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Auerthal-Zeitung : 12.08.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189808122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-08
- Tag 1898-08-12
-
Monat
1898-08
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 12.08.1898
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V-Ntifch- Klmdsch««. Lentschs«»». »Zur Orientreise de» Kaiser» wird au» Konstantinopel «meldet: Di« -ur Aufnahme de» Kaiser» uw seine» Gefolge» vom Sulla» angeordpete«. Umbauten und Neu» einrichtungen innerhalb dch Vildizpalafteß find ! nahezu vollendet. DAfttzden Kaiser bestimmten Wohnräume liegen im sögewwten Tstll Kio»k, dem al» Neubau eine große Und prunkvoll au»« «stattete Empfangshalle angefügt wurde. Diese fithrt den Namen Merafim Dairest und wird von de» Palastdeamteu al» ein Bauwerk von seltener Pracht geschildert. Die Gesamtkosten der vorgenommenen Umbauten werden ausschließ lich der inneren Ausstattung auf 60 000 türkische Pfund (1020 000 Mk.) berechnet. * Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe hat sich zu einem kürzeren Aufenthalt auf seinen russischen Gütern nach Werkt begeben. * In Tfintau Port (Kiautschou) feuerten am Freitag zum Gedächtnis Bismarck» die B-ttMen des Forts und die Kriegsschiffe je 20 Kanonenschüsse ab. TagS darauf wurde seitens der Garnison eine Trauerfeier ab gehalten. "Die Annahme, an maßgebender Stelle sei «an dem Gedanken der Veröffentlichung des authentischen Wortlauts de» Entlassungs gesuches des Fürsten Bismarck bereits naher getreten, um auf die^- Weise jeder Legenden bildung den Boden zu entziehen, wird sich, der ,Nat.-Lib. Ko«.' zufolge, nicht verwirklichen. Sie widerspräche der Reserve, welche jede Re gierung mit Rücksicht auf derartige Aktenstücke zu beobachten genötigt ist, und welche lediglich nach Jahren dem historischen Interesse weichen kann. In dem vorliegenden Falle kommt der Umstand hinzu, daß der authentische Wortlaut des Entlassungsgesuchs trotz gegenteiliger Be hauptung keineswegs von dem jetzt veröffent lichten so abweicht, daß der Charakter des Aktenstücks und sein ganzer Eindruck durch eine nachträgliche amtliche Publikation verändert würde. »Wie der,L.-A.' aus FriedrichSruh meldet, haben jetzt sämtliche Gäste das fürstliche HauS verlassen; nur die Familie weilt noch dort. Das Wachtkommando der 31er sollte nach vorläufiger Bestimmung bis Montag dort bleiben. Von derselben Seite wird geschrieben: „Wie mht Fürst Bismarck im Sarge? Trägt der Recke die historische Uniform der Seydlitzkürasfiere? Ziert daS Eiserne Kreuz, das er mit Vorliebe vor jeder anderen Deko ration anzulegen pflegte, seine Brust? Diese Fragen hört man jetzt vielfach aufwerfen. Ein Feind alles Dekorativen, hat der eiserne Kanzler diesen Grundsatz auch im Tode wahr gemacht. Er wollte weder in Uniform noch mit einem Ab zeichen seiner hohen Würden bestattet sein. Kein Kreuzlein, kein Stern schmückt den Recken.... Die linke Hand nur hält drei weiße Rosen, von seiner greisen Schwester Frau v. Arnim gespendet." »Der dänisch-norwegische Dichter Björnson hat die Münchener Neuesten Nach richten' wegen Beleidigung verklagt. Dieses Blatt hatte Björnson der wissentlichen Unwahr heit bezichtigt, weil Björnson in seinem Briefe an Zola gesagt hatte, ein hoher Staatsmann — FürstHohenlohe — habe zu seinem Ge währsmann geäußert, DreyfuS sei un schuldig. Björnson will vor Gericht den Be weis führen, daß