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Auerthal-Zeitung : 10.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189807100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-10
-
Monat
1898-07
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 10.07.1898
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Politisch- M»«dscho». Bo» stzanisch-nmertrnnisch« Kriege. «Die Vernichtung Ker Flotte Servern» wird nun amtllch von den Spaniern selbst zugegeben; Servern selbst ist gefangen. Die Aufregung in Spanien ist ungeheuer. Man befürchtet den uu- mittelbaren «uSbruch der Revolution; da» Militär in Madrid ist konstg- utert, da» Ministerium Sagasta bleibt auf seinem Posten «ad ist einstimmig für Fort setzung de» Kriege». * Da» Marinemintsterium in Washington er hielt eine Depesche vom Admiral Watson, welche besagt, daß in dem Gefecht mit der Flotte Server«» 350 Spanier getötet oder ertrunken, während 160 verwundet und 1600 gefangen genommen worden seien. »ES werden noch weiter« Einzelheiten von der Seeschlacht bet San Jago berichtet. In den Berichten wird al» ein Hauptereignis die Zerstörung der beiden spanischen Torpedo jäger durch die schnell segelnde Jacht „Gloucester" hcrvorgehoben, welche mit einigen schnellfeuern- den SechSpfündern bewaffne: war. Beide spanischen Schiffe erwiderten das Feuer kräftig. DaS eine wurde brennend von der Mannschaft, welche kleine Boote herabließ, verlassen. DaS -weite, das ebenfalls brannte, lief auf die Felsen auf. Ein Teil seiner Bemannung ertrank in der Brandung. Beide Schiffe flogen in die Lust, wobei viele Spanier in der Brandung und an anderen Punkten umkamen. Ihre Rettung, besonder» die der Verwundeten, gestaltete sich sehr schwierig. Der spanische Oberkommandierende Cervera wurde in eines der Boote der „Gloucestcr" ausgenommen. »Ueber das Schicksal der Stadt San Jago liegen zur Zett nähere Meldungen noch nicht vor. In Washington geht bereits das Gerücht um, die Stadt habe sich er geben; diese Nachricht dürste verfrüht sein, doch wird sie wohl in kurzer Frist zur Wahr heit werden. »Was das spanische Reserve, geschwader unter Samara eigentlich treibt, läßt sich aus den widerspruchsvollen Meldungen nicht erkennen. So wird amtlich aus Madrid gemeldet, daß die letzten Schiffe des Geschwaders Samaras sich auf der Fahrt durch den Kanal befinden. (?) Nach einem Telegramm aus Port Said ist dagegen daS Geschwader Samaras in den dortigen Hafen wieder eingelausen. DaS spanische Kohlenschiff „San Augustin" ist ebenfalls dort wieder an gekommen. * Die Lage auf den Philtppinen ist unverändert. Täglich kommt es zu Zusammen stößen zwischen den Svaniern und den Auf ständischen. Nach einer Meldung anSManila halten die Spanier die Felder von Daguvan besetzt, die an die Stellungen der Aufständischen stoben; sie zerstören die botanischen Gärten. Bei einem Versuch, die Insurgenten aus der Vorstadt Malate zu vertreiben, schossen die Spanier irrtümlich auf ihre eigenen Leute und töteten etwa zwölf. * Zwischen den Großmächten haben vertrauliche Besprechungen wegen Friedens- Vermittelung stattgefunden. Sagasta soll veranlaßt werden, um Frieden zu bitten. Sollte er fich weigern, so würden die Mächte gegen eine etwaige Beschießung der spanischen Küstenstädte durch ameri kanische Kriegsschiffe keine Einsprache erheben. » * Deutschland. * Die einzelnen kurzen Berichte über die dies malige Nordlandsfahrt des Kaisers stellen daS Wohlbefinden deS Monarchen und