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8 Lin »euer Dampfer für den »Norddeutschen Lloyd". Aus Bremen, 23. August schreibt man: Wie „BoeSmannS Bureau" meldet, ist aus Der Werft uon Wigham Richardson u. Co. in Newcastle on Tyne gestern ein neuer Doppelschrauben-Passagier- und Frachtdampfer für den „Norddeutschen Lloyd" vom Stapel gelaufen. Der Dampfer, welcher eine Größe von 7600 RegtstertonS hat und mit allen Verbesserungen der Neuzeit versehen ist, erhielt den Namen „Hannover" und ist für die Linie Bremen- Baltimore bestimmt. 8 Das altberühmte Geschlecht der Borghese Hat sich nicht anders über Wasser halten können, als daß es die weltbekannte Bilder- und Statuengallerie Borghese an den italienischen Staat verkaufte. Der Kaufpreis beträgt 3 600 000 Lire, zahlbar zinslos in zehn Jahresraten. 8 Am Glambecksee bei Stettin hat der Maler gehilfe Patlowski seine Braut und dann sich seist erschossen. Er sollte im Oktober seiner Militärpflicht genügen. Sein Gesuch, ihn aus ein Jahr zurück- zustellen, weil er erst seine Braut heiraten wolle, um sie vor Schande zu bewahren, ist nicht berück, sichtigt worden. 8 Verhaftung eines Defraudanten. Der nach Unterschlagung von 100 000 Mk. aus Hamburg flüchtig gewordene und steckbrieflich verfolgte Kassierer Stöver ist gestern Nachmittag in einem dortigen Restaurant verhaftet worden. § Von einem „wild" gewordenen Automobil berichtet die „Straßb. Post": Wild geworden ist Montag Abend aus dem Brogli-Platze plötzlich ein Automobil, das sein Besitzer erst friedlich an der Hand führte. Ob das Vehikel vor dem mächtigen gelben Lampion scheute, das sein Bändiger trug oder ob derselbe versehentlich ein falsches Ventil öffnete, mag dahingestellt bleiben — kurz, der „Selbstfahrer" setzte sich plötzlich in beschleunigtes Tempo und hinter ihm her kam im Galopp sein Herr. Nach einer ziemlich wilden Jagd gelang es dem Letzteren, den Ausreißer in der Blauwolken gasse wieder glücklich einzufangen und abzustoppen. 8 Der Postassistent Friedrich Müller aus Elbing, der, wie gemeldet, nach Unterschlagung von 6380 Mark amtlicher Gelder flüchtig geworden war, ist in Nioden auf der Kurischen Nehrung ergriffen worden. In seinem Besitz wurde noch ein Barbestand von 3634 Mk. vorgefunden. 8 Wien, 26. August. ^Oberhalb der Kettelalb am Königssee ist der Leiter der Verlagsanstalt „Union" in Stuttgart, Julius Stytzl, infolge eines plötzlichen Schwindelansalles 60 Meter in die Tiefe gestürzt. Der Verwundete wurde in das Distrikts krankenhaus zu Berchtesgaden gebracht. Er hat mehrere klaffende Wunden am Kopf und Verletzungen an den Schultern. ß In einer italienischen Gemeinde an der Tyroler Grenze ereignete sich ein gräßlich es Unglück. Eine Verschlungene Wege. Roman von Waldemar Berndt. 32s (Nachdruck verboten.) Der alte Registrator Hertling durchstöberte mit Wohlgefallen die Schriftstücke, welche vor seiner Tochter ausgebreitet lagen, — eine Lieblingsbeschäf tigung von ihm. In seinem Aeußeren zeigte sich eine vorteilhafte Aenderung; der fadenscheinige Rock war verschwunden und ein eleganter Schlafrock an- geschaft worden; die dicke Hornbrille war einer gold- eingefaßten gewichen und sein Gesicht zeigte nicht mehr jene grämlichen Züge, wie der Kamps mit Not und Sorgen sie hervorruft, sondern sie erschienen freundlich, fast heiter, denn sein Wunsch, den Rest seiner Tage noch in behaglicher Ruhe hinbringen zu können, war in Erfüllung gegangen. Agnes hatte die Papiere ihres Gatten seit dessen Tode wiederholt durchgesehen und sie that dies immer und immer wieder, weil dies die einzige Mög lichkeit war, sich mit