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Auerthal-Zeitung : 25.11.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189811255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981125
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981125
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-25
-
Monat
1898-11
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 25.11.1898
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vremsfitz herabgestiegen gewesen, um etwas -u schreiben, so HStte ihn die Kugel getroffen. Metz. Dieser Tage starb hierselbst die kinderlose Witwe Albin, die sich im Leben durch große Wohlthätigkeit ausgezeichnet Halle. Ihr hinterlassenes Vermögen beziffert sich auf rund 20 Millionen Mark und fällt ihrem einzigen 13 Jahre alten Enkel zu. Plest. In das Schlafzimmer eines Bres lauers zu Groß-Chelm wurde nachts eine mit Eisenteilen und Nägeln gefüllte Dynamitbombe geworfen, welche die Decke und zahlreiche Möbeln des Zimmers zertrümmerte. Es wurde niemand verletzt. Man vermutet einen Racheakt. Wien. Der Schwiegervater des Komponisten Ignaz Brüll, der ehemalige Bankier Wilhelm Schoßberg, hat sich erschossen. Er gab kürzlich sein Geschäft auf, angeblich wegen Alters, aber sein früherer Buchhalter, Alfred Weiß, dem Schoßberg ein Darlehen zur Errichtung eines eigenen Geschäfts verweigerte, zeigte den Finanz behörden an, daß Schoßberg lange Zeit beim Verkauf und Kaus von Staatspapieren den Kunden Gebühren im Betrage von einer halben Million Gulden für den Fiskus anrechnete, diese aber nicht abführte. Wegen der eingeleiteten ge richtlichen Untersuchung erschoß sich nun derBank er. Manchester. Soeben hat in Manchester die Jahresversammlung der „Nationalen Un on von Frauen-Wahlrechts-Gesellschaften" stattge- funden, auf welcher beschlossen wurde, auf dem begonnenen Wege energisch fortzuarbeiten und „keine auf die Vertretung im Parlament be zügliche Maßregel für zufriedenstellend zu er klären, welche nicht das aktive parlamentarische Wahlrecht auf die Frauen ausdehne." Einen sehr interessanten Vortrag über das Frauen- Wahlrecht in Australien hielt auf dieser Ver sammlung der diplomatische Vertreter der Kolonie Süd-Australien, Cockburn. Früher, so sagte er, habe er von der Frauen-Wahlrechts-Frage eine ziemlich verächtliche Meinung gehegt, ebenso wie manche junge Leute von heutzutage, aber seitdem er klüger geworden, habe er an der aktiven Einführung der Reform in Süd-Australien leb haften Anteil genommen. Das Frauen-Wahlrecht wäre die große Frage des Jahrhunderts. Es würde eine gewaltige, aber sehr allmähliche Ver änderung herbeiführen. Die Neigungen der Frauen bewegten sich in der Richtung des Friedens, und wenn die Frauen bezüglich der vom Zaren vorgeschlagenen Friedens-Konferenz eine Stimme hätten, dann würde Aussicht auf Herbeiführung einer allgemeinen Abrüstung sein. Die Frauen litten zu viel von internationalen Kriegen sowohl wie vom industriellen Kampf, um nicht für die Beendigung solcher Zustände einzutreten. In Süd-Australien habe es zehn Jahre harter Kämpfe bedurft, bis der Sieg für das Frauen-Wahlrecht gewonnen wurde. Jetzt gäbe es jedoch nur noch wenige Leute dort, die den Triumph der Frauen bedauerten, denn letztere hätten sich durch Einführung außerordent lich nützlicher Gesetze verdient gemacht. Mailand. Seit dem ersten November be sitzt die hiesige Polizei eine Nadfahrerabteilung, die sechs mit Revolvern bewaffnete Geheim polizisten umfaßt und von einem Beamten be fehligt wird. Der Dienst der radfahrenden Polizeileute besteht im Einholen von Infor mationen, im plötzlichen Ueberraschen von Ver brecherbanden und in der Ueberwachung und Verfolgung des bei den Festen und Jahrmärkten in Mailand