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Auerthal-Zeitung : 28.09.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189809281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980928
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980928
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-09
- Tag 1898-09-28
-
Monat
1898-09
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 28.09.1898
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1 Ko« Nah «nd Fern. Berlin. Eine Falschmünzerwerkstatt ist von der Kriminalpolizei in der Borsigstraße ausge hoben worden. Ein fliegender Obsthändler Terraconi hatte als Begleiterin seines Hand wagens stets ein kleines Mädchen bei sich. In den Straßen des Nordens, die er handelnd zu durchziehen pflegte, schickte Terraconi seine Be gleiterin sehr häufig in die Obst- und Grün kramhandlungen, um jedesmal ein Markstück wechseln zu lassen. Auch Kinder, die bei ihm kauften, schickte er mit demselben Auftrage weg. Händler in der Bergstraße merkten zuerst, 12j Novelle von Konstanze Lochmann. «Schluß.) „Vertraue aufdenHerrn," sprach die Professorin leise. „Höre nicht auf zu hoffen, so lange du jung bist. Du achtest wenig des Geldes, welches dir durch deine gütige Freundin -ugefallen ist, und doch kann eS in deinen Händen viel Segen schaffen. — Bist du erst fort von hier, so wirst du wieder lächeln lernen! Ueberall gibt eS Menschen, die schwer am Leben tragen; erkenne, daß wir Glück nur erreichen, indem wir selbst los für andere sorgen. — Mir ist diese Erkennt- ntS -war spüt gekommen, dennoch will ich sie auSnützen." „Sch Mutter! Entsagung ist traurig. — ES war so schön, dar geträumte Paradies." „Fasse Mut," antwortete Frau Braunau und zog daS Mädchen sanft an sich. „Sieh, wir haben länger geplaudert, als der Doktor erlaubte, jetzt mutzt du inSZimmer, dieAbendluft ist noch feucht." „Wie gut du bist," sagte Lisa bewegt. „Gnädige Frau find im Salon, Herr von Wellmer sagt eben Adieu," meinte der Diener zögernd. „Herr von Wellmer geht fort?" fuhr eS der Professorin heraus. „Die Gnädige sprach davon, er sei zum Generalstab versetzt/ „Desto besser." Hastig öffnete sie die Thür des Salon». Frau Blant, die mit Wellmer im blumen geschmückten Erker gestanden hatte, wendete sich stirnrunzelnd um und ward unter der Schminke blaß. Besorgte Biicke auf den Offizier werfend, der der Dame eine gezwungene Verbeugung machte, trat sie ihr rasch entgegen und erstickte in einem Wortschwall die innerliche Angst. Man nahm Platz. Wellmer, der die Absicht gehabt, sich bald zu empfehlen, blieb, von ge heimer Macht gehalten. ES war ihm, als müsse er vor dem Scheiden noch einmal Lisas Namen hören. — Warum konnte er die ernste Frau im dunklen Kleide, die ihm durch Ueber- redungSkünste sein köstlich Kleinod entwendete, nicht Haffen ? „Und Sie fürchten immer noch, daß Ihre arme Tochter geistesschwach bleibt?" hörte er die vlant sagen. Frau Braunau sah ihr Gegenüber fest an. „Wer hat Ihnen dieser Märchen auf- gebunden? Nein, Gott wollte e» besser mit meinem lieben Kinde! — Ich bin seit gestern voller Hoffnung." „Dar ist ja schön. Man hört immer so viel widersprechende Berichte. Natürlich bleiben Sie lang« fort?" „Ein Jahr gewiß," sprach Frau Braunau ruhig. „Lisa muß vergessen lernen." „Vergessen lernen!" Wie empörend klang diese Phrase in dem Munde der Frau. Hatte Lisa nicht längst mit den Idealen