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Auerthal-Zeitung : 17.06.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189806179
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980617
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980617
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-06
- Tag 1898-06-17
-
Monat
1898-06
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 17.06.1898
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V-iitische U„dfch««. Bo» spanisch - a»erika»tsche« Kriege. »Die Krieg»ereigntsse wenden fich allmählich für Spanien zum Schlimmem. Zwar behaupten fie standhaft ihre Position bei G an« tiago gegenüber den sortgeW« Angriffen der Amerikaner von der Laüd- und Seesette her, allein auch hier wird der widerstand wohl bald gebrochen sein. Ein großes ameri kanisches Landuugskorp» ist m» Mittwoch von Tampa h« etngeschtfft worden und wird in einigen Tagm vor Santiago ein« treffen, daS unausgesetzt von den Amertkanem unter Feuer gehalten wird. Am Dienstag früh zerstörte ein amerikanisches Bombardement die Festungswerke i» Hafen von Suantanamo (SO Kilometer in der Luftlinie östlich von San« tiago gelegen) so gründlich, daß die Spanier den Platz ganz aufgegeben haben sollen. Hier werden wohl schon die Amerikaner eine Landung bewerkstelligt haben, um auch von Osten über Santiago herzufallen. Auch auS dem Innern Cuba» find schlimme Nach richten für die Spanier eingetroffen. *Auch auf den Philippinen ergeht e» den Spaniem böse. Der Aufruhr ist, wie amt lich zugegeben wird, allgemein, er dringt steg reich vor und eS heißt, Manila befinde fich bereits im Besitz der Rebellen. Wenn auch diese Nachricht verfrüht ist, so eilt fie doch den sicher eintreffenden Thatsachen nur wenig voraus. *Am Mittwoch ist ein nordamerika nisches Landungskorps von Tampa aus auf 29 Dampfern in See gegangen, die in drei Geschwader geteilt find und von vier Kriegsschiffen begleitet werden. DaS unter Be fehl deS Generals Shafter stehende und mit Lebensmitteln für drei Monate versehene Landungsheer ist 27 OOO Mann stark, wo runter 21 600 Mann Infanterie (16 Regimenter reguläre Truppen, 11 Freiwilligen - Regimenter umfassend), ferner 5 Schwadronen Kavallerie, 4 Batterien leichte Artillerie, 2 Batterien schwere Artillerie und 1 Bataillon Genietruppen. Die Artillerie besteht auS 16 großen Belagerungs geschützen, etwa 80 Schnellfeuerkanonen und Feldgeschützen. Die Flotte hat fich zunächst nach Key West begeben, von wo fie nach einem bestimmten Punkt geleitet werden wird. * - » Deutschland. »Der Kaiser hat, wie am Mittwoch und Donnerstag in Potsdam, so in Berlin von Freitag an Truppenbefichtigungen vorgenommen. »Nach dem Reiseplan der Jacht „Hohen- zollern" wird der Kaiser am 4. Juli die Nordlandreise mitteten, am 7. Juli wird der Gedenkstein für den verunglückten Leut nant z. S. v. Hahnke in Odde enthüllt. Der Kaiser benutzt für die Heimfahrt von der nor wegischen Küste die Nordsee, landet am 1. August in Brunsbüttel und kehrt nach Berlin zurück. „Hohenzollern" beginnt nach Heimkehr von Norwegen sofort mit ihren Ausrüstungen für den Orient. * Der Reichskanzler FürstHohenlohe, der fich gegenwärtig in Privatangelegenheiten in Paris aufhalt, wird fich von dort aus zunächst nach Schillingsfürst begeben, von wo er um die Mitte deS Monats nach Berlin zurückzukehren gedenkt. »Neulich wurde berichtet, daß in Marine kreisen die Errichtung von Kohlenstationen im Mittelmeer, in Marokko, in West- afrika und im Sulu-Archipel ernstlich