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Auerthal-Zeitung : 02.11.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189811022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-02
-
Monat
1898-11
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 02.11.1898
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des von am be- Tochter Turtln Efendis. Die deutsche Kaiserin konversterte jedoch mit einigen Tüchtem des GultanS auch.französisch. -»r Kriserrerse. Da» Katserpaar untemahm am Mitt» wach von Kaipha au» eine Fahrt nach dem Berge Earmel; nach der Rückkehr fanden die Empfänge statt. Am nächsten Tage ging die Fahrt nach Burdsch und Caesarea. — Au» Jerusalem wird gemeldet: Die Teilnehmer an der offiziellen Festfahrt besichtigten in programmmäßig vorge sehener Weise die SehensMnngkeiten der Stadt. Die außerordentliche Hitze und der Staub haben den neu errichteten Gebäuden vielfach Schaden -ugefügt. Immerhin macht da» Ganze einen prächtigen Eindruck. Bor der vollendeten Kirche ist ein Triumphbogen errichtet, der die Häuser überragt. Die Sttwt ist reich mit türkischen und deutschen Fahnen geschmückt, der Fremdenzufluß ein gewaltiger. DaS Kaiserpaar wird während deS Aufenthaltes in Jerusalem auch die Gräber derjüdischenKönige besuchen, in denen David, Salomo und noch 14 andere jüdische Könige ruhen. Die Gruft wurde, der Tradition zufolge, ursprünglich von David angelegt; ein jeder seiner Nachfolger auf dem Thron hat dann ein neues Gemach für seinen Sarkophag hinzugefügt. In diesem Gemache wurden auch viele Kostbarkeiten der Verstorbenen, nicht selten sogar deren Krone und Zepter verborgen. Bei der ersten Zerstörung Jerusalems durch Nebucad- nezar blieb die Gruft verschont. Dagegen hat später der jüdische König Hyrkan, als er sich einmal in Geldverlegenheit befand, einige der Gräber geöffnet und sich deren Schätze ange eignet. Bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer wurde die Gruft abermals geplündert. Titus brachte damals eine Menge jüdischer Kleinodien, darunter auch die Salomo gehörende, fünf Zentner schwere goldene Fruchtschüssel nach Rom. Ms später der Bandalenkönig Geistlich Rom plünderte, schickte er eiu ganzes Schiff mit jüdischen Kleinodien, darunter auch die Schussel, mach Karthago. Das Schiff scheiterte jedoch bei den liparischen Inseln und versank. Nach der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer stellten diese auf der Gruft ein hölzernes Kreuz auf, das aber Saladin nach der Rückeroberung Jerusalems wieder zertrümmern ließ. Von der Gruft ist nur das Grab Davids zugänglich. Dieses Gemach wird von Oellampen erhellt, während auf dem mit einem Erdhügel bedeckten Sarkophag eine grünseidene Decke, ein Geschenk des Sultans, ruht. Eigentümerin der Gruft ist die französische Regierung, welcher dieselbe von den Söhnen des Pariser Bankier Pereire zum Geschenk gemacht wurde. Ueber den Besuch, den die Kaiserin am vergangenen Freitag abend dem Harem des Sultans in Konstantinopel abgestattet hat, berichten die türkischen Blätter nun folgendes: Der Besuch dauerte länger als drei Stunden, da die Kaiserin sämtliche Räume des Harems besichtigen wollte. Besonders lange hielt sie sich in der Bibliothek auf, wo sich nicht nur orien talische, sondern auch französische, deutsche und griechische Werke vorfinden. Obgleich die Eunuchen für diesen Abend von dem Innern des Harems ausgeschlossen waren, so