ihrer Jugend aufgeräumt? So dächte Wellmer und verächtlich lächelnd meinte er: „Sollte wirklich Hauptmann Mallow so lange auf die Herrin von Peterheim warten? Ein glücklicher Bräutigam sehnt sich doch danach, die Erwählte heimzuführen." Starr blickten beide Frauen ihn an. Die Professorin faßte sich zuerst. Schnell aufspringend nahm sie Wellmers Hand und sagte: „Gott segne Sie für dieses Wort! ES kann mein Kind retten." Wellmer glaubte, mit einer Verstörten zu thun zu haben. ES war ihm unlieb, noch ge blieben zu sein. Ausstehend sprach er: „Ihre Worte find mir unverständlich, Frau Professor. UeberdieS ist meine Zeit so knapp." „Sie verlassen diese» Gemach nicht," herrschte in diesem Augenblick die erregte Dame Frau Blant zu, welche sich geräuschlos nach der Thür geschlichen hatte. „Und Sie gönnen mir noch eine Frage!" wendete sie sich bitteud zu dem erstaunten Offi zier, während Frau Blant scheu herübersah. . „Sprechen Siel" „Wer hat Ihnen von Lisas Verlobung Mit teilung gemacht?" „Wozu eine Komödie aufführen, Frau Braunau? Wollen Sie behaupten, ich sei im Irrtum gewesen? Trage ich nicht des Fräu leins Brief an Hauptmann Mallow bet mir? Er enthält die Zusage." Die Professorin machte Abschiedsbesuche. Sie hatte mit der Doktors Erlaubnis Lisa auf den Friedhof gebracht und fuhr von dort zu Frau Assessor Blant, nachdem sie die Tochter gebeten, ihr Wiederkommen abzuwarten. Der Diener öffnete auf da» starke Läuten und ließ Frau Braunau in» Vorzimmer treten, um sie zu melden. „ES ist nicht nötig," sagte die Dam« be stimmt. „Ich finde den Weg schon." Zrrr Valästirmreise de» Kaiser». Bei der Einweihungsfeier der Erlöserkirche in Jerusalem werden sämtliche Würdenträger der in der heiligen Stadt vertretenen christlichen Religionsgemeinschaften, namentlich der in be sonderem Ansehen stehenden drei griechischen, der armenischen und der römisch-katholifchen, in vollem Ornat zugegen sein. Damit tritt die deutsch-evangelische Gemeinde zum ersten Mal in die Reihe der in Jerusalem angesehenen christlichen Religionsgenossenschaften. Noch nach der Wiederauftichtung des neuen Deutschen Reiches im Anfang der siebziger Jahre war es den deutschen Protestanten nur gestattet, zu ihrem Gottesdienst einen um den anderen Sonntag des Nachmittags eine Kapelle zu be nutzen, die der englischen Judenmission gehörte. Nach dem damaligen Abkommen wurde von England und Preußen abwechselnd ein evan gelischer Bischof eingesetzt. Erst in den achtziger Jahren wurde dieses Verhältnis gelöst und die deutsch-evangelische Gemeinde in Jerusalem selbständig gemacht, die nun in der mit ihrem stattlichen Turm alle umliegenden Kuppeln hoch überragende Erlöserkirche auch ihr eigenes würdiges Gotteshaus erhält. — Von unterrichteter Seite gehen noch die folgenden Mitteilungen aus: Der Kaiser, die Kaiserin, Hofdamen, Haus beamte, militärische Umgebung und persönliche Bedienung werden zusammen eine Gesellschaft von etwa 100 Personen darstellen. Die Geist lichkeit, die zur Teilnahme an den Einweihungs feierlichkeiten in Jerusalem eingeladen ist, ist dabei nicht eingeschlossen; diese Herren reisen „für eigene Rechnung und Gefahr", und erst in der heiligen Stadt selbst werden sie des Kaisers Gäste sein. Uebrigens ist die weit verbreitete Annahme, daß die ganze kaiserliche Reise von Berlin nach Jerusalem vom Hause Cook geleitet wird, irrig. Auf europäischem Boden reist das Kaiserpaar