April angekündigte Reise des Kaisers Ihelm nach Rom und Sizilien, die über Wien en könnte, zusammentreffe, sei unbestimnit. * Der Abg. Menger ist im Ausgleichs schuß noch einmal auf die Anmaßung des Rutowski gegen den deutschenKon - l i n. B<i r u t zurückgekommen. Diesmal elt er von Herrn v. Bilinski als Vorsitzenden lefreiheit. Das Ergebnis war, daß der ndelsminister Dipauli selbst fol- des erklärte: „Der Regierung ist von der Gelegenheit nichts bekannt. Mir selbst ist die hricht vor einiger Zeit als Gerücht zuge- men, und auf diesen, Wege dürfte sie auch owski bekannt geworden sein. Ich wieder holt, der Regierung ist absolut nichts bekannt, und bemeßt weiter, die Sache kann auch nicht wahr fein, well der deutsche Konsul in Beirut BerufSkonsul ist und daher kauf männische Geschäfte gar nicht machen darf. Ich hoffe, daß damit diese über Gebühr aufgebauschte Angelegenheit endgültig erledigt ist/ Frankreich. *AuS dem Halbdunkel ihres jetzigen Auf enthaltes will eine vielgenannte Persönlichkeit wieder auf die Bühne des DreyfuS- Dramas treten. Esterhazy, der sich unter falschem Namen in Amsterdam aufhalten soll, erklärt sich in einem Briefe an den ersten Präsidenten des Kaffationshoses gegen Zu sicherung sicheren Geleites bereit, vor der Kriminal kammer zu erscheinen, um allen verhörten oder noch zu verhörenden Zeugen gegenübergestellt zu werden und über alle ihn selbst betreffenden Punkte auszusagen. Er wolle die Ehre seines Namen und seiner Kinder verteidigen und auch die Ehre eines Toten (Henrys), mit dem eine Schuld zu teilen, die weder für den einen, noch für den anderen bestehe, er nicht geneigt sei. — Ueber die Antwort auf dieses Anerbieten ist noch nichts bekannt. Italien. *Die Anti-A.narchistenkonferenz cheint ihre Beratungen in der Haupffache abge- chlossen zu haben. Sie wird ihre Arbeiten aus- etzen und in der zweiten Hälfte des Monats Januar wieder aufnehmen; eS werden sich dann an den Verhandlungen Mr die Chefs der aus wärtigen Vertretungen in Rom beteiligen. Svanien. * Unklar und unentschlossen, wie so vielfach während des Konflikts mit den Der. Staaten, scheint die spanische Regiemng auch bezüglich der endgültigen Erledigung des Frie- densgeschäfteS durch die parlamentarische Vertretung des Landes ru sein. Entgegen an deren bisherigen Nachrichten wird jetzt aus Madrid gemeldet, Sagasta werde, wie es heiße, die Kammern vor Ratifikation des Friedens vertrages auflösen. Das Blast ,Corres glaubt, Sagasta werde sich nicht beeilen, den Vertrag den Cortes vorzulegen, weil es möglich sei, daß der amerikanische Senat, welcher dem Vertrage teilweise nicht günstig gegenüberstehe, denselben ablehne. valkanstaaten. *Die Admirale der Großmächte in Kreta haben eine Proklamation er lassen, in welcher der türkischen Fahne Schutz zugefichert und die Ernennung des Prinzen Georg zum Oberkommissar der Insel Kreta auf drei Jahre unter Anerkennung der Oberhoheit des Sultans mitgeteilt wird. * Neueren Mitteilungen zufolge wird Prinz Georg nach erfolgter Verständigung mit Numa Droz am 21. d. in Kauen eintreffen. Die Admirale meldeten ihren Regierungen, daß sie fünf Tage darauf Kreta verlassen würden. Amerika. * Der cubanischeJnftirgentenführer Calixto Garcia ist, wie schon gemeldet, am 11. Dezember in New Uork an den Folgen der Strapazen und Entbehrungen des letzten Krieges, gestorben. Er war nach New Hork gekommen, um an der Spitze einer Abordnung der kuba nischen Junta über die Form der den Cubanern zu gewährenden Selbstverwaltung zu unter- handeln. Anfang voriger Woche stellten sich Symptome von Lungenschwindsucht ein, die rasch zunahmen, bis Calixto Garcia den Folgen der Krankheit erlag. Calixto Garcia war bereits einer der thätigsten Organisatoren des großen Kubaner Aufstandes im