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Auerthal-Zeitung : 13.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189807139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980713
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980713
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-13
-
Monat
1898-07
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 13.07.1898
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V-Mischr »««dschi*. «»» spanisch > «merika«ischen Kriege. »Am S. d. mittags sollte das Bom bardement von San Jago beginnen. »Das letzte Kriegsschiff de« spanischen Geschwaders vor San Jago ist nun auch - erstört worden. AuS dem Haupt quartier der Generals Shaster wird gemeldet: Die .Reina Mercedes", dar letzte Kriegsschiff der Geschwaders des Admirals Cervera, wurde nachts bet dem Versuch, den Hafen von San Jago zu verlassen, von den Amerikanern zerstört. Dar Wrack liegt am Strande unterhalb des Forts Mono. »Leutnant Hobson und seine Mitge fangenen find nunmehr gegen spanische Gefangene auSgetauscht worden. » Nach einer über London an.Correspondencia de Espana" gelangten Depesche machten die Spanier einen Ausfall aus San Jago, durchbrachen die feindlichenLinien und töteten 58 Offiziere, darunter 5 Generale. Der spanische Minister für die Kolonien erklärt, er habe keine Nachricht hierüber. Amtlich wird bestätigt, daß daS Kabel von San Jago durchschnitten ist. »UebrigenS wird jetzt auS Washington und Madrid übereinstimmend gemeldet, daß FrledenSunterhandlungen ange bahnt seien. Mac Kinley soll sich zum sofortigen FriedenSschluß bereit erklärt haben. * Deutschland. »Kaiser Wilhelm sandte aus Odde in Norwegen ein Beileidstelegramm an den Präsidenten Faure wegen des Unglücks, von dem die „Bourgogne" betroffen wurde. »JmReichSgesundheitsamt finden gegenwärtig die KommisstonSverhandlungen von Sachverständigen statt über die Frage, ob und inwieweit eine Revision oder Ergänzung der Vollzugsvorschriften zumReichS-Jmpfge- setz angezeigt erscheint. »Wie das Reichs-Versicherungs- amt den Vorständen der Jnvaliditäts- und Altersversicherungsanstalten mitteilt, haben mit Ausnahme der bayrischen Regierung, welche sich eine entsprechende Verständigung ihrer Ver waltungsbehörden für einen gegebenen Fall Vor behalten hat, sämtliche verbündeten Regierungen ihre Verwaltungsbehörden angewiesen, nach 8 122 des JnvaliditätS- und Altersverstche- rungsgesetzeS Streitigkeiten über alle die Bei tragsentrichtung berührenden Fragen, auch sofern letztere rein tatsächlicher Natur find, zu entscheiden und sich nicht auf die Entscheidung der Streitfrage, ob Verficht« rungspflicht vorliegt, zu beschränken. »Wie von verschiedenen Seiten berichtet wird, beabsichtigt die Rcichsregierung. dem neuen Reichstag schon in diesem Herbst einen Gesetz entwurf vorzulegen, der sich mit einer Revision des Urheberrechts befaßt. Der erste Entwurf zu dieser Vorlage ist bereits im Reichs justizamt ausgearbeitet worden und dürste in kurzer Frist einigen litterarischen und anderen Sachverständigen vorgelegt werden. »Die Versuche mit einer Sommerklei dung für Postunterbeamte werden immer noch fortgesetzt. Die allgemeine Ein führung der Sommerröcke ist von 1899 ab in Aussicht genommen. Welche Sorte von Röcken in Gebrauch genommen werden wird, hängt von den Ergebnissen der diesjährigen Trageversuche ab. — Wie die »Deutsche Berkehrsztg.' hört, haben die Ober - Postdirettionen Anweisung er halten, die bisherigen Verträge wegen Lieferung von