erwogen werde. Wie es scheint, steht die Ver wirklichung dieses Planes, soweit es fich um daS Mittelmeer und Marokko handelt, nahe bevor. Der Madrider Berichterstatter der,Daily NewS' erfährt, Deutschland habe fich in Verfolg deS Planes, eine Reihe von Kohlenstationen im Mittelmeer zu erwerben, dieserhalb Spanien ge nähert. Man glaube, Spanien dürfe geneigt fein, gegen Deutschlands gute Dienste bei den Ver. Staaten die Pachtung einer Station auf denBalearischen Inseln zu gewähren. Marokko würde wahrscheinlich ebenfalls willens sein, Deutschland zwei Plätze pacht weise zu überlassen. » Seitens der RetchSbehörden find, »le d« .Reichs»»-.' mttteilt, die geeigneten Anordnungen getroffen, daß kein ReichSbeamter durch seine dienstlichen Obliegenheiten gehindert wird, bei den bevorstehenden R e ich »t a g » w a h l e n von seine« Wahlrecht Gebrauch zu machen. »Eine Novelle zur Gewerbe- Ordnung, worin der Versuch gemacht wer den soll, vttschiedene längst erörterte Fragen einer Lösung zuzuführen, wkd dem nächsten Reichstage abermals vorgelegt werden. In erster Linie wird eS fich dabet um die Ein führung deS Befähigungsnachweises für die Bauhand werter handeln, eine Forderung, die wiederholt von der Mehrheft deS Reichstages und von verschiedenen Einzel- Landtagen, darunter mit besonderem Nachdruck von der bayrischen Kammer der Abgeordneten, erhoben worden ist, und von deren Geltend machung beim Bundesrat die bayrische Regie rung in der letzten Tagung nur deshalb Ab stand genommen hat, weil die Erfüllung dieser Forderung für die nächste Tagung in bestimmte Aussicht gestellt worden war. Außerdem dürste in dieser Novelle eine Regelung derArbeits - Verhältnisse im Gastwirtsgewerbe versucht werden, mit denm fich auch die wieder zusammentretende ReichSkommisston für Arbeiter statistik näher befassen soll. Auch die allerdings bisher noch nicht genügend geklärte Frage des Achtuhr-Ladenschlusses soll eventuell in dieser Vorlage gelöst werden. Oesterreich-Ungarn. »Die Meldungen von dem Bestehen einer Kabinettskrise werden jetzt als grund- l o S bezeichnet. ES ist indessen die Möglich keit nicht ausgeschlossen, daß der (deutsche) Handelsminister Bärnreither zurücktritt. Graf Thun wird, wenn das Abgeordnetenhaus am Dienstag wieder Zusammentritt, die Inter pellation über die Grazer Vorgänge be antworten und will dahin wirken, daß die Sprachendebatte beendet und der Sprachenausschuß eingesetzt wird. Der Minister präsident hat die Vermittelung deS verfassungs treuen Großgrundbesitzes angerufen, um eine Regelung der Sprachenfrage anzubahnen. Am Sonntag sollte in Prag eine Konferenz hierüber beraten. Arankreich. »In der Deputiertenkammer wurde am Donnerstag bei der endgültigen Wahl eines Präsidenten Deschanel mit 287 Stimmen gewählt. Brisson erhielt 277 Stimmen. England. »DaS Reutersche Büreau erfährt, obwohl die Verhandlungen zwischen Frankreich und England betreffend W estafrika noch nicht zum endgültigen Abschluß gekommen seien, so seien doch alle Fragen über das strittige Gebiet in der Regelung begriffen, und nichts stehe einer befriedigenden Beilegung der Ange legenheit im Wege. Es blieben nur noch Dinge nebensächlicher Natur zu erledigen. (Be kanntlich war die Birminghamer Rede Chamber lains hier und da so gedeutet worden, daß ein schwerer britisch-französischer Konflikt wegen West afrika bevorstehe. Durch die obige Mitteilung wird diese Auffassung widerlegt.) Belgien. »DieReformdesbelgischenHeer- wesens darf, nachdem die letzten Wahlen eine