Jahre 1868; nach einer langen Reihe siegreicher Gefechte ward er eines Tages, im September 1873, von den Spaniern umzingelt, und nach verzweifelter Gegenwehr gefangen. Um dem Feinde nicht in die Hände zu fallen, hatte Garcia vergebens versucht, sich selbst das Leben zu nehmen. Zum Tode ver urteilt, wurde er begnadigt und »ach vier jähriger Gefangenschaft freigclassen. Im Februar 1896 landete er wieder in Cuba, um mit dem später im Jahre 1897 in Pinar del Rio gefallenen Maceo und mit Gomez die Insurrektion zu leiten. Gomez allein überlebt nunmehr seine Mittriumvirn. Afrtk«. "Wie die römische .Tribuns' meldet, be findet stch NeguS Menelik jetzt in Tigre. Er will dort den RaS Mangascha ab setzen und RaS Makonnen an seine Stelle bringen: die Kaiserin Tatst» unterstützt hingegen den Ratz Olie. Die Frage schließt die Frage der Thronfolgerschaft mit ein, da der neue RaS von Tigre der Nachfolger MenelikS werden soll. * Den besiegten Kalifen haben die Anglo-Aegypter noch Immer nicht erwischt. Er befindet sich mit einem kleinen Anhang zwischen dem Weißen Nil und den Bergen im südlichen K o r d o f a n. dem Reichstage. Der Reichstag setzte am Dienstag die erste EtatS- beratung fort. Abg. Bassermann (nat.-lib.) erörterte die sozialpolitischen Fragen unter Angriffen auf die Sozialdemokratie. Zum Etat bemerkte Redner, daß Deutschland bei dem steigenden Wohlstände eine ge wisse Vermehrung des Heeres ertragen könne. Abg. v. Vollmar (soz.) kritisierte die Militarvorlage und die Ausweisungen in Nordschleswig und sprach über die Bedrohung des KoalitionSrcchtS. Abg. Graf Lim burg-Stirum (kons.) mahnte zur Sparsamkeit und betonte eine sorgfältige Vorbereitung der Handels verträge. Nach einigen Bemerknngen des Schatz- sekretärS v. Thielmann wandte sich Abg. Motty (Pole) in längeren Ausführungen gegen die Ver mehrung des Heeres und sprach dann über Aus weisungen. Am 14. d. wird di« erste Etatsberatung fortgesetzt. Abg. v. K a r d o r f f (freikons.) wendet sich zuerst gegen die gestrigen Ausführungen deS Abg. v. Voll mar. Daß Herr v. Vollmar ebenso wie Abg. Richter unsere Kolonien am liebsten unter den Hammer bringen möchte, sei nicht verwunderlich. ES gab auch eine Zeit, in der inan die deutsche Flotte unter den Hammer bringen wollte. Ein solcher Gedanke treibt heute noch jedem Patrioten die Schamröte ins Gesicht. Die Behauptung des Abg. v. Vollmar, daß die ostelbischen Junker die slawischen Arbeiter heran zögen, zeugt von einer geradezu grotesken Unwissen heit bezüglich der Verhältnisse des Osten-. Solche Löhne wie die Industrie kann die Landwirtschaft freilich nicht zahlen, vor allem nicht die Bauern. Die Industrie!öhnc sind nicht nur da gestiegen, wo Streiks gewesen sind, sondern überall. Viele Arbeit geber, wie z. B. mein Freund Stumm, haben cs nie zum Streik kommen lasten. Aber angesichts der vielen Fälle von Streikterrorismus begrüßen wir cs, daß nnS cine Vorlage znm Schutz der Arbeitswilligen in der Thronrede angekündigt worden ist. Das Anwachsen der Sozialdemokratie zeitigt immer mehr Streiks. Dieses Anwachsen ist aber vor allem die Folge der Aufhebung des Sozialistengesetzes. Redner wendet sich hierauf zur auswärtigen Politik und zu den Ausweisungen, die er als notwendig er achtet. Was die Militärvorlage anbelangt, so hätte auch er gewünscht, daß die Vorlage weniger Hohe Anforderungen gestellt hätte, denn die Hauptlasten muß doch wieder das platte Land tragen. DnS platte Land ist schon überlastet mit der Invaliden versicherung, niit Schulnnterhaltungskostcn n. s. w., es wird jetzt wieder besonders betroffen durch den hohen Bankdiskont. Demgegenüber hat man kein Recht, von agrarischer Begehrlichkeit zn sprechen, wenn wir fordern, daß das platte Land für seine Produkte den gleichen