Dienstkleidern für Untcrbeamte sämtlich zu kündigen, damit bei der Neuverdingung vom 1. April 1899 ab die Beschaffung von Sommer röcken berücksichtigt werden kann. »Aus dem Bericht der Gewerbeauf- sichtSbeamten ergibt sich, daß das Jahr 1897 kür den gewerblichen Auffichtsdienst eine wesentliche, lang ersehnte Entlastung insofern gebracht hat, als die Beamten vom 1. April d. ib von der Revision wenigstens der land- lrtschaftlichenundSchiffsdampf- kesselentbunde« worden find, die eine enorme Zeit in Anspruch nahmen und die eigent liche Ueberwachung der Betriebe zu kurz kommen ließen. Dadurch hat die Zahl der Revisionen von 52 298 im Jahre 1d96 auf 67 304 im Jahre 1897 steigen können. Die Zahl der in revidierten Betrieben beschäftigten Arbeiter ist in derselben Zeit von 1398 328 auf 1925 986 gestiegen. Oesterreich-Ungar«. * Wie ,Pester Lloyd' und ,Budapest! Hirlap' mitteilen, benachrichtigte im Januar d. eine in Budapest wohnende Blumenhändlerin die Polizei, daß, wie ein bei ihr bediensteter Gärtner ver raten, drei Arbeiter einen Anschlag gegen denKaiserFranzJoseph planten. Auf dec Polizei, wohin man die Arbeiter führte, leugneten dieselben hartnäckig. Der Gärtner beharrte jedoch bei seiner Angabe, daß ein Attentat im Dezember geplant gewesen sei. Jetzt nun ist laut Gerichlsbeschluß gegen alle drei Arbeiter Anklage erhoben worden. Ein späterer Bericht besagt, daß das angebliche Komplott keinen ernsten Charakter habe. »Die Sprachenverordnungen find nun auch auf (Oesterreichisch-) Schlesien aus gedehnt worden. Der Justizministcr Dr. v. Ruber hat vor einigen Tagen die schlesischen Gerichte aufmerksam machen lassen, daß Protokolle mit tschechischen und polnischen Zeugen und Be schuldigten nach den Vorschriften der Straf prozeßordnung in der Sprache deS Vernommenen abzufassen find. Frankreich. »Die lange angekündigte Interpel lation Castelins über die DreyfuS-An- gelegenheit kam am Donnerstag in der Deputiertenkammer zur Verhandlung. Kriegs minister Cavaignac beantwortete die Anfrage sofort, und zwar mit einer Entschiedenheit, die über die Haltung deS Kabinetts Brisson in dieser Frage keinen Zweifel übrig läßt. „Die Regierung hat die absolute Gewiß heit von der Schuld DreyfuS'", erklärte der Kricgsminister unter allgemeinem Beifall; die Richter der beiden Kriegsminister hätten vollkommen gewissenhaft geurteilt, und ihrem Verdikt werde Achtung verschafft werden. Die Kammer beschloß mit 572 gegen 2 Stimmen, daß die Rede Cavaignacs in allen Gemeinden Frankreichs angeschlagen werde. Castelin zog darauf seine Interpellation zurück, und die Sitzung wurde geschlossen. »Eine Interpellation über den spanisch-amerikanischenKrieg steht in der französischen Kammer bevor. Der Deputierte Gauthier benachrichtigte den Minister deS Aus wärtigen, daß er ihn noch vor den Ferien über den spanisch-amerikanischen Krieg befragen werde. G«gtanv. »Der Parlaments»Unterstaatssekretär deS Aeußeren Curzon erklärt, die deutsche, die britische und die amerikanische Regierung seien damit einverstanden, daß Mataafa unter ge wissen Bedingungen nach Samoa zurückkehre. Italien. »König Humbert unterzeichnete das Dekret, durch das der BelagerungSzustand in der Provinz Masso und Carrara auf- gehoben wird, die Kommandanten des 4., 6., 7. und 11. Armeekorps von der Leitung der Polizei gewalt enthoben werden und diese Geweckt den Präfekten wieder übergeben wird. »Die Deputiertenkammer genehmigte mit 187 gegen 27 Stimmen einen Kredit von 900 000 Lira für die Beteiligung Italiens an