standen doch Abteilungen vor den Saalthüren und auf den Gängen, wo sie die Wache oder den Ehren dienst versahen. Sie trugen eine rotsamtene Uniform mit Fes und Säbel. Besonders schön nahm sich die Uniform des Kißlar Aga (Eunuchen chefs) aus, die förmlich von Gold strotzte. Die Haremsdamen (es heißt, daß nicht alle der Kaiserin zu Gesicht kamen) überreichten der hohen Frau als Andenken an ihren Besuch einen kost baren, von ihnen selbst angefertigten Teppich mit türkischen Sinnsprüchen, an dem sie mehrere Monate gearbeitet hatten. Als Gegengeschenke erhielten sie von derKaiserin Uhren, Broschen, Haar nadeln und andere Schmucksachen. Die erste Ge mahlin des Sultans und dessen Mutter erhielten Bilder der Kaiserin und ihrer Tochter. Bei den orientalischen Tänzen, die von den Odalisken aufgeführt wurden, fungierte die ehemalige Mai länder Ballerine Fräulein Vittorio Zempieri als Dirigentin. Die von den Odalisken vor getragenen Musikstücke waren deutschen oder italienischen Ursprungs. So spielten zwei Odalisken auf dem Klavier das „Heil dir im Siegerkranz". Als Dolmetsch fungierte die Völkische Kimdscha«. Dentschlanv. * Die .Nordd. Alla. Ztg.' schreibt: „In den Blättern wird,-« 2». November als der Termin angegeben, an welchem der Reichstag durch den Kaiser werde eröffnet werden. Wir find nicht in der Lage, diese Meldung bestätigen zu können, halten eS aber gleichfalls für wahr scheinlich, daß die Eröffnung des Reichstags ungefähr zu dem gleichen Zrichunkt, an welchem die letzte Sesfivn ihren Anfang nahm, 30. No vember, erfolgen wird." * Der Konstantinopeler Korrespondent des »Standard' hält seine Meldung aufrecht, daß Deutschland vom Sultan einen Hafen in Syrien oder bei einer der türkischen Inseln erhalten werde. *Vom Reichs-Marineamt ist eine neue Nordsee-Fischereikarte herausgegeben worden. Der deutsche Seefischerverein, der die Anschaffung der Karte empfiehlt, faßt sein Urteil dahin zusammen, daß diese Karte alle vorhan denen Fischereikarten der Nordsee einschließlich der englischen an Genauigkeit übertrifft. * Die Urwahlen zum preuß. Land tage haben am Donnerstag stattgefunden und so weit sich übersehen läßt, haben die Liberalen hier und da einen Zuwachs erhalten, was sich durch die Beteilung der Sozialdemokraten er klären läßt. Ein übersichtliches Bild von den Wahlergebnissen wird sich erst in einigen Tagen gewinnen lassen. * Der preuß. Minister des Innern hat eine Verfügung erlassen, laut welcher bei den Land tagswahlen die Wahlvorsteher ersucht werden, Aufzeichnungen zu machen, wie viele Urwähler in den einzelnen Abteilungen Wahl recht besitzen und wählen, wie viele nicht zur Einkommensteuer veranlagt find, welches der Höchstbetrag der Steuerleistung in den einzelnen Abteilungen ist, wie viele gültige und ungültige Stimmen im ersten bezw. zweiten Wahlgang abgegeben werden u. s. w. Vermutlich sollen diese Ermittelungen als Material für die Wahlreform dienen. * Fünfzehn dänische Unterthanenim Kreise Hadersleben, sowie zwei Mitarbeiter in der Druckerei -des ,Heimdal' zu Apenrade wurden aus dem preußischen Staatsgebiet aus- gewiesen, weil sie „lästig gefallen" waren. *Die Neubemessung der den einzelnen Brennereien zustehenoen Branntweinkon tingente, die seitens des Bundesrates auf 5 Jahre, vom 5. Oktober dieses Jahres ab, neu erfolgt ist, hat zu einer Verminderung des Kontingents um 8—9 Prozent geführt. Oesterreich-Ungarn. * Dem