Volltext Seite (XML)
Tage-latt für -ie Stadt Aue and Umgebung. Erscheint täglich Nachmittags, außer an Sonn- u. Feierlagen. — Preis pro Monat srei ins Hau« 20 Psg., auSwärl« SS Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zcitspiegel" k Psg. mehr. — Bei der Post abgeholt Pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Bries,räger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Funke, Aue sErzgebirge.s Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Inserate die einspaltige Petitzeile IS Psg., amtliche Inserate die Corpus Zeile SS Psg., Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahme liva/o Rabatt. — Bei größeren Inseraten «t. mehrmaliger Ausnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträgcr nehmen Bestellungen an. Nr. 137 Mittwoch, den 23. August 1899. 12. Jahrgang. Airerthat Zettttitg erscheint jetzt täglich, kostet rnsitsrch nur SN Pfennige. OÜev lvett. * Die Rede des Kaisers bei der Denkmalsweihe auf dem Schlachtfeld von St. Privat, in der der Kaiser in warmen Worten auch den im Kampfe ge fallenen französischen S oldaten ehrende Anerkennung zollte und das Denkmal gewissermaßen zum Frie- denSsymbol stempelte, hat mie im Jniande auch jenseits der Vogesen lympathisch berührt und ver söhnend gewirkt. * Berlin, 20. August. Auf seiner Nordlands- reise soll der Kaiser einem amerikanischen Grr ßin- dustriellen gegenüber geäußert haben, er sei einer Amerikq-Fahrt gar nicht abgeneigt, doch stehe die Verwirklichung dieses Wunsches noch in weiter Ferne. * ES schwirren Gerüchte über bevorstehende Ver änderungen im preußischen Ministerium; beispiels- weise wird als Nachfolger des Eisenbahnministers Thielen der Oberst Budde, Chef der Eisenbahnab teilung im Großen Grneralstabe, genannt, auch die Tage der Ministerschast v. Miq iels sollen gezählt sein. * Ein sozialdemokratischer Verband häuslicher Arbeiter, der sich über das ganze Reich erstrecken soll, ist in der Bildung begriffen, * Die Kanalvorlage ist gesallen. Mit großer Mehrheit 275 gegen 134 Stimmen — hat das preußische Abgeordnetenhaus am Sonnabend nach langen Kämpfen den Lieblingswunsch des Kaisers verworfen. * Die Verhandlung des Kriegsgerichts zu Ren nes begann am Sonnabend mit der Vernehmung des Majors Cuignct. Dieser nahm die Theorie des Generalstabs auf; er gründete seine steberz ugung von der Schuld Dreyfus aus Bertillons Beweis führung bezüglich des Bordereaus, sonst brachte er nur Hypothesen : or. — Der Zeuge, General BoiSdessre, bot dem Gerichtshof keinen Beweis, son- dern blos seine Ueberzeugung; er lobte Henry über die Maßen und bezeichnete ihn als einen patrivti- schen Offizier, welcher seine Fälschung aus Liebe zur Armee bedangen habe. Von dem Advokaten Demange in die Enge getrieben, mußte er einige wichtige Geständnisse machen dahin, daß auch nach der Verurteilung Dreyfus' Schriftstücke aus dem Generalstab verschwunden seien. — Picquart er. Härte, er habe während seiner Thätigkett im Nach- richtenbureau nicht 100 000, sondern nur 20 000 Franks verausgabt, wenn mehr verrechnet wären, so sei der Rest in die unrechten Taschen gewandert. Diese Erklärung erregte eine allgemeine Bewegung unter den Zuhörern. General Billot erwiderte er- regt, Uber die Verwendung der Gehetmgelder sei der Generalstab nur dem Präsidenten der Republik verantwortlich. * Rennes, 20. August. Man glaubt, daß Labori Morgen der Verhandlung des Kriegsgerichts werde beiwohnen können. * Das Kriegsgericht legt dem Dementi de» Obersten Schneider große Bedeutung bet, denn, wie verlautet, beschloß es, das vom Obersten für gefälscht erklärt« Schriftstück in einer., ^Heimen Sitzung zu prüfen. Oberst Schneider ht, wie sein Freund, der