gutes Fahrwasser fest. * DerKaiser ist auf seiner Nordland reise am Donnerstag früh in Odde einge troffen. »In dem Befinden des Fürsten Bismarck ist fett einige.: Tagen eine leichte Besserung etflgetretev. Seine Umgebung hofft, daß sie auhält und, namentlich wenn da» Wetter wärmer wird, zur baldigen Herstellung des Altreichskanzler» sührt; aber einstweilen liegt die Sache immer noch so, daß größte Schonung de» Fürsten erfordemch bleibt. »Die Gewerbeordnung» Novelle, welche die Regierung am 18. Mat 1897 ttn Reichstag eingebracht hat, soll nach der.National!. Korresp. in der nächsten Session wieder einge bracht werden. Der Gesetzentwurf verlangte bekanntlich insbesondere Bollmachten für den Bundesrat zur Anordnung von Lohnbüchern oder ArbeitS-etteln, zu dem verbot, Arbeiterinnen oder jugendlichen Arbeitern, welche in der Fabrik oder Werkstatt über 6 Stunden beschäftigt find, Arbeit mit nach Hause zu geben und zur Einführung der Kranken versicherung »pflicht auch für Hau»- arbeit«. Der Gesetzentwurf bezog fich aus die Verhältnisse der KonfekttonSbranche und soll nach der .National!. Korresp.' mit Rück sicht auf diese Branche ergänzt werden. Oesterreich-Ungarn. »Graf Thun beabsichtigt, wie tschechische Blätter mittcilen, die Sprachenfrage in der Weise zu regeln, daß an Stelle der bisher geplanten Dreiteilung Böhmens fünf Sprach bezirke geschaffen werden sollen, darunter für Prag einen deutschen und einen böhmischen, einen vorwiegend deutsch-gemischtsprachigen und einen vorwiegend tschechisch-gemischtsprachigen. »Die zum österreichischen Jubiläums- und Bundesschieben inWien eingetroffenen fran zösischen Schützen werden von den Wienern mit enthusiastischen Huldi gungen überschüttet. Unter den Hochrufen der Wiener auf Frankreich und die Franzosen spielten die französischen Schützen in der Schützen halle die Marseillaise. Der deutsche Cha rakter deS Festes wird fast verwischt durch die Huldigungen für die Franzosen. Fraakreich. »Der neue Minister des Auswärtigen Delcafsö richtete eine Note an die euro päischen Kabinette behufs Ausübung eines gemeinsamen Druckes auf Spanien in Angelegenheiten deS Friedens schlusses. Die Note betont die Gefährlichkeit der Situation, da Amerika im Falle der Fort setzung des Krieges seine Forderungen fich« steigern würde. "Eine Gesandtschaft deS Königs Menelik von Abessinien, bestehend m« seinem Neffen, RaS Makonnen, dem General Woldie und einem Flügeladjutanten Menelik», ist um 30 Personen Gefolge am Dienstag in Paris eingetroffen und mit großen Ehren empfangen worden. Dieselbe, von dem französischen Bot schafter in Abessinien, Lagarde, geführt, dürste fich mehrere Wochen in Frankreich aufhalten und am 14. d. der Truppenrevue beiwohnen, die Verhandlungen über den Handels vertrag mit Abessinien fortführen, die be deutenden Städte Frankreichs besuchen und dem Präsidenten Faure Geschenke überreichen. »Frau DreyfuS hat das Ansuchen an das Justizministerium gestellt, das Urteil gegen ihren Gatten für nichtigzuerklären, well geheime Aktenstücke dem Kriegsgericht mit- geteilt worden seien ohne Wissen deS Angeklagten und deS Verteidigers. Mit den darin enthal tenen Vorwürfen wird fich nun das Justiz ministerium amtlich zu beschäftigen haben. »Cornelius Herz, der Urheber deS Panamaschwindels, ist am Mittwoch in Bornemouth gestorben. Als eS ihm vor Jahren in Frankreich an den Kragen gehen sollte, flüchtete er nach England und seiner Krankheit wegen wurde dann von