Zustandekommen des österreichisch ungarischen Ausgleichs stellen sich immer neue Schwierigterten entgegen. Die Obstruktion im ungarischen Abge ordnetenhause erweist sich als stärker, als man erwartet hatte, und Graf Thun soll darin eine Handhabe erblicken, um die Arbeiten auch in Oesterreich wieder hinauszuschieben. Wahr scheinlich wird der österreichische Reichsrat vertagt werden. Thun kann die 32 Forderungen, deren Erfüllung die Tschechen für die Zu stimmung zum Ausgleich als Gegenleistung ver langen, nicht erfüllen. Auch ist Thun an die unveränderteAn nähme der Ausgleichs vorlage gebunden, während er von der Majorität des Argeordnetenhauses verständigt wurde, daß diese an den Ausgleichsvorlagen Abänderungen vorzunehmen wünsche. Frankreich. * Trotz der politischen „Zwischenfälle", Rücktritts Brissons und des Verrats Chanoine, hat der Kassationshof Donnerstag die Verhandlungen darüber ¬ gönnen, ob eine Revision des Dreyfus-Prozesses stattfinden soll. Die Verhandlungen waren öffentlich. Der Berichterstatter Bard tritt für - te Revtslon ein. Oberst H e n ry sei der HauptbelaftungSzeuge gegen Dreyfu» gewesen; da Henry als Fälscher enttarnt worden, kann seine Aussage cckS verdächtig gelten. Er verliest, noch zwei Brtefentvürfe Esterhazys, die für dessen SchuldbewußtseinZeugniS ablegen. ES gäbe nichts als da» Borderau, um die Anklage gegen Dreyfu» zu begründen. (Da dasselbe aber nach Ansicht des General- prokuratorS nicht von Dreyfus geschrieben ist, sondern von Esterhazy selbst herrühren dürste, so wird der Antrag auf absolute Zulässigkeit deS RevtsionSge- sucheS gestellt werden.) -Die neue Kabinettsbildung ist noch in der Schwebe und Faure scheint sie auch so lange hinzögem zu wollen, bis sich daS neue Ministerium durch den Spruch des KassationS- hofes vor eine vollendete Thatsache gestellt steht. Eine Unterredung Dupuys mit Delcassö wird allgemein als Anzeichen dafür angesehen, daß Dupuy den Auftrag erhalten dürste, ein Kabinett zu bilden. Ribot hatte längere Unterredungen mit Senatoren, besonders mit Constans. Eine Zusammenstellung Dupuy-Ribot-Con- stans-BourgeoiS wäre einer republikani schen Mehrheit gewiß. *,Siöcle' erzählt, Brisson habe seinerzeit Chanoine das Kriegsportefeuille übertragen, weil derselbe nach derDemission Boisdeffres einen Minister brieflich dazu beglückwünschte, daß der Generalstab nunmehr Boisdeffres entledigt sei; (!) der Brief werde wahrscheinlich veröffentlicht werden. *Zu den neuerlichen Bersch wö- rungsgerüchten heißt eS nachträglich: Prinz Louis Napoleon war von den Bona- partistenführern nach Paris berufen worden, nahm an einem Abendessen im Cafö de Paris teil, dem - der ganze Generalstab beiwohnte, weigerte sich indes, vorzugehen, und reiste so fort nach Brüssel ab. *Die Friedens-Kommission in Paris ist bei einem vollständigen Stillstand ihrer Verhandlungen angelangt. Die ameri kanischen Delegierten weigern sich, die kubani schen Schuld zu erörtern, weil das Protokoll lediglich die sofortige Räumung der Insel durch die Spanier vorsehe und die alten spanischen Kriegsschulden Amerika nichts angingen. Italien. * Alle Staaten haben nunmehr der Kon ferenz zur Bekämpfung der An archisten zugestimmt. Als Konferenzort ist endgültig Rom bestimmt. Balkanstaaten. *Jn neuerer Zeit wird die Kandidatur des Prinzen Georg von Griechenland für Kreta wieder in einer Weise behandelt, als ob diese Frage bereits jeden Tag