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Auerthal-Zeitung : 27.11.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189811275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-27
-
Monat
1898-11
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 27.11.1898
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Politische Armvscha«. Deutschland. *Die Ankunft deS Kaiserpaares in Potsdam ist erst für den 27. d. zu er« warten. Das Kaisewaar bleibt von Donners- abend bis Freitag abend in Baden-Baden, so weit bisher bekannt. * Montag fand in Schanghai die feier liche Enthüllung de« „JlttS^-Denkmals durch den Prinzen Heinrich von Preußen statt. Eine große Anzahl deutscher Seesoldaten, Ver treter der englischen, amerikanischen, österreichisch- ungarischen und italienischen Marine und'ein Freiwilligenkorps von Schanghai waren an wesend. Pastor Hackmann hielt eine kurze Weiherede. Generalkonsul Stübel übergab das Denkmal an den Vorsitzenden des MunizipalrateS, der dankend erwiderte. Hierauf hielt Prinz Heinrich eine Ansprache. Mit einem Vorbei marsch der Truppen schloß die eindrucksvolle Feier. *Eine der ersten gesetzgeberischen Vorlagen, die den Reichstag in seiner nächsten Tagung beschäftigen werden, dürste daS Bankgesetz sein, daS sich unter andern auS dem 8 14 des Gesetzes vom 14. März 1875 notwendig macht. In dieser offiziösen Mitteilung liegt die An deutung, daß die Regierung beabsichtigt, die Verlängerung des Reichsbank- Privilegiums zu beantragen. *Jm Reichsjustizamt ist eitle weitere Denk schrift über die Entwickelung der Frage der b e- dingten Verurteilung in Vorbereitung begriffen. Diese Denkschrift dürste zum ersten Male auch auf die Erfahrungen Bezug nehmen, die in Deutschland selbst mit jener Form der bedingten Verurteilung gemacht find, welche bei unS zur Anwendung gelangt, mit der bedingten Begnadigung. Mit Preußen, wo di« bedingte Begnadigung durch einen Erlaß vom 23. Oktober 1895 eingeführt wurde, haben bekanntlich auch die anderen Bundesstaaten diese Institution übernommen, die sich von den in fremden Staaten gehandhabten Einrichtungen gleicher Art grund sätzlich dadurch unterscheidet, daß sie direkt an das Begnadigungsrecht der Krone an knüpft und die Strafaussetzung nickt dem richter lichen Ermessen, sondern der Entscheidung der obersten Stelle der Justizverwaltung bezw. der Krone anheimstellt. * Der Entwurf zu einem Fleischbeschau- gesetz im Reiche ist, wie wiederholt versichert wird, noch nicht fertiggestellt. Inzwischen er klärt die .Nordd. Allg. Ztg.' die hier und da aufgetauckte Voraussetzung, daß der Entwurf eine Bestimmung über eine den Importeuren ausländischer Fleischwaren im Falle der Zurück weisung einer als unzulässig befundenen Sen dung zu gewährende Entschädigung enthalte, oder wenigstens, daß eine solche Entschädigungs frage von der Regieruug in Erwägung gezogen werde, für völlig unbegründet. * Zur Durchführung zweier Abschnitte deS Bürgerlichen Gesetzbuches hat jüngst der Bundes rat Bestimmungen über das Vereins- regifterunddas Güterrechtsregister erlassen. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch er langen Vereine, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, durch Eintragung in das Vereinsregifter des zuständigen Amtsgerichts Rechtsfähigkeit. Die neuen Bestimmungen des Bundesrats betreffen lediglich die formalen Einrichtungen, die zur Erfüllung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs von den Gerichten gestossen werden sollen, so die Anlage besonderer Men für jeden eingetragenen Verein, die Führung eines alpha betischen Verzeichnisses der Vereine u. a. m. * Es war vom preuß. Staatsministerium beabsichtigt worden, alle Innungen mit weniger als 20 Mitgliedern aufzuheben. Wäre diese Absicht zur Ausführung gelangt, so hätten 4172 Innungen ihre Thätigkeit einstellen müssen. Der Zenstalausschuß der Innungs verbände hat sich deswegen an den Handels minister mit der Bitte gewandt, im Interesse des Handwerks von der Verwirklichung seines Entschlusses vorläufig Abstand zu nehmen. Diesem Ansuchen scheint insofem nachgegeben worden zu sein, als den bedrohten Innungen eine Frist bis rum 1- April gewährt sein soll, fick nach den Anforderungen des HandwerksgesetzeS vom 2S. Juli 18V7 umzugestallen. Oesterreich-Ungar«. *Der ReichSkriegSmtnister v. Krieg»- Hammer hat sein Entlassungsgesuch eingereicht. Afrankreich. -Die Pariser Blätter veröffentlichen einen Artikel des früheren KolonialmintsterS Trouillot, worin dieser behauptet, daß im geheimen Dossier sich nichts be finde, waS von Wert sei oder die Schuld DreyfuS' beweisen könne. Der beste Beweis hierfür sei, daß alle früheren Kriegsminister, die bisher verhört wurden, nicht die geringste An deutung bezüglich deS Dossiers machen konnten. — Oberst Picquart wird jetzt täglich vor dem Kassationshofe verhört. *Die Amnestie, welche die Deputierten kammer für Preßvergehen, öffentliche Ruhestörung und Massenverbrechen aller Art be schlossen hat, nimmt sich recht sonderbar aus. Sämtliche algerischen Plünderer und die Mörder des Dr. Schebat in Algier find damit ihrer Strafe ledig. Die Lebens mittelfälscher, d. h. die einflußreichen Weinwirte, sollten auch in die Amnestie einbe griffen sem, es gelang aber Boisserin, durch Hinweis auf die Gefahren für die allgemeine Gesundheit, dies zu verhindern. Ausdrücklich wurden von der Amnestie für Preßvergehen Zola und Gohier ausgenommen; sie find nicht geradezu mit Namen angeführt, doch sind die Vergehen, um derentwillen sie verfolgt sind, so genau umschrieben, daß die Bezeichnung auf sie allein paßt. *Jm Senat brachte Roland einen Antrag ein, der dahin geht, die zweijährige Dienstzeit einzuführen. Spanien. * Der ,National' berichtet, Don Jaime, der Sohn des Prätendenten Don Karlos, werde am 26. November aus der russischen Armee aussteten und nach seiner Verabschiedung von den Kameraden durch ein Bankett Rußland verlassen. Die Nachricht erregt unter den jetzigen Umständen Aufsehen. Don Karlos soll gleich zeitig Venedig verlassen. Balkanstaaten. * Gutem Vernehmen nach haben die vier be teiligten Großmächte dahin entschieden, daß eine einzige türkische Flagge als Zeichen der Suzeränität des Sultans auf Kreta gehißt werden dürfe. Eine Bewachung der Flagge durch türkische Soldaten oder Beamte wurde jedoch nicht zugelassen. * Dschevad Pascha, der frühere Groß wesir und letzte türkische Militärgouverneur auf Kreta, ist zu Damaskus verhaftet und ins Militärgefängnis abgeführt worden. Den Anlaß zu der Verhaftung gab das Verhallen Dschevads in der kretischen Angelegenheit. Amerika. *Das Meuterschc Büreau' meldet aus Washington, das Kabinett hege keinen Zweifel darüber, daß der Friedensvertrag mit Spanien binnen wenigen Tagen in Paris werde abgeschlossen werden. *Es wird versichert, daß die Ver. Staaten entschlossen find, ein amerikanisches Ge schwader vor einen türkischen Hafen zu entsenden, um die sofortige Regelung des Zwischenfalles herbeizuführen, der zwischen der Türkei und den Ver. Staaten entstanden ist infolge der Aufstände von 1895/96 in Klein asien, wobei mehrere amerikanische Missionen zerstört