Fürst Hohenlohe nicht allein die Unschuld des Hauptmanns DreyfuS betont, sondern sogar andere als die Schuldigen be zeichnet und hinzugesetzt habe, daß die fran zösische Regierung aus Scheu vor der Fäulnis der Verhältnisse zögere, die in hohen Stellungen befindlichen eigentlichen Schuldigen vor das Forum der Justiz zu ziehen. »Ein Genesungsheim für die Armee soll in den Salinen des Bades Kreuz nach errichtet werden. Kranke Soldaten und Rekonvaleszenten werden schon seit Jahren nach Kreuznach gesandt und müssen dort private Wohn- und Baderäume beziehen. Der General- Malte«. »Die Meldung der ,Nowoje Wremja', König Menelik habe das Protektorat über Raheita (am Roten Meere) an Rußland abgetreten, damit dieses dort eine Kohlenstation errichte, erregt in Rom un geheures Aufsehen. Die italienische Regierung erwartet ein offizielles russisches Dementi, da bekanntlich Italien bereits seit zwölf Jahren die Oberhoheit über das Sultanat Raheita ausübt. Svanien. »In Barcelona ließ die spanische Regie rung bei den Anhängern Don Karlos' zahlreiche Haussuchungen vornehmen. Auf Grund des dabei vorgefundenen Materials wurden bisher zwölf Personen verhaftet. Balkanftaaren. »Bon der serbischen Skupschtlna wurde das Gesetz über die Vermehrung der Banknoten von 35 auf 40 Millionen Dinar einstimmig angenommen. Der Noten umlauf der Nationalbank beträgt gegenwärtig 32 Millionen. »Die Macedonier hatten für den 7. August einen Kongreß nach der bulgarischen arzt d« Armee, v. Eoler, we^ -ur Zeit in Kreuznach, um diese Prioatgelasse zu inspizieren und vie Gegend zu besichtigen, in der da» neue G«esung»hetm feine» Platz erhalten wird. »Eine interessante Ueberstcht über die Jnftunaß-Beweaung in den letzten 20 Jahren läßt stch, wie die,N. B. C.' «üdä, «ff Grund der nachstehend« Laten ge winnen, die vom preuß. Ministerium für Handel und Gewerbe geliefert find. Danach hat, um da» vorauSzunehmrn, anfangs der achtziger Jahre die Jnnpngöbewegung infolge der neuen Gesetze einen Aufschwung genommen, der 1890 den Höhepunkt «reichte. Zwischen 1890 und 1894 Kat ein Rückgang ein, der dann in den Jahren 1894 bis 1896 wieder ausgeglichen wurde. Am 1. Dezembu 1878 gab e» 6018 Innungen mit rund 150 000 Mitglied«», Ende 1888 zähste man 7424 Innungen mit 219 758 Mitgliedern. Am 1. Dezember 1890 bestanden 7820 Innungen mit 226 049 Mitgliedern, deren Zahl 1894 auf 219 075 gefallen war. Am 1. Dezember 1896 wurden dann 7940 Innun gen mu 224 956 Mitgliedern gezählt. »Der Rat von Sachverständigen, der auf Beranlassung des BundeSratS üb« Aende- rungen des Jmpfgesetzes beriet, hat, wie jetzt bekannt wird, mehrere Vorschläge gut geheißen, so daS Verbot von Menschenlymphe, ferner den Vorschlag, daß in Zukunft nur noch auf einem Arm, und zwar bet Erstimpflingen auf dem rechten, bei Wiederimpflingen auf dem linken geimpft werden solle. Sodann wurde die Selbstimpfung verworfen und die Entwickelung nur ein« Impfpustel als ausreichend zur Er füllung d« gesetzlichen Pflicht erklärt. Bezüglich der Bestrafung der Jmpfweigerer beschloß der Rat, keine Anträge an den BundeSrat zu richten. Oesterreich-Ungarn. » Ueb« die Lage in Oesterreich äußert sich der parlamentarische Mitarbeiter der Wiener »Reichswehr' dahin, Graf Thun soll entschlossen sein, im September den ReichSrat einzube rufen und ihm einen Sprachengesetzentwurf vorzulegen. Die Regierung werde diese Frage mit allen Mitteln zu fördern suchen. Mit der deutschen Opposition soll