der englischen Regierung seine Auslieferung verweigert. Italien. »Gegenüber der von mehreren italienischen Blättern gebrachten Nachricht über einen im Herbst dieses Jahres bevorstehenden Besuch des russischen Kaiserpaares am ita lienischen Hofe betont eine offiziöse Mel dung aus Rom, daß in dortigen unterrichteten Kreisen von einer solchen Abficht der rusfischen Majestäten nicht daS geringste bekannt ist. Spanien« «Die »arlifttschen Klub» entwickeln eine bedenkliche Thätigkeit; man erwartet ernste Ereignisse. Gerüchte wollen bereits von dem Ausbruch eine» Aufstande» in Nord- spanten wissen, doch find dieselben bisher unbe- Bnlknnftnaten. »Laut und aufregend wird e» vermuttich in der kretischen Nationalversamm lung, die im Laufe der nächsten Woche ein berufen werden soll, zugehen. Man nimmt an, daß die Volksvertretung die ihr oorzulegende Einführung einer provisorischen Organi sation der Verwaltung, die nur da» Innere der Insel betrifft, da in den Städten die bisherige Form der Verwaltung auch ferner hin beibehalten werden soll, zwar zustimmend zur Kenntnis nehmen, gleichzeitig aber daS frühere Verlangen betr. die Zurückziehung sämtlicher türkischer Truppen von der Insel wiederholen werde. Aus Pari». Ein östlicher Hochstapler, ein Erzeugnis einer hohen „Zivilisation", macht augenblicklich in Paris viel von fich reden. Unter der lieber- schüft „Ein Diplomaten - Skandal" wird der .Straßb. Post' darüber berichtet: Nedjib Effendt Melhamö ist ein türkischer „Gentleman", gebürtig aus Beyrut in Syrien und maronitisch-christlicher Konfession. Nachdem dieser Herr vor etwa 14 Jahren aus seiner Heimat ausgewandert und nach dem damals noch nicht unter französischer Oberhoheit stehen den Tunesien übergefiedelt war, gründete er dort ein Revolverblatt, ,Al Bacira' genannt, das ihm dazu diente, mit Hilfe einflußreicher Günstlinge in der Umgegend deS Beherrschers der Gläubigen beträchtliche Summen aus der grobherrlichen Schatulle herauszupreffen. Nebenbei war es ihm gelungen, fich zum Anwalt bei den Ein geborenengerichten von Tunis aufzuschwingen, eine Stellung, die ihm ebenfalls in der Folge Anlaß bot, erkleckliche Sümmchen auf mehr oder minder rechtlichem Wege zusammenzuscharren. Als aber die Franzosen ins Land kamen, da begann der Glücksstern unseres Jndustrieritters zu erbleichen, denn die neuen Herren des Landes forderten für jede Zeitung eine Bürgschaft von 6000 bis 25 000 Frank, wie das ja bekanntlich zu Napoleons Zetten auch in Frankreich der Fall gewesen war. Melhamö wollte oder konnte diesen Betrag nicht herausrücken, und so ging denn der ,Al Bacira' in aller Stille wieder ein, ein Beweis, daß die hinter dem gefürchteten Hochstapler stehende Macht keineswegs sehr be deutend war. Unterdessen hatte eS fich auch herausgestellt, daß der Biedermann einige „Indelikatessen", wie man fich im höflichen Frankreich ausdrückt, in seiner Anwaltsstellung verübt hatte, und die Folge war, daß Melhamö seine Stellung bei den Eingeborenengerichten mit Schimpf und Schande verlassen mußte. Nun führte der vielgewaydte Mann eine geschickte Schwenkung aus, indem er entschlossen die Partei der Franzosen ergriff, sich auf den Be schützer französischer Interessen in Tunesien herausspielte — er hatte fich auch auf dem fron- zöfischen Konsulat verheiratet — und sogar eine in Form einer Flugschrift gehaltene Bittschrift an den Minister deS Aeußern Hanotaux richtete, in der er natürlich seine angeblichen Verdienste um