wesentliche Verschiebung deS Stimmenverhält nisses in der Kammer nicht gebracht haben, als vorläufig gänzlich aufgegeben gelten. Belgische höhere Militärs haben schon des öfteren ihrer Mißstimmung über das Scheitern der Reform Ausdruck gegeben. Neuer dings ist General Graf Oultremont, der Ober kommandant der belgischen Bürgergarde, von seinem Posten zurückgetteten, well die Regierung . die Reorganisation des Heerwesens verweigert. Wie verlautet, steht ein Massenrücktritt aller höheren Bürgergardeoffiziere bevor, falls die Regierung in der HeereSfrage nicht endlich nach gibt. Schweden-Norwegen. * Der BudgetauSschuß des norwegischen Storthings empfiehlt, die Apanagen des Königs und des Kronprinzen wieder auf die Höhe -u bringen, die fie vor der im Jahre 18V3 erfolgten Herabsetzung hatten, so daß der König 336 000 Krone«, da Kronprinz 80000 Kronen erhält. Etnmta». » Da Ministerpräsident vagasta hatte am Freitag «ine mehrstündige Beratung mit den Botschaftern der Großmächte üb« die FriedenSvermtttelung. Frankreich, Oesterreich und Rußland «klärten sich bereit, die FriedenSmisston zu Übanehmen; die übrigen Mächte Haven fich reserviert. Die Königin be fürwortet lebhaft einen baldigen Frte- denSschluß. (ES handelt fich nur um die Bedingungen, zu denen ein solch« zu haben wäre.) »In Spanten ist die Stimmung sehr erregt. Sagasta lehnte in der Kamm« die Verantwortung für die ungünstige Lage auf den Philippinen ab. Die Polizei geht sehr energisch vor. Jedes Stehenbleiben auf den Straßen Madrids ist verboten. DaS sind keine günstigen Anzeichen! «sie«. »Im Innern Chinas find Auf stände auSgebrochen. In Tschautschau haben fich die Aufrührer der Stadt bemächtigt, den obersten Beamten und seine Frau getötet und daS Amtsgebäude niedergebrannt. Der Bizekönig in Kanton hat 1000 Mann Truppen nach Tschautschau gesandt. — DaS ,Echo de Chine' berichtet, auch die Thore der Stadt Ningpo wurden geschloffen. ES herrsche dort Aufruhr, d« anläßlich ein« neuen Abgabe auf Spezereien zum AuSbruch gekommen sei, seinen Ursprung indes in der Reisteuerung und den geringen Vorräten an Reis habe. ' — ———W—WS—W, Gi» Mahnmort an das deutsche Uolk richtet der „Bund deutscher Frauenvereine" in folgendem: Seit der im Sommer 1896 durch den Reichs tag vollzogenen Annahme deS neuen Bürgerr- lichen Gesetzbuches umschlingt ein neues starkes Band die Stämme des deutschen Volkes, erheb lich getrübt wird aber die Freude über die end lich gewonnene RechtSeinheit durch die Thatsache, daß dem numerisch größten Tell der Bevölkerung, den Frauen, auch fernerhin eine unfreie und un würdige Stellung zugewiesen wird. Die Abschnitte über „eheliches Güterrecht" und „elterliche Gewalt" vornehmlich erregen die Unzufriedenheit tausender gerecht und billig denkender Männer und Frauen, und je mehr die diesbezüglichen Bestimmungen im Volk be kannt werden, um so dringender wächst das Verlangen nach einem besseren Schutz der Frauen und Kinder. Der in diesem Jahr neu zu wählende Reichstag wird sein Ohr diesen berechtigten Forderungen kaum verschließen können, eS steht zu hoffen, daß er, von der ihm zustehenden Befugnis Gebrauch machend, noch vor Einführung des Gesetzes im Jahre 1900 eine Revifion und Abänderung der be anstandeten Abschnitte vornehmen wird. Der oft angeführte Einwand, daß ein einmal be schlossenes Gesetz erst dann abgeändert wird, wenn seine Wirkungen fich in der Praxis als unheilvoll erwiesen haben, trifft hier nicht zu. Gütergemeinschaft bezw. Gütertrennung mit aus schließlichem