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Tageblatt für Vie Sta^-t Aue und Umgebung. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. «rsch.tttt täglich Rachmitlag«, aaßer an Sonn- n. Feiertagen. — Preis pro Monat srei ins Hau» 20 Psg-, auswärts 25 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" 5 Psg. mehr. — Bei der Post abgcholt Pro Vierteljahr l Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Nr. 162 bev ^slitls^heir rvelt. Deutschland. * Berlin, 18. Sept. Der Kaiser ist heute Nachmit tag vom Jagdschloß Hubertusstock nach Schweden abgereist. — Zwischen der preußischen Eisenbahn verwaltung und deil süddeutschen Bahnen schweben bekänntlich gegenwärtig Verhandlungen, die den Zweck haben, einheitliche und vereinfachte Personentarife ein- zuführen. Sobald diese Verhandlungen den gewünsch ten Erfolg haben, kommen alle Fahrkarten mit Preis- ermäßigungen, wie Rückfahrkarten, Sommerkarten und dergl. in Wegfall. * Würzburg, 18. Sept. Während der Brigadestab in den MaNövern war, wurden aus einem im Bureau der 2. Artilleriebrigade untergebrachten »isernen Schrank mittels Einbruchs sämtliche geheimen Mobilmachungs papiere gestohlen. Der Verdacht lenkt sich auf den flüchtigen Brigadeschreiber. * Der „Berliner VoltSztg." wird gemeldet, daß sich einige der wegen ihrer Abstimmung gegen die Kanal vortage gemaßregelten Landräte in letzter Stunde als Kandidaten für die erledigte Oberbürgermeisterstelle in Elberfeld gemeldet haben. Nun wünscht Elberfeld, wie alle Städte des rheinisch - westfälischen Industrie bezirkes, sehnlichst die Herstellung des Mittellandkanals. Eine Hauptaufgabe des neuen Oberbürgermeisters ist also, die Ausführung des Kanalbaues mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften zu fördern. Wenn nun wirklich einige gemaßregelte Landräle bereit sein sollten, sich dieser Aufgabe zu unterziehen, io würden sie mit ihrem Anerbieten ein fast unübertreffliches Beispiel von Anpassungsfähigkeit gegeben haben. * Die Leistungsfähigkeit deutscher Eijenbaynen im Kriegsfälle hat sich während der nunmehr beendeten Kaisermanöver in Baden und Württemberg im deut lichsten Lichte gezeigt. Nachdem bereits am 8. Septem ber, dem Tage der Parade, außer den täglich mehrere Hundert betragenden Zügen aller Art 24 Sonderzüge die Militärvereine und sonstiges die Parade besuchen des Publikum der Residenzstadt zugesührt hatten, mußten am 9. September 7, am 10. Sept. 11 und am 11. Sept. 2 Sonderzüge zur Beförderung der an der Parade beteiligten Truppen nach dem Manöver felde abgelassen werden. Sämtliche Züge ober, jeder mit 55 vollbesetzten Wagen, der Maximalbelastung ausgerüstet, kamen mit Ausnahme eines einzigen, der 19 Min. Verspätung hatte, rechtzeitig zur Abfertigung' und zwar konnten alle Truppen mit Personenwagen, also ohne Inanspruchnahme von mit Bänken ausge rüsteten Güterwagen, befördert werden. * In den „Leipz. N N." beschäftigt sich ein Leit- tartikel mit dem Thema: „Welche Nachteile hat eine Besitzergreifung Englands von dem Transvaakstaat für Deutschlands südafrikanischen Besitz" u.wird in demsel ben auSgesührt, daß ein Krieg zwischen England und Transvaal im Falle des Sieges der Engländer die ganze Existenz von Deutsch Südwestafrika gefährden würde, weil England imstande sei, es verkehrspolitisch so lange völlig zu isolieren, bis es ihm als ein wert los gewordenes Gebiet von selbst zusällt. Weiter heißt es dann: „Die Buren haben einen Außenposten germanischer Kultur gegen das Angelsachsentum zu verteidigen, sie kämpfen als Vorposten des Deutsch tums. Die Buren sind unsere einzigen durch Abstam- mung und Sitte uns verwandten Bundesgenossen in unserer Kolonialpolitik. Unser eigener Vorteil muß es uns schon nahe legen, dem stammverwandten Volke in der Stunde der Gefahr nach Möglichkeit zu helfen. Ausland. * Wien, 18. Sept. Die politischen Kreise wenden sich ausschließlich der bevorstehenden Verständigungs. konferenz zu, deren Aussichten sich von Tag zu