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Auerthal-Zeitung : 16.10.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189810164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981016
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981016
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-10
- Tag 1898-10-16
-
Monat
1898-10
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 16.10.1898
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Die „Gedanken «nd Erinnerungen Bismarcks". Ueber das hinterlassene Werk Bismarcks, dessen zwei erste Bände im November erscheinen werden, bringt die Münch. Allg. Ztg.' eine Mit teilung der Cottaschen Verlagsbuchhandlung, aus der wir folgendes hervorheben: Das Werk führt, wie in den Blättern bereits mitgeteilt, den Titel: „Gedanken und Erinne rungen. Von Otto Fürst v. Bismarck." Die Anregung zu dem Weck ging von der Cotta schen Buchhandlung aus. Schon im Januar 1889 hatte die letztere durch eine befreundete Persönlichkeit die Frage an den Fürsten ge richtet, ob er Aufzeichnungen besitze und im be jahenden Falle vielleicht geneigt wäre, dieselben der Cottaschen Buchhandlung anzuvertrauen. Der Fürst ließ erwidern, daß er keine Auf zeichnungen habe, und, so lange er im Amte sei, auch keine machen könne. — Nach dem Rück tritt des Fürsten wiederholte der Leiter des Cottaschen Verlags, Adolf Krüner, die Anfrage zunächst durch Vermittelung eines im fürstlichen Hause verkehrenden Herrn, dann durch ein direktes Schreiben. Gleichzeitig hatte sich der damalige Chefredakteur der ,Allgemeinen Ztg.', Hugo Jacobi, an Lothar Bucher, der beim Fürsten in Friedrichsruh weilte, gewendet. Bucher antwortete unterm 27./28. Juni folgen des: ... „Der Fürst gab mir den Brief von Herrn Krüner vom 23. Juni zu lesen und fragte, was ich dazu meinte. Ich bat ihn, mir zu sagen, wie er das Werk anzulegen dächte und welche Hilfe ich dabei zu leisten haben würde; erst wenn ich das wüßte, könne ich beurteilen, ob ich der Sache gewachsen sein würde. Die Antwort lautete: er wolle nach und nach, wie es ihm der Geist eingäbe, Episoden aus seinem Leben diktieren, wozu er meiner nicht bedürfe- Alsdann würden diese Bruchteile zu verbinden und aus dem brieflichen Material zu ergänzen sein. Zunächst käme es darauf an, das letztere zu ordnen. Es läge noch viel davon in Schön hausen und dahin wolle er sich nächstens auf einige Tage begeben. Damit brach er das Ge spräch ab. Das hiesige Material habe ich ge ordnet ; ob er mich auffordern wird, das Schön hauser in das hergestellte Fachwerk hier einzu reihen, weiß ich nicht." „Postskript": „Gestern abend kam der Fürst auf die bewußte Sache zurück und erklärte zu meiner angenehmen Ueberraschung, daß er Hrn. Kröner hierher ein laden werde. Sie werden durch diesen also mehr und Bestimmteres erfahren, als ich Ihnen geben könnte." Doltttfchr ' Deutschland. * DaS Kaiserpaar traf am Donnerstag auf seiner Orientreise in Venedig ein, wo die königl. Familie zur Begrüßung anwesend war. Am selben Tage ging daS Kaiserpaar zu Schiff, zunächst nach Konstantinopel. *DaS Aufgeben des kaiserlichen Be suches bat in Kairo große Enttäuschung hervorgerufen. Die Regierung hatte bereits be deutende Summen auf die Verbesserung der Wege und Verschönerung der Stadt zu Ehren des Kaisers auSaegeben und fast alle reichen Europäer sich beeilt, ihre Billen restaurieren zu lasten und sonstige Vorbereitung jeder Art zum würdigen Empfang des Kaisers zu treffen. Der Chedive hatte seine ganze M-Flotte neu deko- rieren