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Auerthal-Zeitung : 26.10.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189810263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981026
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981026
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-10
- Tag 1898-10-26
-
Monat
1898-10
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 26.10.1898
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P-IMfch- K»«kfcha«. , Deutschland. * Sm Freitag vormittaa besichtigte daS Kaiserpaar die althistorische Sofiamoschee, auf der früher das christliche Kreuz prangte und auf der eS dereinst wieder glänzen wird, wenn es nach dem Testament Peters des Großen geht. Um 1 Uhr fand die Truppenrevue statt, am Nachmittag der Besuch deS deutschen Spitals und abends ein Galadiner im Winz-Kiosk, an welchem das diplomatische Korps teilnahm. »Kaiser Wilhelm nebst seiner Gemahlin kehrten am Mittwoch abend von der prachtvollen Beleuchtung der Ufer des Bosporus erst um Mitternacht zu Schiff nach Aildiz zurück. Donnerstag früh begab sich daS Kaisechaar nach dem asiatischen Ufer und von dort mit der ana- tolischrn Bahn nach Hereke, wo die große Teppichfabrik des Sultans besichtigt wurde. Der Sultan machte dem Kaisechaar oei diesem Anlaß einen Riesenteppich zum Geschenk. Bei dieser Gelegenheit machten die kaiserlichen Majestäten eine Stiftung für die Mädchen, die an diesem Teppich gearbeitet haben, aus welcher Stiftung die jungen Mädchen bei ihrer Verheiratung eine Aussteuer erhallen sollen. Die Rückkehr nach Konstantinopel erfolgte gegen Abend. Bn dem Ritt um drr Mauern wurde der Kaiser von der Bevölkerung überall lebhaft begrüßt. Nach dem Empfang der Botschaft durch den Kaiser wurden diese auch von der Kaiserin empfangen. Um 3 Uhr nachmittags fand die Frühfttickstafel statt. Um 4V- Uhr begab sich das Kaiserpaar mit Gefolge, dem deutschen Botschafter Frhrn. v. Marschall, und dem Botschaftspersonal mit Damen auf dem Stationsschiff „Loreley" nach Therapia. Dort ging der Botschafter Frhr. v. Marschall an Land, um die Majestäten auf der Landungsbrücke des Sommerpalastes der Botschaft zu empfangen. Nachdem man hinauf die Fahrt mit dn „Loreley" bis zum Schwarzen Meer ausgedehnt hatte, er folgte um 6 Uhr die Rückfahrt nach der Bucht von Beikoz, wo auf der Jacht „Sultanie" das Diner eingenommen wurde. Danach wurde die Fahrt zur Besichtigung der Festbeleuchtung längs der Ufer des Bosporus angetreten. Alle kaiser lichen Häuser sowie sämtliche Staatsgebäude und Privathäuser waren aufs prächtigste er leuchtet; nicht minder glänzenden Lichterschmuck wiesen die Kriegsschiffe auf. Das Kaiserpaar gab wiederholt seinem Entzücken über das herr liche Schauspiel Ausdruck. Ueberaus prächtig war auch die Beleuchtung der vor Dolma Bagdsche liegenden drei deutschen Kriegsschiffe, die allgemeine Bewundemng erregten. Als die „Loreley" um 11 Uhr nachts zurückkehrte, wurde von drei hell erleuchteten türkischen Kriegsschiffen Feuerwerk abgebrannt. Das Kaiserpaar landete in Dolma BagdsHe und fuhr um 11 Uhr zu Wagen nach Aildiz zurück. »Durch die verspätete Ankunft des Kaiserpaares in Konstantinopel hat das Pro gramm derKaiserreise durchaus keine Äenderung erfahren. Die Abreise sollte am 22. d. unmittelbar nach dem Frühstück in Dolma- Bagdsche erfolgen. Die Fahrt geht nach Haifa, das in etwa drei Tagen erreicht werden dürfte, so daß die Ankunft daselbst, wie im Reiseplan vorgesehen, etwa Dienstag mittag zu erwarten ist. »Die Kaiserin feierte am 22. d., fern der Heimat, ihren 