spruchreif werden könnte. Einstweilen ist doch aber die notwendigste Vorbedingung noch nicht erfüllt, die in der Herstellung von Ruhe und Ordnung auf der Insel besteht. Die Türkei ist ihrerseits ihren Verpflichtungen durchaus nachgekommen, jetzt ist es Sache der Kreta-Mächte, das ihrige zu thun. Wenn von verschiedenen Seiten immer wieder zu verbresten versucht wird, Oesterreich sei aus der Reihe der Kreta-Mächte nicht aus eigenem Antrieb geschieden, so muß dem auf das entschiedenste widersprochen werden. Von Deutschland ist seiner Zeit in keiner Weise ein Druck auf die befreundete Monarchie ausgeübt worden. *Die Truppen der vier Kretamächte dürften auf die Stärke von 22 000 Mann ge bracht werden. Bis jetzt zählt das englische Okkupationskorps 8000 Mann, während Frank reich und Italien je 3500, Rußland bloß 2000 Mann auf der Insel haben. Es wird demnach erwartet, daß die letzten drei Mächte neue Ver stärkungen nach Kreta entsenden werden. Ein Teil dieser Kontingente soll Garnisonen im Innen: der Insel beziehen. * Aus dem Archiv der russischen Ge sandtschaft in Belgrad wurden wichtige geheime Akten, Briefe und Telegramme ge stohlen. Der Thäter blieb unbekannt. Durch diesen Vorfall soll die Stellung de» Gesandten ShadowSki erschüttert sein. Amerkk«. * Die ver. Staaten werden die Peters burger Abrüstungskonferenz nicht be schicken, mit der Begründung, daß die Konferenz fich lediglich gegen da» Uevermaß der euro päisch e n Rüstungen richte.- Affe». * In einer am Dienstag inPektng abge haltenen Versammlung des diplomatischen Korps wurde beschlossen, die sofortige Ent lassung der Soldaten zu verlangen, welche die englischen Ingenieure angegrmm haben. DaS Tsuna-li-Aamen gewährte sofort dieses Verlangen. Der englische Gesandte Mac- donald beantragte unabhängig hiervon die Be strafung der^oldaten. Die Kaiserin- Regentin erließ einen Befehl, durch welchen der Generaldirektor der Eisenbahnen beauftragt wird, eine exemplarische Bestrafung der Schuldigen eintreten zu lassen. Uon Nah ««d Fern. Berlin. Der Raubmörder Wegener hüt eS nach der Mordthat mit der Reise mS Ausland nicht so eilig gehabt. Am 9. und 10. Oktober hat er in einer Herberge in Leipzig genächtigt, auch dem kontrollierenden Beamten fernen Ent lassungsschein aus dem Hamburger Zuchthause vorgezeigt. Mit einem Buchbindergesellen auS Chemnitz unterhandelte er wegen Ueberlassung < von dessen Papieren, so daß er jedenfalls mit einem falschen Paß reist. Jener Beamte hat ihn noch am 15. früh in Leipzig gesehen. An diesem Tage wurde in dortigen Blättern der Name des Wegener zum ersten Male mit der Mordchat in Verbindung gebracht, wodurch er sicher gewarnt ist. Speier. Für die in die Protestationskirche bestimmte Kaiserglocke hat Kaiser Wilhelm II. 10000 Kilo Metall aus eroberten französischen Kanonen anweisen lassen. Stettin. Der neue Hafen, dessen Abnahme durch die Steuerbehörden am Montag erfolgte, ist am Donnerstag mittag 12 Uhr als Freibezirk für den Verkehr eröffnet worden. Minden. Die Feier des 250 jährigen Gedenktages des westfälischen Friedens, durch den das frühere Bistum Minden an Branden burg fiel, ist in Minden würdig begangen worden. Im Rathaussaal fand eine General versammlung des größeren Komitees für die Errichtung eines dauernden Standbildes des Großen Kurfürsten, verbunden mit einer Ge denkfeier des westfälischen Friedensschlusses, statt. Zu derselben fanden sich ungefähr 00 