Tag verringern. Einzelne Parteien werden gar nicht er- scheinen. Man nimmt an, daß mit dem Scheitern dieser Konferenz das Ministerium Thun aufhören und die Krone behufs Herbeiführung geordneter Zustände «ingreisen w«rde. — Da- „Armee-PerordnungS-Blalt- Berantwortlicher Redakteur: Ernst Funk», Aue iErzgebirge.j Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. veröffentlicht die Enthebung des Obersten Schneider von dem Posten eines Militärattachees bei der Bot schaft in Paris und der Gesandtschaft in Brüssel. * Prag, 18. Sept. Die Graslitzer Kundgebungen haben vor dem Kriegsgerichte in Eger nunmehr ihren Abschluß gesunden. Mit rücksichtsloser Härte ist man gegen jene vorgegangen, die zufälligerweise bei den Ltraßenkundgebungen verhaftet wurden. * Der Staatsgerichtshof zur Aburteilung der mo narchistischen Verschwörung trat in Paris im Palais du Luxembourg, zusammen. In der vom Oberstaats anwalt verlesen>»n Anklageschrift wird darauf hinge- wiesen, daß die verschiedenen Ruhestörungen in den Jahren 1888 und 1889 auf eine Verschwörung zum Zwecke einer Abänderung der Regierungssorm zurück- zusühren sind. Es sind zwei Gruppen zu unterscheiden: erstens die Patciotenliga, die an Stelle der parla mentarischen Regierung eine konstitutionelle setzen will, zweitens die Antisemitenliga Guerins, die die Natio nalisten, Royalisten und Imperialisten zum Zwecke eines Ausstandes vereinigt. * Wien, 19. Sept. Beim Empfang der kärnthischen Landtagsmitglieder wurde vom Kaiser Franz Joseph der deutschnationale Abg. Ghön gefragt, wie lange er schon dem Reichsrat angehöre. „Ich gehöre zur Op position", erwiderte dieser, worauf der Kaiser erwiderte: „Nun, wir kommen doch wieder einmal zusammen, ich hoffe es." * Paris, 19. Septemb. Staatsgerichtshof. Nach längerer Beratung beschloß der Staatsgerichtshof auf Antrag der Angeklagten, daß diese während der Unter suchung von ihren Anwälten unterstützt werden sollen. Hierauf wurde mit 234 gegen 82 Stimmen die An- llageschrift zur weiteren Prüfung an die Unrersuchungs- kommission überwiesen. * Paris, 20. Sept. Der gestern Nachmittag tagende Ministerrat hat einstimmig die Begnadigung Dreyfus beschlossen. — Dreyfus hat sein Revisionsgesuch zu rückgezogen. * Belgrad, 18. Sept. Die Aussagen dreier Zeugeu im Hochverrcosprozeß ergaben, daß das Komplott ge gen die öynaitie Obrenovisch von Montenegro aus angezettelt zu sein scheint. * Belgrad, 18. Sept. Hochverratsprozeß. Nach Beendigung des Verhörs begründer der Staatsanwalt die Anklage und verlangt Anwendung des Gesetzes, sowie Verurteilung der Angeklagten zum solidarischen Ersätze der Gerichtskosten. * London, 18. Sept. Die Blätter stimmen darin überein, daß die ablehnende Antwort Transvaals thatsächltch für weitere Unlerhandlungen die Thüre schließe und die schwersten Folgen in sich berge. * London, 19. Sept. „St. James-Gazette" gesteht offen zu, falls die Buren nicht angreifen, dürsten die Unterhandlungen mit Pretoria fortgesetzt werden, bis die unterwegs befindlichen Verstärkungen in Südafrika angekommen sind. — Gerüchtweise verlautet, der nächste Schritt der Burenregierung werde ein Ausruf an die Großmächte zugunsten eines Einschreitens seitens des auf der Haager Konferenz vereinbarten Schiedsgerichts sein. * Ueber die Kriegsaussichten der Buren wird dem „Berl. Tagebl." von seinem Londoner Berichterstatter geschrieben: Ich habe eben noch einen sehr großen Kenner der Buren hier gesprochen. Er meinte, man müsse nach der Geschichte allerdings annehmen, daß die Buren sich bis aus den letzten Mann verteidigen würden, die Mehrzahl der Buren sei aber in den letzten Jahrzehnten durch andauernde Heirat in der Verwandtschaft ganz unglaublich degeneriert, und wenn man auch noch vielfach kräftige Gestalten sehe, so sei doch die Gehirnausbildung mehr als dürftig. Daß dieser Punkt im Kriege wesentlich ist, »st außer Frage. * Caracas, 18. Sept. Die Lage ist heute für die Regierung günstiger. Die Regierungstruppen haben