und Umgebung zusammenströmenden lichtscheuen Gesindels. Befindet sich König Humbert in Mailand oder Monza, so dient die erste Radfahrabteilung der italienischen Polizei auch als geheime Schutzwache für den Herrscher. Stockholm. Ein Wahnsinniger setzt seit einigen Tagen die Bevölkerung um Kalmar (im südöstlichen Schweden) in große Aufregung. Elof Gustavson. der seit etwa sieben Jahren bei Junarsmo im Lehn Kalmar ganz allein in einer kleinen Hütte hauste, litt seit langer Zeit an religiösem Wahnsinn. Er nannte sich Gott Vater, ging in weißen Gewändern umher und trug stets scharf geladene Waffen bei sich. Seine Verwandten, sogar seine Frau hatten ihn aus Angst längst verlassen, trotzdem fand sich die Behörde nicht veranlaßt, ihn zu verwahren, in der vorigen Woche nun erschoß der Wahn sinnige ohne jeden Grund einen seiner Nachbarn, der ihm zufällig in den Weg kam, und nun erf wurde versucht, feiner habhaft zu werden. Er Halle sich aber in seinem Hause auf dem Speicher verbarrikadiert, die hinaufführende Treppe ab gebrochen und drohte jeden zu erschießen. Drei Tage dauerte die Belagerung, am ersten verwundete er einen Mann lebensgefährlich mit einem Büchsenschuß, am zwellen erschoß er den Vater seines ersten Opfers, der seinen Sohn rächen wollte. Später wagte niemand mehr sich dem Hause zu nähern. Während der -Nach wurde das Haus bewacht, aber, es scheint fast unglaublich, die Wächter waren unbewaffnet, und als sie bemerkten, wie Gustavson sich leise aus dem Hause stahl, wagten Ke nicht, ibn an zuhalten. Er ries ihnen zu: „Nun fange ich erst recht an" und entkam in den Wald. Nun ist der Polizei Befehl gegeben worden, den Mörder tot oder lebendig zu fangen, wann und mit welchen Opfern an Menschenleben das aber ge schehen wird, läßt sich nicht absehen. Kiew. Unweit der Eisenbahnstation Winikowo der Kiew-Woronesch-Eisenbahn fanden Eisenbahn arbeiter am 15. d. den Leichnam einer Frau aufge- spießt auf einen Pfahl. In den Mund war eine Fahrkarte gesteckt, in der Kleidrrtasche fanden sich 98 Rubel vor. GerichtrchaUe. Kiel. Der Schneideraeselle Forten, der wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angeklagt war, wurde freigesprochen, da das Gericht die Ueberzeu- gung gewann, der Angeklagte sei auf der Polizei wache durch Schutzleute mißhandelt worden und habe aus Notwehr gehandelt. Thorn. Die Disziplinarkammer für Reichs beamte hat den Landbriefträycr Ganaszinski aus Mocker, der während der Reichstagswahlbewegung polnische Wahlflugblätter in ihm zur Bestellung über gebene Zeitungen gelegt hat, zur Strafversetzung unter Herabminderung seines Gehaltes um ein Zehntel des jetzigen Betrages verurteilt. Fürst Kisrrrarck rrrrb König Ludwig der Zweite. Heinrich v. Poschinger veröffentlicht in seinem in diesen Tagen erscheinenden zweiten Bande von Bismacks Tischgesprächen und Jnterwiews (Stuttgart und Leipzig 1899. Deutsche Verlags anstalt) den Originalbericht über . ein parla mentarisches Frühstück bei Bismarck am 20. Mai 1889; er entstammt der Feder des Abgeordneten August Gebhard. In diesem Bericht heißt es u. a.: Im Verlaufe des Frühschoppens über zeugte sich Fürst Bismarck durch Anklopfen an die Fässer, die auf dem in einer Ecke des Saales hergerichteten Bierausschänke lagen, ob sie noch hinreichend gefüllt seien. Er wandte sich dann zu den in der Nähe stehenden Reichs tagsabgeordneten Zeitz, Böttcher und Gebhard, und eine von dem Erstgenannten über die Be schaffenheit des Bieres gemachte Bemerkung, die Fürst Bismarck dahin mißverstand, als sei Zeitz der Meinung, daß das Bier von der Berliner Bockbrauerei stamme, bot den Anlaß, daß Fürst Bismarck sich über die Herkunft des Bieres aussprach: Es stamme aus der Brauerei Thal hausen des Grafen