wurden. — Sollte sich diese Nachricht bestätigen, so würde sie nur em neuer Beweis für die Thatsache sein, daß die letzten kriege rischen Erfolge die amerikanische Selbstschätzung gesteigert haben. * Durch die Revolution in San Salvador ist der kaum gegründete Bund der mittelamerikanischen Republiken Nicaragua, Salvador und Honduras wieder aus dem Leim gegangen. Die Revolution in Salvador ist gegen den neuen Bundesstaat gerichtet gewesen. Nach der Verfassung des letzteren sollte die Bundesregierung vollständig freie Verfügung Die Bemessung der KeitrSge )«r Invalidenverstchernng. Die Beiträge zur Invalidenversicherung wer den bekanntlich nach Lohnklaffen bemessen, in welche die Versicherten nach der Höhe ihres Jahresarbeitsverdienstes eingereiht werden. Da bei kommt es aber nicht auf den wirklichen Jahresarbeitsverdienst an; vielmehr find behörd lich festgesetzte Durchschnittslöhne der einzelnen Kategorien der Versicherten für die Einreihung in die Lohnklassen maßgebend. Nach der Höhe der durchschnittlichen Klassenlöhne find vier Lohn klassen gebildet, Klaffe I bis zu 350 Mk. ein schließlich, Klasse II von mehr als 350 bis 550 Mark, Klasse III von mehr als 550 bis 850 Mark und Klaffe IV von mehr als 850 Mark. Der Entwurf eines Invalidenversicherungs gesetzes fügt eine Klaffe V für diejenigen Ver sicherten hinzu, deren Jahresarbeitsverdievst den Betrag von 1150 Mk. übersteigt. Es wird hier durch hochgelohnten Arbeitern und Betriebs beamten ermöglicht, gegen Entrichtung höherer Beiträge eine ihren Verhältnissen entsprechende höhere Rente zu erwerben. Die aus den gesetz lichen Bestimmungen sich ergebende Lohnklasse soll nun aber schon gegenwärtig nur den Mindest betrag ergeben, welcher für den einzelnen Arbeiter bei der Versicherung zu Gninde gelegt werden muß. Im Fall eines Einverständnisses zwischen dem Arbeitgeber und deük Versicherten können Marken auch für jede höhere Lohnklasse verwendet werden; der höhere Beitrag muß dann aber, ebenso wie der Beitrag in der an sich maßgebenden niedrigeren Lohnklasse vom Arbeitgeber und dem Versicherten je zur Hälfte getragen werden. Die hieraus sich ergebende Mehrbelastung des Arbeitgebers hat in manchen Fällen das Zustandekommen der Vereinbarung und dadurch die für den Versicherten wünschens werte höhere Versicherung gehindert. Die Novelle zum Jnvalidenverficherungsgesetz sieht deshalb, indem sie gleichzeitig die Befugnis zur Höher versicherung in einer ihrer Bedeutung ent sprechenden Weise mehr hervorhebt, eine Aende- rung insofern vor, als sie die Höherversicherung von der Zustimmung und Mitwirkung des Arbeitgebers unabhängig macht. Der Versicherte soll nämlich die Versicherung in einer höheren, als der gesetzlich für ihn maßgebenden Lohn klasse stets beanspruchen können, wenn er die Mehrkosten der Höherversicherung allein tragen will; der Arbeitgeber hat dann also auch im Falle dieser Höherverficherunq nur den für den Versicherten gesetzlich maßgebenden niedrigeren Beitrag zur Hälfte zu tragen. Einer besonderen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Versicherten soll es nur noch dann bedürfen, wenn der Arbeitgeber auch den höheren Beitrag anteilig tragen soll. Bei der freiwilligen Versicherung soll durch die Novelle die bisherige Beschränkung auf die II. Lohnklasse, ebenso aber auch die Zusatzmarke beseitigt werden, weil beide Erschwerungen sich als nicht zweckmäßig herausgestellt haben. Die freiwillige Versicherung soll fortan in jeder über die Streitkräfte der drei Bundesstaaten er halten luck mehr als die Hälfte der