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8 Zu erschießen versuchte sich eine junge Dame in einem Pensionat im Westen der Stadt Berlin, ein 28 Jahre altes, Fräulein Eleonore Partrtgeon, di« Tochter eines verstorbenen französischen Offiziers. Der Bater hatte bet seinem Tode den.Kindern nicht so viel hinterlassen, daß sie sorgenfrei leben konnten. Aus eigenen Erwerb angewiesen, kamen die beiden Töchter vor vier Monaten nach Berlin, um hier KonversarionSunterricht in ihrer Muttersprache zu ertheilen. Kürzlich kehrte die ältere Schwester nach Frankreich zurück; nur die jüngere blieb hier. Diese war an den Genuß von Morphium gewöhnt. Die Schwester hatte ihr nun einen kleinen Vorrath in starker Verdünnung zurückgelassen, so daß diese zu nächst wie bisher ihrer Leidenschaft leben konnte. Als jedoch der Vorrath erschöpft war, konnte Fräu lein Patrigeon keinen Ersatz bekommen. Der Mangel des gewohnten Genusses raubte ihr vollständig den LebenSmuth, so daß sie zu sterben beschloß. Sie schoß sich eine Kugel in die Brust. Schwer verletzt wurde die Unglückliche in ein Krankenhaus gebracht. ß Durch kriegsgerichtliches Urteil, welches nun« mehr seine Bestätigung gefunden hat ist der am 25. Dezember 1877 zu Elmshorn geborene Matrose Hermann Luther von der 4. Kompagnie der 2. Matrosen-Division, vormals an Bord des Panzers „Beowuls", unter Entfernung aus der Kaiserlichen Marine mit sieben Jahren Zuchthaus, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zehn Jahren und Zulässigkert seiner Stellung unter Po lizeiaufsicht bestraft worden. Dieser harte, aber gerechte Urteilsspruch erfolgte wegen nicht weniger als siebzehn Strasthaten und zwar: wegen ver suchten Mordes, versuchten schweren Raubes, gefähr licher Körperverletzung, eines schweren und dreier einfacher Diebstähle, Fahnenflucht, Betruges im ersten Rückfalle in sechs Fällen, versuchten Betruges und schließlich wegen Beschädigung von Dienstgegenstän den in drei Fällen. 8 In Lüdinghausen (Wests.) fuhr ein Blitz unter eine tafelnde Hochzeitsgesellschaft. Einer der Hocü- zeitSgäste wurde getötet, neun andere wurden gelähmt. 8 Beim Schützenseste erschossen wurde in Braun lage am Harz der Scheibenanzeiger durch den Flei schermeister Kahn. 8 Der flüchtige Mond. Die Nachforschungen nach dem Verbleib des Kaufmanns Ernst Mond aus Berlin sind trotz der Bemühungen der Kriminal polizei erfolglos geblieben. Es ist festgestellt, daß M. bei seiner Flucht mindestens noch 20 000 Mk. bei sich hatte und daß seine Geliebte eine erhebliche Geldsumme mit sich führt. 8 Nach dem Verbleib eines Berliner Liebespaares wird von den Polizeibehörden in Grünau nnd Schmöckwitz recherchirt. Es handelt sich um ein Pärchen, das am Montag in Grünau eintraf und beim Bootsverleiher im Restaurant „Wendenschloß" «in Ruderboot miethete. Als Pfand ließen die Bei den einen Ueberzieher und ein Jacket zurück. Seil der Abfahrt hat man nichts mehr von dem Paare gehört, und es wird, da das leere Boot inzwischen bei Schmöckwitz ans Land getrieben ist, Selbstmord des Paares vermuthet. 8 Eine Zweiraddauerfahrt von Berlin nach Frauenburg in Ostpreußenhaben die in letztgenann ter Stadt ansässigen Gebrüder Laws unternommen. Auf einer größeren Radtour begriffen, beschlossen die Herren in Berlin wegen des herrlichen Wetters, den ganzen Weg bis zur Heimath mittels Rades I zurückzulegen. Den Vorsatz führten sie auch au», indem sie die 648 Kilometer lange Strecke in 25 Stunden einschließlich einer kleinen Ruhepause be wältigten und in guter.Verfassung am Ziel an langten. 