lassen und überhaupt verhältnismäßig hohe Summen aufgewandt, um seinen Gast bestens zu empfangen. Allein die Renovierung des Abdin-Palastes hatte eine halbe Million Mark gekostet. Natürlich gehen allerhand Ge rüchte um, wonach das plötzliche Aufgeben der Reise nicht auf den Wunsch des Kaisers, den Reichstag in Person zu eröffnen, sondern auf den Wechsel in der internationalen politischen Lage zurückzuführen sei. * Nach Blättermeldungen sei im Hinblick auf die großen Kosten der kaiserlichen Re- präsentationsreise nach dem Orient in leitenden politischen Kreisen ein Zuschuß aus Reichsmitteln erwogen worden. Von anderer Seite wird als die hierfür allein in Frage kommende Stelle Preußen genannt. *Die deutsch-englischen Ab machungen berühren, wie aus London ge meldet wird, Englands Beziehungen zu Ruß land überhaupt nicht. Der äußerste Osten wie der nahe Orient find von den Abmachungen gänzlich ausgeschlossen. Zweitens ist bei den selben von vorn bis hinten von einer Allianz nicht die Rede, am allerwenigsten von einer Allianz, welche Deutschland gegen den Versuch Frankreichs, seine verlorenen Provinzen wieder zunehmen, deckt. Drittens ist die Abmachung auf die Verfügung über die portugiesischen Kolonien Afrikas beschränkt und ist in der That nur ein Arrangement, welches beiden Großmächten auf Grund gewisser Unterhand lungen mit Portugal ein Vorverkaufsrecht ein räumt und den in Frage komnienden Kolonial besitz unter sie austeilt. Diese Kolonien sind Mozambique, Angola, Benguela, Mossamedes, Guinea und Ambriz, im ganzen 914 000 Quadratmeilen. Die Abmachung definiert die Territorialsphäre beidervertragschließendenMächte, setzt die Vergütung, welche bei Uebernahme der Kolonien an Portugal zu zahlen ist, fest, be stimmt die beiderseitigen bezw. Kaufgelder, für welche jede Macht haftbar ist, und regelt eine große Anzahl ähnlicher Punkte. Oesterreich-Ungarn. * Der ,Budapester Hirlap' veröffentlicht eine Unterredung mit dem österreichischen Finanz minister Dr. Kaizl. Derselbe erklärte, es sei Aussicht vorhanden, daß das österreichische Parlament den Ausgleich unver ändert genehmige (?). Frankreich. * Von den spanisch-amerikanischen Friedensunterhandlungen verlautet noch nichts weiteres. Es läßt das erkennen, daß die Differenzen zwischen den beiden Parteien unausgeglichen weiter bestehen. Wie es scheint, ist man von spanischer Seite nicht gesonnen, sich ohne weiteres mit gebundenen Händen dem Gegner zu überliefern, und beabsichtigt, auch in Westindien eine abwartende Haltung einzu nehmen. Es heißt nämlich darüber, die spanische Regierung werde bis zum endgültigen Friedens schluß eine starke Truppenmacht in Cuba belassen. *DiefranzösischeKammersession wird laut Beschluß des Ministerrats am 25. Oktober eröffnet werden. *Zum Fall Dreyfus wird aus Paris vom Dienstag gemeldet, Monard, der Anwalt der Frau Dreyfus, habe um die Ermächtigung nachgesucht, die Revisionsakten einzusehen. »Der Pariser Ausstand scheint nach den letzten Nachrichten thatsächlich im Rück gang e begriffen zu sein. Am Montag regnete eS und auch am Dienstag verhielten sich die Ausständigen ruhig, eS wurden im Laufe des Vormittags nur drei Verhaftungen wegen Ver hinderung Arbeitswilliger vorgenommen. Man sah in den Straßen ein geringeres Aufgebot von bewaffneter Macht. Nach offiziellen Fest stellungen betrug die Zahl der auf den Werk plätzen Arbeitenden am Dienstag 2500 gegen 1200 in den letzten Tagen. England. »Der Prinz von Wales, welcher sich gegenwärtig in Balmoral, in Schottland, be