der Pariser Weltausstellung. Betaie«. »Der Brüsseler,Soir' versichert, daß die vielbesprochene Uebergabe desCongostaateS an Belgien im Jahre 1900 nicht stattfinden werde, da diese Kolonie noch einer wetteren Ent wickelung bedarf, die unter der jetzigen Verwal tung schneller als unter einer Staatsverwaltung vor sich gehen könne. In keinem Falle aber würde die Annektion der Privatbefitzungen des Königs mit einbegriffen sein. Aegypten. » Die Engländer haben nach allem, was man hört, umfassende Vorbereitungen für den Sudanfeldzug getroffen. ES ist anzuer kennen, mit welch großer Geschwindigkeit die Etsenbahnbauten weitergesührt werden. Ebenso ist der Bau von Telegraphenltnien von Suakim auS sowohl nach Sassala, wie nach Berber weit vorgeschritten. An englischen Truppen dürsten etwa 10000 Mann am Feldzug teil- nehmen: für ihre reichliche Versorgung mit Munition und Lebensmitteln werden umfangreiche Anstalten getroffen. «merika. * Der amerikanische Senat In Washington nahm mit 42 gegen 41 Stimmen den Beichlußantrag betr. die Angliederung von tzawai an. Mari»al-Arbett»tag. Die Berichte der prenß. Gewerbe-AufstchtS- beamten bringen ausführliche Antworten auf drei Fragen deS Reichskanzlers, dis sich auf die Festsetzung eines gesundheitlichen Maximal' arbeitStageS beziehen. DaS Ergebnis ist, daß für folgende fünfzig Betriebsarten ein Maximal- arbeitslos in Anregung gebracht wird: Akkumu- latorenfabriken, Anilinfabriken, Bleinitritfabriken, Bleihütten arbeit, Bleiweib- und Bleizucker fabriken, Brenner in Ziegeleien, Chemische Fabriken, Chlorgasfabriken, Dekatur- u.Appretur- ansta ten, Farbenfabriken, Feilenfabriken, Flachs spinnerei, Gasanstalten, Glasbläser, Gummi fabriken, Hasenhaarschneidereien, Heizer und Maschinisten, Holzschraubcnfabriken, Jutespinnerei, Karbonisieren, Korkmüllerei, Lackierer, Lötereien, Lumpensortier - Anstalten, Maschinenfabriken, Menniges ibrikcn, Metallschlei erei, Methyl fabriken, Militäreffektenfabriken, Müllerei,Naphtol- fabriken, Oefenfabriten, Oelmühlen, Phosphor zündholzfabriken, Salpetersäurefabriken, Schleife reien , Schneidergewerbe, Shoddyfabriken, Sulfofabriken, Tabakfabriken, Textil - In dustrie, Thomas-Schlackenmühlen, Verzinnungs-, VerzinkungS-, Vernickelungsanstalten, Zement fabriken, Zigarrenfabriken, Ziegeleien, Zink- und Gelbgießereien und Zündholzfabriken. Die direkte Einfühmng einer täglichen achtstün digen Arbeitszeit wird beantragt für folgende 21 Betriebsarten: Blechlötereien, Bleiweib- fabriken, chemische Fabriken, gesundheitsschädliche Betriebe, Explosivftofffabriken, Fellensabriken, Gasanstalten, Gefrierhallen, Glasbläser, Kachel brenner, Malzdarren, MelasseentzuckernngS-An- stalten, Metallschleifereien, Nttrttarbeit, Porzellan brenner, Retortenarbeiter, Roburitfabriken, Säure fabriken, nasse Thonstiche, Verzinnungs-, Ver zinkungs-, Vernickelungsanstalten, Ziegelbrenner, Zuckerraffinerien. Ein sechsstündiger Maximal arbeitstag wird vorgeschlagen sür: Akkumula torenfabriken, Aescherarbett, Bleifarben- und Bleizuckerfabriken, Bleinitrttfabriken, Mennige fabriken, Nitrobenzolfabrikation, Ofenfabriken, Phosphorzündholzfabriken. Eine fünfstündige Arbeitszeit wird schließlich beantragt für Gummi fabriken; eine zwei- bezw. anderthalbstündige Arbeitszeit für Gummifabriken, die mit Schwefel kohlenstoff arbeiten. U»« Uah ««d Fern. Kiek. In der am 1. Juli abgehaltenen Sitzung deS Ausschusses für die Errichtung eines Denkmals zum Andenken an Herzog Friedrich (VaterS der Kaiserin) ist eS zu Beschlüssen