den Verhältnissen desselben ver traut zu machen. Sie hatte Alexis nie nach seinem Vermögen gefragt, und bei der Kürze des Zusammen lebens auch keine Zeit, einen genaueren Einblick in dessen finanzielle Lage zu thun. Namentlich die Pachtverhältnisse über die Güter ihres Mannes lernte sie erst aus den Vorgefundenen Kontrakten kennen, denn der einzige, welcher hätte genaue Auskunft geben können, der Onkel und Vormund des Ver storbenen, war verschollen. Niemand kannte seinen Aufenthalt, obwohl man annahm, daß Paris der Ort sei wohin er sich gewenoet habe. Die Scham über seine Veruntreuungen hatte ihn aus der Nähe seines Neffen verbannt; mit dem unrechtmäßig er, worbenen Gelde war er dem über ihn verhängten Hausarrest entflohen, und alle Nachforschungen nach ihm blieben vergeblich, io daß Agnes nicht einmal in der Lage war, ihm den Tod seines nächsten Ver wandten anzuzetgen. Die Glocke an der Vorsaalthür ertönte, zum Zeichen, daß jemand Einlaß begehrte. Gleich darauf meldete das Mädchen oen Maler Wallburg, Agnes nickte zustimmend, und Herbert trat ein. Seit jenem UnglückStag in Rom hatten sich beide nicht gesehen. Jetzt saßen sie sich gegenüber, erst befangen, dann nach und nach bet bewegten Herzen Mutter, die mit dem Reinigen deS GchwetnestalleS beschäftigt war, ließ den Schweinen freien Lauf. Eines kam in da- Wohnzimmer, wo sich zwei Kinder, eine» in der Wiege, befanden. Das Schwein fraß die zwei Kinder auf; als di« Mutter ins Zimmer zurückkehrte, fand sie das Schwein, den letzten Knochen des einen Kindes herrumzerrend, vor. Der Schrecken der i'iutter läßt sich denken: sie wurde ohnmächtig und ist bis heute infolge dieses gräßlichen Vorfalles noch nicht geistig normal. 8 Eine heitere Episode, in deren Mittelpunkt der Prinz von Wales steyt, wird aus Marienbad berichte': Der Prinz soupirte unlängst mit einigen Freunden im Restaurant Delphin. Da kam ein vierjähriges Mädchen, das sich von seinen Eltern verlausen hatte, zu seinem Tisch und zeigte ihm voll Stolz ein Korallenarmband, das es gerade zum Geschenk erhalten hatte. Der Prinz nahm die Kleine auf seinen Schoß, liebkoste sie und ließ Näschereien für sie bringen. Die geängstigte Mutier, die das Kind überall gesucht hatte, sand es auf den Knieen in einem anscheinend sehroertrauten Gespräch mit dem englischen Thronfolger. 8 Ein blutiges Eifersuchtsdrama zwischen Sieb zigjährigen hat sich in einem Ort bei Dünkirchen (Frankreich) abgespielt. Die 70jährige Frau Joachim schnitt nämlich in einem Etsersuchtsanfalle ihrem zwei Jahre älteren Gatten mit einem Rasiermesser den Hals Lurch. DaS Opfer Antoine Joachim war ein für sein Alter überaus rühriger Mann, der in der That noch den Juan spielte. Leine Frau be schuldigte ihn, alle Mädchen des Ortes und der Um gebung zu verführen. 8 Wien, 24. August. Gestern fand in GraSlitz das Begräbnis der vier erschossenen Arbeiter statt, deren einer sechs Kinder und eine Wilwe hinter läßt. Heute wiro der fünfte begraben, der gestern im Spital gestorben ist. Die Beteiligung aller Klassen und Parteien war massenhaft. Biele Tau sende waren aus weiter Umgebung zusammenge- strömt. Die Ordnung war musterhaft, nicht die mindeste Störung oder Kundgebung fiel vor. Mi litär, Polizei und Gendarmerie waren nicht zu sehen, da die Abgeordneten aller drei Parteien die Aus- rechrerhaltung der Ordnung zugesagt hatten. Zahl lose Kränze wurden an den Gräbern niedergelegt und Schleifen mit Inschriften, darunter „Ein Opfer des Systems" und „Den Opfern des Paragraphen vierzehn". Die Menge war tief ergriffen. Die Frauen weinten. Die Männer waren erregt, aber alle ruhig und schweigend. 