40. Geburtstag. Das deutsche Volk bringt der hohen Frau, deren stilles gesegnetes Wirken ihr längst aller Herzen gewonnen, seine herzlichsten Segenswünsche zu diesen. Tage dar und vereinigt sich in dem Wunsche, daß die edle Fürstin und Frau noch lange Deutschlands Kaiserthron zieren möge/ »Bei dem geplanten Attentat auf Kaiser Wilhelm haben, soweit bis jetzt Nachrichten vorliegen, nur Italiener ihre Hände in, Spiele gehabt. Ob die eingehend geführten Untersuchungen ergeben werden, daß deutsche Anarchisten in irgend einer Weise bei dem Attentat verwickelt gewesen find, oder darum ge wußt haben, steht noch dahin. Zweifellos richtig ist aber, daß zwischen deutschen und italienischen Anarchisten ziemlich enge Beziehun gen bestehen. »Der deutsche Staatssekretär des Aus wärtigen, Minister v. Bülow, bat am Don nerstag in Konstantinopel dem dortigen russischen Botschafter einen längeren Besuch abgestattet. * Wegen Veröffentlichung deS neuen deutsch- englischen Abkommens hat sich be kanntlich die deutsche Kolontalgesellschast mit einer Eingabe an den Reichskanzler gewandt. Darauf hat nach der Meser-Ztg/ der Reichs kanzler geantwortet unter Hervorhebung der Gründe, die für die Geheimhaltung deS Btt- trage« maßgebend gewesen find und auch noch fortbestehen. Die Angriffe aus die Regierung werden mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen. »Zur Einführung des Zehnvfennig- brief Portos im Verkehr zwischen Deutsch land, England, Frankreich und den Ber. Staaten hat der Generalpostmeister der Union die Initia tive ergriffen. Der Bericht deS Generalpost meisters schlägt die sofortige Einleitung der Unter handlungen mit den genannten drei Staaten vor. » Von der Ansiedelungskommission ist das im westpreußischen Kreise Schwetz ge legene Rittergut Prust für 650000 Mk. ange kauft worden. »Der bisherige Gouverneur von Kiautschou, Kapitän -. S. Rosendahl, ist neuerdings schwer erkrank und mußte durch den Kreuzer „Kaiserin Augusta" nach Japan gebracht werden, es handelt sich um ein Darmleiden und hat Gouverneur v. Rosendahl die Ueberfiedelung nach Japan auf den Rat des Prinzen Heinrich ausgeführt. »Bei der Regulierung der Grenze von Kiautschou erhalten, wie der .Franks. Ztg/ aus Tfientfin gemeldet wird, die Deutschen das Loisangebirge und den Hafen von Ta-pu-tur. Frankreich. »Wegen des Mißlingens des Arbeiter ausstandes in Paris hat der Verwal tungsrat des Syndikats der Eisenbahnarbeiter Frankreichs sein Amt niedergelegt, da die Arbeitergruppen, die beschlossen hätten, in den Ausstand zu treten, dies nicht gethan. England. * Der Schatzmeister Hicks Beach hat am Mitt woch in einer Rede in North Shields in Northumber- land eine ernste Mahnung an Frank reich zum Nachgeben in der Fasch oda- srage gerichtet. Es sei möglich, sagte er, daß die Angelegenheit ein so ernstes Gesicht be komme, wie es zwischen zwei großen Ländem nur möglich wäre. Es könnte nur zwei Gründe für Frankreich geben, diese Haltung anzunehmen: sie können den Wunsch haben, mtt England in Streit zu geraten; der andere Grund wäre, daß Frankreich durch Gereiztheit bezüglich der Stellung Englands in Aegypten beeinflußt sein könnte, indessen sei er, Redner, der Ansicht, daß England bei weitem mehr Grund zur Gereizt heit gegen Frankreich habe, als umgekehrt. Die Regierung sei von durchaus friedlichem Geiste gegen die große französische Nation beseelt und wünsche nicht, Frankreich zu demütigen. Eng land wünsche aber, nach Recht und Billigkeit be handelt zu werden. Seine Arbeit in Aegypten sei noch nicht gethan. Afrika sei groß