nicht gekommen. In der vorhergehenden Sitzung deS Komitees am 12. Mai ist dagegen vom Vor sitzenden zur Anzeige gebracht, daß für daS Denkmal 48 680 Mark gezeichnet find. In der selben Sitzung wurde beschlossen, daß vor der Entscheidung über die Wahl des ausführenden Künstlers die Bildhauer Brütt, Magnussen und Peterich aufgefordert werden sollten, je eine Skizze deS Denkmals von einem Meter Höhe in Gips zu fettigen und in Kiel zur Ausstellung zu bringen. Der Herzog soll in diesen Skizzen dargestellt werden, wie er in Schleswig-Holstein in den Jahren von 1863 bis 1866 allgemein gesehen worden ist und in der Erinnerung der Schleswig-Holsteiner lebt, — also in bürgerlicher und nicht in militärischer Kleidung. DaS Denk mal soll am Rande des Düsternbrooker Gehölzes oder am Abhang der MarienhainS ausgestellt werden. Freiberg. Der Senat der Bergakademie hat mehrere russische Studenten von der Akademie verwiesen, weil er annahm, daß dieie den sich an der sozialdemokratischen Bewegung in Sachsen beteiligten. Einigen anderen russischen Studenten ist die gleiche Maßregel angedroht worden, sofern sie weiter an politischen Umtrieben teilnehmen. Düffeldorf. Der Hauptmacher der Dr. Volbedingschen GesnndheitSfabrik, der frühere Adookatenschreiber Könnccke, der bei Volbedtng ein regelrechtes Mtnistergehalt erhielt, hat nun nach Verbüßung seiner 6 Monate Gefängnis, die ihm der Volbedingprozeß etnbrachte, gezeigt, daß er das Geschäft wirklich versteht. Er hat Dr. Volbedtng veranlaßt, ihm als Entschädigung für den „Ruin seiner Zukunft" 10000 Mark auszuzahlen. Dr. Volbedtng ist darauf ein gegangen und hat seinem braven Assistenten dieses Geld gegeben. Könnecke will sich mit diesem !»leide a.L Weinwtrt etablieren. Gotha. Auf dem Grabe deS neben seiner ersten Gauia in Siebleben ruhenden Dichters Gustav Freytug ist jetzt ein Denkstein auS weißem Marmor errichtet worden, der auf der Vorderseite daS in Bronze ausgeführte Bildnis des Dichters zeigt. Die Rückseite deS Denk mals enthält das Wort aus der „Verlorenen Handschrift": „Tüchtiges Leben endet auf Erven nicht mit dem Tode, es dauert im Gemüt und Thun der Freunde, wie in dem Gedanken und der Arbeit des Volkes." Hannover. Durch Selbstentzündung ben galischer Zündhölzer fand am Donnerstag in der hiesigen Zündholzkompanie eine furchtbare ^plofion statt. ES find bis jetzt 16 schwer verletzte Arbeiterinnen dem städtischen Kranken hause zugefühtt worden, wovon nach ärztlicher Aussage mehrere tödlich verwundet worden find. Güstrow. Der wegen Ermordung eines Knaben zum Tode verurteilte Maurerlehrling Hermann Mertz auS Strelitz wurde am Don nerstag durch den Scharfrichter Reindel hinge- richtet. Miertz sollte schon am 22. April ent hauptet werden; unmittelbar zuvor gestand er aber, daß er einen Mitschuldigen habe. Die Hinrichtung wurde deshalb aufgeschoben. Die angestellten Ermittelungen ergaben jedoch, daß Miertz gelogen habe. Naumburg. Ein schwerer Unglücksfall er eignete sich am Mittwoch früh auf dem hiesigen Personenbahnhof. Ein Lokomotivführer und ein Heizer, die an ihrer Maschine eine Reparatur vornahmen, hatten das Unglück, daß bei ihre: Arbeit ein HeizungSrohr platzte. Beide Beamte wurden dabei durch das siedende Wasser ver brüht. Der Heizer erlitt furchtbare Verbrühungen und mußte nach der Klinik in Halle geschafft werden. Auch der Lokomotivführer wurde am Arm, der Brust und an den Knieen schwer ver brüht und mußte sich gleichfalls in Pflege be geben. Eine Untersuchung über die Ursache deS