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Auerthal-Zeitung : 20.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189805207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980520
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980520
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-20
-
Monat
1898-05
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 20.05.1898
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liche Marineverwaltung in Kiel erlaffe«. Den jenigen Arbeitern, welche seit LV Jghren auf ten Werften beschäftigt find, soll von ihrem 60. Lebensjahre ab beim Eintritt der Invalidität eine lebenslängliche Invalidenrente bewilligt werden. Die Rente betrügt bei einem Jahre»- verdienst von 1680 Mk. jährlich 600 Mk., nach 30 jähriger Dienstzeit 960 Mk.; für Arbeiter, welche 1150 Mk. verdienen, 660 Mk. und nach ZO Mriger Dienstzeit 640 Mk. Den Witwen verstorbener Arbeiter werden Witwen«Unter stützungen und Kinder - Erziehungsbeihilfen ge währt. Köln. DaS hiesige Stadtverordneten- Kollegium beschloß, für die Erhaltung der Siebengebirges 100000 Mk. betzufteuern, nach dem daS Staat-Ministerium die Veranstaltung einer Lotterie mit einem Reingewinn von 1 500 000 Mk. davon abhängig gemacht hatte, daß die Städte Bonn 50000 Mk.. Köln 100000 Mark und die Provinzen 200000 Mk. dazu zahlen. Bonn und die Rheinprovinz haben gleichfalls die genannten Summen bewilligt. Lübbenau. Mit dem Jahre 1897/98 haben die Bewohner der Gegend -wischen Lübbenau, Burg und Forst daS unglücklichste Jahr durch zukämpfen gehabt, dessen man sich entsinnen kann. DaS Hochwasser der Spree ist in dieser Zett kaum gewichen. Seit dem Sommer vorigen Jahres find die Felder und Wiesen im Spree wald noch keine vier Wochen wasserfrei, zum größten Teile aber völlig überschwemmt ge wesen. War schon die vorige Sommerernte und die Heuernte vernichtet, so liegt eS auch in diesem Jahre ähnlich. Die Felder konnten nicht bestellt werden und der erste Grasschnitt ist un widerruflich verdorben. Die Häuser der Dörfer und Städte deS SpreewaldeS find vielfach stark beschädigt, daS Meh in den Ställen mußte von zahlreichen Besitzern aufgegeben werden, und so befinden sich die Bewohuer infolge dieser ungünstigen Verhältnisse in einer bedeutenden Notlage, auS welcher sie sich nm schwer empor arbeiten können. Jetzt beginnt daS Wasser endlich und anscheinend endgültig zu weichen, doch dürste auf eine Bestellung der Felder in diesem Jahre kaum noch zu rechnen sein. Kassel. Ein schweres Unglück ereignete sich am Dienstag nachmittag am Fulda-Ufer. Zwei Kinder im Alter von 6 bis 7 Jahren, ein Knabe Md ein Mädchen, hatten sich im sogen. „Ziegenstall* nach der Fulda zu eine Schaukel hergerichtet. Plötzlich verloren sie beide den Halt und wurden in die hochgehendcn Wogen der Fulda geschleudert, in denen sie verschwanden, ehe Hilfe gebracht werden konnte. Magdeburg, In der Narkose, die zum Zweck einer Zahnoperation vorgenommen war, verstarb hier die 21jährige Tochter des Guts besitzers Sch. MS GutenSwegen, ein blühende» Mädchen, daS sich erst vor acht Tagen ver lobt vatte. Burkhardswalde. Eine Thal größter Entschlossenheit unter Hintansetzung deS Lebens vollführte der Lokomotivführer des aus Geising kommenden, in Station Köttewitz kurz vor 8 Uhr eintreffenden Personenzuges. Eine größere Strecke vor der Haltestelle sprang der beherzte Mann von seiner in größter Fahrgeschwindigkeit laufenden Maschine und rettete ein kleines Kind vor dem sicheren Tode, welches eben im Begriff war, über daS Bahngeleise zu laufen. Landsberg. In den umliegenden Dörfern ist unter dem