unter eigener Regie und in Asten tritt Cooks Thätigkeit erst ein, wenn gelandet wird. Unser Kaiserpaar wird, wie der ,Konf.' erfährt, bei der Ankunft in Palästina von deutschen Ehrenjungfrauen empfangen werden. Die weißen Gewänder, welche sie bei dieser Gelegenheit tragen, werden augenblicklich in einem Magde burger Geschäft angefertigt. „Unmöglich, Herr vvn Wellmer. Oder jene Frau ist eine Fälscherin. Sie hat den Brief an' Mallow zuletzt in Händen gehabt." . „Frau Blant?" — Die Zornesader schwoll auf seiner Stirn — festen Schrittes trat er dem zitternden Weibe näher. Ihr verstörtes Aus sehen ließ ihn die Wahrheit ahnen. „Sagen Sie jetzt keine Lüge," flehte er sie an, „und alle» soll vergeben werden." „ES ist so lange her —" sprach dies« aus weichend. „Ich vermag mich nicht genau zu be sinnen . . ." „So will ich Ihrem Gedächtnis zu Hilfe kommen," erbot sich Frau Braunau geduldig. „Sie hatten sich von Babette den offenen Brief geben lassen, den Lisa kurz zuvor an Mallow geschrieben. Zu meinem Bedauern lehnte sie darin seinen Antrag ab. Frau Assessor fand das Schreiben kurz und kühl, und bat mich, Lisa zu holen, damit sie eS anders abfaffe l Leider ließ ich Sie nun allein . ." „Und?" rief drohend der Offizier. „Bleiben Sie bet der Wahrheit, Frau Blant." Diese stampfte mit dem Fuße. „Ja, ich bin schuldig! Um jeden Preis wollte ich Ihre Vereinigung mit diesem Mädchen hin dern/ lachte sie krampfhaft. „Was tbaten Sie?" „DaS ist einfach. — Tin beschriebenes Blättchen, welches Babette au» der Mappe ver loren, führte mich in Versuchung l ES war ein Briefblatt, daS Datum darüber . . . Lisa batte darauf die Worte geschrieben, die Ruth zu ihrer Schwiegermutter spricht... Ich setzte eben nur Lisa» Namen darunter!" daß sie falsche Markstücke erhielten. Sie machten der Kriminalpolizei Anzeige und lenkten ihre Auf merksamkeit auf Terraconi. Die Kriminalpolizei forschte demLeben deSHändlerS nach und ermittelte, daß er viel bei dem Grünkramhändler Polenske in der Borsigstraße 31» verkehrte. Sie durch suchte hier die Wohnräume und fand in einem Hinterzrmmer die Werkzeuge zur Herstellung der Falschstücke. Polenske um> seine Frau wurden daraufhin am 18. d. in ihrer Wohnung fest genommen, und noch am selben Tage verhaftete die Polizei Terraconi von der Straße weg. Kiek. In Gegenwart der Prinzessin Hein rich, der mecklenburgischen und oldenburgischen Fürstlichkeiten fand die Enthüllung des Denk mals des bei Kuxhaven mit einem Torpedoboot untergegangenen Herzogs Friedrich Wilhelm von Mecklenburg hier statt. Stationspfarrer Rogge hielt die Weiherede. Admiral Koester übergab das Denkmal mit einem Hoch auf den Kaiser an das Offizierkorps. Die anwesende Mutter des untergegangenen Mattosen Sorbeet wurde von den Fürstlichkeiten ins Gespräch gezogen. Thorn. Der Kaiser hat dem Schuhmacher B. aus Schönwalde auf sein Gesuch ein Gnaden geschenk von 50 Mk. zur Anschaffung künstlicher Gestchtsteile gewährt. Die geschenkten 50 Mk. sind zur Anschaffung einer Kautschuknase ver wendet worden. Köln. Infolge des niedrigen Wasserstandes des Rheins haben die gesamten größeren Salon-- Kämpfer der Kölnischen und der Düsseldorfer Dampfschiffahrts-Aktiengesellschasten ihre Fahrten einstellen müssen. Schleusingen in Thür. Der Johanniter- Orden hatte die Absicht, Hierselbst ein Sanatorium für Lungenkranke zu errichten, zu welchem Zweck der Magistrat von dem