findet, wird am nächsten Sonntag nach London zurückkehren. Seit Ende Juli, wo ihn der Unfall auf dem Landsitze des BaronS Ferdinand v. Rothschild ereilte, hat er die Hauptstadt nicht gesehen. Ueber sein Befinden wird hartnäckiges Schweigen beobachtet. Belgien. »Zur Faschodafrage taucht eine neue Lösungsart auf. Danach vermittelt der König von Belgien nicht offiziell in dieser Angelegen heit. Es wäre möglich, daß der westliche Nil- uferftreifen von Lado bis nördlich von Faschoda dem Congostaate zugesprochen und dadurch die Neutralisierung dieses für England und Frankreich gleich wichttgen Weges erzielt würde. Eine ähnliche Abmachung war schon 1894 ge plant, begegnete aber damals dem Widerstande Frankreichs. Bei der heutigen Sachlage würde Frankreich den Ausweg willkommen heißen. Dänemark. * Der KaiservonRußland wird am Sonntag vormittag wieder von Kopenhagen abreisen. Rußland. * Nach einer Meldung des .Daily Telegraph' aus London soll das russis ch e Flotten - bauprogramm sehr bedeutend er- weitert werden. Dasselbe umfaßt 26 Schiffe und 50 Torpedoboot-Zerstörer und Boote, näm lich acht Schlachtschiffe erster Klaffe, sechs große und zehn kleine Kreuzer, ein Minenschiff und ein Torpedoschiff, dazu 20 Torpedoboot-Zerstörer und 30 Hochseetorpedoboote. Dieses Programm, dessen Ausführung auf 320 Millionen Mark be rechnet ist, sollte 1903 vollendet sein. Große Bestellungen bei regster Thätigkeit der russischen Staats- und Privatwerften find bereits in Phila delphia, in Frankreich und auf deutschen Werften gemacht und in der Ausführung. Frankreich allein erhielt Aufträge im Bettage von 51 Mill. Frank. — Nach Abrüstung steht das aller dings nicht aus. Balkanstaaten. »Wie schon gemeldet, hat die Pforte zwar im Prinzip die Annahme der in dem Ultimatum der vier Mächte gestellten For derungen erklärt, aber nebenbei „Wünsche" ge äußert, welche die Bedingungen des Ultimatums abschwächen sollen. Die Pforte verlangt nament lich in dreibefestigten Orten auf Kreta die Belassung kleiner türkischer Garnisonen zur Kennzeichnung ihrer Souveränetät. Soviel in Konstanstinopeler diplomatischen Kreisen verlautet, hat die Pforte diese Forderung der Form nach unabhängig von dem Ultimatum gestellt, über dessen Abänderung die vier Botschaften zu ver handeln entschieden ablehnen. Der Meinungs austausch der vier Mächte über die neuesten „Wünsche" scheint noch nicht beendet zu sein, da die Botschaften noch keine Instruktionen haben. Der im Ultimatum festgesetzte Termin endete Donnerstag früh. Aegypten. *Eine Meuter'-Depesche aus Kairo läßt er sehen, daß eine Ergreifung des flüch tigen Kalifen noch nicht gelungen ist. Das letzte, was man von ihm gehört hat, ist, daß er vor einigen Tagen sich im Walde westlich von der Abba-Insel nebst einer kleinen Schar seiuer Anhänger versteckt hielt. Die Be wohner der Gegend wollten nicht mit ihm sprechen oder ihm auch nur erlauben, ihr Land zu be tteten. Die dortigen Araberstämme seien ihm alle feindlich gestirnt. Wahrscheinlich werde sich der Kalif nach Westen wenden. Amerika. »Segen die Fortschaffung des Monu ments mit den Gebeinen des Christoph Kolumbus auS Havana dürfte von feiten des Kriegsdepartements der Ber. Staaten Ein spruch erhoben werden, well ein Monument nicht zu den „Mobilien" gezählt werden kann und daher die Fortschaffung desselben eine Ueber- tretung der Bestimmungen des spanisch-amertka- Nischen Prültminar-ProtokollS wäre. Ast«. »Die Kaiserin-Witwe von China geht außerordentlich scharf vor, und wenn auch ihre Abfichten