Verwaltungs- und Nießbrauchsrecht des Mannes besteht zur Zeit in allen deutschen Ländern, und jedermann ist wohl in der Lage, die unheilvollen Wirkungen dieses Gesetzes an zahlreichen Beispielen zu erweisen. Wie viele Ehen werden lediglich der reichen Mitgift halber, die dann oft in unwürdigster Weise vergeudet wird, geschlossen! Die sittliche Grundlage des Familienlebens könnte nur gehoben werden durch Erschwerung des bequemen Versorgungsweges einer reichen Heirat. Würde in jeder Familie der Mann auf der vollen Ausübung der ihm gesetzlich zukommenden Rechte bestehen, so wäre die Zahl der glücklichen Ehen in Deutschland wohl eine verschwindend kleine. Warum aber sollen gerade diejenigen Frauen, deren Familien leben ein unglückliches ist, auch noch der Schädi gung und Vorenthaltung ihres vor der Ehe er worbenen SpargroschenS oder deS von ihren Ettern ererbten Vermögens ausgesetzt sein? Kann man den Widerstand gegen diese Un gerechtigkeit al» unberechtigte Emanzipations sucht verdamment Müssen fich nicht in diesem Kampf gegen längst veraltete Rechtsanschauungen alle Vater und Mätt« vereinigen, denen «S am Herz« liegt, daS Schicksal ihr« jungen Töchter g«m mögliche Willkür und Verschwendungssucht flcherzustellen? In einig« Teil« Deutschland» bestehen zur Zett günstig«« Bestimmungen, -. B. in der Mark Brandenburg, in Hessen; den Bewohnern dies« Länder bringt da» neue Gesetz einen Rück schritt. Humanere Bestimmung« dringen doch sonst in alle Gesetzbücher ein und tragen d« er höhten Kultur und dem gesteigert« RechtSbe- wußtsein des Volkes Rechnung. In Rußland behält die Ehefrau zivilrecht lich ihre volle Unabhängigkeit, in England er kannte ein Parlamentsbeschluß des JahreS 1882 den Frauen auf eine mit zahlreichen Unter schriften versehene Petition hin die freie Ver fügung über ihr Vermögen zu, in Oesterreich, Skandinavien und Dänemark besteht dasselbe Recht schon lange, sollte da» deutsche Volk nicht auch für diesen Kulturfortschritt reif sein? In keinem der angeführten Länder hat Trennung deS Vermögen» das Familienleben geschädigt. ' Auch bei gesetzlich eingeführter Güter trennung wird die große Mehrzahl der Frauen dem Manne gern die Vermögensverfügung über lassen. Sollte d« Mann diese Befugnis nicht lieb« der freiwilligen Hingabe und dem Ver trauen seiner Frau verdanken, als dem Zwange des Gesetzes? Die Gesetzgeber selbst empfehlen den Frauen, fich durch Ehekontrakte zu schützen. Eine schärfere Verurteilung dieses Gesetzes können die Gegner desselben nicht finden. Wenn ein ganzes Volk fich durch Privatverttäge gegen die bestehenden Gesetze schützen soll, können dieselben unmöglich gerecht und zweckentsprechend sein. Außerdem liegt nichts dem weiblichen Empfinden näher, als im Augenblick der Eheschließung durch Ver langen von Ausnahmebestimmungen dem Gatten Mißtrauen entgegen zu bringen. Dann ist die Ab fassung eines solchen Kontraktes mit Unkosten verbunden, ist also den ärmeren Volksklasfen, denen die Gründung des Haushaltes meist schwer genug fällt, nicht leicht erreichbar. Das Familienleben der unteren Stände wird durch die ungerechten Gesetze ohnehin am schwersten geschädigt. Die Frauen müssen meist des Schutzes und Einflusses ihrer eigenen Fami ie entbehren, find mit ihren Kindern in vielen Fällen der Willkür und den Mißhandlungen eines rohen Trinkers preisgeaeben, den fie um ihrer Kinder willen nicht verlassen dürfen. Diese find der Gewalt deS Vaters allein unterstellt, der Mutter versagt das Gesetz bei Lebzeiten deS Mannes jedes