Schutz erhält wie die Industrie. Von einer Besserung der Lage der Landwirtschaft, von der Graf PosadowSky vorgestern sprach, haben wir Landwirte bis jetzt noch nichts bemerkt Wir verstauen aber darauf, daß der alte Gott auch uns Landwirte nicht verlassen wird. Abg. Rickert (st. Vgg.): Abg. v. Kardorff sollte doch endlich davon ablassen, ein neues Sozia listengesetz zu befürworten. Einen günstigen Ein druck macht er mit dieser Forderung im Lande nicht. Der Staatssestetär des Innern selbst hält ja ein Sozialistengesetz nicht mehr für zweckmäßig, ein solches würde auch vom Reichstage mit großer Mehr heit abgewiesen werden. Graf Posadowski hat er klärt, die verspätete Eittvemfnng sei die Folge davon, daß man mit den Vorlagen nicht fertig geworden sei. Lage da nicht der Gedanke nahe, den Stoff für diese Session mehr zu beschränken? Die Regierung kaum sich aber nicht dazu entschließen, mehr Fühlung mit dem Parlament zn nehmen Noch heute warten wir vergebens auf die Erfüllung des Versprechens des Reichskanzlers betreffend die Aushebung des Koalitions-Verbots für politische Vereine. Dieses Versprechens in der Reichskanzler durch die Ein bringung der bekannten st.v Recke nicht ledig ge worden. Deshalb müssen wir so schnell wie mög lich den bereits eingcbrachten Antrag Bassermann an nehmen, durch den den politischen Vereinen von Reichs wegen das Recht verliehen werden soll, miteinander in Verbindung zu steten. Meiste Freunde werde« ferner entschieden dafür einsteten, daß die Koali tionsfreiheit der Arbeiter durch da» un» in Aussicht gestellte Gesetz zum Schutze Arbeitswilliger in keiner Weise beeinträchtigt werde. Ueberhaupt solle man sich Hülm, die politischen und wirtschaft lichen Freiheiten der Arbeiter anzutasten. In der Zuckersteuerftage scheint un» eine Saniemng der Verhältnisse nur möglich durch die Herabsetzung der Verbrauchsabgabe. Dadurch wird sich der Konsum im Inland« heben. Heute haben wir pro Kopf einen Konsum von viel weniger Kilogramm Zucker al« England. Wa» die Militärvorlage anbetrifft, so gehöre ich, Herr v. Vollmar, zu den naiven Leuten, die eine solche Forderung allerding» nicht erwartet haben. Wir werden aber einer genauen und sorgfältigen Prüfunader Vorlage in der Kom mission nicht au» dem Wege gehen können. Herr v. Kardorff hat heute wieder einmal seiner Unzu friedenheit mit der zweijährigen Dienstzeit Ausdruck gegeben. Diese wieder abzuschaffen, wird aber kein KnegSministcr auch nur den Versuch machen. Die Forderungen im Kolonialgebiet werden wir ein gehend prüfen müssen. DaS, was zur wirtschaft lichen Ausnutzung des Kolonialbesitzes notwendig scheint, werden auch wir bewilligen. Die Handcls- vertragspolitik wollen wir in den Caprivischen Bahnen wissen. Neber den Abrüstungsvorschlag des Zaren habe ich mich aufrichtig gefreut, und wenn »ns auch die Konferenz nur einen oder einige Schritte vorwärts bringt, so ist doch damit der An fang gemacht. Auch die Franzosen werden endlich einsehen müssen, daß es in Deutschland keine Partei gibt, die an dem Frankfurter Frieden rütteln will. Reichsschatzsekretär Frhr. v. Thielmann hält die vom Vorredner angedeutete Befürchtung, daß nach der Angliederung der Insel Euba an die Ber. Staaten von Nordamerika unser Export nach den letzteren beeinträchtigt werden könnte, für grundlos. Abg. Graf Stolberg-Wernigerode (kons): Ich kann dem Grafen Limburg und dein Abg. von Kardorff darin nur zustimmen, daß der Freisinn die Vorfrucht der Sozialdemokratie ist. Auch der Frei sinn sucht die Massen unzufrieden zu machen, er wird darin jetzt nur von den Sozialdemokraten übertroffen. Eine Kolonialpolitik nach den Grundsätzen des Abg. Rickert wäre undurchführbar, das haben wir an Neu-Guinea gesehen, das wir jetzt auf das Reich übernehmen