Puerto Capello wieder genommen. * Kopenhagen, 18. Sept. Wie aus Schloß Bern storfs gemeldet wird, gedenken der Kaiser und die Kaiserin von Rußland am Mittwoch an Bord der die einspaltige Petikzeile 1V Pf--, anUUche Inserate die CorpuS-Zeilc 25 Psg-, Reklamen »ro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahme 2k«/o Rabatt. — Bei größeren Inseraten «. mehrmaliger Aufnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an. IS. Jahrgang. Yacht „Standart" nach Kiel abzureisen. Nach zwei tägigem Aufenthalt bet der Prinzessin Heinrich reist das Zarenpaar nach Darmstadt. Deutschland. 8 München, 18 Sept. Der Prinz-Regent hat die Absicht kundgegeben, die nach ihm benannte eingestürzte Brücke aus eigenen Mitteln von neuem erbauen zu lassen. 8 Straßburg, 19. Sept. In Pfirt im Kreise Alten- kirchen sind das Hotel New York, sowie eine große Anzahl Häuser niedergebrannt. 8 Gestern früh wurde in Berlin der Bildhauer Louis Valentini aus Novaca in seiner Wohnung an der Wilhelmstraße mit Wunden im Gesicht und an der Lchädeldecke.idie anscheinend von einem Brecheisen her rühren, tot äusgesunden. Man glaubt, es liege ein Raubmord vor. Die Polizei hat 1000 Mark Beloh nung aus die Ergreifung des Mörders gesetzt. Ausland. 8 Der Wiener Männergesangverein erhielt eine Ein' ladung zu einer Längerfahrt nach New-York, wo di* Deutsche Liedertafel ihr goldenes Bestehen feiert. Di? Wiener Sänger wollen dieser Einladung folgen, da für aber die geplante Fahrt zur Pariser Ausstellung unterlassen. 8 Wien, 19. Sept. Die Donau fällt hier allmäh lich, bisher beträgt der Rückgang 10 Zentimeter; da gegen ist bei Hainburg langsames Steigen zu verzeich nen. Auch der Inn ist etwas gestiegen. 8 Gestern früh kurz nach 6 Uhr wurde in Laibach ein mehrere Sekunden währender, ziemlich starker Erd- stoß verspürt, der übrigens keinen Schaden verursachte. 8 Aus dem Jaufenpaß zwischen Sterzing und Pas seier (Tirol) ist die 64 jährige Schuhmacherssrau Prautl aus Schema bei Meran am 12. Sept. im Schnee er froren. 8 Paris, 18. Sept. Nachdem 60 englische Firmen ihre Anmeldungen zur Wellausstell ing zurückgezogen haben, beabsichtigen die Nationalisten, eine Boykottier ung der englischen Firmen in Paris zu betreiben. — Hier erhält sich das Gerücht, daß der Herzog van Orleans sich unter den Belagerten im „Fort Chabrol" befinde. 8 Parts, 19. Sept. Rechtsanwalt Labori und Madame Dreyfus besuchten am Sonnabend Folkestone in England und mieteten dort Zimmer, die die Familie Dreyfus nach dessen Begnadigung bewohnen wird. Der amtliche Bericht über das Befinden Dreysus' stellt fest, daß der Verurteilte an zunehmender Blutarmut leidet. Dreysus wird den Herbst und Winter im Süden, wahrscheinlich in Egypten, verbringen. Die Aerzte hegen jedoch wenig Zuversicht aus Genesung. ß Emen neuen Beleg für die bekannte Schwachheit der Franzosen betreffs der geographischen Kenntnisse liefert heute die „Patrie". Unter der fettgedruckten Ueberschrift „Ueberschwemmungen in Bayern" bringt sie telegraphische Meldungen aus Dresden, Hirschberg und Zwickau! Selbst daß darin die betreffenden Flüsse Elbe, Mulde usw. namentlich angeführt waren, hat den Redakteur nicht stutzig zu machen vermocht. 8 Die Demonstration für Dreysus im Hydepark zu London verlief ohne Zwischenfall. 8 Herr Hofphotograph Perscheid von Leipzig hatte auf einer Reise in Schlesien mit Herrn Hüttendirektor Richter aus Lippine, einen Ausflug nach dem russischen Grenzorte Bendzin unternommen, um landschaftliche Motive für sein Atelier zu gewinnen, und mit dem Momentapparate verschiedene Ausnahmen bewirkt. Hierbei war er von russischen Polizisten beobachtet worden, die ihn schließlich, weil s e glaubten, Spione vor sich zu haben, mit seinem Begleiter verhafteten! Nach mehrstündiger Inhaftierung wurden sie vor den zufällig im Orte anwesenden BezirkSoorsteher(Natzrelnik) gebracht, einen einsichtsvollen Mann, dec sie nach ge nauer Prüfung sretgeben ließ. Donnerstag, den 21. September 1899.