Archäologe Picot, erklärt, selbst anwesend gewesen, al» Oberst v. Schwartzkoppen die Rohrpostkarte an Estechazy adressierte und absandte. Picot wünscht darüber vor dem Kriegsgericht vernommen zu werden. * Paris, 21. August. Die Blätter besprechen die Aussagen Cutgnet's vor dem Kriegsgericht in RenneS und verlangen, daß volle Klarheit geschaffen werde. „Petite Republique" meint, Oberst Schnei der habe in einem Telegramm an den Vorsitzenden des Kriegsgerichts Jouaust sein Dementi hinsichtlich des ihm von General Mercier zugeschriebenen Brie- fes bestätigt. * Die Regierung läßt, nachdem sie Guerin nicht durch Milde aus seinen Verschanzungen hervorzu locken vermocht hat, grobes Geschütz auffahren. In der Rue Chabrol werden jetzt die Mündungen der Eloaken überwacht, um einen etwaigen Versuch Guerins, durch die Cloaken z: entfliehen, zu ver hindern. * Paris, 20. August. Wie es heißt, meloet sich in der Festung Guerins doch bereits der Hunger. Infolge dessen hätten die Metzgerbucschen vom Vi- litteviertel Lebensmittel hineinschaffen wollen, was ihnen nicht geglückt ist. * Paris, 20. August. Der Anarchist Sebastien Faure ließ gestern Abend einen Aufruf verteilen, in dem er die Sozialisten auffordert, den Kampf zur Verteidigung der Republik zu beginnen, und die Soldaten, fahnenflüchtig zu werden. Der Ausruf ries in den revolutionären alten Stadtvierteln von Paris ungeheure Aufregung hervor. Die Sozialisten beschlossen, sich heut« aus dem Republikplatz zu ver» sammeln. * Paris, 20. Aug. Heute Nachmittag hatten sich Anarchisten und Sozialisten auf der Place de la Republique eingefunden. Sebastien Faure versuchte eine Rede zu halten, aber die Polizei säuberte den Platz. * Paris, 21. August. Als die Anarchisten und Sozialisten von der Place de la Republique ver trieben wurden, setzte sich Sebastien Faure an die Spitze, um sich nach der Place du Trone zu begeben. Polizei trat jedoch diesem Zuge entgegen und es kam zu einem heftigen Zusammenstöße, wobei Re volverschüsse abgegeben wurden. Der die Polizei befehligende Kommissar wurde schwer verwundet. Die Menge setzte sodann den Marsch svrt, wurde aber durch die Polizei ausgehalten, ehe sie nach der Place du Trone gelangte. Es kam zu heftigen Zusammenstößen, und es wurde wieder mit dem Revolver geschossen, wobei drei Polizisten verwun det wurden. Sebastien Faure bestieg nunmehr mit einigen Freunden einen Straßenbahnwagen, der nach der Place de la Republique fuhr. Hier wurde er mit seinen Freunden verhaftet und nach der Chateau-d'Cau-Kaserne gebracht. Die Menge teilte sich nunmehr in zwei Gruppen; die eine ging die Rue Saint-Maur entlang, die gerade unbewacht war, und gelangte, ohne angehalten zu werden, nach der Kirche St. Joseph. Einige an der Spitze marschierende Individuen betraten die Kirche, rissen mehrere Bilder herunter, ergriffen einige Bänke, trugen sie aus die Straße, zerschlugen sie und zün deten ein Areudenfeuer vor der Kirche an. * Pari», 21. August. Bei den gestrigen Stra- tzenunruhen sind im ganzen 380 Personen ver wundet worden, von denen 3V1 in den Kranken häusern untergebracht wurden. Die Zahl der ver wundeten Poliz iagenten beträgt 59. * Wien, IS. Aug. Gras GoluchowSki stattete heute dem Staatssekretär v. Bülow auf dem Sem mering den angelündigten Besuch ab. — Las „Tageblatt* berichtet: Ein ehemaliger Offizier Saria in Klagenfurt der wegen betrügerischer Schul den verabschiedet wurde, sei nebst seinem Vater, einem Schuhmacher, verhaftet und dem Wiener Landesgericht eingeliefert worden; es handle sich um den Berkaus militärischer Schriftstücke an eine fremde Macht. * London, 21. August. Das Reutersche Bureau meldet aus Kapstadt: 7>/, Schiffsfrachten Kriegs- material wurde in Port Elizabeth auSgeladen und nach Aliwal-North gesandt zur Verteilung im Oranje-Freistaat, * Oporto, 20. Aug. Hier wurden gestern drei neue leichte Fälle von Beulenpest festgestellt. * New-York, 20. August. JnTuxpan (Mexiko) brach das gelbe Fieber aus. lieber bO Todesfälle finden täglich statt. * Cap Haitien, 20. August. Auch in der Pro vinz Macoris ist der Aufstand zu Gunsten vonJi- mines ausgebrochen. 