sollen. Im Interesse des Ostens muß dringend auf Mttcl gegen die Leutenot Bedacht ge nommen werden. Sodann aber müssen die Transit läger und die Privilegien der großen Mühlen auf gehoben werden, sonst würde die Landwirtschaft im Osten von den geplanten Kanalbautcn absolut keinen Vorteil haben. Amerika sollten keinesfalls Zuge ständnisse gemacht werden, ehe cs die differenziclle Behandlung deS deutschen Zuckers wieder beseitigt. I» einen Konflikt mit Amerika will auch ich die Regierung nicht treiben, aber dieser Stein des Anstoßes mutz zu nächst beseitigt werden. Erfreut sind meine Freunde über die Ankündigung eines Gesetzes bctr. den Post- Checkverkehr : cs wird damit auch weniger bemittelten Leuten eine Wohlthat zugänglich gemacht, die bi« jetzt nur den Reichen zugänglich ist. Das Gesetz ist deshalb von hoher sozialpolitischer Bedeutung. Ich wünsche der Industrie, daß ihr die günstige Lage, in welcher sic sich befindet, recht lange erhalte» bleibe nnd daß es der Landwirtschaft vergönnt sein möge, recht bald an dem wirtschaftlichen Aufschwung teil- znnehmen. Abg. Hilpert (bayr. Bauernbund» beschwert sich darüber, daß noch immer von NeichSwegen nichts zur Besserung der Lage der kleinen Leute geschehen sei: namentlich müsse der Gesindenok, unter welcher der Bauer in Süddeutschland ebenso leide wie der im Osten, gesteuert werden. Abg. Fürst Radziwill (Pole» schließt sich den Beschwerden des Abg. Motty über die ungerechte Behandlung der Polen an. Die Behandlung, die seitens der Bürcaukratie in Gemeinschaft mit der Dame Justitia der polnischen Sprache gegenüber ge übt wird, kann man nur als eine schnöde bezeichnen. Uon Uah und Fern. Quedlinburg. Hier ist im 86. Lebens jahre die Mutter des preuß. Kultusministers Dr. Bosse gestorben. Radevormwald. Als dieser Tage der Lehrling der Firma Otto Nocholl mit einem Geldbrief von 1760 Mk. von der Post zurück kehrte nnd auf dem Fabrikhof angekommcn war, stellte sich ihm plötzlich ein unbekannter Mensch in den Weg, und mit den Worten: „Gib mir den Brief, ich bringe ihn selbst nach dem Kon tor !" entriß er dem Lehrling den Geldbricf und floh. Nach dem Räuber sofort angestellte Nach forschungen blieben erfolglos, doch fand man am nächsten Morgen das Geld in einem Busch versteckt auf. Die MasierLen. Erzählung von Hedwig Erlin.*) 1. Der Baron Willy von Stettendorf hatte en Glauben an die Liebe und meinte, alle rrnheiten der Welt vollständig und gründlich nnt zu haben. Die Gesellschaft nannte ihn iert, weil er kein Geheimnis daraus machte, er ihre Vergnügungen, obwohl er sich ihnen Standesrückfichten nicht ganz entziehen »te, mißachtete und verspottete. Trotzdem dachte er ans Heiraten. Es war eben zu unbequem, einsam und unverstanden HS Leben zu Kosten. Er wollte eine tüchtige Lhrtin haben, die weniger Liebe als Ver- dnis für ihn besaß und die vor allem seine Kühlten Ansichten von der Welt und den len teilte. Wo aber gab es ein solches al von einem vorurteilsfreien, vernünftigen be. Er zweifelte, es je zu finden. Ts war eines Abends auf einem Familien- e, als der Baron den Vorzug genoß, mit nlein Alice von Felsen, der bildschönen -ter eines wohlhabenden Gutsbesitzers, zu «n. Er kannte die junge Dame zivar schon ,er, doch hatte er ihr, trotz ihrer vielen Vor- ', niemals, besonderes Interesse gezeigt.. Was werten ihn die modernen, schablonenhaft er- nen und gedrechselten Ballsaalpüppchen der lehmen Welt! Als jetzt die Polka zu Ende war, begab er , ch mit seiner Tänzerin in ein Nebenzimmer, - ) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. um eine Erfrischung zu nehmen. Da bemerkte er, wie ihn Alice einen Moment, mit einem mokanten Lächeln um den schönen Mund, scharf beobachtete. Der Baron war sonst nicht leicht aus seiner Ruhe zu bringen, merkwürdig