Zoll einnahmen sollte in die Bundeskaffe fließen. Dagegen erklärten fick nun entschieden die reicheren Klaffen von Salvador, da die Zoll einkünfte dieses Staates viel größer find als diejenigen der beiden anderen Bundesgenossen. Well aber Präsident Gutierrez, dessen Amts- termin im Februar nächsten Jahres abgelaufen wäre, für die Förderatton mit Honduras und Nicaragua eintrat, so beschlossen seine Gegner, ihn auS dem Amt zu vertreiben, waS denn auch nach einer kurzen aber scharfen Revolution gelungen ist, worauf General JonaS Regalado den Präfidentenstuhl von Salvador eingenommen hat. Man erwartet nun, daß die neue Regie rung alsbald aus dem Bund auStreten wird. Aste«. *Die Gesundheit des Kaisers von China erweckt in Peking wieder einmal Besorgnis. ES heißt, er sei außer stände, ohne Unterstützung zu gehen. Man glaubt in wohl unterrichteten Pekinger Kreisen, daß sein Ende nahe sei. Lohnklasse zu deren gewöhnlichen Sätze» g«> stattet sein. N-« Uah ««d Fern. DreSde«. Für daS im Jahre ISO» » Dresden bevorstehende deutsche BundeSschieße», daS sich des Protektorats d«S Königs Albett erfreut, find bereits auS den Dresdener Schübenkreisen 220 000 Mk. als GarantiefondS gezeichnet worden. AuS der Kasse deS Deutschen Schützenbundes erhält daS Fest satzungsgemäß einen Zuschuß von gegen 30000 Mk. Köln. DaS hiesige Kaiser Wilhelm - Denk mal ist in der Nacht zum Dienstag von' Ach- losen Händen beschädigt worden, wobei die in der Hand der Colonia befindliche Siegespalme gewaltsam abgeschlagen und mitgenommen wurde. Von einem Nachtschutzmann wurden zwei der That verdächtige Personen verfolgt, sie entkämen durckeilige Flucht. Weimar. Zu welch sonderbaren Verhält nissen das Kleinstaatenwesen führen kann, davon liefert das thüringische Städtchen Kranichfeld ein Beispiel. DaS 1760 Einwohner zählende Städt chen gehört zum Teil zum Großherzogtum Weimar-Eisenach, zum Teil zum Herzogtum Meiningen. Der Verwaltungsapparat setzt sich zusammen auS zwei ersten und zwei zweiten. Bürgermeistem, 18 Stadtverordneten, zwei Gemeinderechnungsfkhrern, 2 Steuereinnehmern, einem herzoglichen Oberjäaer, einem großherzog lichen Gendarm u. s. w., so daß auf etwa zehn Hausstände ein Verwaltungsbeamter entfällt. Bei Streitigkeiten zwischen grobherzoglichen und herzoglichen Unterthanen find ein großherzog liches und ein herzogliches Amtsgericht zu ständig, zwei Medizinalbeamte, zwei Bauräte- u. s. w. üben von Zeit zu Zett in dem Städt chen ihre Amtspflichten aus. Bei dieser staat lichen Fürsorge muß fich's sorglos leben lassen. München. Die ganze Gemeinde Ober ammergau befindet sich in großer Verlegenheit, weil die Regierung noch immer nicht eine Auf führungserlaubnis zu den Pasfionsspieleu von 1900 erteilt hat, ohne die unmöglich mit den sehr kostspieligen Vorbereitungen be gonnen werden kann. Eine Frage von großer Bedeutung für die Aufführungen bildet die äußere Erscheinung der Darsteller. Die wich tigsten Rollen können nach einem Zwischenraum von Jahren nicht wieder mit denselben Personen, besetzt werden, wie Vorzügliches diese auch ge leistet haben mögen. Diesmal liegt die haupt sächlichste Schwierigkeit in der Besetzung der Rolle Christi. Meyer, den man als den besten Verkörperer dieser Persönlichkeit betrachtet hat, war schon 1890 keineswegs mehr ein junger Mann, und jetzt ist sein Haar fast grau. Außer dem würde wohl auch die durch die Rolle be dingte physische Anstrengung über seine Kräfte gehen, da es sich um ein mindestens 12 Stunden währendes, fast ununterbrochenes Spiel handelt. Mainz. Viel besprochen werden