genug für beide Nationen. Er hoffe und glaube, daß diese Frage einer freundlichen Lösung fähig sei. Es würde ein großes Unglück sein, wenn nach mehr als achtzigjährigem Frieden die freundlichen Beziehungen gestört und England in einen großen Krieg gestürzt werden sollte: allein es gebe größere Nebel als den Krieg, und die Regierung werde vor nichts zurückschrecken, da sie wisse, daß sie durch ein geeintes Volk unter stützt werde. Balkanstaaten. »Nach Kreta werden demnächst weitere 3000 Mann Besatzungstrnppen abgehen, dar unter 1200 Engländer. Wie nämlich die ,Pol. Korr/ meldet, kamen die vier Mächte überein, ihre Truppenkontingente auf Kreta auf 14 500 Mann zu erhöhen. »In Kandia find am Donnerstag die ersten 1600 Mann der türkischen Besatzung auf Kreta bei völlig ruhiger Haltung der musel manischen Bevölkerung nach Saloniki eingeschifft worden. Nächste Woche sollen weitere Ab teilungen folgen und nur wenige Mann als Fahnenwache zurückbleiben. * Dem ,v. T.' zufolge ist die Meldung der deutschen Verwaltung der Eisenbahnlinie Haidar- Pascha-Angora sei die Konzesfion zum Bau eineSHandelShafenS in Haidar-Pascha bei Skutcm «tritt worden, zutreffend. Daß der Sultan das Jrade üb« die KonzesfionS-Erteilung gerade jetzt erlassen hat, ist eine besondere Auf merksamkeit gegenüber den deutschen Gästen. Eine politische Bedeutung kommt im übrigen dem Bau des Handelshafens nicht zu. Amerika. »In Chile ist eine MinisterkrisiS auSgebrochen. DaS ganze Kabinett hat seine Entlassung gegeben. Aste«. »Auf den Philippinen geht der Krieg lustig weit«; nach ein« Madrider amtlichen Depesche aus Manila vom Mittwoch kam es zu einem Zusammenstoß -wischen den Ameri kanern und den Tagalen, da Admiral Dewey den letzteren untersagt hatte, in Manila die republikanische Flagge zu hissen; beide Teile erlitten Verluste. Die Amerikaner kaperten Fahr zeuge der Tagalen. Vorsichtsmaßregel,» zum Kchutzr de» Kaisrrpaares. Der Suüan hat die allergrößten Vorsichts maßregeln zum Schutze des Kaisers Wilhelm und seines Gefolges während ihres Aufenthaltes im heiligen Lande getroffen. Die Gouverneure der Provinzen, durch welche der Kaiser reist, haben Befehl «hatten, alle Personen, welche einwandern, scharf zu beobachten und alle Ver dächtigen, die keine Arbeit und keine Subfistenz mittel haben, auszuweisen. Die strengsten Maß nahmen find getroffen, um die Persönlichkeit jedes Fremden, welcher auf der Eisenbahnstatton aussteigt oder sich in der Stadt aufhält, fest zustellen. In den verschiedenen Städten ist die Schutzmannschast sehr verstärk worden, beson ders in Jerusalem. Dort werden auch Geheim polizisten verwandt werden. Den ausländischen Konsuln ist angekündigt worden, daß gegen alle Personen, von welcher Nationalität sie auch sein mögen, deren Aufenthalt im Lande, beson ders während der Reise des deutschen Kaisers, anstößig erscheinen mag, energisch verfahren wer- werden wird. Die Konsuln werden aufgefordert, den Behörden beizustehen, da Ausländer in der Türkei auf Grund der Kapitulationen extra- territoriale Rechte besitzen und ohne Genehmi gung der Konsuln nicht des Landes verwiesen werden können. Auch in Konstantinopel war die Polizei fest an der Arbeit, versendete eine Menge verdäch tiger Individuen, besonders italienische vagierende Arbeiter, von denen, nach Aussage eines hohen Polizeibeamten, sich die meisten zum Anarchis mus bekennen. Aus Deutschland langte ein ziemlich starkes Fähnlein Geheimpolizisten an, die sich sofort in den Dienst Enver Beis, des Polizeipräsidenten von Pera, stellten. Uon Nah und Fern. Berlin. Im