von verschiedenen Kennern der Ver hältnisse nicht als eigentlich reaktionär bezeichnet werden, so hält sie doch mindestens Uebergangs- maßregeln für notwendig, die an reaktionärer Hätte das Menschenmögliche leisten. Jetzt hat sie schlankweg die Presse abgeschafft. Wie dem genannten Blatt gemeldet wird, ist eine Verordnung ergangen, durch welche die ein heimische Presse unterdrückt wird und die Herausgeber von Preßerzeugnissen zur Be strafung gezogen werden. Alle Beamten, welche Denkschriften zu Gunsten der Refor men unterzeichnet haben, find auS ihren Aemtern entlassen worden. Huang, welcher kürzlich zum Gesandten in Japan ernannt wer den sollte, wurde wegen Teilnahme an der Reformbewegung verhaftet. Die in der letzten Zeit erlassenen Verordnungen find auf Befehl der Kaiserin allein ergangen, deren allgemeine Verfolgung der Fortschrittler ein wahres Regi ment des Schreckens bildet. Am N»rabe«d der Hochzeit. ! 8j Roman von Helene Stökl. „DaS ist mein gewöhnlicher Spaziergang!" ruft Martha erfreut; „laß uns dahin gehen, wenn deine Zeit es erlaubt —" Sie unterbricht sich plötzlich, da es ihr einfällt, daß Alfred jetzt leider nur zu viel Zeit hat. Er blickt nachdenklich in ihre ernsten Züge. < „Was hat Onkel Gustav von mir erzählt?" „Daß du nach Buenos AyreS gehen willst. Kann es wahr sein, Alfred?" „Warum nicht? Ich wüßte niemand, der mich vermissen wird, wenn ich gehe." „Ich kann nm für mich selber sprechen. Ich bitte dich, sage um die Wahrheit! Hast du deinen Äemf um unseretwillen vernachlässigt? Hat irgend etwa», das du Mr Papa gethan hast, dich zu Grunde gerichtet?" Sie kann die Lhränen nicht mehr zurückhalten, sie strömen un aufhaltsam über ihre Wangen. „Was Lust du, Martha?" Er blickt be- stürzt auf sie. „Du weinst doch nicht? Ich gehe nach Buenos Syrer, aber nicht well ich ruiniert bin!" „Wirklichnicht? O, wie froh ich bin!" Sie steht unter Lhränen zu ihm auf. „Du bist ein gutes Mädchen," sagt er ge rührt. „Nein, ich gehe, weil ich deicke, daß eS für mein Leiden gut sein wird, wenn ein paar tausend Meilen -wischen mir und Deutsch land liegen." „Du flehst wirklich krank auS!" Sie blickt besorgt in sein hagere» Gesicht. „WaS fehlt dir?" „Nichts," erwidert er bitter, „als daß ich das Vertrauen zu mir verloren habe. Ich hatte mein Herz an etwas gehängt und habe es verloren, weil ich mich nicht genug dämm bemühte, es zu gewinnen. Du weißt, was ich meines Wohl weiß sie und fühlt, daß es ihre Pflicht wäre, das Gespräch abzubrechen, aber sie kann der Versuchung nicht widerstehen, hinzuzusetzen: „Was nicht wett ist, ernstlich gesucht zu wer den, ist auch nicht wett, besessen zu werden; das sollte dein Trost sein." „Vielleicht werde ich in Buenos AyreS so demen lernen." „Warum nicht hier?" Sie bereut die Worte, sobald sie dieselben gesprochen hat. „Hier?" ruft er, sie voll anblickend, — „hier, wo du lebst? Bist du eine herzlose Kokette oder eine Närrin? — Doch es geschieht mir recht," setzt er düster hinzu, „ich behandelte dich wie ein Kind. Ich habe kein Recht, dir Bor würfe zu machen." Schweigend gehen sie nebeneinander her. „Willst du nicht einmal zu Ida kommen und uns besuchen?" „Nein!" „Weshalb nicht?" „Deine Schwester und ich grüßen uns, aber daS ist alles. Ich will mich nicht aufdrängen." „So soll Papa dich besuchen." „Ich glaube kaum, daß er besondere Lust dazu haben wird. Er braucht mich nicht mehr, weshalb sollte er sich also noch um nnch kümmern?" „O, halte ihn nicht für so undankbar. Keiner von uns darf dies vergessen." Er sieht bewundernd