die in letzter Zeit nachts hier vorgekommenen Angriffe auf Wachtposten, ohne daß es gelungen ist, der Thäter habhaft zu werden. Die Angriffe er folgten namentlich auf die Posten an den Pulver magazinen. In der Nacht zum 11. d. ist sogar vom Glacis aus auf den Soldaten geschossen worden. Das großherzogliche Kreisamt erläßt deshalb eine öffentliche Warnung, in der es heißt: „Das Publikum wird vor derartigen Angriffen unter Hinweis darauf gewarnt, daß solche seitens der Posten eventuell mit der Schuß waffe zurückzuweisen find." Kiel. Ein seltener Sport wird augenblick lich an unserer Küste getrieben. Seit einigen Wochen bemerkt man in unserem Gemässem einen Walfisch, der den Fischern argen Schaden verursacht. Es wurde zuerst eine Expedition von Flensburg aus unternommen, um das Un geheuer einzufangen. Als dieselbe ergebnislos verlief, charterten Kieler Herren den Dampfer „Hermann" und gingen, mit Fanggeräten reich ausgerüstet, auf den Walfischsang. Doch auch diese Expedition blieb erfolglos. Nunmehr soll von Schleswig aus die dritte Fahrt unter nommen werden. Anscheinend hat der Wal gute Verbindungen, denn sobald die kühnen Jäger sich blicken lassen, sucht das Tier die offene See auf und läßt sich erst wieder in den Fischerei- Am Vorabend der Hochzeit. 26) Roman von Helene Stökl. / !g°nl-sun«> Weshalb sie, Käthe Rallas, nicht gleich An zeige davon gemacht habe? — Sie hatte ge fürchtet, daß man ihr nicht glauben würde. Weshalb sie das gefürchtet habe? — Weil es bekannt war, daß sie Herrn von Lestow nicht leiden konnte. Ob dies alles sei? — Sie hatte darauf ge mattet, daß man Baumanns Leichnam finden oder mindestens sein Verschwinden bemerken würde; dann hätte sie ihre Geschichte erzählen wollen. Aus diesem Grunde blieb sie in der Mühle, aus diesem Grunde ging sie später zu des Ermordeten Mutter. Diese hätte nichts da von gewußt, und als sie das von seiner Mutter erfahren hatte, zögerte sie nicht länger, ihr alles zu erzählen, was sie darüber wußte . . . So standen die Sachen vorläufig. Der Justizrat begleitete Heinrich von Lestow in das Bezirksgefängnis und hatte dort eine sehr lange Unterredung mit ihm. „Ich fürchte, ich bin etwas aus der Uebung gekommen," sagte er offen zu Heinrich; „ich würde mich scheuem die Verantwortung in einem so ernsten Falle allein auf mich zu nehmen und sehr froh sein, wenn es meinem Freunde und Kollegen Hallberg möglich wär«, uns seinen Beistand zu gewähren. Er ist berühmt wegen der Schärfe und Spitzfindigkeit seiner Kreuzver höre, und für unS kommt alles darauf an, dieses Mädchen unschädlich zu machen." Heinrich von Lestow hob sein blasses, ab gespanntes Gesicht fragend zu dem Justiz rat auf: „Wie meinen Sie das: das Mädchen un schädlich machen?" „Wir müssen durch ihre eigene Aussage den Beweis Herstellen, daß sie entweder eme Ver rückte oder eine Lügnerin ist. Eines von beiden muß sie selbstverständlich sein. Es fragt sich nur, ob es klüger ist, den Versuch jetzt oder erst später vor den Geschworenen zu machen. Wenn es uns gelänge, so wäre die ganze Sache zu Ende; ich fürchte aber, daß der Staatsanwalt sich nur ungem die Aussicht entgehen lassen wird, einen angesehenen Mann wie Sie vor das Schwurgericht zu bringen." „Und in diesem Falle . . . ?" „Wäre es besser, das Mädchen vorläufig sagen zu lassen was es will. Desto wirksamer ist es nachher, wenn wir sie auf die absolute Unzuverlässigkeit ihrer Aussage festnageln." „Lieber Herr Justizrat," sagte Heinrich mit einem Lächeln, ,weder Sie, noch Hallberg, noch irgend jemand in der ganzen Welt kann das