8 Die im Gouvernement Kowno gelegene Stadt Onikszly ist von einem furchtbaren Brande heimge- suchl worden, der l76 Häuser einäscherte. Bei der Rettung ihrer Habe sind fünf Menschen verbrannt. 2000 Personen lagern aus den Feldern. 8 Die Pest breitet sich in Oporlo aus, jedoch ohne besonders heftig auszutreien. In der Nacht die^icherheit wiedergewinnend und keines die weit hinter ihnen liegende Vergangenheit streifend, rn welchen sie sich so nahe gestanden. Sie tauschten ihre Erlebnisse seit Rom aus. Herbert erzählte, wie er endlich aus Rom geflohen sei, wie es ihn nach seiner Heimat gezogen habe und er die Sehn- sucht nicht habe überwinden können, die, vor der er jetzt stand, noch einmal wiederzusehen. „Sie wiesen mich nicht von Ihrer Thür, Agnes, Sie vergönnten mir noch einmal das Glück, Sie sehen und sprechen zu dürfen — haben Sie Dank für Ihre Güte!' „Und die Baronin von Bodowicz, Herr Wallburg, was ist aus ihr geworden? Man har mir gesagt, Sie seien mit ihr verlobt." „Man hat Sie falsch berichtet, sv weil ist es zwischen uns nicht gekommen! Als Sie mir wenige Wochen nach meiner Abreise nach Rom den letzten Bries schrieben und mir in kalten nüchternen Worten er- klärten, aus unserer Verbindung könne nichts werden, Ihre Kindespflicht gebiete Ihnen zurückzutreten, da mußte ich an der Menschheit verzweifeln, denn jetzt erst fühlte ich, wie unendlich heiß ich Sie geliebt hatte. Ich wagte es nicht, Ihren Entschluß wan kend zu machen, ich kannre die Abneigung Ihres Vaters gegen die Künstler und mußte Ihren kind- liehen Gehorsam, die unbegrenzte Verehrung und Liebe zu ihm gelten lassen. Da sand ich in Italien die Baronin wieder und in deren Umgang suchte ich den Verlust zu vergessen. Umsonst, ich täuschte mich selbst, und je länger ich mit ihr verkehrte, desto klarer wurde es mir, daß sie kein Herz besaß, daß ihr ganzes Thun und Denken aus kalrer Berechnung, aus starrem Egoismus heroorging. Da sah ich Sie wieder, Agnes, sah Ihren Schmerz, und ich mußte den Mann beneiden, dem Ihre Thränen galten. Wie frivol, wie gefühllos erschien dagegen Ludmilla, wie erhaben, fall verklärt standen Sie vor meinen Blicken! Da, faßte ich den Entschluß, mit dieser Dame für immer zu brechen und Rom zu ver- lassen, wußte ich doch, daß die Baronin mit derselben Gleichgiltigkeit, mit welcher sie ihre Handschuhe wechselt, sich Ersatz suchen würde." Agnes war aufgestanden und an den Schreibtisch getreten; sie öffnet« ein Fach und entnahm demselben ein Papier. „Sie sprechen von einem Abschiedsbrtef, den ich Ihnen nach Rom gesandt habe," sagte sie, und auf -um Dienstag kamen ein Todesfall und zwei Gr» krankungen, am Mittwoch ebensalls zwei Erkran kungen vor. 8 Nette Zustände. Im Verlauf der letzten zwei Jahre wurden in New-Uoek und in der Umgegend dieser Stadt nicht weniger als 2000 Kindertenhen in Aschkästen, aus Landwegen, in Gewölben und Kellern aufgefunden. Da die Meldepflicht neu . »ziehender oder Abziehender in der großen Stadt nur eine überaus lau gehandhabte ist, so kann eigentlich eme statistisch maßgebende Ziffer über Bevölkerungsschwankungen, über Selbstmorde usw. gar nicht abgegeben werden. Nur die sensationellsten Fälle gelangen in allen ihren Etnzelheilen durch die Tageszeitungen zur allgemeinen Kenntnis. 