wegen Ueberlassung der Stelle des zweiten Präsidenten verhandelt werden. Die AusgletchSvorlagen würden neuerlich dem Parlamente vorgclegt werden und nach der ersten Lesung des neuen Sprachengesetzes zur parlamentarischen Beratung gelangen. »Der Stadthalter von Böhmen hat die Bildung eines deutsch-böhmischen Städtebundes untersagt, wei! er ein politischer Verein sein würde und den Gemeinden die Bildung politischer Vereine verwehrt ist. Frankreich. »Der Gesundheitszustand der Kaiserin Eugenie, welche sich zur Zeit in PlombiereS in den Vogesen befindet, gibt (dem .Soleil' zufolge) zu ernsten Besorgnissen Anlaß. zum eben, daß edenSbedtngun- Hauptstadt einberufen, ans de» der Text einer Denkschrift an die Großmächte festgestellt werden sollte, welche» da» 1>ring-nd« Bedürfnis nach Reformen in Makedonien *Llm « in Washlfigto Amerika gestellten gen annehme, mühdem die westindi sche Schuld von Amerika übernommen worden war. * Da» Verhältnis zwischen den beiden Repu bliken Chile und Argentinien ist in den letzten Tagen so gespannt geworden, daß ein baldiger Bruch leider zu befürchten ist. Die Schuld trifft allein Argentinien, daS, wie sich immer klar« zeigt, den Krieg will und die Ver handlungen imm« wieder in die Länge zieht, um Zeit zum Abschluß seiner Rüstungen zu ge winnen. »In Guatemala ist nach ein« Privat- depesche vym 4. August an der Westküste eine Revolution ausgebrochen, doch blieb die Regierung bisher siegreich. Elfte«. »Der englisch-russiche Konflikt wegen der chinesischen Eisenbahn- frage spitzt sich in bedrohlicherWeise. In Peking haben sich sehr erregte Szenen im Tsung-lt-Iamen abgespielt. Der russische Geschäftsträger Pawlow tritt den eng lischen Forderungen, die der Gesandte Macdonald durchzusetzen sucht, mit größter Rücksichtslosigkeit entgegen. Im englischen Ober haus hat Lord Salisbury mitgeteilt, d« eng lische Gesandte sei beauftragt worden, dem Tsung-li-Aamen zu erklären, daß die britische Regierung China gegen jede Macht unterstützen werde, die irgend einen Angriff gegen China deshalb unternehme, weil dieses Reich einem britischen Unterthanen die Erlaubnis gegeben habe, Eisenbahnen oder andere öffentliche Bauten zu fördern oder zu unternehmen. Lord Salisbury erklärte, daß die Uebertragung größerer Rechte an Rußland, als sie andern Mächten gewährt werden, einen tatsächliche nBruchdesVertrages von Tientsin bedeuten würde, dem England sich bis auf» äußerste seines Vermögens wider setzen müsse. Allerlei von Kiswarck. Eine hübsche Bismarck-Anekdote aus dem Kricgsjahre 1870 erzählt der Earl of Ruffel. Es war in Versailles. Lord Ruffel sollte bei Bismarck eine Audienz haben und wartete, daß Graf Arnim BiSmarcks Zimmer verlasse. Er brauchte nicht lange zu warten, da kam auch der Graf schon heraus, zog sein Taschentuch und fächelte sich schnell frische Luft zu: „Nein," sagte er, „ich begreife nicht, wie Bismarck in dieser Atmosphäre leben kann. Der Tabakrauch ist so dick und dabei scharf, daß es einem in die Augen beißt. Ich mußte ihn tatsächlich bitten, die Fenster aufzumachen." — Nun Kat Lord Ruffel ein. „Stört Sie das offene Fenster? Ich mußte es nämlich aufmachcn, denn ich hielt eS tatsächlich nicht auS. Dies« Arnim ist parfümiert, entsetzlich. Ich begreife gar nicht, wie man in d« Atmosphäre leben kann, die er von stch ausströmt. Ich werde den Geruch noch jetzt nicht aus der Nase los." Daß stch beide Herren nicht riechen konnten, wußte alle Welt. Ein