städtischen Walde auf dem Kohlberg einen idyllisch gelegenen, gegen alle Winde geschützten Platz unentgeltlich zur Verfügung stellen wollte. Die Stadtverordneten versammlung hat sich jedoch gegenüber diesem Beschluß mit Rücksicht darauf, daß der Kohlberg der ganzen Bürgerschaft zur Erholung dient, ablehnend verhalten. Gera. Infolge Eröffnung des hiesigen Schlachthofes haben 54 Fleischer vom fürstlichen Ministerium 70 000 Mk. Schadenersatz verlangt, weil durch den Schlachthof die Privatschlacht häuser entwertet find. Das Ministerium hat eine Kommission gewählt. Hamburg. Die Kriminalpolizei verhaftete drei in Mona wohnende Wagenputzer, die seit längerer Zeit systematisch die in Altona über nachtenden V-Züge ausplünderten. Es kam infolgedessen häufig vor, daß sich Züge ver späteten, weil sie unterwegs Gestohlenes kom plettieren mußten. In den Wohnungen der Arrestanten fanden die Beamten eine Unmasse Handkoffer, Eßwaren aus Zugküchen, Goldwaren und Zngutensilien. Kassel. Glück im Unglück hatte die in Wehlheiden an der Wilhelmshöher Allee wohnende Frau eines Landmessers. Ihr Mann hatte schon früh in dienstlichen Angelegenheiten das Haus verlassen, als der Anbau desselben, in welchem sich im zweiten Stock das Schlafzimmer der Eheleute befand, zusammenstürzte.. Die Frau wurde im Bett unter den Trümmern begraben und wäre unfehlbar erschlagen worden, wenn sich nicht ein umfallender Schrank so weit auf die Bett-Enden stützend gelehnt hätte, daß er eine Schutzwand bildete. Die schnell zur Hilfe herbei geeilte Feuerwehr befreite die Frau aus ihrer gefährlichen Lage. Delitzsch. In Sandersleben find seit eini gen Tagen im ganzen 80 Personen, darunter ganze Familien, durch den Genuß trichinösen Schweinefleisches an der Trichinose erkrankt. Perleberg. In der Nähe des hiesigen Bahnhofes wurde das vor dem Gespann des Stellmachers Pohlmann gehende Pferd vor dem herannahenden Zuge scheu und lief querfeldein geradenwegs auf die Schienen, wo der Zug den Wagen faßte und zertrümmerte. Pohlmann wurde nur leicht verwundet, dagegen erlitt seine Frau so gefährliche Verletzungen, daß sie bald darauf starb. Dortmund. Der jüngst aus seiner Stellung entlassene Hilfs - Gefangenen - Aufseher Bienert, diese eS wünschen. In scharfen: Gegensätze zu der Londoner Meldung, der französische Minister des Aeußern habe nichtamtlich den Zweck der Marchand-Expedition eher für geographisch als für politisch erklärt, Lat jüngst der bekannte französische Afrikareisende Oberstleutnant Monteil in Marseille in einem öffentlichen Vortrage er zählt, daß er bereits vor 5 Jahren mit der Aufgabe betraut worden sei, die jetzt Marchand auSgeführt habe, nämlich mit der Besetzung Faschodas. „Dieser Plan," sagte Monteil, „ist also nicht die Verwirklichung des Traumes eines Forschungsreisenden, sondern ein reiflicherwogenes Regierungs-Unternehmen mit einem scharf umrissenen Ziele. Wenn nun, wie im vorliegenden Falle, der Erfolg" das Werk krönt, so muß an diesem mit aller Energie festgehalten werden. Schweiz. *Der Bundesrat geht mit der Hand- Ha b u n g des Anarchistengesetzes folge richtig und strenge vor. Wer an den anarchisti schen Umtrieben teilnimmt oder „unvorsichtige" Aeußerungen über die That Lucchenis macht, wird ohne weiteres verhaftet und ausgewiesen. Eine große Zahl von Anarchisten ist bereits über die Grenze gebracht. Alle fremden Anarchisten werden genau