Herren aus allen Ständen ein. Ober-Bürgermeister Bleek hielt die Festansprache. Sodann wurde in die Verhandlungen über die Denkmalsfrage einge treten. In denVorstanddesAusschusseswurden ge wählt die Herren Regierungspräsident v. Bischoss hausen und Landrat Bosse-Minden, als Ehren vorsitzender Oberpräfident Studt. Die Kosten des Denkmals (Bronzefiaur auf Granitsockel) werden auf 30 bis 40 000 Mk. geschätzt. Es wird demnächst an die Eingesessenen der Kreise Minden und Lübbecke ein Aufruf gerichtet werden. Breslau. Der hiesige Bezirksausschuß hat auf die Klage des Breslauer Magistrats die Weber-Innung aufgehoben, weil sie Tausende von Mark an Jnnungsgeldern gesetzwidrig unter die Jnnungsmeister verteilte; auch wurden die Akten der Staatsanwaltschaft überwiesen. Eberswalde. Bahnhofsräuber treiben an der eben erst eröffneten Strecke Werneuchen- Wriezen ihr Unwesen. Das Bahnhofsgebäude in Tiefensee wurde in einer der letzten Nächte erbrochen, der drei Zentner schwere Geldschrank Herausgeholt, auf einer Karre in den Wald ge bracht, dort mit Aexten und Beilen zertrümmert und seines Inhalts von 80 Mk. beraubt. Die im Schrank befindlich gewesenen Postwertzeichen lagen im Walde zerstreut. Die Thäter sind noch nicht ermittelt. Gleiche Diebstähle sollen in voriger Woche in Blumberg und Seefeldt begangen worden sein. Itzehoe. Eine junge Dame aus Tunaen- dorf, welcher am 24. März d. bei einem Eisen- Am Uorabend der Hochxett. Ibj Roman von Helene Stökl. (Fortsctzunz.) „Ich mißachte Ihre Absicht nicht, aber ich verlasse mich auf das Urteil meines Onkels." „Ihr Onkel, sage ich Ihnen, würde nicht eine Stunde in dem Hause geblieben sein, ohne wenigstens. ." „Nun, ohne was?" „Ohne den Damm dort drüben zu durch stechen und das Wasser so von der Mühle ab zuhalten." „Sehen Sie dorthin!" rief Käthe mit einer halb triumphierenden, halb verächtlichen Be wegung auf den Wasserschwall deutend, der trübe und reißend in eimger Entfernung vom Hause vorüberschoß. „Ja," erwiderte Mellien, „das Wasser hat sich jetzt selbst Bahn gebrochen, aber denken Sie an den furchtbaren Druck, den das Haus vor her auszuhalten hatte." „Es hatte keinen Druck auszuhalten," sagte Käthe ruhig wie vorher. „Als das Wasser des Flusses bis zu dem Zeichen stieg, das der Onkel vor zwei Jahren machte — * Sie brach mstten:m Satze ab und wandte sich dem Hause zu. Einen Augenblick blickte sie scharf nach dem einen Fenster desselben hin und verschwand damr eilig in der Hausthür. Ver wundert blickte Mellien ihr nach. Das Benehmen deS Mädchens war ihm höchst sonderbar. Was hatte sie so plötzlich in dem Hanse zu thun? Weshalb wollte sie dasselbe durchaus nicht ver lassen? Konnte eS möglich sein, daß sie nicht Boote und Flöße zur Verfügung haben und können Ihnen mit Leichtigkeit bringen, was Sie brauchen." „Nein, schicken Sie nichts," entgegnete sie eifrig. „A:ü>ere werden Ihre Hilfe nötiger brauchen als ich. Ich habe alles für die nächsten vierzehn Tage, nur kein frisches Fleisch, und das kann ich leicht entbehren. Nein, wirklich, Herr Rat, es ist mir lieber) wenn Sie nichts schicken, ich bin Ihnen deshalb nicht weniger dankbar für Ihre Güte!" „Sie werden sich aber sehr einsam fühlen." „Daran muß ich mich gewöhnen." „Es wird sicher ein Fieber ausbrechen, wenn die Ueberschwemmung vorbei ist. Es liegen so viele tote Körper umher. Ich glaube kaum, daß Sic es lange hier aushalten werden. Wenn Sie fort