8 Die junge Gertrud Rosener war in einem Bureau thätig und dort mit einer älreren Kollegin in Streit geraten. In jugendlicher Unbesonnenheit ließ sie sich kürzlich hinreißen, der Kollegin eine Karte zu schreiben, welche eine anzügliche Bemerkung über das Alter der Adressatin enthielt. Diese eilte zum LchiedSmann und ließ da das junge Mädchen zu einem Termin vorlacen. Der eingeschriebene Brief versetzte Gertrud Rosener in die heftigste Auf regung, sie spiegelte sich die entsetzlichsten Folgen ihrer unbesonnenen Handlung vor, verließ in töt- kicher Angst daß elterliche Haus . . . und kehrte nicht mehr dorthin zurück. Zwei Tage später wurde die Leiche des unglücklichen Kindes aus dem Wasser gezogen. 8 Zu vier Monaten Gesängnis wurde in Han nover der Schutzmann Vvß verurteilt, weil er wegen späten Anbr«««nS einer Treppenhauslampe in eine Wohnung eindrang, Beleidigungen ausstieß gegen Mann und Frau, die ihn zum Verlassen der Wohnung aufforderten, mit der Waffe vorging und den Mann wegen Widersetzlichkeiten verhaften wollte. 8 Eine eigenartige Strafe erhieltenzwei Knaben, welche auf einem sonst nicht zugänglichen militärsts. kalischen P atze in Hannover ihre Drachen hatten steigen lassen und dabei abgefaßt worden waren. Nachden sie zunächst eine Tracht Prügel erhalten hatten, wurden sie nach der Kaserne gebracht und mußten dort, wie sie bei ihrer Rückkehr zögernd ge standen, 20 Paar Stiefel putzen. 8 Fräulein Magoelinsky aus Berlin ist vom Heiligengeistjöchl im Ahrnthal (Salzburg) abgestürzt, doch sind ihre Verletzungen nicht gefährlich.—Drei Berliner Studenten sink, vom Balmhorn (Kander- thal) abgestürzt und schwer verletzt. § In der Saale zwischen Lettin und Brachwitz wurden die Leichen eines Mannes und einer Frau gefunden, die an den Oberarmen mit Bindfaden zusammengebunden waren. Der Mann anscheinend ein Handwerker oder kleiner Kaufmann, ist etwa 40 bis 50 Jahre alt, die Frau 30 bis 40 Jahre. In der Rocktasche des Mannes fand sich u. a. ein Briefumschlag, aus den mit Bleistift geschrieben stand : „An den Herrn Pfarrer des Bezirks zu senden*. In diesem Umschlag lag ein Briefbogen mit folgenden Worten: „P. P. Unglückliche Familienverhältnisse zwingen uns, in den Tod zu gehen." 8 Berlin, 21. August. Wiedie „Welt vom Montag" aus München meldet, ist das Strafverfahren gegen den „ Simplicisstmus" eingestellt worden. 8 Bromberg, 21. August. Bei einem Großseuer in Mynirzewo sind sieben Gebäude mit vielen In- ventar niedergebrannt 8 Breslau, 20. August. In Gräfenberg erwartet man die Ankunft des Vizekönigs von Egypten zur Kur. 8 Hamburg, 20. August. Die über zweitausend Mitglieder zählende Maurerorganisation richtete an die Arbeitgeber die Forderung auf neunstündige Arbeitszeit und 70 Pfennig Ltundenlohn. Die Bautischler werden sich anschließen. Die Heizer und Trimmer der Hamburg-Amerika Packelfahrt-Gesell- schaft wollen in den Ausstand eintreten, wenn ihnen ihr Lohn nicht erhöht wird. 8 Der Danziger Dampfer „Herkules", nach Blyth (England) bestimmt, um dort Kohlen zu laden, ist morgens während ruhigen Wetters mit einem fran- zösischen L chuner, mit Passagieren und einer Ladung Zwiebeln nach Hüll, zusammengestoßen. Der Dampfen traf den Schuner mittschiffs und schnitt tief in ihr