8 Der „Trauerbrief".Lotteriekollekteur Adolf Seelhorst in Braunschweig ist jetzt dort wegen Be truges in Untersuchungshaft genommen worden. ES ist dies derselbe Biedermann, welcher, wie noch erinnerlich sein dürste, unter der Marke einer „Wit we" Seelhorft vor einiger Zeit auch nach Berlin Tausende von mit Trauerrand versehenen Briefen sandte, um die Empfänger zur Abnahme v?n Loosen der Braunschweigischen Landeslotterie zu veranlassen. Die „trauernde" Witwe bat in diesem Schreiben, ihr doch die Loose abzukausen; ihr „seliger Mann" habe zwar an den Loosen stets mit Leib u. Seele gehangen, doch habe sie sich jetzt aus Noth veran laßt gesehen, sie zu veräußern. In dem bevorste henden Prozeß werden auch zahlreiche Berliner Einwohner als Zeugen geladen werden. ß Der von Räubern in Kleinasien entführte Minendirektor Chevalier ist wieder fretgegeben, nach dem den Räubern die verlangre LoSkaussumme zu gestellt worden war. § Am Freitag ist in Saaz (Böhmen) und in der Umgegend ein furchtbares Unwetter niedrige- gangen, welches ungeheueren Schaden anrichtete. Die, Hopfenkulturen sind durch Hagelschlag voll ständig vernichtet. 8 Während eines Unwetters schlug in Olmütz der Blitz in einen mit Paflagieren voll besetzten Straßenbahnwagen, jedoch wurde niemand verletzt. 8 Brünn, 24. Juni. Der Ausstand der Weber ist infolge Vermittelung des Statthalters beendigt. Beide Parteien zeigten Entgegenkommen. 8 Der Eisselthurm wird für die Weltausstellung von oben bis unten neu angestrichen, daß er in goldigem Schimmer erstrahlen soll. Mit dem Auf- tragen der ersten Schicht ist man nun fertig. 60 Arbeiter waren dabei beschäftigt und verwendeten 50 Tonnen gelbe Farbe. Mit der zweiten Schicht wird man im September beginnen. 8 In Madrid wurde der Soldat Pacheco vom Kriegsgericht zum Tode durch Erschießen verurteilt. Pacheco hatte in einem plötzlichen Wutausbruch zuerst seine Geliebte erstochen und später auf dem Kasernenhof seinen Leutnant mit demselben noch bluttriefenden Messer schwer verwundet. Aus Aue und Umgebung. Aue, den 26. Juni 1899. — Unseren geschätzten Lesern empfehlen wir den in heutiger Nummer aus der 4. Seite befind lichen Coupon zur gefl. Beachtung. Bei Benutzung desselben kostet ein Inserat von 4 Zeilen nur 10 Pfennige. — Derselbe eignet sich zur Verwendung hauptsächlich bei kleineren Inseraten. Wir bitten, recht fleißig Gebrauch davon zu machen. Expedi tion der Auerthal-Zeitung. -- Der „Lokalanzeiger" bringt noch einige Ein zelheiten über das Diner in derKaserne des 2. Eisen bahnregiments, dem der König von SachseHbeiwohnte. Danach nahm König Albert den Ehrenplatz in der Mitte der Quertasel ein. Zu seiner Rechten saß Oberst v. Schubert, zu seiner Linken Exzellenz Rothe, gegenüber der Regimentskommandeur Oberstleutnant Viehn. Daran reihten sich der Gesandte Gras v. Hohenthal-Bergen, Militärbevollmächtigter Major Schwer -evüßt. Novelle von Martha v. Hohenstein. IS Während der ganzen Woche, welche bis zur Wiederkehr be» Augenarztes noch verfließen mußte, kam Wally täglich mit ihrem Sohn in Manfreds Zimmer, um sich nach sti mm Befinden zu erkundigen, aber es schien fast, als ruhe auf beiden ein eigentümlicher Bann, welcher sie hemmte, ßa»zu sagen, was ihnen auf dem Herzen lag. Endlich nahte die von Wally so ängstlich erwartete Stunde der Entscheidung. Der Augenarzt war gekommen und hatte nach einer halben Stunde das Zimmer seines Patienten wieder verlassen, um alsobald wieder abzurei- seu." „Jetzt trat Wally mit schüchternem Zagen ins Vorzim mer und fragte den Kammerdiener: „Nun, wie ist die Ent- fcheidung ausgefallen, giebt der Arzt Hoffnung ?" «Ich glaube, Frau Gräfin," entgegnete der Kammer diener verlegen zögernd, „es ist alles vorbei und keine Hoffnung mehr, daß mein lieber Herr da» Licht der Sonne wieder erblickt. Aber wollen Frau Gräfin nicht lieber ein treten und sich selbst überzeugen?" schloß der Kammer diener, die Thür de» Krankenzimmers öffnend. Ein leises Beben durchzucktefbei diesen Worten die Ge stalt der jungen Frau, dann aber glitt sie, wie von einem mächtigen Impuls getrieben, über die Schwelle des Kran kenzimmers .während derKammerdiener dieThüre schweig sam hinter ihr wieder schloß. Jetzt plötzlich aber war die junge Frau an seiner Seite Niedergekniet, hatte Manfreds herabhängende linke Hand erfaßt und mit sanftem Kuß an ihre rosigen Lippen gezo gen, während sie leise flüsterte: „Ist e» wahr, Manfred, baß der Augenarzt es nicht vermocht hat, Deine lieben Au gen -»heilen?" „Ja, ei» ist wahr, Wally," erwiderte Graf Manfred, »ich bin zu ewiger Blindheit verurteilt, welche kein Son nenstrahl dei» Glücke» mehr erhellen wird." «Manfred," kam e» schüchtern un» doch so voll war ¬ mer Herzinnigkeit von Wallys Lippen, „vermöchte e« denn meine Liebe, einen Sonnenstrahl des Glückes in Deinem Herzen zu erwecken? Meine unerloschene,unsagbare Liebe!" „Du liebst mich noch, Wally?" jubelt« Mansted in stür mischem Entzücken auf, „Dein allzugerechter Haß hätte es also nicht vermocht, den Funken Deiner Liebe zu ver nichten?" „Ich bin und bleibe, so lange ich lebe, im Banne mei ner Liebe für Dich, Manfred!" hauchte die junge Frau. „Wally, Herzensliebling!" rief Graf Manfred, während er mit fester Hand die zarte Gestalt der jungen Frau an seine Brust zog und sie mit seinen Armen so fest um schlungen hielt, als wolle er sie nimmer wieder steigeben. „Sag', willst Du denn wirklich mein Weib werden, da» Weib eine» unglücklichen Blinden?" „Ja, ich will », Geliebter," klang Wallys Erwiderung, „ich will Dich mit so liebevoller Zärtlichkeit durchs Leben führen, daß Du Dein Unglück vergessen wirst! Durch meine Augen sollst Du alle» sehen, wa» di« Welt an Schönheiten noch bietet." „Ich sehe mit meinen eigenen Augen da» holdeste, edelste Wesen," flammte Graf Manfred leidenschaftlich auf, während er mit rascher Bewegung, die schwarze Binde vom Haupt streifend und Wally an seine Brust ziehend, seine dunklen, lichtstrahlenden Augen tief in die ihrigen tauchte, „Dich, mein einzige» Herzen»lieb!" „Manfred," jubelte die junge Frau freudig auf, „Deine lieben Augen leuchten ja so strahlend und klar, Du siehst wieder!" „Ja, mein Herz, ich sehe Dich und darf wieder in Dei nen lieben Sternenaugen da» Glück meine» Leben» lesen," gab Manfred zurück. „Aber, Manfred, weshalb sagtest Du denn noch soeben, daß Du zu ewiger Blindheit verurteilt seist ?" sorschte Wally staunend. „Ich stellte mich blind, und gab auch meinem Kam merdiener den Auftrag, dasselbe zu bestätigen," erwiderte er „ersten», weil ich wisse« wollt» v* Deine Lieh» so Nidder, Legation-sekretär Frhr. von Ritsch, da» Ge- folge de» König, die Offiziere de» 2. Eisenbahn regiment», im ganzen 72 Personen. Da» Hoch brachte der Inspekteur der Verkehrstruppen Exzel lenz Rothe au». Der König erwiderte unmittelbar mit einem dreifachen Hurra auf da» 2. Eisenbahn- regiment. — Der deutsch - nationale Handlungsgehilfen« Verband Hamburg veranstaltet morgen Abend in Leonhardt'» Gasthaus eine Versammlung, in welcher Herr Franz Schneider aus Leipzig über „Neue Strömungen im Kaufmannsstande" sprechen wird. — Ausflüge nach Zschorlau zu dem Verband»- tag „Dramatischer Vereine" unternahmen gestern der Verein „Euterpe"-Aue und die „Thalta"«Zelle. Nach der Verbandssitzung schritt man zum ver gnüglichen Teil und wirkten beide Vereine durch Vorträge an der Unterhaltung mit. Die Musik hatte die Concertina-Abtetlung des Dramatischen Verein- Zschorlau übernommen. Dte Stimmung war eine antmirte und floß dte Zeit schnell dahin. — Morgen haben wir den berüchtigten Sieben schläfer. Wenn es zu demselben regnet, so regnet es nach dem Volksglauben sieben Wochen. Der Himmel macht aber schon seit mehreren Tagen wie der ein so wetterböses Gesicht, daß es den Anschein hat, als sollten wir morgen auch wieder etwa» nafles bekommen. Auch der gestrige Sonntag brachte uns verschiedene Regengüsse, was aber die Stimmung der vielen Ausflügler, welche gestern unsere Gegend