Gesinde beiderlei Geschlechts ein regelrechter Streik auSgeörochen. Gelegentlich einer Tanzmusik in einem der Dörfer soll ein planmäßiges Vorgehen zur Erlangung Höherer Löhne und besserer "Arbeitsbedingungen be- schloffen worden sein. Die betroffenen Dienst herrschaften, welche jetzt tief in der Arbeit stecken, find in die größte Verlegenheit geraten und haben vergeblich versucht, Arbeitskräfte auS Berlin zu engagieren. Sie müssen bejahrte Arbeiter nehmen und mehr als doppelte Löhne zahlen. Ratzeburg, Ein trauriges Geschick hat ein langjähriger Prozeß über eine Familie in Schlagsdorf gebracht. Der Mann hatte die Schwester eines HauSwirteS in dem benachbarten SchlagSbrügge geheiratet und längere Zelt dessen ^offtelle verwaltet. Da nach seiner Ansicht der Eigentümer nicht ganz normal war, so redete er sich ein, die Stelle für sich beanspruchen zu dürfen. ES wurde ei« langatmiger ProM ge führt, der de« Kläger im Laufe der Jahre sein ganzes Vermögen kostete. Nachdem die Klage m allen Instanzen abgewiesen war, mußte er, eglicher Exiftenzmittel beraubt, dem Armenhause überwiesen werden. Sier find nun beide, Mann und Frau, dem Wahnsinn verfallen, weshalb sie dem Jrrenhause übergeben werde« mutzten. Juowrazlaw. AlS die beiden 19- bezw. 22jährigen Töchter deS GutSpächterS Bicke nachmittags spazieren gingen, sprengte plötzlich ein russischer Soldat zu Pferde über die Grenze und hinter die beiden her, um anscheinend die jüngere von ihnen über die Grenze zu zerren, denn er riß sie an den Haaren. Als da» Mädchen sich widersetzte, spornte der Retter sein Pferd an, wobei dieses dem Mädchen die Kleider zemß, eS mehrere Male durch die Hufe verletzte, ja sogar mehrere Male zu Boden warf. Erst als zwei russische Soldaten auf ihren Kameraden einredeten, ließ dieser von dem jungen Mädchen ab. DaS mißhandelte Mädchen wurde sofort nach Kruschwitz zum Arzt geschafft. Der Angriff deS russischen Kavalleristen geschah mindesten» 200 Meter dieSsettS der Grenze. Der Sachverhalt ist von dem Gemeindevorsteher festgestellt und dem DistriktSamt Luisenfelde unterbreitet worden. Wie«. Die schwar-gelbe Fahne auf der Turmspitze der Votivkirche in Wien, die der Turmkletterer Hubert Frankl Sonntag nacht gehißt hatte, war am Mittwoch verschwunden; mm nahm in gmz Wien m, daß Frankl die Fahne wieder herabgeholt habe. Dieser er stattete aber bei der Polizei die Anzeige, daß nicht er die Fahne herabgeholt, sondem daß ein „Liebhaber oder Gauner* die Fahne weggenommen habe. Frankl bittet die Polizei, den Dieb ein- -ufangen. Paris. Eine furchtbare Mordthat wurde am Boulevard Poissonniöre verübt. Dort hatte ein junger deutscher Zahnarzt, namens Bauder! y, fett vier Monaten ein großes zahnärztliche» Institut eingerichtet und damit eine Werkstätte im fünften Stockwerke verbunden. Montag nachmittag schickte der 19 jährige Mechaniker Albert Martin, der feit kurzem bei Bauderly beschäftigt war, den Lehrjungen Cheney unter irgend einem Vorwmde fort und rief Bauderly durch daS Telephon in die Werkstätte. Kaum hatte der Zahnarzt diese betreten, als Martin ihm mtt einem schweren Eisenftück einen furcht baren Schlag auf das Hinterhaupt versetzte, der ihn tot zu Boden streckte. Martin durchstöberte alle Taschen seines Opfers, nahm dessen goldene Uhr und Barschast von etwa 400 Frank an sich und stieg dann ruhig in das Gemach hinunter, wo er die Kasse erbrechen wollte. Die Kassiererin, die 37 jährige Witwe Campredon, war aber noch da, und fo fiel Martin auch über sie her und führte mit einem 6 Kilogramm schweren Hammer einen Schlag auf deren Kopf. Frau Campredon flüchtete sich in