Mitbestimmungsrecht über das Wohl und die Erziehung d« eigenen Kinder. Die elterliche Gewalt deS Vaters erlischt selbst dann noch nicht, wenn bei einer Ehescheidung die Sorge für die Kinder der Frau anvertraut wurde, weil der Mann als der allein schuldige Teil erkannt ist. Kann man wirklich mtt unbezweifelbarer Sicherheit annehmen, daß in jedem Fall der Vater den Bedürfnissen der Kinder ein besseres Verständnis entgegenbringt als die Mütter? Dürfen die deutschen Mütter fich ihr heiligstes Recht, ihre liebste Pflicht, die Fürsorge für ihre Kind«, noch länger durch die Gesetze verkümmern lassen? Aus allen Polstischen Parteien sollten der Frauen Helfer erstehen; wenn je die Unter zeichnung einer Petition an den Reichstag Männer und Frauen der verschiedensten Volks klassen vereinigte, so ist es die für besseren Schutz der Frauen eintretende Petition, die der Bund deutscher Frauen-Vereine vorbereitet Hal. Diese Hilfe würde in erster Linie aus einer möglichst großartigen Beteiligung an der Peti tion zu bestehen haben; der Reichstag muß den Eindruck empfangen, daß eine imponierende Mehrheit des Volkes eintritt für Schutz un^ Wahrung d« edelsten Güter, für Gerechtigkeit, sw' deutsches Familienleben und wahre Gef.luiu^. Der verstoßene Kohn. Wj Aus dem Englischen von Julie Düngern. <F Ne,ung.> „Sie werden nie mehr auf üble Wege ge raten, unter der liebevollen Aufsicht Ihrer Mutter, Georg," sagte die junge Frau, wäh rend ein trüber Schatten auf ihren Zügen lag. „Doch da fällt mir ein. daß ich in dem kleinen tragbaren Pult, den ich stets bei mtt führe, Ihr kleine» Paket mit dem Golde und den Türkisen fand, ich möchte es Ihnen zurückgeben und dann, nicht wahr, lassen Sie mich allein. Ich bin infolge meiner Müdigkeit eine schlechte Gesellschafterin und möchte mich zu Bette legen." Damit hatte fie daS kleine Puttchen geöffnet und auS einem geheimen Fache daS Paket herauSgenommen und Georg übergeben: dieser steckte es uneröffnet in seine Tasche und nahm Abschied, Harriet setzte fich wieder an ihren Platz an das Fenster. Mittlerweile war die allgemeine Eßftunde gekommen, d« Diener meldete, daß daS Din« bereit sei. Harriet nickte zwar mit dem Kopfe, allein fie verließ ihren Sessel nicht. Sie sah MrS. Jreton Bembridge von der Spazierfahrt zurückkehren und nach ihr« Villa fahr«. Als der Dien« -um zweit« Male «schien und Licht brachte, ging fie auf einige Minuten in daS Speisezimmer und aß einige Bissen, kehrte ab« rasch wird« «rück, setzte die Lichter in die entfernteste Ecke deS Zimmer» und nahm ihren Platz am Fenster Wied« ein. Die Straßen wmden leer, denn der Regen fiel in Ström« und in den Pfützen glänzten die Lichter der Straßenlaternen. So verging Stunde um Stunde, Harriet saß be wegungslos auf ihrem Posten, nur zuweilen preßte fie ihre Hände an die glühenden Schläfe, einmal flüsterte fie vor sich hin: „Ich würde mich nicht wundem, wenn ich den Verstand verlöre." Um zwölf Uhr kam Routh nach Hause, er öffnete die Thür deS Zimmers, in welchem Harriet saß, trat ein und lehnte fich, ohne zu sprechen, an die Wand. Erschrocken sprang seine Frau in die Höhe, «griff einen Leuchter und hielt das Licht Routh zugewendet; er war toten blaß, seine Augen blickten gläsern und sein An zug sowie sein Haar waren in Unordnung. Zum ersten Male in ihrem Leben sah Harriet ihren Gatten berauscht. 