betrübenden Unfalls ist eingeleitet. Dortmund. AuS Abneigung gegen ihr eigenes Kind ist die Frau des Arbeiters Plorin zur Mörderin geworden. ES ist jetzt ermittelt worden, daß die Frau vor einiger Zett ihr wenige Monate altes Kind mit Klcesalz vergiftet hat. Auf die Frage, weshalb sie das Ver brechen begangen habe, antwortete sie, sie habe daS Kind nicht leiden mögen. Brüffow (Weftpreußen). Frau Elisabeth Korsch hat eine Frau mit Gefahr deS eigenen Lebens vom Tode des Ertrinkens gerettet und hat hierfür die Rettungsmedaille am Bande er halten. Ein gewiß seltener Fall, daß eine Frau sich diese Auszeichnung verdient. Wien. Bei der PreiSvetteilung an die Sieger im JubiläumSschießen in Wien erhielten Loidl (Langau) den Preis deS deutschen Kaisers, Diehl (München) den Preis deS Prinz-Regenten von Bayern, Koch (Uberstedt) den vom Kaiser Franz Joseph gestifteten Preis und Köbe (GörliP die Ehrengabe der Stadt Wien. Budapest. Nach einem Telegramm aus Klausenburg hat dort der pensionierte Kreisarzt Dr. Albert Weber, ein überaus nervöser Mann, in einem Streite mit dem Landwirt Franz BalacS und dessen Gattin gegen die beiden Werratene Liebe. 2j Kriminal-Novelle von HanS Richter. (Fortsetzung.) Diese kleine Schwäche abgerechnet, war Tante Malchen eine verständige, zuverlässige Person, welche die fehlende Hausfrau vortrefflich ersetzte. Während sie auf einer kleine» Erhöhung am Ver- kaufsjchuiterchen thronte, saß ihr gegenüber, aber zu ebener Erde aus einem kleinen Stühlchen ein Mann, der ganz daS Gegcnbild ihrer wohlge nährten, behäbigen, freundlichen Erscheinung ge nannt werden konnte. Ungeheuerlich lange, dürre Gliedm ißen, um welche ein schäbiger, schwarzer Anzug schlotterte, leltsam zusammen gekauert auf dem niedrigen Sitze, ein langes, hageres, färb- und bartloses Gesicht, dessen schmale Lippen unter einer Lberhängeuden Habichtsnase fast vcrschwanden, die Augen von einer großen Horn brille bedeckt — das war der jetzt pensionierte Hauslehrer von Schloß Cloienau, der Mieter Röoers, Herr Johann Gottfried Lebius. „Der kaiserliche Dienst schon zu Ende?" fragte der letztere mit einer ganz eigentüm lichen Stimme, welche sich höchstens dem Knarren eines ungcschmietten Wagenrades vergleichen ließ. „Du siehst so verärgert auS, Oswald?" fügte Tante Malchen hinzu. Meister Rover warf zornig seine leichte seidene Hausmütze auf den Ladentisch. „Ja, wahrhaftig, eS wäre beinahe alles zu Ende gewesen," sagte er bitter. „Sie müssen eine vortreffliche Lehrmethode gehabt haben, Herr Lebius, ich gratuliere Ihnen dazu. Ihr Schüler macht Ihnen alle Ehre." „Der gnädige Herr Baron?" fragte Lebius, die Augenbrauen hochziehend. „Jawohl, dieser sehr gnädige Herr Baron ... der feige, erbärmliche Schuft," knirschte Röver. Wie von einer Feder geschnellt schoß die lange Gestalt deS ehemaligen Hauslehrers empor, während er ganz bestürzt murmelte: „Aber Herr Röver, ich —" Röver hörte nicht mehr, er hatte bereits den Laden verlassen, die Thür heftig hinter sich zuwcrfend. „Was heißt denn daS eigentlich ?" stammelte Lebius in grenzenloser Bestürzung und trotz seines kahlen Schädels und seiner baumlangen Gestalt ratlos wie ein neugeborenes Kind. „Weiß ich's l" rief Tante Malchen, „aber ich kann mir's schon denken, da steckt Ihr hoch näsiges Fräulein Tochter dahinter, die sich so gern als Frau Bäckermeisterin sehen möchte und dabei noch immer nach dem Herrn Baron schielt." „Der gnädige Herr —" „Ach waS l gnädig oder nicht . . . glauben Sie etwa, er wird Ihre Regina heiraten, wenn