das franzöfiicheAdoptivvaterlandgebührend hervorhob. Das geschah im Jahre 1896. Hanotaux ließ fich aber nicht beihören, wie denn überhaupt die französische Regierung fich bei der ganzen Ge schichte vollkommen richtig benommen hat. Da entschloß fich Melhamö, nach Konstantinopel zu gehen, um dort das Kriegsglück aus andere Weise zu versuchen. Er machte fich an den Sultan heran und erreichte eS durch allerhand falsche Vorspiegelungen wirklich, von ihm -um Rat bei der oüomanischen Botschaft in Paris ernannt zu werden. Das erregte begreiflicher weise große Entrüstung in den Reihen der Diplomaten, zumal der französischen, und um so mehr, als Melhamö auch in Konstantinopel allerhand dunkle Thaten verübt hatte. So hatte er fich mit einem österreichischen Rittmeister in Verbindung gesetzt, der eine neue Erfindung, I eine Mstrailleuse, an den Sultan gesandt hatte und dafür mit einem Orden ausgezeichnet worden !war. Diesem Herrn preßte Melhamö da» Sümmchen von 3300 Frank unter der Vor spiegelung ab, er hab«, um ihm den Orden übersenden zu können, groß« .Kanzleigebühren" zu bestreiten gehabt. Damit noch nicht genug, sandte er daS OrdenSdivlom unter Nachnahme (!) an den Eigentümer uo, indem er behauptete, die .Kanzleigebühren" seien größer gewesen, al» er anfang» vorauSgesehen-habe. Auch einem Mener Rechtsanwalt schwindelte er nahm- haste Summen ab, denn .er mtifse für den Suva« etwa» kaufen, habe aber gerade kein Kleingeld bet fich!" Da» alle» scheint dem Großherrn verborgen geblieben zu sein, denn er sandte ihn im Vertrauen auf den angeblichen Einfluß Melhamö» bei der franzö sischen Presse als Botschaftsrat nach Paris, wo der Gauner nun eine geraume Welle lang sein Wesen trieb. Die Bewogenen und Geprellten erstatteten jetzt bet den französischen Behörden Anzeige, und diese nahmen die Klagen auch an, da Frankreich die von Melhamö vorgesckützte exterritoriale Stellung nicht anerkennen will. Melhamö wandte sich auch an di» Halbwelt damen, mit denen er einen Teil des vergangenen Winters in Monte Carlo zubrachte und dort nicht allein seine eigenen Goldfüchse, sondern auch die seiner schönen Begleiterinnen ver pulverte. Auf Kosten der Spielbank nach Paris -urückbefördert, verließ er bald darauf den ihm immer heißer unter den Füßen brennenden französischen Boden, um nach Konstantinopel Heimzukehren und dort den Sultan zu bitten, ihm doch den Stockholmer oder Madrider Äe- sandtcnposten zu übertragen. Sollte diesem Wunsche gewillfahrt werden, so kann man den Schweden oder Spantem nur alles Glück zu dieser „diplomatischen" Erwerbung wünschen. Don Nah «ad Fern. New Dort. Ein entsetzliches Schiffsunglück hat fich bei Sable Island unweit der Küste von Neu-Schottland in Nordamerika, in einer von sehr zahlreichen Schiffen befahrenen Gegend, ereignet. Die amerikanische Bark „Cromarty- shire" hat im dichte« Nebel den französischen Passagier-Dampfer „La Bourgogne" überrannt und in der Mitte zerschnitten, so daß er sofort sank. Ungefähr 600 Personen find er trunken, darunter fast sämtliche Offiziere der „La Bourgogne"; nur 170 Passagiere, wobei eine einzige Frau, und 30 Mann vom Schiffs personal wurden gerettet. Die Bark „Cromarty- shire" wurde selbst schwer beschädigt und mußte sich von dem zufällig vorüberkommenden Dampfer der Allan-Linie „Grecian" inS Schlepptau nehmen lassen. Dieser bugsierte daS beschädigte Schiff samt den Geretteten nach Halifax, der Hauptstadt von Neu-Schottland. Leipzig. Der Fehlbetrag