das Gemach, öffnete ein Fenster und schrie um Hilfe. Martin floh und ist bisher nicht aufgefunden worden. Mailand. Der Herzog von Sachsen- Meiningen, der kürzlich mit seiner Gemahlin in Lugano eingetroffen ist, hat entschieden Unglück mit seinen italienischen Reisen. Man wird fich erinnern, daß er vor wenig Jahren in Italien unter die Räuber fiel und ihnen seine freilich nur spärlich gefüllte Börse überlassen mußte. Jetzt wird bekannt, daß er dieser Tage in Luino in Lebensgefahr geschwebt hat. Das herzogliche Paar geriet dort mitten unter die Streikenden, auf welche eben die Zollbeamten schossen, wobei eS acht Tote und dreißig Verwundete gab. Der Herzog jagte mtt seiner Familie im Galopp nach Lugano. Belgrad. Am Donnerstag wurden hier zwei Räuber namens Gojitsch und Jovanovitsch durch Erschießen hingerichtet, weil sie bet ihrer früheren Flucht MS der Strafanstalt zu Top- schwer einen Gefängniswächter ermordet hatten. New York. Der Baron v. Unterricht», von dessen Diebstahl an einer Verwandten schon gemeldet worden, ist vor einigen Tagen bereits bei feiner Ankunst in New York verhaftet und sofort auf den deutschen Damvfer „Fulda* ge ¬ bracht worden, um wiederum die unfreiwillige Reise nach Europa anzutteten. von den ge raubten 70 000 Gulden fanden fich noch 64000 Gulden in seinem Besitze. Gerichtshalle. Münch«,. Der Schneider Aloi» Fürst hatte im vorigen Jahre drei EinbruchSdiebstähle in die Stationen der Jsarthalbahn verübt und bet einem dieser Einbrüche den Stationvwächter Grimm von Tkalktrchen mit fünf Messerstichen schwer verwundet. Die Verhandlung mußte damals, weil die Haupt- zeugin, die Geliebte de» Fürst, im Nymphenburger Krankenhause schwer leidend daniederlag, ausgesetzt werden. Der gefährliche Einbrecher wurde jetzt vom hiesigen Landgericht zu 10 Jahr Zuchthaus und 10 Jahr Ehrverlust verurteilt. Mion. Da» Kreisgericht Bihatsch (Bosnien) verurteilt« dir 76jährige Bäuerin Smiljana au» Haschani, die ihren 40jährigen Stiefsohn mit einer Axt erschlagen, die Leiche in der Speisekammer zer stückelt und di« Leichenteile im Walde vergraben hatte, zum Tode durch den Strang. im Innern d«S schmucklosen Gebäude» führt. Mac Kinley ist ei« Freund eine» sehr geregelten Haushaltes und von groß,« Aufwand ist im „Weißen Hause* selbst bei festlichen Gelegen heiten wenig zu sehe«. Der Präsident liebt den berühmten bürgerlichen Mittagtisch und die sog. .Hausmannskost*. Um v Uhr morgen» wird em Dejeuner eingenommen, daS au» drei oder vier Sängen besteht, wie mm sie in jedem besseren amerikanischen Hotel serviert. Um 11 Uhr gibt'» ein -wette» Frühstück, Lunch aenannt; ei lst jedoch auch mtt diesem Imbiß nicht viel Staat zu machen. Um halb 7 Uhr beginnt da» Diner, da» höchstens eine halbe Stunde dauert. Bet der Aufstellung de» Speisezettels hat der Küchenchef freie Hand. Sonntags wird beim Lunch nm kalte» Fleisch serviert, damit der Koch einen freien Nachmittag genießen kmn. DaS ist übrigen» bei allen vornehmen Familien in England und in den Ber. Staaten der Brauch. Bet allen Mahlzeiten, mögen nun Gäste da sein oder nicht, wird der Präsident zuerst bedient. Sirre KSeerrfagv irr der Herzesomirr«. lieber eine aufregende Bärenjagd in der Herzegowina wird auS Mostar folgendes ge meldet: Nach Mitternacht traf Erzherzog Leopold Salvator zur Bärenjagd in Mostar ein und begab fich in früher Morgenstunde in Gesell schaft von sieben Herren, unter denen fich RegtmentSarzt Dr. Cervicek, Gymnafialprofessor Pichler und Oberförster Hoffmann befmden, im Wagen nach dem Jagdrevier. Dasselbe be- indet fich am Rodvelez östlich vom Dorfe Vrabcict. Um acht