in ihre erregten Züge, die ihm nie so schön und anziehend erschienen find wie heute, und läßt dann seine Blicke über die ganze Gestalt schweifen. Ist diese junge Dame in dem modernen, eng anschließenden Seidenkleid, ein elegantes Filzhütchen auf dem geschmackvoll geordneten Haar, dieselbe Martha, die er unter seinen Augen aufwachsen sah? Es fällt ihm schwer, das Bild des kleinen wilden Mädchens, das noch vor wenigen Jahren in un ordentlichen Kleidern auf der Heide von Neudorf umhersprang und bei seinen Zurechtweisungen die flatternden Locken nur wilder zurückwarf, mit der Erscheinung dieser jungen Dame in Uebereinstimmung zu bringen, die so süß zu lächeln und so sanft und weiblich zu sprechen weiß. Immer hatte er auf eine solche Aende- rung bei ihr gewartet, und nun war sie ge kommen, aber ohne ihn. „Es ist das verwünschte Geld" murmelte er, als sie cuseinandergingen. „Hätte ich sie nach Berlin bringen, ihr elegante Kleidung ver schaffen und sie mtt der vornehmen Welt in Verbindung bringen können, so würde sie sich unter meinen Händen so entfaltet haben. Ich möchte nur wissen, auf wessen Geheiß sie sich plötzlich auf die Dankbare hinausspielte. Ihr Bater weiß sicher nichts davon, aber vielleicht hat es ihr dieser Lestow eingegeben, um Ftteden mtt mir zu schließen. Dankbar! Eine Tochter von Doktor Karl Wellner dankbar! Bah, ich bin fettig mit ihnen!" Er macht eme verächtliche Bewegung mit der Hand und geht weiter. Er glaubt, mit den Wellners fettig zu sein, aber er kann Marthas Am S. Juli traf Kröner in Friedrichsruh» ein, und eS kam, nachdem die Angelegenheit inr Hause des Fürsten, auf einem längeren Spazier gang und einer Fahrt durch den Wald be sprochen worden war, schon am Abend deS- 6. Juli ein Abkommen zu stände, durch welcher für den Fall, daß der Fürst die Niederschrift der „Erinnerungen aus seinem Leben" zur Aus führung bringe, der Cottaschen Buchhandlung der Verlag derselben übertragen wurde. Den Titel „Gedanken und Erinnerungen" gab der Fürst dem Werk nach längerem Schwanken. Die Bezeichnung „Memoiren" war ihm unsym- vathisch, wohl hauptsächlich deshalb, weil die selbe eigentlich eine fortlaufende Darstellung bedingt und ferner, well sie doch viel minder wertige, auf Sensation und Skandal berechnete Weck deckt. Eine Zeitlang dachte der Fürst an den Titel „Denkwürdigkeiten". Aber auch diesem wurde verworfen und schließlich, nachdem bereits die erste Niederschrift des Wecks nach Diktaten des Fürsten vorlag, der Titel „Gedanken und Erinnerungen" vom ihm festgestellt. Lothar Bucher war es, welchem der Fürst, meist in den Vormittagsstunden, frei sprechend diktierte, wobei ihm sein wunderbares Gedächtnis zu Hilfe kam. Genaue Daten, die momentan fehlten, hatte Bucher beizuschaffen, bezw. nachzutragen. Viel fache Anregung fand der Fürst durch die Lektüre von Zeitungen, Zeitschriften, Aussätzen historisch politischen Inhalts und historischen Werken, die häufig seinen Widerspruch und seine schlagende Kritik herausfordetten. Für die Herstellung des ' ersten Bandes waren schon die Wintermonate 1890/91 sehr ergiebig. „Ich habe," schreibt Lothar Bucher unterm 18. April 1891 an Adolf Kröner, ,,vom 24. September bis 28. März, eine Äechnachtspause abgerechnet, jeden Vor mittag etwa zwei Stunden nach dem Diktat Sr. Durchlaucht stenographiert. Ich glaube, daß der Fürst sich jetzt einstweilen erschöpft hat, daß ich ihn nur noch auf Lücken aufmerksam zu machen habe, und daß es jetzt an der Zeil ist, ihm die Lektüre zuzuführen, die in Ihrem Brief