besuchten, nicht beeinträchtigt hat. Wünschen wir, daß der schlechtangeschriebene Sie benschläfer uns ein sehr heiteres Gesicht zeigt. — Landwehrleute und Reservisten seien daran erinnert, daß sie für diejenigen Monate, in denen sie zur Uebung eingezogen werden, respektive ein- gezogen waren, von der Klaffen- und Einkommen steuer befreit sind. — Aus Fol. 312 des Handelsregisters vom Kgl. Amtsgericht Schwarzenberg ist das Erlöschen der Firma Matthias Kalb in Wildenau verlautbart worden, r — Konkurs wurde eröffnet: Chemnitz: Lohn« fuhrgeschästsinhaber Gustav Jung das. Dresden: Buchhändler Christian Otto Hackebeil das. — Ist Rabattgewührung der Aerzte den Kranken« lassen gegenüber eine Verletzung der Standesehre? Ueber diese Frage hat kürzlich das königliche Mi nisterium des Innern eine prinzipiell wichtige Ent scheidung erlassen. In einem Streitfälle hatte der Zwickauer ärztliche Bezirksverein die Ansicht vertre ten, daß ein Herabgehen unter die Minimaltaxe vom 27. Juni 1897 (es handelte sich um die Ge währung von 15 Proz. Rabatt) bei zahlungsfähigen Kassen unvereinbar sei mit der ärztlichen Standes« ehre, und der Verein hatte deshalb dem mit der Jnnungskrankenkasse „Bauhütte" abgeschlossenen Vertrage die Genehmigung versagt. Aüs erhobenen Rekurs der Kasse hatte sich die Kgl. Kreishaupt« Mannschaft auf einen entgegengesetzten Standpunkt gestellt und entschieden, daß die vom ärztlichen Be zirksverein beanstandete Vereinbarung sich als ein billiger Ausgleich gegenseitiger Interessen darstelle und in der Rabattgewährung keine Verletzung der StandeSehre zu erblicken sei. Aus die vom Verein erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hin ist das Kgl. Ministerium des Innern der kreishauptmannschaft lichen Entscheidung beigetreten, und zwar insbeson dere auch hinsichtlich der Frage der Rabattgewährung. groß sei, um auch die» Unglück zu überwinden. Denn die ser Gedanke hat mich bi» zur Zeit der Entscheidung fcch wahnsinnig gemacht. Und zweiten» warst Du. mein Lieb- ling, trotz all' Deiner Güte und Teilnahme, doch so fche» und zurückhaltend gegen mich, daß ich e» nicht wagte, da» erste Wort von Liebe zu sprechen. Deshalb hielt ich dte Täuschung aufrecht und sagte Dir, daß ich zu ewiger Nacht verurteilt sei. Und ich hatte nicht zu viel von Deinem E»- gelsherzen erhofft! Dem Glücklichen, Genesenen gegenüber hättet Du vielleicht die Liebe Deiner reinen Frauenseele für immer verborgen gehalten. Dein edelmütige» Erbar men für den Erblindeten gab mir den Schlüssel zu de» fest verschlossenen Schrein Deine» Herzen» I" In diesem Augenblick ward die Thür hastig aufgerif- sen und der kleine Roland stürmte eilig herein, sah eine» Moment zu Manfred auf und sagte dann staunend: „On kel, lieber Onkel, Du hast ja gar keine Binde mehr Wär Deinen Augen, kannst Du mich jetzt sehen?" „Ja, mein Liebling," entgegnet« Graf Manfred tief bewegt, seine Rechte liebkosend auf de» Kinde» lockige» Scheitel legend, „und nun sage, mein Knabe, willst Du näio Sohn sein? Willst Du mich fortan Bater heißen?" „Ach ja," jauchzte der kleine Roland freudig auf, „ich hab' Dich ja so lieb, Onkel Manfred! Und wie stolz w» ich auf solch'kühnen, mutigen Vater sein!" „Wally, mein Herz," flüsterte Graf Manfred, „vertraue mir Deinen höchsten Schatz getrost an, denn ich habe viel zu sühnen an ihm und an Dir!" „Gerne und mit vollem vertrauen gebe ich Dir Ba- terrecht über meinen Knaben, denn ich weiß, Du wirft th» lieben um meinetwillen," entgegnete Wally, ihren Knabe» an sich ziehend, mit leuchtendem Blick zu ihm angehend, „sind wir doch beide wie durch ein Wunder zurückgezau- bert in den Himmelsfrieden unsere» Jugendglücke»." „Und wollen," schloß Graf Manfred, Mutter und Ktlch mit jubelnder Freude fest an fein Herz schließend, .fort»» in alle Ewigkeit im Vanne unserer Lieb, bleiben l" - - WM