Uhr waren die Stände bereits bezogen, und der Trieb begmn. Der Erzherzog hatte seinen Stand zwischen Dr. Cervicek und Hoffmann kaum eingenommen, als eine mächtige Bärin geradewegs auf ihn -ukam. Der Erzherzog feuerte und traf daS Tier in >en Hals. Trotz der Verletzung drang die Bärin auf den Schützen ein. Der Erzherzog euerte nochmals und traf wiederum, ohne jedoch >aS Tier zu erlegen, da» fich nun in blinder Wut gegen den seitwärtslstehenden Dr. Cervicek wandte. Dieser drückte ab. Die Bärin stieß ein ürchtbareS Gebrüll auS und stürzte fich mit mächtigen Sätzen auf den Jäger; da traf sie ein nochmaliger Schuß deS Erzherzogs und treckte sie zu Boden. In eine gefährliche Lage oar unterdessen Prof. Pichler geraten. Derselbe choß eine Bärin an, die sich nun sofort auf ihn kürzte. Der -wette Schuß versagte, woraus ihn »aS gereizte Tier attakterte; beide stürzten im Ringen einen Abhmg hinunter. Durch den Fall ernüchtert, erhob fich die Bärin rasch und trollte fich, ohne den Gegner weiterer Beachtung zu würdigen, in das Dickicht, wo sie auf Nimmer wiedersehen verschwand. Prof. Pichler hatte bei diesem Renkontre einige schmerzhafte Kontusionen und einen Biß in den rechten Unterarm erlitten. Es gelangten im ganzen sieben Bären in den Trieb; vier wurden davon erlegt, einer flüchtete verwundet und zwei durchbrachen die Treiber- ette. Um 2 Uhr nachmittags war die Jagd beendet, und die Jäger erholten fich bei einem röhlichen Mahl von den Mühen und Auf regungen. Der Haushalt Mar Kinley». Der spanisch-amerikanische Krieg wird von >er englischen und französischen Presse feuille- onistisch gehörig ausgeschlachtet; man benutzt hn besonders gern als Folie für allerlei intime Mitteilungen auS dem Privatleben der spanischen KönigSfamilie und deS Präsidenten der Ver. Staaten. Ein englisches Blatt ist glücklich dabei angelangt, uns einen tiefen Blick in den Haushalt des Präsidenten Mac Kinley — womit natürlich nicht der Staatshaushalt gemeint ist — thun zu lassen. Der Präsident erhält ein Jahresgehalt von nur 50000 Dollar. Dabei ruhen alle Ausgaben des „Weißen Hauses* auf seinen Schultern. Das „Weiße HauS" ist ein einfaches Wohnhaus mit zwei Stockwerken, daS inmitten einer sehr hübschen Parkanlage liegt. Einfach, wie die äußere Gestatt der Präfi- dentenwohnung, ist auch daS Leben, da» man -imles Allerlek. Das Anlagekapital der Eisenbahnen der Erde wird mf 144'/, Milliarden Mark, die Anzahl der Lokomotiven auf 131219 Stück, die Gesamtzahl der unmittelbar beim Betrieb der Eisenbahnen beschäftigten Personen auf 5 Millionen berechnet. Die Heilsarmee wirbt jetzt auch schon Kinder an. Dieser Tage führten in dem Quartier in der LandSbergerftraße in Berlin zwanzig zum Teil sehr kleine Kinder in bunten Trachten unter Leitung der Kapitänin Hansen Gesänge u. a. m. auS, während die Erwachsenen in Ansprachen und musikalischen Vorträgen ihre Freude über den Nachwuchs kundgaben. Die Papierdrache«, mtt denen unsere Herren Jungens fich mtt so viel Leidenschaft beschäftigen, werden jetzt in Amerika zu Signal- zwecken verwendet. Mm befestigt bunte Lämp chen an die Drachen Md läßt fie dann bis zur Höhe von 500 Fuß in die Lust steigen. Auf diese Art hat mm fich in einer Entfernung von mehreren Metten ganz gut zu verständigen gewußt. Das Handwerk. Unter diesem Titel hat das ,Lauenburger KreiS- und Lokalblatt' nach- tehendeS Gedicht auS seinem Leserkreise mit der Bitte um Veröffentlichung erhallen: Ein Handwerk soll der Bub' nicht treiben. Denn dazu ist er viel zu gut; Er kann so wunderniedlich schreiben, Ist ein so junges, feines Blut. Stur ja kein Handwerk — Gott