möchten, so hängen Sie ein weißes Tuch zum Fenster dort heraus. Ich werde einen Jungen alle Tage auf die Landstraße schicken, um nachzusehen, ob er Ihr Zeichen er blicken kann." „Sie find sehr freundlich, Herr Justizrat — das ist eine sehr gute Idee. Wenn ich etwas brauche, hänge ich das Tuch hinaus, und wenn ich das nicht thue, so braucht sich niemand um mich zu kümmern. Ist das abgemacht?" Ja." »"Wollen Sie wohl Frau Böhme sagen, daß ich nicht um ihretwillen davon lief?" „Ja, was sonst noch?" „Sonst nichts. Ad:eu, Herr Rat, kommen Sie gut nach Hause. Nehmen Sie sich nur beim Umdrehen in acht!" Hätte der Jnstizrat sehen können, wie rr- allein in der alten Mühle war, daß jemand, den sie nicht wollte sehen lassen, sich bei ihr befand? Ehe er aber diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, war Käthe schon wieder aus dem Hause gekommen und an den Rand des Wassers getreten. Ruhig, als wäre nichts vor gefallen, fuhr sie fort: „Als der Fluß bis zu den: Zeichen stieg, das der Onkel vor zwei Jahren gemacht hatte, durchstach ich den Damm." „Sie?" rief Mellien, alles andere in seiner Ueberraschung vergessend. „Ja, warum nicht? Ich brauchte nur ein paar Spatenstiche zu thun, dann fand das Wasser selbst seinen Weg." „Dann haben Sie die Mühle gerettet!" rief Mellien mit aufrichtiger Bewunderung. „Sie sind ein mutiges, entschlossenes Mädchen!" Sie zuckte die Achseln, während ein gering schätziges Lächeln um ihre Lippen spielte. „Haben Sie gehört, Thißmer?" wandte sich Mellien an den Kutscher. „Sic hat selbst die Mühle gerettet; ich meine, es wird wenig Mädchen geben, die das gethan hätten. Mögen die Leute von ihr sagen, was sie wollen, an Verstand fehlt es ihr nicht." „Nein, aber an Lebensmitteln wird es ihr fehlen, wenn sie hier bleibt," bemerkte der Kutscher, der die Dinge vom praktischen Stand punkt aus zu betrachten pflegte. „Das ist wahr. He, Fräulein Rallas, bleiben Sie noch einen Augenblick! Wie sieht eS denn mit dem Proviant auS?" „Ich danke Ihnen, ich habe alles, waS ich brauche." „Ist daS auch gewiß? Morgen werden wir leichtert Käthe aufatmete, nachdem der Wagen endlich ihren Blicken entschwunden war, so würde der Gedanke, der vorhin bei Käthes sonderbarem Benehmen in ihm aufgetaucht war, wohl in ver-' stärktem Maße bei ihm zurückgekehrt sein. Aber er hatte soviel damit zu thun, den Wagen ohne Unfall durch das Wasser zu bringen, daß es ihm nicht einfiel, sich noch einmal nach Käthe umzu wenden. „Was . ist das Schwarze dort in der Hecke?" fragte er, als sie sich dem trockenen Lande näherten. „Es sieht wie ein ertrunkenes Huhn aus," , sagte der Kutscher. „Es ist ein Hut, Thißmer. Können Sie ihn nicht mit der Peitsche erreichen?" „Nein." „So ziehen Sie Stiefel und Strümpfe aus und holen Sie ihn." „Gehört er dann mir?" „Ich glaube nickt, daß ihn jemand von Ihnen beanspruchen wird." „Da ist er schon," sagte Thißmer, seinen Fund von allen Seiten betrachtend. Es war ein ganz neuer, feiner, in Berlin ge- , machterHut, der ihm zu seiner Freude ausgezeichnet paßte und den er am nächsten Sonntag schon mit nicht geringem Stolz aufdem Wege in die Kirche trug. 10. Sobald Ida, Onkel Gustavs Rat befolgend, mit ihren Kindern nach Berlin zurückgekehrt war, machte dieser sich mit allem Eifer daran, die Aufgabe, welche er sich gestellt hatte, zu lösen, und Gewißheit über die Art und Weise,
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