beobachtet. Italien. * Der,Italic' zufolge hätten schon mehrere Mächte beschlossen, zu einer internatio nalen Konferenz im Oktober zusammen zutreten. In derselben sollen Maßnahmen für einen gemeinsamen Schutz sowie zur Verhinde rung nicht nur von Attentaten, sondern auch der anarchistischen Propaganda in Kasernen und Werkstätten getroffen werden. Von anderer Seite verlautet, daß die Konferenz an dem Widerstand Englands und Amerikas scheitern werde. Holland. * Gelegentlich der Thronbesteigung der Königin Wilhelmina wurden besonders ver dienstvollen Häuptlingen im niederländischen ostindischen Archipel folgende Auszeich nungen verliehen: 2 goldene Spazierstock knöpfe mit dem niederländischen Wappen, 8 orangefarbige Sonnenschirme mit Wimpeln 1. Klasse, 8 weiße Sonnenschirme mit Wimpeln 2. Klasse und 30 blaue Sonnenschirme mitWimpeln 3. Klasse. Dänemark. * Die Königin von Dänemark hat in den letzten Tagen Anfälle von Geistesstörung gehabt; sie will niemand um sich sehen. Spanien. *Die Königin-Regentin unterzeichnete ein Dekret, in dem die Galeerensträflinge, die im letzten Kriege als Freiwillige mit- gefochten haben, begnadigt werden. Portugal. * Die Behörden von Lissabon wurden be nachrichtigt, daß ein Anarchistenkomplott gegen den König von Portugal geplant sei. Die Polizei traf besondere Sicherheitsmaß regeln und zahlreiche Polizeiagenten wurden nach dem Schloß gesandt. Alle in Lissabon ein laufenden Eisenbahnzüge werden scharf über wacht. P-lMfchr R««dfcha». Deutschland. * Der neue Seehafen in Stettin ist am Freitag durch den Kaiser feierlich eröffnet worden. * Die ,Nat. - Ztg.' will wissen, daß im BundeSrat nahezu Einstimmigkeit darüber bestanden habe, daß der Regierung von Schaumburg-Lippe jede Legitimation zur Anrufung des Bundesrats in der Lippe- Detmoldschen Thronfolge-Frage mangelte. "Zur Neuordnung der Gefäng nis d i S z i p l i n hat der Reichskanzler mit den Bundesregierungen sich über verschiedene Grund sätze geeinigt. Hiernach find als Disziplinarmittel zulässig: 1) Verweis. 2) Entziehung hausord- nungsmäßiger Vergünstigungen, wie Selbstbe köstigung, Selbstbeschäftigung, Annahme von Besuchen u. s. w. 3) Entziehung der Bücher und Schriften bis zur Dauer von vier Wochen. 4) Bei Einzelhaft Entziehung der Arbeit bis auf eine Woche. 5) Entziehung der Bewegung im Freien bis zur Dauer einer Woche. 6) Ent ziehung des Bettlagers bis zur Dauer einer Woche. 7) Schmälerung der Kost bis zur Dauer einer Woche. 8) Fesselung bis zur Dauer einer Woche. 9) Einsame Einsperrung bis zur Dauer von sechs Wochen, welche durch Schmäle rung der Kost, Entziehung der Bücher u. s. w. verschärft werden kann. Bei jungen Burschen (unter 18 Jahren) kann auch körperliche Züchti gung verhängt werden. *Für die Produktions-Statistik find am 21. d. vom Reichsamt des Innern die Fragebogen an die Damen- und Kindermäntel- Fabrikanten im Deutschen Reiche abgesandt worden. Oesterreich-Ungarn. * Deutscherseits wird die Erneuerung der Anklage gegen den Grafen Badeni wegen des Einmarsches der Polizei in das Abgeordnetenhaus vorbereitet, um die Ver jährung der Anklage zu verhindem. Schönerer wird die Ministeranklage gegen den Grafen Thun wegen mißbräuchlicher Anwendung des Notparagraphen 14 einbringen. Unter den Abgeordneten der Oppo sition soll die Frage erwogen werden, ob es nicht zweckmäßig wäre, unter voller Aufrecht erhaltung der schärfsten Opposition gegen das