Holnstein. Dieser sei ein alter Lieferant von ihm; er habe mit seinem Bier auch die Diplomatie in Versailles versorgt. Dort sei gutes Bier schwer zu beschaffen ge wesen, und da habe Graf Holnstein dem Haupt quartier wiederholt aus der Not geholfen. „Graf Holnstein war uns auch sonst sehr nützlich; er vermittelte den Verkehr zwischen uns und dem König Ludwig. Dabei konnte ich die Diplomatie nicht gebrauchen. Graf Holnstein aber stand dem König persönlich nahe — er war Oberst stallmeister — und ich mußte mich an ihn wen den, um eine Einwirkung auf den König selbst ausüben zu können. Graf Holnstein hat dann zweimal quam citissime die Reise von Paris nach München gemacht, und das war keine Kleinigkeit; denn es war zu der Zeit, wo noch auf zwanzig Meilen die Eisenbahnverbindung fehlte." Als Zeitz bemerkte, daß die Bayern in Versailles überhaupt einen großen Einfluß geübt hätten, bestätigte dies Bismarck und fuhr fort: „Zur Annahme der Kaiserwürde konnte ich an fänglich meinen alten Henn schwer bewegen; er wm geneigt, sie mehr wie eine höhere Beamtenstellung aufzufaffen. AIS Kaiser, sagte er, muß ich thun, was die andern wollen, als König bin ich Herr. Als König bin ich ge boren, was ich dadurch habe, weiß ich; was ich aber als Kaiser habe, weiß ich nicht. ES ging ihm wie einem jungen Leutnant auS altem Hause, er läßt sich lieber Herr Graf als Herr Leutnant nennen." Er (Bismarck) habe nun in dieser Sache, wo er nicht nur das Widerstreben der anderen Fürsten, sondern gewissermaßen auch das seines alten Herrn gegen sich gehabt habe, den König Ludwig zu gewinnen, an diesen ge schrieben, er hätte durch den Eintritt in den Bund schon so viel zugestanden, daß er kaum mehr zugestehen könne. So wie die Sache liege, mache er seine Zugeständnisse dem König von Preußen, und dieser werde künftig in Bayern in einem gewissen Umfange Befehle zu erteilen haben: da wäre es doch richtiger, die Zuge- ständnisse dem Kaiser von Deutschland als dem König von Preußen zu machen. Er (Bismarck) habe ihn auch an die deutschen Kaiser erinnert, die aus seinem, des bayrischen Königs, Hause hervorgegangen seien, besonders an Ludwig den Bayer — es sei dies recht aä bommvm ge richtet gewesen; auch habe er (Bismarck) er wähnt, daß er aus der Geschichte seiner Familie wisse, daß Ludwig der Bayer ihr ein wohl wollender Herrscher gewesen sei. Den bewußten Brief habe er im Gasthause am Eßtische ge schrieben, er sei darum auch nicht völlig form gerecht gewesen; das Papier sei von einer mangelhaften Beschaffenheit gewesen und die Schrift sei durchgeschlagen. So habe er den Brief dem Grafen Holnstein mitgeben müssen. Der König Ludwig habe, als Graf Holnstein bei ihm eingelloffen sei, große Schmerzen gehabt und ihn zunächst nicht empfangen wollen. Da rauf habe Graf Holnstein ihm sagen lassen, er habe einen Brief von Bismarck, und da habe König Ludwig gesagt: „Na dann bringen Sie ihn her!" Der König habe den Brief gelesen, sich ihn zum zweiten und dritten Mal vorlesen lassen und dann gemeint: „Ja, es ist richtig! Der König von Preußen muß deutscher Kaiser werden!" Er habe dann von Bismarck den Entwurf eines Schreibens verlangt, das er an den König von Preußen richten sollte; Bismarck habe den Entwurf dazu dem König Ludwig über mittelt ; dieser habe denselben für gut befunden und das Schreiben an den König von Preußen abgesandt. Ans Gebhards Bemerkung, daß der König Ludwig seine Gunst dem Fürsten Bismarck ja wohl bis zu seinem Tode bewahrt habe, erwiderte der Kanzler: „Jawohl, ich habe noch acht Tage vor des Königs Tode einen sehr gnädigen Brief von ihm erhalten; in persön lichem Verkehr habe ich aber in den letzten Jahren mit dem König nicht mehr gestanden; von Kisfingen aus habe ich