bei der im vorigen Jahre hier veranstalteten „Sächsisch- Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Aus stellung" erreicht fast 700000 Mk. Die Stad: Leipzig ist an dieser Summe mit 250000 Mk. beteiligt. München. Ueber die deutsche Tab Urproduktion hat der „Deutsche Tabakverein", der seine Generalversammlung hier am Sonntag abhielt, eine Produktionsstatistik aufgestellt. Nach den mitgetellten Ergebnissen vom Jahre 1897 wurden in Deutschland 6'/, Milliarden Zigarren fabriziert zum Fakturenwert von 250 Millionen Mark, ferner 1*,,» Milliarde Zigarrelten im Wert von 11 Millionen Mark, 270000 Doppelzentner Rauchtabak im Wert von 40 Millionen Mark, 42 500 Doppelzentner Kautabak im Wert von 13 175 000 Mk. und 41500 Doppelzentner Schnupftabak im Wert von 10821000 Mk. Zn diesen Fabrikaten wurden im ganzen 815 00« Doppelzentner Rohtabak verwendet. Düffeldorf. Eine Eifersuchtsszene zwischen Afrikanern hat fich im hiesigen Zoologischen Garten abgespielt. Daselbst gibt fett Mitw vorigen MonatS eine Truppe von Kriegern de- Mahdi Vorstellungen. Gin zu dieser Trupp gehörendes Paar (der Mann führt den Naw» Lebal Gora) geriet in Streit. Der Mu Werratene Liebe. 1) Kriminal-Novelle von Hans Richter.*) 1. » ES war ein trüb«, feuchter Apriltag, al» in »em kleinen Städtchen Nautin, die übliche Früh- ahrS-Kontroll-Versammlung stattfand. Auf der »genannten Schießwiele, einem großen, freien flasenplatz neben dem Schießhause, standen in langer Reihe die ehemaligen BaterlandSver- eidiger, die Vertreter des „Volkes in Waffen". Der alte dicke Landwehrhauptmann hatte „Still gestanden l" kommandiert, der BeztrkSfeldwebel las den Fahneneid vor. Kaum war dies ge schehen und wtÄer „Rührt euch l" kommandiert, so trat einer der fünf oder sechs in Uniform anwesenden Offiziere an daS am rechten Flügel vor den Mannschaften stehende Unter offizierglied heran und schnarrte einen gut ge- gek eideten, hübschen, stattlichen Mann an: „Warum standen Sie während des Fahneneides nicht füll, Unteroffizier?" „Ich habe still gestände«, Herr Leutnant," antwortete der S«geredete in militärischer Haltung. „Und ich sage Ihnen, e» ist nicht wahr!" „Herr Leutnant, ich —" „Halten Sie den Mund!" schrie der Leut nant, der die Uniform eines sehr vornehmen Garde-Kavallerie-RegimenteS trug. „Der Satan soll Sie holen, «enn Sie nicht augenblicklich Ihre Haltung und besonder» Ihren stechen Ge- fichtSauSdruck ändern!' *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. Und er fuchtelte mit der behandschuhten Rechten ziemlich nahe vor dem Gesicht deS Unteroffiziers herum, der leichenblaß wurde, während seine Augen flammende Blitze auf den Beleidiger schossen. Seine Brust hob sich als werde sie vom Sturme der in ihr tobenden Wrtt fast gesprengt. „Wollen Sie etwa noch mucken, Unter offizier Röver?" zischte der Offizier spöttisch. „Ich dächte, die Kriegsartikel wären Ihnen eben erst vorgelesen worden, aber freilich solches -" Er hatte ficher ein beschimpfendes Wort auf den Lippen, welches eine Thätlichkeit von fetten deS Beleidigten zur Folge haben mußte. Nur mit Aufbietung aller moralischen Kraft, mit fast übermenschlicher Selbstbeherrschung hatte fich der Unteroffizier bisher bezwungen — aber die flammenden Augen, daS verzerrte bleiche Ge sicht, die zum Zerspringen angeschwollene blaue Zornesader auf der Stirn sagten deutlich, daß ein einziges weiteres Wort die starre Fessel der anerzogenen militärischen Subordination brechen und den