Kabinett Thun in der Form der Obstruktions taktik eine Äendemng eintteten zu lassen, in der Weise, daß die Ausgleichsvorlagen in Ver handlung gezogen würden, um zu verhindern, daß der als schädlich erkannte Badenische Aus gleich im Wege der Notverordnung nach 8 14 des Staatsgrundgesetzes einfach verfügt werde. Frankreich. * Eine neue Wendung im Dreyfus-Handel! Piquart ist aus dem Zivilgesängnis ins Militärgefängnis abgeliefert worden. Die Presse, die für die Revision des Dreyfus-Prozesses eintritt, behauptet, Faure, Zurlinden und der Generalstab hätten die Erlaubnis dazu dem neuen Kriegsminister Chanoine abgeschwindelt. Die Lage soll an dauernd sehr ernst sein. Der Generalstab be findet sich in direkter Auflehnung gegen das Ministerium Brisson. Man ist stündlich auf öffentliche Gewaltthätigkeiten gesaßt. *Der ,Matin' versichert, der der Revisions - Kommission zugestellte Dreyfus-Dosfier enthalte kein einziges Schriftstück, worin derNameDreyfus genannt werde. Nur das Bordereau werde Dreyfus zu geschrieben. Die übrigen Schriftstücke, meist Visitenkarten und Zettel, seien wertlos, da ihre Authentizität äußerst ver dächtig erscheine. Besonders auffallend sei, daß der Dossier kein einziges Schriftstück mit dem Namen eines Staatsoberhauptes oder eines Botschafters enthalte. Der Generalstab habe diese Schriftstücke dem Dossier aus Scham ent zogen, da er nicht mehr den Mit habe, diese Fälschungen alS authentische Dokumente auszu spielen. * Die Faschodafrage klärt sich bisher noch keineswegs so zu Gunsten der Briten, wie Balkanstaaten. *Die Pforte hat ihre Botschafter beauf tragt, die Mächte um ihre Vermittelung bei England zu ersuchen, damit die ausgelieferten Urheber der letzten Unruhen inKandia nach Tripolis verbannt werden und damit ferner die Entwaffnung sich auch auf die Christen erstrecke. *Wie der ,Pol. Corr.' aus Rom gemeldet wird, beabsichtigt Italien, aus der Reihe der Kreta-Mächte auzutreten, wenn die Kreta-Frage nicht bald gelöst wird. Amerika. *Zum argentinisch - chilenischen Grenz st reit meldet die ,Times' aus San- iago de Chile, daß der argentinische Gesandte ich geweigert habe, auf den chilenischen Vor- chlag, die ganze Grenzfrage rückhaltslos dem englischen Schiedsspruch zu unterwerfen, einzu gehen. Die Lage sei unhaltbar geworden. Die Meldungen, welche die Streitfrage als geregelt bezeichnen, würden für gänzlich unbegründet angesehen. Afrika. * Der zweite Volksraad von Transvaal hat einstimmig eine Resolution angenommen, wonach der gegenwärtige Chef der Landes verteidigung, Christian Joubert, auS dem Amte scheidensoll, weil Joubert, obschon er dem Staate viele wichtige Dienste geleistet habe, nicht mehr entsprechend leistungsfähig sei. Da Joubert nicht geneigt scheine, sich zurück zuziehen, habe der VolkSraad einen Druck aus zuüben, um seine Entfernung durchzusetzen. Diese Resolution begegnet im Lande allgemeiner Billigung. Asten. * Also mit den vom Kaiser von China angekündigten Reformen wird es nichts. Dem wieder gewachsenen Einflüsse der Kaiserin- Mutter dürfte es zuzuschreiben sein, daß Kangyumei, der Urheber des kaiserlichen Reform erlasses, jetzt den Befehl erhalten hat, Peking zu verlassen. Eine weitere Folge dürste die formelle Wiedereinsetzung Li-Hung- Tschangs sein. Ein weiteres Telegramm be sagt gerüchtweise, der Kaiser von China sei gestorben.
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