Prozesse Grünenthal, der durch den Selbstmord des Hauptbeteiligten be weitem an Interesse verloren hatte, fand am Freitag die Verhandlung statt. Angeklagt waren Grünenthals Geliebte, Elly Golz, und die Hebeamme Eichler, welche dem G. bei seinem Verbrechen Beistand geleistet haben sollen, um ihn der Bestrafung zu entziehen und ihm die Vorteile seiner Verbrechen zu sichern und zwar ihres eigenen Vorteils wegen. Die Beweisaufnahme fiel indessen für die Angeklagten günstig aus und die Geschworenen sprachen sie nach kurzer Beratung frei. — Der Schankwirt Karl Eiffert in der Joachimstraße erhielt ein Paket, m dem sich außer einem Paar grauer, wollener Handschuhe zwei abgeschnittene Menschenhände befanden. Ec brachte die Sendung nach dem Polizei-Revier, welches feststellte, daß der auf dem Postabschnitt als Absender Bezeichnete hier nicht wohnt. Nach dem vorläufigen Befunde handelt es sich um die Hände emer Leiche, mit denen jedenfalls ein Student oder ein Arzt oder sonst eine mit Leichen beschäftigte Person sich einen ebenso schlechten wie rohen Scherz gemacht hat. Hoffent lich gelingt, es der Behörde, den frivolen Ab sender zu ermitteln, so daß er zur Rechenschaft gezogen werden kann. Kiek. Wie nachträglich bekannt wird, er hielt Prof. Friedrich v. Esmarch am 7. Oktober in Veranlassung seines 50 jährigen Doktor jubiläums folgendes Telegramm vom Kaiser: .Marmorpalais, 7. Oktober 1898. Ihnen zum heutigen fünfzigjährigen Doktorjubiläum noch meinen besonderen Glück- und Segenswunsch auszusprechen, ist mir ein herzliches Bedürfnis. Die hervorragenden Dienste, welche Sie in der langen Spanne Zeit mit aufopfernder Hingebung an Ihren Beruf der akademischen Jugend, der Armee und der Menschheit in Kriegs- und Friedenszeit geleistet haben, möge Sie allezeit gewiß sein lassen der besonderen Dankbarkeit und Anerkennung Ihres wohlgeneigten Königs Wilhelm." Wiesbaden. Ein Diebstahl in der königl. Regiemng, bei dem etwa 1200 Mk. amtlicher Gelder in Verlust gerieten, machte vor einiger Zett von sich reden. Nächtlicherweile wurde das Putt des mit dn Verwaltung der Stempel marken betrauten Kanzlei-Inspektors seines baren Inhalts beraubt, während'das Putt, das mittels eines in dem Botenzimmer des Regierungsge- bäudeS liegenden Meißels erbrochen erschien, merkwürdigerweise ebenso wie die erleichterte Kassette selbst säuberlich Wied« verschlossen worden war. Die sofort eingeleitete Untersuchung hat nun nach mancher Irrfahrt Anhaltspunkte dahin ergeben, daß ein Regierungsbeamter selbst in den dringenden Verdacht geraten ist, der Thäter zu sein. Dieser Beamte lst der erwähnte Kanzlei-JnspeKor selbst und die vorgesetzte Be hörde hat denn auch bereits die einstweilige Entfernung desselben vom Dienst verfügt. — In dem Schulhauskeller zu Staffel fand man bei dem dort lagernden Kohlenvorrat 64 Roburit-Patronen, die anscheinend dorthin gelegt worden waren, um eine Explosion beim Verbrennen in den Schulöfen hervorzurufen. Hoffentlich gelingt es, den Urheber der nichts würdigen That zu ermitteln. Nordhausen. In einem geräucherten amerika nischen Schinken, der von ärztlicher Seite in Greußen an das hiesige Schlachthaus eingesandt war, fanden Schlachthaus-Fleischbeschauer eine große Menge Trichinen. In einem einzigen Sehfelde wurden allein 10 bis 12 Stück vor gefunden. Diese Nachricht wird auch in weiteren Kreisen Aufsehen machen. Bemerk sei noch, daß an ärztlicher Stelle in Greußen gleichfalls Trichinen festgestellt wurden. . Köln. Ein Schreiber, namens Blase, der dem Notar Dr. Fösser mit 9000 Mark durch gegangen