zwar wiederholt den Versuch gemacht, den König zu sehen, der selbe hat aber den Besuch stets unter höflichem Vorwande abgelehnt." — König Ludwig habe, o erzählt Fürst Bismarck weiter, als Kronprinz ich wohl unterrichtet gezeigt. Er, Bismarck, >abe in dem Lustschloß Nymphenburg bei München an der Tafel mit ihm gesessen, als er etwa 17 Jahre alt gewesen sei. Seine Unter haltung sei keineswegs die gewohnte Prinzen unterhaltung gewesen, wie sie am Hofe beim Cercle geführt werde: „Sind Sie schon lange n Berlin?" „Wann reisen Sie wiederab?" Mas macht Ihre Frau Mama?" rc. Seine Interhaltung sei die eines sehr gebildeten jungen Mannes, aber sehr unstet gewesen. Ausgefallen ei ihm, daß der Kronprinz sehr viel Sekt ge- runken und den: eiuschenkenden Lakai immer das geleerte Glas über die Schulter hingehalten habe, damit es wieder gefüllt werde. Der Diener habe einen Blick nach der Königin ge worfen, ob er im Einschenken noch fortfahren dürfe, es wäre aber nichts dagegen geschehen und man habe dem Kronprinzen überhaupt sehr viel freien Willen gelassen. Bei der Unter haltung wäre es ausgefallen, daß sein Auge tets nach oben gerichtet gewesen sei. Ueberdie neueste Erfindung Testas teilt die ,Electrica! Rewiew' Einzelheiten mit. Tesla hat sein Augenmerk zur Zeit vornehmlich darauf gerichtet, elektrische Ströme du»» die Luft auf ungeheure Entfernungen zu werfen. Wie well ihm das praktisch möglich sein wird, müssen größere Versuche erst zeigen. Auch Marcont und Dr. Lodge benützen die Lust als Leiter der Ströme; Teslas Abfich t ist, nur die höchsten Luftschichten für die Uebe rtragung zu verwerten. In diesen höchsten Lustschichten ist die Lust sehr rein und dünn, sie ist ein guter Leiter, und unten wie oben von zwei guten Isolatoren begrenzt, nämlich dem Weltenraume, einem Vakuum oben, und u»/en durch die schwere dicke Atmosphäre. Zwischen den beiden Isolatoren also will TeSla operieren. Seine Maschine hat eine Fähigkeit von mehreren Millionen Voll — so behauptet er wenigstens — und die Empfänger des Ri esenstromes be finden sich in der Luft, befestigt an Ballons, die mit oer Erde verbunden find. Auf diese Weise vermag man den Strom auf ungeheuere Entfernungen zu schleudern. Die ,Electrica! Rewiew' bemerk hierzu sehr skeptisch, daß die Höhe, welche den Wünschen des Erfinders ent spreche, etwas zu hoch für uns sei. Diese Luft schicht befinde sich nämlich erst in einer Höhe von 30 Meilen. Da der elektrische Funke selbst bei ganz enormem Drucke bisher nur 4 Fuß springt, so sei nicht abzusehen, wie Tesla seinen Luft ballons die Elektrizität zuführen will. Das Ganze sei recht hübsch erdacht, aber es klinge eben zu sehr nach amerikanischem Humbug. Wenn vollends die amerikanische Presse meldet, jetzt sei man im stände, von New Jork aus durch die Luft Europa zusammenzuschießen, so ist es nur bedauerlich, neben solchem Unsinn den Namen des mll Recht verdienten Erfinders zu lesen. Kmrtes Allerlei. Weil er gegrüßt wurde! Der wohl einzig dastehende Fall, daß ein Arbeiter von seinem Arbeitgeber deshalb, weil er ihm an der Arbeitsstelle einen Gruß entboten, auf der Stelle entlassen worden ist, hat sich in einer ober schlesischen Industriestadt zugetragen. Selbst verständlich, so berichtet das .Oberschl. Tagebl/, schloß sich das Gewerhegericht, das von dem Entlassenen um eine Entscheidung angerufen wurde, der Ansicht des Arbeitgebers nicht an. Der erste eingeborene Deutsche m Kiautschou. Das Reichsmarineamt hat dem Komitee der Missionsgesellschaft Berlin die Mit teilung gemacht, daß der Kaiser bei dem am 2. September d. in Kiautschou geborenen Söhn chen des Missionars Kunze Patenstelle über nommen, weil dieses Kind der erste deutsche Staatsbürger sei, der in Kiautschou