Zeugnis dieses Mädchens erschüttern. Was sie sagt, ist die Wahrheit." „Die Wahrheit?" rief Mellien, entsetzt die Hände über seinem Kopfe zusammenschlagend. „Ja, die Wahrheit," antwortete Heinrich ruhig, „aber nicht die ganze Wahrheit. — Ich habe immer sagen hören, seinem Arzte und seinem Anwalt solle man ganz oder gar nicht ver trauen. Ich will Ihnen ganz vertrauen, Herr Justizrat. Ich weiß, daß Sie nicht nur mein Anwalt, sondem mein Freund find oder täusche ich mich?" „Nein, bei Gott nickt!" Mellien streckte ihm. nie mehr an dieselben gedacht haben. Ich hätte bewegt beide Hände hin. „Aber sprechen Sie mich gern mit ihm versöhnt: ich hatte ihn damals leise! Was Sie mir zu sagen haben, braucht außer uns zweien niemand zu hören." „Als Ihr Sohn Paul mich auf der Brücke verlassen hatte," begann Heinrich, nachdem er ein Weilchen nachdenklich vor sich hingeblickt hatte, „war ich der glücklichste Mensch der Welt. Die ganze Gesellschaft war so freund lich und herzlich mit mir gewesen. Es war mir zum ersten Male recht klar zum Be wußtsein gekomnien, was für ein köstliches Ding es ist, eine Heimat zu haben und dort auf der eigenen Scholle, im Kreise von Freunden, die uns lieben und achten, leben zu können. Ich dachte an meine geliebte Braut und gab mich süßen Träumereien hin." Er brach ab und fuhr mit der Hand über die Augen, dann setzte er bitter hinzu: „Richtiger wäre es ge wesen, in den Wolken das Bild eines drohenden Galgens zu sehen." „Nicht doch, nicht doch! Lassen Sie diese Einbildungen und bleiben Sie bei den That- sachen." „Gut, — da kam Baumann plötzlich daher. Ich hatte schon am Vormittage versucht, ihn freundlich für mich zu stimmen, ohne daß es mir jedoch gelungen wäre. Ich war thöricht genug, es noch einmal zu versuchen. Ich muß Ihnen bei dieser Gelegenheit erzählen, daß ich sein Zimmer damals nicht lebend verlassen hätte, wenn er im Besitze der Mittel gewesen wäre, mich zu töten. Ich hielt diese Worte für eine leere Drohung und würde, wenn die Umstände sie nicht so stirchtbar bestätigt hätten, vielleicht nicht allzu fein behandelt, und ich wußte, es würde meiner Braut Freude machen, zu hören, daß wir wieder Freunde wären. Nun ärgerte es mich, daß er sich so unversöhnlich zeigte. Er wollte nicht auf mich hören, aber ich ließ mich dadurch nicht irre machen. Ich nahm ihn beim Arme, ganz so, wie dieses Mädchen tus- sagt, und es ist leicht möglich,, daß ich sagte : „Du sollst aber!" Ich kann mich auf die Worte nicht mehr besinnen. Ich drängte ihn den Fuß pfad entlang, weil wir dort vor jeder Störung sicher waren, sagte ihm noch einmal, daß e» mir leid thue, damals so heftig gegen ihn ge wesen zu sein, und machte ihm ein Anerbieten, das ihm, falls er es angenommen hätte, gestattet haben würde, ruhig in der Heimat bei seiner Mutter zu bleiben und die Reise nach Buenos Ayres aufzugeben. Es ist nicht währ, daß ich, wie Käthe Rallas aussagte, absichtlich voraus- ging; er blieb zurück, — damals glaubte ich, um über meinen Vorschlag nachzudenken. Plötz lich fühlte ich einen furchtbaren Schlag dort hinten über den Kops. Sehen Sie diesp Narbe hier!" ' Er beugte den Kopf nieder, und Mellte» sah., halb unter den Haaren verborgen, eine» lanatn weißen Streifen, der sich vom Wirbek fast bi- zum Ohre, hinzog. . s .Hätte er einen Zoll Wetter nach vorn ge troffen," bemerkte Mellien mit einetn gtinltmgen Lachen, ^o Men Sie jetzt nicht hier und-eiatrn mir die Narbe. Doch waS geschah weiter. ?*-,! „Ich Hirst einen Stein in der Hand ; er hWr
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