war, wurde durch Zufall verhaftet. Er hatte sich einen Rausch angetrunken und machte in einer Wirtschaft solchen Skandal, daß die Polizei einschreiten mußte. Für 400 Mark soll er einer lustigen Gesellschaft Champagner spendiert haben. Man fand bei ihm nicht mehr ganz 2000 Mk. vor. Mechel«. Zwischen Mecheln und Terneuzen stieß am Donnerstag vormittag ein Personenzug mit einem Güterzuge zusammen. Ungefähr zwanzig Personen wurden verwundet, unter ihnen einige schwer; der Materialschaden ist be deutend. München. Wie das,Neue Münch. Tage blatt berichtet, sollte dieser Tage ein Trupp Rekruten auf dem Zentralbahnhof nach Metz be fördert werden. Einer der Rekruten warf plötz lich feinen Koffer weg und lief davon. Auf dem Bahnhofsplatze wurde er von Schutzleuten eingeholt, gefesselt und zu der Truppe zurück gebracht. Augsburg. Aus Eifersucht tötete hier der erst vom Militär entlassene Schuhmacher Joseph Maier seine Geliebte, eine Fabrikarbeiterin, dnrch einen Revolverschuß. Hierauf versuchte sich der Mörder selbst zu entleiben, indem er sich mehrere Messerstiche beibrachte. Schwerverletzt wurde er in das Krankenhaus gebracht. Trarbach. Das jüngst bei dem vom Kasino zu Trarbach veranstalteten Wettbewerb preis gekrönte Moselweinlied von Julius Wolff ist seiner in der nächsten Zeit erscheinenden neuesten Am Vorabend der Hochzeit. 12j Roman von Helene Stökl. «F.nlskyung.) Es bleibt Ida nichts übrig, als sich schleunigst an die Arbeit zu machen, um wenigstens einige praktische und bequeme Toiletten für ihr Schwesterchen herzustellen, und es ist eine Freude zuzusehen, wie rasch Flanell und Tuch unter ihren flinken Fingem Form und Gestatt an- nehmen. Martha dagegen entwickelt, wie wir zu unserm Bedauem gestehen müssen, nur wenig Fleiß. Sie erklärt Ida für die liebste und beste aller Schwestern, aber rührt keinen Finger, um sich ihr nützlich zu erweisen. Stundenlang fitzt sie auf ihrem Lieblingsplätzchen auf den Klippen, als ginge das fleißige Treiben im Hause sie gar nichts an. Uebngens stört niemand sie in ihren Träumereien, am wenigsten Ida, die recht gut weiß, daß junge Mädchen zwei Tage vor ihrer Hochzeit an wichtigere Sachen zu denken haben, als an Kleider und Hochzeitskuchen. Es ist Abend, ein heißer, feuchter, schwüler Juniabend, kein Lüstchen regt sich. Die Fenster des Wohnzimmers, die nach dem Garten hinaus gehen, sind wett geöffnet, ebenso die Thür des Vorderhauses. Ida näht eifrig an einem Kleide, sich Mr zuweilen unterbrechend, um mit dem Tuche die Schweißperlen von Stirn und Hals zu wischen; Martha fitzt neben ihr, die Hände müßig im Schoß, und siebt ihr zu. Der Doktoz hat sich in sein „Studierzimmer" zurück gezogen, wo « in leichtem Leinwandanzuae, seine Zigarre behaglich rauchend, über die An- nehmlichkeiten nachdenk, welche diese Heirat ihm bringen soll. Es wäre schwer gewesen, einen glücklicheren Mann aufzufinden, als der Doktor in diesem Augenblick war. „So," sagte Ida endlich aufstehend und den Rock, an dem sie nähte, in die Hand nehmend, „nun probiere einmal an, und sieh, ob dir die Lage recht ist. Sind diese kleinen schwarzen Schleifen nicht fein?" Aber Martha schenke den keinen schwarzen Schleifen nicht die nötige Aufmerksamkeit, son dern ließ sich erschöpft in ihren Sessel zurück finken, sobald Ida mit dem Anprobieren fertig war. „Hast du schon Anordnungen wegen Papas Frühstück für morgen früh gegeben?" fragte Ida, wieder weiter nähend. „Nein, weshalb?" „Ich hörte, wie er sagte, daß man ihn um sechs Uhr wecken soll; er hat eine Aufforderung «hatten, zum Medizinalrat