geboren wurde und weil seine Geburt mit dem Tage der Eröffnung des dortigen Freihafens zusammen hängt. Die älteste und größte Tanne Deutsch lands. Man schreibt der,Frkf. Ztg/: Durch >ie Presse ging kürzlich die Notiz, daß die älteste und größte Tanne Deutschlands bei Willingen im Schwarzwald stehe. Dem ist jedoch nicht so. Die größte Tanne Deutschlands steht n Thüringen und zwar auf dem Wurzelberg >ei dem rudolstädrischen Städtchen Katzhütte. Die amtlich angebrachte Tafel gibt folgende Zahlen der tadellos gewachsenen Tanne an: Alter: 450 Jahre; Durchmesser bei 0,60 Höhe 2,45 Meter; Höhe 44,30 Meter; Schaftinhalt 62,33 Kubikmeter. Zur Auffindung des Paradieses. Am 15. November ist eine kleine wissenschaftliche Expedition von Aden abgesegelt, die ein bl onderes Interesse beansprucht; es handelt sich um die Auffindung des Paradieses, des Gartens Eden. Setton-Karr, ein wohlbekannter Reisender, Forscher und Jäger, steht an der Spitze dieser Expedition, deren Reiseziel eine im Somaliland befindliche Niederlassung aus der frühesten Steinzeit ist, wo Setton-Karr schon früher wich tige archäologische und geologische Funde gemacht hat, die ihn davon überzeugt haben, daß die Gegend in ihren Hauptzügen der in der Genesis gemachten Schilderung von dem Aufenthaltsort bes ersten Menschenpaares entspricht. Galant. „... Und wann haben Sie, Herr Baron, das Licht der Welt erblickt?" — „Als ich Sie kennen lernte!" er ins Ausland gereist, um Zerstreuung für seinen Kummer zu suchen. Es gab nichts Wahr scheinlicheres. Ihr habt es leicht, klug zu reden, nachdem alles vorbei ist, aber denkt euch ein mal in meine Lage! Ich hatte mit einem Manne, der beinahe von Sinnen war, und mit einem unerfahrenen, aber eigenwilligen Mädchen, das keinen Widerspruch duldete, zu verhandeln, und dabei war kein Augenblick zu verlieren. Ich habe wahrhaftig genug gelitten, ohne daß ihr mir noch Vorwürfe zu machen braucht!" Doktor Wellner brach, von Bewegung über wältigt, ab. Bei seiner ganzen Erzählung that er nur eines Umstandes keine Erwähnung, der doch sehr geeignet gewesen wäre, zum besseren Verständnis des Ganzen beizutragen. Er vergaß nämlich ganz zu erwähnen, daß Heinrich die 60 000 Mark, welche er von seinem Vormund erhalten, ihm geschenkt hatte, un« ihn günstig für ihn zu stimmen. Der geneigte Leser kann jetzt begreifen, warum Heinrich den Justizrat bat, ihm Geld zu schicken, und weshalb Wellners Einrichtung so elegant ausgefallen und er ohne eine nennenswerte Praxis in Berlin leben konnte. Der Brief an Mcllien, der aus Madrid kam und auf einen früheren, thatsächlich nie ge schriebenen Brief Bezug nahm, war ein Produkt des erfindungsreichen Doktors, der das Schreiben einem Bekannten, der nach Spanier« reiste, über gab mit der Bitte, dasselbe dort auf die Post geben. Ja, in solchen Dingen war Dr. Wellners Phantasie unerschöpflich l 16. Der junge Gutsherr hatte nicht geahnt, daß er seinen Einzug als verheirateter Mann in seine Heimat in der Mitte von Gendarmen halten würde, des schwersten Verbrechens an geklagt, dessen ein Mensch fähig ist, eines Ver brechens, das nur durch einen schimpflichen Tod Sühne finden kann. Die allgemeine Stimmung war zu Gunsten des Angeklagten. Niemand traute dem offenen, fröhlichen, leichtherzigen Heinrich eine solche tückische- That zu; viel eher war Man geneigt, anzunehmen, daß Käthe Rallas, auf deren Aus sagen hin, wie jetzt bekannt wurde, Heinrichs Ver haftung stattfand und die sich durch ihr exaltiertes Wesen wenig Freunde gemacht hatte, nicht recht bei Sinnen sei. Sie legte ihr Zeugnis vor dem Untersuchungs richter indessen mit großer Ruhe und Klarheit ab, und Justizrat Mellien, der die Verteidi gung des Angeklagten übernommen hatte, hütete