freundlicher Kontrast zu dieser Episode ist folgender Brief, den BiSmarck in den sechziger Jahren an den amerikanischen Politiker und Geschichtschreiber Motley richtete. Wie sympathisch wirkt die Silhouette, die man aus diesem Briefe leicht schneiden kann. Der Brief ehrt Motley und zeigt, welch' freundschaftlicher Gefühle der eiserne Kanzler fähig war. Das Schreiben lautet: „Jack, mein Lieber — wo zum Teufel steckst Du und waS treibst Du, daß du mk nie eine Zeile schreibst? Ich arbeite von Morgen bis Abend wie ein Nigg« und Du hast gar nichts zu thun —; anstatt Deine Füße zu be trachten, die Du gegen irgend eine Wand von Gott weiß wel könntest vn miri traurigen Farbe stemmst, so gut eine Zeile schreiben, regelmäßigen Briefwechsel et e», daß ich fünf Tage e für einen Spaziergang Du — alt«, käger «Mich, an Deine asten -.1 tzem Augenblick, wo ich zu Bäte ging, Vraf mein Auge da» Deinige auf Däne« Bildnis, Md ich verkürzte den süßen Arzt Schlaf, um Dich an .Auiä Dmx 8ln»" (bekannte» Volkslied, etwa zu vergleichen mit „Lang lang ist'» h«) «°rum kommst Du niemals nachvirLr? Die Reise von Wien nach -ter ist mcht ein Viertel so lang, wie eine amerikanische Ferienreise, und meine Frau und ich würden so glücklich sein. Dich noch einmal in diesem- äntönigen Leben zu sehen. Wann kannst und wann wirst Du kommen ? Ich schwöre, daß ich die Zeit heraus- schlagen werde, um mit Dir daS alte Logier- quartier aufzusuchen und bei Gero» eine Flasche zu leeren, wo man DK vormals nicht erlauben wollte. Deine langen Beine .auf ein«» Stuhl zu legen. Lass' die Politik zum Henker fahren und besuche mich. Ich verspreche DK, daß der .Union Jack' auf unserem Hause wehen und gute Unterhaltung und d« beste alle Rheinwein Verderben üb« die Rebellen auSgießen soll. Vergiß doch nicht alle Freunde od« deren Frauen, da meine ebenso heiß wie ich selbst Dich zu sehen, od« wenigstens so schnell wie möglich ein Wort von Dein« Handschrift zu «blicken wünscht. Sei so gut und komme oder schreibe. Dein v. BiSmarck." BiSmarck und die Lucca weilten im Sommer 1865 in Ischl. Pauline Lucca stand eben vor dem „Hotel Elisabeth", wo BiSmarck wohnte, als er aus dem Gasthause-Kat, auf-de«-Kopfe den bekannten breitkrämpigeu Schlapphut. Al» der Ministerpräsident die Primadonna bemerkte, schritt er auf sie zu und drückte ihr die Hand. „Exzellenz, kommen Sie mit, ich muß zum Photographen," bat die Lucca. „Ich kann Echt, ich erwarte meine Chiffreure, die scheinen spazieren gegangen zu sein." BiSmarck ließ sich aber erweichen und ging mit zum Photographen- Dort ließ sich zuerst die Lucca und dann Bis marck allein aufnehmen. Plötzlich rief die Sängerin in liebenswürdiger Laune: „Exzellenz, eine superbe Idee! Wie wäre es, wir ließen uns zusammen photogravhieren?" BiSmarck lächelte zustimmend und der Photograph ging ans Werk. Nach einigen Tagen war das Bild in hundert Händen, ganz Ischl sprach von nichts anderem, bald auch Wien, Berlin, Varis. So fanden BiSmarck und die Lucca, daß eS besser sei, wenn das Bild auS dem Kunsthandel ver schwinde und der Photograph verpflichtete sich, keine neuen Abzüge herzustellen. Weniger be kannt ist das Schreiben, in dem BiSmarck zu der harmlosen Affäre, die zu einer oanso eölödrs aufgebauscht worden war, Stelluua nahm. Er that dies in einem Schreiben an einen Freund, Herrn Andrae in Roman: „Lieber Andrael , . . lieber die Lucca-Phvto- graphie würden vermutlich auch Sie weniger streng urteilen, wenn