Beleidigten zu einem Gewaltakt von unabsehbaren Folgen hinreißen müsse. Jenes Wort fiel nicht — durch die lange Reihe der Reserven und Landwehrleute lief ein dumpfe», drohendes Gemurmel und der alte dicke Landvehrhauptmanu stähle mit seiner schmfen Stimme: „Herr Leutnant von Clotenau l" Der elegante Garde - Kavallerie - Offizier »andte fich ziemlich nachläsfia halb um: „So fort, Har Hauptmann! dies« Mann, Unter offizier Röver, hat —" „Herr Leutnant Barou von Clotenau," krähte der Hauptmann mit bedenklich rotem Ge sicht dazwischen, „ich bitte sehr!" Er winkte; eS lag etwas Zwingende» und zugleich furchtbar Drohendes in der sonst durch aus nicht besonders martialischen Erscheinung de» alten Herrn. Da Leutnant gehorchte und trat heran, den Säbel an da Hüfte hochzogen, die Rechte an der Mütze. Jener sprach zu ihm, während er ihn in dieser Stellung stehen ließ, anstatt ihm, wie die» üblich, eine bequemere Haltung -u aestatten. Die Mannschaften konnten die Worte der Hauptmanns nicht verstehen, aber sie errieten dieselben, denn nachdem n geendet, trat Leut nant von Clotenau stumm, ab« mit wut sprühendem Antlitz zurück, den Säbel mit heftigem Klirren auS da linken Hmd zur Erde fallen lastend. Da wackere Hauptmann brachte ein -och auf den Kais« und König auS, er mahnte die Mannschaften in der üblichen Weise, fich von Exzessen fern «l Haven und komman dierte : „Tretet weg!" Die Kontrollversammlung war zu Ende. Langsam verließen die Leute den Platz. E» herrschte sichtlich eine erregte Stimmung. Die Leute waren sicher gute Soldaten und fich ihr« militärischen Pflicht heute mehr denn je bewußt, ab« e» flog doch mancher zornige Blick, man ches unwillige Wort hinüber nach dem eleganten Kavallerie-Osfizi«, welch« soeben in eine bereit stehend« Equipage stieg. Röva wurde von dem allen Hauptmann unter den Ann gefaßt und beiseite gezogen. „Wollen Sie etwa Beschwerde führen?" fragte d« Alte, seine Krähstiunne möglichst dämpfend. „Hm, ich habe eigentlich nichts da nach zu fragen und Sie brauchen mir natürlich nicht zu antworten, aber —" „ES wäre Ihnen unangenehm, Herr Haupt mann?" fragte Röver. „Natürlich! nicht etwa wegen deS Barons Clotenau, sondern weil eS daS erste Mal wäre, daß bet mein« Kontrollversammlung etwas vor fällt. Ist mir schrecklich fatal!" Diese Worte deS allen Herrn waren eine verhüllte Bille, ab« eS schien Rövn schwer, darauf einzugehen. In seinem hübschen, nur etwas finsteren Gesicht malte fich deutlich d« Kampf, d« fich in seinem Herzen abspielle. „Nun, so mag'» denn bleiben," sagte« nach ein« Welle, „es ist ja nicht jeden Tag Kontroll versammlung . . . Adieu, Herr Hauptmann!" Er lüftete den Hut und bog schnell in eine Seitengasse ein, denn sie waren inzwischen in das Städtchen gekommen. Kopfschüttelnd sah ihm der Hauptmann nach. „Tin Eisenkopf," murmelte er/ „eS nimmt noch einmal eine schlechte Wendung mit ihm. Dem Himmel sei Dank, daß « fich wenigsten« nicht an dem Clotenau vergriff, eS fehlte kein Haarbreit mehr, dann war e» geschehen." Der wackere Herr setzte seinen Weg fort und trat schließlich in den Hof de» Postgebäudes, welche« die Ecke deS Marktplatzes mit der Rosenstraß« — d« bedeutendsten Straße NautinS — bildete. Er war nämlich im bürger lichen Leben Postmeister und al» solcher eine ebenso allgemein bekannte al« beliebt« Persön lichkeit. Bereit» eine Viertelstunde später saß « in dem kleinen „Herrenstübchen" de» zur
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