2«. Die Erkennung. MS Georg damals so unerwartet von Amster dam nach Loudon zurückkehrte, hatte, trotz d« Beruhigung seiner Frau, eine unheimliche Furcht vor einem nahenden Unglück in RouthS Seele Platz genommen. Keine Reue oder bessere Eigenschaft bewegte deS Verbrechers Hnz, nur dumpfe Furcht be herrschte dasselbe, sowie ein auskeimender Haß gegen den jungen Mann, der nicht mehr als ein gefügiges Werkzeug in seiner Hand sein wollte, und nach und nach kam eine große Bitterkeit gegen seine Frau hinzu, welche so wentg Bor- auSstcht gezeigt hatte! Er wünschte eine Ge legenheit zu finden, Stainberg zu töten, mit derselben Gleichgültigkeit, mit d« er einen an- l dern getötet hatte; aber entdeckt durfte es nicht ! werden und nur wegen der möglichen Folgen blieb Georgs Leben verschont. Routh besaß den Cynismus deS Verbrechers, aber nicht dessen Mut, und dennoch liebte ihn diejenige, welche seinen Charakter vollständig erkannt, lieble ihn Harriet, seine Gattin, mit derselben Leidenschaft wie am ersten Tage ihrer Verbindung. Sie lebte nur für ihn und mit ihm, sie wünschte fich kein anderes Leben, als das der beständigen, fürchter lichen Angst und Sorge, konnte sie nur mit ihm zusammen sein I Denn fie glaubte noch an seine Liebe zu ihr, und dies war ihre Stärke und ihre Kraft. Jetzt war fie gänzlich verändert, fie begann zu fühlen, daß ihr Mann gleichgültiger gegen fie geworden, und zu gleicher Zeit erwachte ihre Gewissensqual, und dies alles zerstörte ihre Nerven und nagte an ihrer Gesundheit. Stewart Routh war aber nicht der Mann, Mitleid mit einer Person zu fühlen, deren Leben er zerstört, und deren äußne Reize einer beständigen Seelen qual gewichen waren. Er mißtraute ihr sogar, seit er fie nicht mehr liebte und der Tag, welcher Harrtet Routh den Tod gebracht, wäre ihm ein Willkommen gewesen. Da dies aber ebenfalls nicht ohne Gefahr geschehen konnte, so begnügte « fich, seine Frau und Georg ausspionieren zu lassen und hatte zu diesem Geschäft Jim Swain auLasehen. Harriet war gerne auf da» Projekt ihres Gatt«, Homburg zu besuchen, eingegangen, well ihr Mann ihr große Pläne auf die in Frankfurt anzuknüpsmden Handelsverbindungen vorgespiegelt hatte. Jetzt sah fie wohl ein, daß alles eine Lüge gewesen, und dies und noch andere Gedanken beschäftigten fie an dem Abende, dessen wir eben erwähnten, als die Pony- Equipage an ihrer Wohnung vorüber fuhr. Eifersucht, leidenschaftliche Eifersucht, halte gleich einer Schlange Harriet im liesst« Herzen ver wundet. * * * Die Dame, welche dem Routhschen Ehe paare, freilich in verschieden« Beziehung, die Ruhe geraubt, befand sich in ihrem Wohnzimmer und sah so reizend und verführerisch aus, wie Routh, welcher gerade zum Besuche war, fie noch nie glaubte gesehen zu haben. Soeben hatte er fie gefragt, ob fie Mr. Fetton schon gekannt, als ihr Gatte noch am Leben, und fie bejahte dies, setzte .aber hinzu, daß ihre Bekannt schaft lehr kurz gewesen sei. „Und nun bescheiden Sie ihn zu fich, hi« an einem Badeorte, wo man wie in einem gläsernen Hauke lebt, und die ganze Gesellschaft weiß, wer Ihr Haus betritt!" „Bitte, lass« Sie mich meinen Weg gehen, ich hindere Sie auch nicht auf dem Ihren, Nir. Routh. Ich bin meine eigene Herrin und kann morgen nach Wien od« Tombuclo reisen, wie eS mtt gefällt, zudem bekümmere ich mich nicht im geringsten über daS H°'sn älra-t-on." Routh verstummte, denn in dies« eigen willig«, eigenartigen Frau hatte « seinen Henn gefunden, seine verblüfste Mene erweckte d« Dame Heiterkeit, fie brach in Lachen au» und sagte: „Stellen Sie sich nicht so unglück lich, Mr. Routh, e» nutzt Ihnen nicht», ich bi«
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