Sie wüßten, welchen Zu fälligkeiten sie ihre Entstehung verdankt hat; außerdem ist die jetzige Frau v. Rhaden, wenn auch Sängerin, doch eine Dame, der man ebensowenig wie mir selbst jemals unerlaubte Beziehungen nachgesagt hat. Dessenungeachtet würde ich, wenn ich in dem ruhigen Augenblick daS Aergernis erwogen hätte, welches viele und keue Freunde an diesem Scherz genommen haben, auS dem Bereich des auf uns gerichteten Glases zurückgetreten sein. Sie sehen aus der Umständlichkeit, mit der ich Ihnen Auskunft gebe, daß ich Ihr Schreiben als ein wohlgemeintes auffaffe und mich in keiner Weise des Urteils derer, die mit mk denselben Glauben bekennen, zu überheben strebe. Von Ihrer Freundschaft aber und von Ihrer eigenen christlichen Erkennt nis erwarte ich, daß Sie den Urteilenden. Vor sicht und Milde bei künftigen Gelegenheiten em pfehlen; wir bedürfen deren alle." * * * Zum Schluß noch einige Daten Üb« des Fürsten Familie: Otto Eduard Leopold Fürst v. Bismarck, Herzog von Lauenburg, ist . am Auf Irrwegen. 7j Roman von Louisc Cammerer. <F->>Isctzung.) „Grüß Gott, Franzel, schon zurück von der Reif?" Es war eine kräftige, frische Bürgers- frau, die üb« die Schwelle Kat und ihm mit freundlichem Lächeln Hand und Gruß bot. „Bist heut' lang aus'blieben, Mutterl, hat dich dn Herr Schneeberger so lang aufgehalten ?" fragte Gustel freundlich, „oder hast du dir ein Vierter! Roten kaust?" „Schau, schau, wie gut daS Madel raten kann," sagte Frau Steiner lachend, „nit eins, zwei Vierteln find'S worden, Gusterl und einen Sack voll Neuigkeiten bring' ich mit. Siehst, wie gut eS ist, wenn man den Kindern nit immer recht läßt. Was hätten wk jetzt für einen Jamm«, wenn wir für unsere sauer er sparten Hunderter einen falschen Tausender ein gewechselt? Heute haben'S einen solchen Spitz buben «wischt, der Zwanzig- bis Fünfzig tausend« lauter falsche Noten bei sich geführt haben soll. Ein Ausländer soll'S gewesen sein. Ein schön«, nobler He« vom Aussehen!" Gustel war mit dem AuSpacken d« Kartons beschästigt, die ihr die Mutter auf dm Tisch ge stellt, so entging ihr die grauenhafte Veränderung ihr Verlobten. Furcht, Entsetzen, Todesqual prägte stch in seinen Zügen aus. „Schau, schau von draußen kommen » auch noch herein die Spitz buben I" sagte Gustel entrüstet, „als ob's bei uns nicht selbst schlechte Leut'genug gäb'. Aber war ist dk denn, Franzel, bist du unwohl?" fragte sie besorgt. Sie erhielt keine Antwort, Wallner stieß einen unartikulierten Laut auS und fiel schwer zu Boden. Frau Steiner sprang erschrocken hinzu. „Mein Gott, da muß der Doktor her, Gustel, der Mensch schaut zum Erbarmen aus," sagte sie ängstlich. „Franzel, was machen'« uns für Geschichten, Jesus, Jesus, wenn er nur nit stirbt, Gusterl!" „Wohl ihm und mir, wenn es vorüber wäre," sagte Gustel mit erloschener Stimme. Ein furcht barer Gedanke war mit Blitzesschnelle in ihr aufgetaucht. Sie hoben ihn aufs Sofa, und während Frau Steiner nach stärkenden Tropfen und Wasser eilte, suchte Gustel ihn des RockeS zu entkleiden. In wild« Hast durchwühlte sie seine sämtlichen Taschen, doch es fand sich nichts darin vor, das ihren furchtbaren Verdacht be stätigt hätte. Auch seine Geldbörse enthielt außer ein« fünf Guldennote nur noch einige Silber münzen. Wie von einem schweren Druck befreit, atmete sie tief auf und küßte den noch imm« Bewußlosen leidenschaftlich auf Stirn, Augen und Wangen. „Verzeihe mir, du lieb«, einziger Franzel, wmn ich dk in Gedanken unrecht that, niemals wieder will ich mich an dk versündigen." Ihren liebevollen Bemühungen gelang eS, ihn endlich zu sich zu bringen, doch kotz GustelS verdoppelt« Liebenswürdigkeit blieb er einsilbig und versttmmt und verabschiedete sich unt« einem Borwand, bald darauf. 