8 Llewellyn Stont, ein Knabe von dreizehn Jahren, der des Mordes an einem Stattonsbeamten der Philadelphia-Eisenbahn überführt worden war, wurde am Dienstag More en in Caston (Pennsyl- vanien) aufgehängl. Die Szene, die der Hinrichtung voranging, war sehr erschütternd und der Abschied des verurteilten Kindes von seiner Mutter gehört zu den ergreifendsten, den man sich denken kann. Der Unwille über die Anwendung des äußeisten Strafmaßes aus ein so junges Kmd ist allgemein. tz In Aranyos bei Miskolcz (Ungarn) erschoß Franz Zima das schönste Mädchen des Ortes, Elisa beth Farkas, weil sie seine Liebe verschmähte. Ihr Vater erstach hierauf den Mörder mit einer Heugabel Aus Aue und Umgebung. A'ue, den 26. August 1829. — Ihre Majestät die Königin wird am 7. Okt. zur Weihe des Kömg-ülbert-StisteS in Plauen i.V weilen. — Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg wohnte vorgestern von 7 Uhr Vormittags ab der Besichtigung des 12. Infanterie-Regiments Nr. 177 aus den Garnisonübungsplätzen bei. — Herr Generaldirektor Geheim-Rat v. Kirch bach besuchte vorgestern in Begleitung des Herrn Betriebsdirektors Löser die Sächsische Maschinen fabrik zu Chemnitz. — Der „Kgl. Sachs. Milttätverein Zelle" hält Sonnabend den 2. September, Vereinsoersammlung mit anschließender Sedanfeier ab. — Wegen des am 28. und 29. ds». Mts. in hiesiger Stadt abzuhaltenden Jahrmarktes ist für Sonntag, den 27. oss. Mts., oie Geschäftszeit ,m Handelsgewerbe auf 10 Stunden vermehrt. Es dürfen demnach geöffnet sein: u,., die Geschäfte für Brod- und weiße Bäckerwaaren, sonstige Eß- uno Materialwaaren und Milch, sowie Helzungs- mw Beleuchtungsmaterial im Kleinen von 6 bis 9srüy und von 11 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags ihren Lippen zitterte ein unmerkltches Lächeln, „ich glaube, es war umgekehrt, überzeugen Sie sich!" Hastig, mit bebender Hand faßte Herbert nach dem dargereichten Briefe. „Das ist eine Infamie, ein Verbrechen!" rief er im Tone höchster Entrüstung, nachdem er gelesen. „Bei allem, was mir heilig und teuer ist, schwöre ich Ihnen zu, daß ich Liesen Bries nicht geschrieben habe." „Wir sind beide die Opfer einer schändlichen Jntrigue, wie mir erst vor wenigen Worten klar ge worden ist," versetzte die junge Witwe, den Brief wieder an sich nehmend und eincn Blick yineinwer- send. „Mein Gatte hat mir oft von einem ehema- ' ligen Advokaten, Doktor Praß, dem Vertrauten sei- nes Onkels, erzählt, dem auch seine eigenen Ver hältnisse nicht unvekant seien, da er längere Zeit in Polen gelebt hatte. Nach dem Tode meines Man- nes erschien es dem Rechtsanwalt, in dessen Hände ich meine Angelegenheiten niedergelegt hatte, höchst wünschenswert, über gewlsse Verhandlungen und Vorkommnisse, die sich aus tue Güler der Familie Tembrowskl bezogen, Auskunft zu erhalten, uud diese konnte nach dem Verschwinden des Vormundes nur Doktor Praß, welcher zur Zeit wegen Betrugs und Fälschung eine längere Frelheitsstruse verbüßt, erteilen. Mein Vertreter erwirkte von der Gefängnis direktion die Erlaubnis zu einer kurzen Konferenz mit dem Sträfling, welcher ich bewohnte. Wir er- fuhren, was wir zu wissen wünschten. Praß, wel chen die Gefängnisluft sehr niedergedrückt zu haben schien, bat mich am Schluffe unserer Unterredung, noch einige Enthüllungen machen zu dürfen, um das Bubenstück, wie er sich ausdrückte, wenigstens einigermaßen wieder gut zu machen. Die beiden Bricfe, gestand er, hatte er im Auftrage der Baronin geschrieben, die Sie an sich zu fesseln beschlossen hatte; der Zweck dieser Schriftstücke ist unschwer zu erraten: sie mußte erst unser Verhältnis vernichten, ehe sie ihre eigenen selbstsüchtigen Zwecke verfolgen konnte. Die Gewandhett des Doktor Praß im Nach ahmen fremder Handschriften machte ihm die Er- süllung dieser Ausgabe nicht schwer, und wie nur ja beide wissen, gelang der schändliche Plan, soweit er un» betrifft, vollkommen." (Fortsetzung folgt.)