bezeichnet ist (neuere historisch politische Wette), und über die Sie viel besser orientiert sein werden, als ich. Ich stelle also anheim, was Sie für einschlagend halten, an Dr. Chrysander zu übersenden, der es nach und nach vorlegen wird. Ich werde morgen ab reisen, um auf einige Wochen ein behaglicheres Klima aufzusuchen, und werde etwa am 1. Juni wieder in Friedrichsruh eintreffen. — Der Fürst hat sich noch nicht schlüssig machen können, ob das ganze Werk posthum oder ein Teil des selben schon bei Lebzeiten erscheinen soll." Die Frage des richtigen Zeitpunkts für das Erscheinen des Wettes wurde in den folgenden Jahren noch vielfach mündlich und schriftlich zwischen dem Fürsten und der Verlagshandlung erwogen. Unterm 28. Januar 1893 richtete Adolf Kröner die Bitte an den Fürsten, „die Veröffentlichung wenigstens des ersten Bandes nunmehr zu genehmigen und durch die That- sache des Erscheinens sowohl die dringenden Wünsche seiner Verehrer zu erfüllen, als auch dem müßigen Gerede über die „Memoiren" ein Ende zu bereiten..." Unterm 5. Februar erwiderte der Fürst: „Ihr freundliches Schreiben vom 28. v. habe ich mit Dank erhalten. Bei der Durchsicht des zum ersten Bande gehörigen Manuskripts finde ich, daß noch Aenderungen und Ergänzungen notwendig find. Diese füge ich durch Korrektor ein und werde dann eine Reinschrift zu Ihrem Gebrauche anfettigen lassen . . . ." Am 29. August traf gleichzeitig mit Zeitungs nachrichten über eine schwere Erkrankung des Fürsten in Kissingen ein Schreiben Dr. Chry- sanders bei Adolf Kröner ein mit der Nachricht: „Seine Durchlaucht würde erfreut sein. Sie, oder, falls Sie behindert find, Ihren Bruder hier zu begrüßen." Sofort, Donnerstag, den 31. August, reisten beide Brüder nach Kissingen. Der Zustand des Fürsten war nun aber ein so bedenklicher, daß Geheimrat Schweninger weder Donnerstag abend, noch am Freitag vormittag die vom Fürsten gewünschte. Besprechung zuließ. Erst am Freitag abend gestattete er, die Herren — auf höchstens 5 Minuten! — in das Zimmer des Fürsten zu führen, welcher sich aus dem Bett auf eine Chaiselongue hatte wagen lassen. frisches Gesichtchen mit seinen Thränen und- seinem Lächeln nicht aus den Gedanken bringen. Ihre teilnehmenden Worte tönen ihm in den Ohren, wohin er geht. O, wie er den Mann haßt, der sie ihm geraubt hat! — — „Es ist alles nicht wahr, was die Leute sich von Alfred Baumann erzählen!" ruft Martha am selben Wend triumphierend Onkel Gustav zu. „So so!" versetzt dieser trocken, „und woher weißt du das?" „Von ihm selber. Ich traf ihn heute zu fällig im Tiergatten." Sie kann ein Erröten nicht unterdrücken. Onkel Gustav Hütte ihren Bericht ruhig an, dann sagte er, sie warnend anblickend: „Du darfst Alfred Baumann nicht wieder zufällig:, treffen! Hörst du wohl, Martha?" 6. Martha hatte Doktor Baumann doch wieder zufällig getroffen. Als sie am nächsten Morgen vor dem Frühstück in den Tiergaüen ging, fand sie ihn schon dort. Sie warf einen halb scheuen, halb erfreuten Blick auf ihn, aber der müde, ängstlich« Ausdruck seiner Augen that ihr weh. „Da bist du ja!" rief er auf sie -ugehend. „Und da bist du?" scherzte sie so unbefangen,, als es ihr Mr gelingen wollte. „Kamst du aus Zufall oder um mich zu sprechen?" „Ich kam, um mit dir zu sprechen. Ich traf gestern mit deinem Onkel zusammen und wollte dir danken, daß du den albernen Gerüchten Einhalt gethan hast. Es war sehr freundlich, von dir, du wenigstens bist treu und . . ."
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