sich absichtlich, sie jetzt schon ins Kreuzverhör zu nehmen. Auch Frau Baumann verließ ihre Abge schlossenheit, um ihre Aussage gegen Heinrich von Lestow zu machen. Sie sagte aus, daß eine Feindschaft zwischen diesem und ihrem Sohne bestand und daß sie am Morgen des 28. Juni, als sie ihrem Sohne auf dem Bahnhof ent gegenging, hörte, wie Lestow, der im Gespräche mit ihrkm Sohne gewesen war, diesem nachrief: „Dann hüte du dich! Denn wenn ich Ge legenheit dazu finde, werde ich dich nieder schlagen !" Sie erkannte den Hut, der von dem Kutscher Thißmer in der Nähe der Mühle aus dem Wasser gefischt worden war, für denselben an, den ihr Sohn zu jener Zeit getragen hatte, und sie machte auf den Umstand aufmerk sam, daß ihr Sohn, der ihr sein Wort gegeben hatte, gleich bei seiner Ankunft in Buenos Ayres Nachricht von sich zu geben, seit seiner Abreise nichts habe von sich hören lassen. Das Zeugnis, das Käthe Rallas unter ihrem Eid ablegte, war folgendes: Als sie in der erwähnten Nacht das Herren haus verließ, irrte sie außerhalb der Stadt und ohne zu wissen, wohin sie gehen solle, umher. Sie war aufgeregt, weil man sie, wie sie da mals glaubte, gegen ihren Willen in dem Lestowschen Hause zurückhalten wollte. Das natürlichste wäre gewesen, in die Mühle zurück zukehren ; aber sie fürchtete sich, allein und um eine so späte Stunde in das verlassene Gebäude zu gehen. Sie setzte sich ein Weilchen auf eine von dem Winde geschützte Stelle des Eisenbahn dammes und schlief dort, von Müdigkeit und Aufregung überwältigt, ein. Als sie wieder er wachte, fühlte sie sich viel frischer und ruhiger. Sie fürchtete sich nicht mehr, sondern ging, so schnell sie konnte, ihrem alten Heim, der Mühle zu. Als sie dann an die Brücke kam, die über den Fluß führt, sah sie Doktor Baumann und Herrn v. Lestow zusammen die Stufen hinunter gehen, die zu dem Pfad hinabführen, der sich dem Flusse entlang zieht. Sie waren in leb haftem Gespräche miteinander begriffen, und Lestow schien über irgend etivas aufgebracht zu sein. Er hatte Baumann beim Arme gepackt und war bemüht, ihn vorwärts zu drängen. Sie hatte, über das Geländer gelehnt, ihnen neugierig nachgcblickt. Sie mochten etwa tausend Schritte am Fluß entlang gegangen sein, als Heinrich von Lestow schnell zwei Schritte vor ging, sich dann plötzlich umwandte und mit einem Gegenstand, den er in der Hand hielt, seinen Begleiter auf die Schläfe hieb. Was es war, womit er den Streich führte, hatte sie nicht unterscheiden können, doch wäre es möglich, daß es ein sogenannter Totschläger war. Baumann stürzte hart an dem Rande des Ufers hin und Lestow lies den Weg zur Brücke zurück, schien aber plötzlich anderen Sinnes zu werden, denn er kehrte wieder zu dem Platze zurück, auf dem der Gefallene lag, und stieß ihn in den Fluß. Käthe Rallas wurde gefragt, ob es nicht zu dunkel gewesen wäre, um so genau zu unter scheiden, was vorfiel. Ihre Antwort war, es sei allerdings dunkel gewesen; wenn die beiden nicht so nahe an ihr vorübergekommen wären, würde sie dieselben nicht erkannt haben. Wie sie dann wissen könne, daß es Lestow gewesen sei, der den Schlag gethan hatte? Es war der größere von den beiden; außer dem erkannte sie ihn deutlich, als er allein zurückkam. Ob sie nichts von der Unterhaltung der beiden gehört habe, als diese die Stufen zu sammen hinunterstiegen? Nein, nichts, als daß der Angeklagte, wäh rend er Baumanns Arm ergriff, sagte: „Du sollst aber!" Warum sie nicht geschrieen, oder um Hilfe gerufen habe? Es hatte ihr der Mut dazu gefehlt. DaS Geschehene hatte sie so in Schrecken versetzt, daß sie den ganzcnWeg bis zurMühle laufend zurücklegte. »r (Fortsetzung folgt.)
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