5. In größt« Mißstimmung kam Herr von Steinbrück in seine Wohnung zurück. „Roland bleibt vorläufig in Saft!" sagte er erregt zu sein« Tochter. „Er hat sich auch mir gegenüber zu keiner Erklärung verstehen wollen, wie er in den Besitz der Falsifikate gekommen und behauptet, durch ein Ehrenwort zum Schweigen verpflichtet zu sein. Wie dem auch sein möge, seine Handlungsweise bleibt mk unverständlich, wenn eS die eigene Ehre zu wahren gilt, muß die Rücksicht auf fremde Interessen fallen und wird die Aufklärung zum Gebote der Pflicht!" Lydia hatte sorgfältige Toilette gemacht, da der Besuch StasnyS bevorstand. Sie kug ein zart rosa Seidenkleid mit herab wallenden Aermeln, daS mit dunkelrotem Samt gehalten wurde. Eine Schnur matt weißer, köstlich« Perlen reihte sich um den herrlichen HalS, den die Robe stet ließ. „Vielleicht deckt sich ein galantes Abenteuer mit dem Geheimnis, und Roland will den Ge genstand seiner Neigung nicht diskreditieren," meinte sie mit leiser Ironie. „Man liest häufig dergleichen Aventüren, sie find interessant und umgeben den Helden mtt einem gewissen Nimbus. Allerdings hätte ich dem nüchternen, besonnenen Vetter soviel Romantik gar nicht zugekaut l" „Welche Thorheit, Lydia!" sagte d« Baron scharf verweisend. „Frauencharaktere find doch unberechenbar und man stößt selbst da auf be fremdliche Aeußerungen mit Widersprüchen, wo man da» beste erhofft. Charakterzüge, die Ro land in mein« Achtung schädigen könnten, würden folglich dein laue» Interesse für ihn er höhen und ihm deine Sympathie erringen?" Lydia «rötete heiß. „Ich schätze und stelle Roland sehöhoch, Papa. Von all' den Herren, die sich bis jetzt um meine Gunst bewarben, war « mir die anziehendste, achtungswerteste Persönlichkeit." Ihre Stimme bebte hörbar, als sie fortfuhr. „Mehr kann ich auch ihm nicht bieten; denn jenes erhebende, be seligende Gefühl, daS du, mein Vater, mir so schön geschildert, daS die Dichter so schön be singen, kenne ich nicht. Roland ist selbstbewußt, so überlegen, daß ihm eine kleine Lektion an seiner Würde nichts nimmt." Dn alte Herr hatte eine habe Erwiderung auf den Lippen; doch sie untnblieb, hader Dien« „Herrn von Stasny" meldete. Lydia warf ihrem Vater, dessen Stirn sich düster umschattete, einen bittenden Blick zu. Mit ein« tadellosen Verbeugung Kat der Rumäne ein und sprach in gewählten Worten nochmals sein Bedauern üb« den neulichen Unfall aus. Sein ruhige», sichere» Auftreten machte selbst auf den allen, unzugänglichen Herrn einen gün stige» Eindruck und Lydia hätte kein Weib sein müssen, wenn diese ungekünstelte ntter- liche Verehrung, die ihr aus jedem seiner Worte, jedem sein« Blicke entgegenleuchtete, sie kalt gelassen hätte. Sie gab sich herzlich« und wärm«, al» e» sonst Fremden gegenüber in ihrer Art lag, und al» sich StaSny nach kurzer Zeit empfahl, hatte mm erst einen gemeinschaft- ltchen Ausflug verabredet. . „Sie werden schlecht bedient, He«, Paron!" meinte StaSny »«wundert, al» ihn dieser durch daS Vorzimmer geleitete und nkgend» ein Dien« sichtbar wurde. „Ich habe «st heute Veranlassung gehabt,
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