nach Stargard zu kommen, und du wirst schwerlich so zeitig auf sein. Du thust am besten, Susanne die nötigen Anordnungen zu geben, damit der arme Papa nicht mtt nüchternem Magen die Fragen des Medizinalrats auszuhalten hat." Martha läutete dem Mädchen und besprach ich mit ihm. Nach einer Wette, während sie chweiaend ihrer Schwester zugesehen hatte, stand ie auf und wollte leise das Zimmer verlaffrn. „Gehst du zu Bett?" fragte Ida aufblickend. „Nein, Ida, ich will noch ein wenig ins Freie gehen." „Um diese Stunde?" „Ich thue e» ost. Diese Hitze ist nicht zu ertragen, ich muß frische Lust schöpfen." „Nun, so geh, mein Herz, vielleicht thut dir die Luft gut. Aber, Kind, du hast noch dein Perlenkollier um den Hals." „Laß nur, Ida, ich mag nicht erst, hinauf gehen, um es abzulegen. Abendthau ist gut für Perlen, sagt man." „Ja, aber nicht für den Hals, um den sie hängen. Du mußt etwas über Kopf und Schulter nehmen, du bist ganz erhitzt und holst Dir sonst den Schnupfen. Denke nur, Martha, eine Braut mit einem Schnupfen I Gott be wahre mich, es wäre gräßlich!" „Ich brauche wirklich nichts, Ida." „Ich lasse dich sonst nicht fort. Alles Reis pulver der Welt kann eine rote Nase nicht ver decken. Es ist mir, als sähe ich sie schon wie einen Rubin unter deinem Schleier hervorstrahlen. Sei schön folgsam, —" sie nahm einen weißen, weichen Shawl von der Wand — „und laß dich da hineinwickeln. Ich kann dir nur sagen, du stehst höchst nett damit aus. Nun gib mir einen Kuß und lauf. Bleib aber nicht zu lange draußen, hörst du? Du weinst doch nicht gar, Martha?" Sie blickte ihr zärtlich besorgt ins Gesicht. „Du bist so gut, Ida, ihr alle seid so gut argen mich, und ich verdiene es gar nicht," schluchzte sie, an die Schulter der Schwester ge lehnt. „O, Ida, liebe Schwester, versprich mir, daß du mich immer lieb behalten willst, immer, immer, was auch kommen möge." „ThörichteS Kind, du solltest doch wissen, daß nichts auf der Wett unsere Liebe erschüttern kann! Aber jetzt lauf, du keines, dummes Ding, sonst komme ich heute nicht mehr -um Nähen/ Ida war eine erfahrene und gescheidte Frau, aber Marthas Benehmen konnte sie sich gar nicht erklären. Etwas fehlte dem Mädchen, aber was, das suchte sie vergeblich herauszusinden. Eigent lich zwar gefiel es ihr, daß sie so voll Unruhe und Zweifel war, denn sie hielt nicht viel von den Mädchen, denen die Wahl eines Gatten nicht mehr Sorge macht als die Wahl eines neuen Kleides. Sie hatte ihr armes, Keines mutter loses Schwesterchen um all ihrer Bedenklichkeiten willen noch lieber als sonst. Sie hatte etwas aus ihrem Zimmer zu holen vergessen und stand eine gute Weile vor dem Bettchen still, in dem ihre beiden Jungen schliefen; ihre eigene Braut zeit fiel ihr ein, und sie bückte sich fies, um ihre Kinder auf die vom Schlafe geröteten Wangen zu küssen. Sinnend und träumerisch kehrte sie dann Wied« in das Zimmer zurück, um ihte Arbeit fortzusetzen. Es kam ihr vor, alS ob die Lampe nicht mehr so hell wie zuvor brenne. Sie drehte fit weiter empor und fing an, wieder zu nähen. Nach einer Wette hörte sie den Diener da« Haus zuschließen. „Warten Sie noch ein wenig, Braun," sagte sie, Fräulein Martha ist noch draußen." „Ich bitte um Entschuldigung, FräuleinMartha- ist schon vor einiger Zeit hinaufgeganaen." „Ab« ich habe sie nicht kommen hören." „Sie ging durch das Studierzimmer de« Heim." „Dann ist eS gut. Machen Sie nur zu. Ist Papa schon zu Bett gegangen?" „Ja, gnädige Frau, bald nachdem Fräulein. Martha hereinkam."
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