er ihr auch noch so süße Augen macht? In Schimpf und Unglück wird er sie bringen und sich dann den Mund wischen. Mein Neffe hat dem Baron daS Haus verboten, das war recht, und wenn er mit der Jungfer Regina ebenso kurzen Prozeß machte, dann wär mtr'S noch lieber. Eigentlich wäre das freilich Ihre Sache als Vater, aber ein Mann wie Sie, ein — Waschlappen, Hütte ich bald gesagt ... na, wa» Sie al» Lehrer gethan haben, sieht man recht deutlich an den Früchten Ihrer Erziehungs weise." Der alte Mann war unter diesen energischen Motten förmlich zusammengeknickt. Er öffnete zwar den Mund, um irgend eine Entschuldigung vorzubriugen, aber eine pathetische Handbewegung Tante Malchens ließ ihn sofort wieder ver stummen. Wie niedergeschmettett schlich er zur Thür hinaus, während die energische Dame mit einer Art innerer Wut an ihrem Strumpf weiter strickte, hin und wieder ein Brot, ein paar Semmeln oder ein Stückchen Kuchen ver kaufend. AlS sie daS Dienstmädchen nach dem Meister fragte, hätte sie, daß derselbe bereits wieder ausgegangen sei. Ja, eS war eine seltsame Geschichte, die in dem hübschen, stattlichen Nautiner Bäckerhause spielte. Vor etwa einem Jahre hatte Röver, der damals gerade mit dem Plane umging, sich selbständig zu machen, auf einem Ausfluge Regina Lebius kennen gelernt. Das schöne Mädchen war der Magnet gewesen, der ihn nach Nauttn zog. Der alte Lebius bezog eine Pen sion, die kaum groß genug war, ihn vor dem Verhungern zu schützen. Außerdem war er ein Kind an Lebenserfahrung, ein total unpraktischer Mensch, der vom Werte deS Geldes keine Ahnung hatte und nie auS den drückendsten Ver legenheiten hrrauskam. Man wußte in Nauttn sehr genau, wieviel Röver an Schulden für ihn bezahlt hatte, daß er und seine Tochter nicht nur keine Miete für ihre hübsche Wohnung gaben, sondern auch sonst fast völlig aus der Tasche des wohlhabenden Bäckermeister» lebten und daß dieser auf Reginas Hand rechnete. Die beiden jungen Leute schienen auch einig — das zwar schöne, aber arme und im Wirtschaften unerfahrene Mädchen hätte ja nie eine bessere Partie gefunden als Oswald Röver, der nicht nur ein stattlicher, vermögender Mann, sondern auch ein redlicher, gutmütiger, achtungswerter Charakter war. Jeden Tag erwartete man die öffentliche Verlobung, da kam der junge Baron Clotenau — derselbe, welchen der alte Lebius erzogen — von einer längeren Reise nach seinem Gut Clotenau, etwa eine Stunde von Nautin entfernt, zurück und mit ihm trat ein störendes Element in daS Verhältnis, welches schon dem befriedigenden Abschluß nahe schien. Man sagte dem Baron nicht viel Gutes nach, er sollte in Paris ein wüstes, verschwenderisches Leben ge führt haben, anstatt sich um sein väterliches Erbe zu kümmern, von welchem ihm freilich kaum noch ein Dutzend Ziegel auf dem Dache gehören mochten. Sich irgendwie beliebt zu machen, hatte er weder verstanden noch ver sucht. Ein stolzer, hochfahrender Charakter, ver kehrte er nicht einmal mit den Gutsbesitzern und höheren Beamten der Nachbarschaft, noch weniger, wie diese eS thaten, mit den schlichten Nautiner Bürgern. Warum er eigentlich in dem stillen Cloteneau blieb, wußte niemand; einige sagten, weil er bei keinem Wucherer mehr das Geld zu seinem gewohnten Großstadt-Leben auftreiben könne; andere, weil ihn die schöne Regina LebiuS fessele. - Vielleicht hatten beide recht. 2. In voller Erregung war Meister Röver fort gestürmt. ES lag eine gewaltige Leidenschaft
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