aber: das Lächeln der jungen Dame ärgerte ihn, und halb herab lassend, halb bedauernd bemerkte er: „Gnädiges Fräulein scheinen in sehr fröhlicher Stimmung zu sein!" „Gewiß! Warum sollte ich nicht?" „Sie tanzen wohl sehr gerne, gnädiges Fräulein?" „Nein, durchaus nicht!" gab sie entschieden znn'ick. „Ich finde das Tanzen nicht nur abge schmackt, sondern sogar albern." Er sah sie erstaunt an. „Ja, aber weshalb tanzen Sie denn?" Sie lächelte wieder recht seltsam. „Weshalb tanzen Sie denn, Herr Baron?" stellte sie fein die Gegenfrage. Er schwieg betteten. Alice v. Felsen fing an, ihn zn interessieren. „Ich wußte bisher noch nicht, gnädiges Fräulein, daß Sie so anders, als andere Mäd chen sind. Um Sie besser beurteilen zu können, möchte ich mir wohl eine Frage erlauben." „Da» ist komisch »in der That," lachte sie belustigt auf. „Also bitte, prüfen Sie mich!" „Nun gut also. Glauben Sie an Liebe, mein Fräulein?" „Ebensowenig wie Sie!" „Ah — woher wissen Sie ... .? Sie können doch meine Gedanken nicht erraten?" „Wer weiß!" Sie wiegte graziös daS Köpfchen. „Also Sie verkennen ganz und gar die Liebe, meine Gnädige? Sie glauben bestimmt, niemals zu lieben?" „So ist es!" Baron v. Stettendorf war aufs höchste über rascht. „Sie find ein seltsames Mädchen! Es würde also niemand im stände sein, Sie jemals zu interessieren?" „Niemand!" gab sie feierlich zurück. Dieses „Niemand" berührte den Baron fast peinlich. „Demnach würden Sie auch Ms das Heiraten verzichten?" fragte er noch einmal. Sie zuckte mit den Achseln. „Das sagte ich nicht. Heirat und Liebe ist zweierlei. Es wird mir zu einförmig sein, immer einsam nnd unver standen durch das Leben zu gehen." „Wen werden Sie also heiraten?" „Nur einen Mann, der ganz nnd gar meine Ansichten teilt!" Willy von Stettendorf schwieg eine Weile nachdenklich. Plötzlich fragte er schnell: „Glauben Sie, daß wir uns verstehen, gnädiges Fräulein ?" „Warum nicht. Sie scheinen so wie ich zu denken: also können wir uns nie miteinander langweilen." „Da wären wir ja ein paar passende Ge fährten für? Leben, gnädiges Fräulein. Wollen wir nnS heiraten?" Sie bückte sich rasch, um ihren Fächer, der ihr entfallen war, aufzuheben. Al» sie wieder aufblickte, schimmerten ihre dunklen Augen seltsam feucht. Sonst meiste man ihr nicht die geringste Erregung an, al» sie gewinnend lächelnd ent gegnete: „Da doch einmal geheiratet sein soll und wir uns so gut zu verstehen scheinen, lics sich die Sache überlegen. Ich bitte mir also Bedenkzeit ans." „Bis wie lange ?" „Bis zur nächsten großen Tanzpause!" Er verbeugte sich zustimmend. Dann führte er seine schöne Dame in den Saal zurück. Endlich glmibte Baron von Stettendorf sein rechtes Weib gefunden zu haben. Noch vor Schluß des Balles hatte er sich mit Alice von Felsen verlobt. 2. „Ach Käthe, ich bin recht unglücklich!" Mit diesem Schmerzensruf wandte sich Alice von Felsen mehrere Tage später an ihre Lieb- lingssreundin, Fran Doktor Lenz. „Mein Gott, Kind, so redet doch keine glück liche Braut —" „Glückliche . . . ." wiederholte Alice bitter. „Lassen wir das! Glück ist vielleicht auch, wie Liebe nnd alles, alle» eine Ansichtssache!" „Was sprichst du da für Unsinn, Mädchen l Liebe eine Ansichtssache!" Die junge Frau war ordentlich rot vor Entrüstung geworden. „Es ist aber doch so. Mein Herr Bräutigam sagt'S auch." „Wie . . . .? Du redest in Rüffeln. Er kläre dich doch! Was ist eigentlich zwischen euch geschehen? Seid Ihr euch böse, Kind?" Alice brach in Thränen au». „DaS ift's ja eben," schluchzte sie, „wir können un» noch nicht einmal böse sein, da wir un» noch nie gut waren!" Frau Käthe schüttelte verständnislos mit dem Kopfe, lehnte sich im Sessel hintenüber, und /
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