bewahre I DaS gilt ja heule nicht für fein; Und wenn ich's niir von, Munde spare, ES muß schon „etwa» Bess'reS" sein! DaS ist der wunde Punkt der Zeiten, Ein jeder will auf'S hohe Pferd, Ein jeder will sich nobel kleiden, Doch niemand seinen Schneider ehrt. Der Hände Arbeit geht zu schänden, Der ArbeitSblusc schämt man sich. Da» rächt sich noch in deutschen Landen, DaS rächt sich einmal bitterlich. DaS Handwerk hat noch gold'nen Boden, Hält eS nur mit dem Zeitgeist Schritt, Folgt eS den Künsten und den Moden Und bringt man Liebe zu ihni mit. Wenn Bildung sich und Fleiß vermählen. Und thut der Meister seine Pflicht, Mögt ihr es zum Beruf erwählen. Es ist daS schlechteste noch nicht. Probat. Saßen da im Gastzimmer deS „Sächsischen HofeS" in dem Thüringer Städtchen Weißenfels zwei leidenschaftliche Spieler beim Sechsundsechzig. Allein die ungetrübte Freude deS Spiels wurde ihnen leider durch zwei „Kiebitze* beeinträchtigt, die ohne Unterlaß ihr besseres Verständnis kund zu thun bemüht waren. „Ach, wären Sie so freundlich, mein Spiel einen Augenblick zu übernehmen?* ließ sich der eine Spieler seinem „Kiebitz* gegenüber vernehmen. „Sehr gern.* — „Ach, Sie spielen wohl mal ein bißchen für mich,* bat der andere Spieler den andern „Kiebitz*. Und nun spielten die beiden Vertreter mtt Feuereifer die ihnen übertragene Partie, während die beiden Spieler — im Hinterstübchen ihre Partie ungestört weiter splellLN. oivcx, n. »owor, zu seiner Nichte, die den Stempel gelesen und mit atemloser Angst auf Auskunft wartete: „Diese Zetten, meine Lieb«, betreffen die Angelegenheit, von der ich dir gestern erzählte, und wegen der mich die Regierung nach Amherst beorderte." Klara entgegnete, daß die Sach« fie un gemein interessiere und fragte, ob etwas entdeckt worden sei? „Eigentlich nichts, daS Schreiben ist von Mr. Dalrymple, welchen Lord Wolston gestern an mich ab schickte.* DaS arme Mädchen stand in atem'oser Er wartung, aber fie kannte ihres Onkels lang- attnige Mitteilungen zu gut, um eine Unter brechung durch eine Frage zu wagen. „Nun schreibt er an mich,* fuhr der würdige Mr. Carter majestätisch fort, „daß daS Urteil über den Befund der Leiche auf geplanten Mord laute, und daß die Polizei die schärfsten In struktionen erhalten haben, die Sache ans Tages licht zu bringen.* „Und über die Person deS Gemordeten konnte man nicht» erfahrend* „Nicht da« geringste, die Kleidung, worin der Ermordete gefunden, ist bei der Polizei niedergelegt; hast du irgend eine Mutmaßung, Kind?" „Me sollte ich? lieber Onkel, ich dachte nur an da» wenige, va» der alte Evans au»- gesagt hat.* „Hier in dieser Zeitung,* fuhr Mr. Carter fort, ihr dieselbe reichend, „finde ich da» voll ständige Signalement de» mutmaßlichen Mör der», der Kellner konnte fich seiner noch trefflich Klara, fich gewaltsam zusammenraffend, um einen heiteren Ton anzunehmen. „Ich kann mir schon denken, wie die ehrwürdige Polizei über deinen Bericht lachen wird, wenn du mit deiner so vorzüglichen schriftlichen Darstellungs weise ihnen erzählst, wie die Phantasie dieser Landbewohner der Wahrheit vorauSeilt, und fie da schon eine Gewißheit sehen, wo für kluge Leute wie du, nm eine Vermutung ist.* Mr. Carter lächelte selbstgefällig und Klara wußte nun, wie er seinen Brief abfaffen würde. Schon an der Thür fielen ihr noch die Briefe ihrer Tante ein; fie machte Mr. Carter darauf aufmerksam und fragte ihn, ob er die selben nicht bi» zu seiner Gattin Wiedergenesung für dieselbe aufbewahren wolle? Ihr Onkel blickte durch sein goldenes Augengla» nachlässig mf einen der Briefe und sagte: „Der scheint mir von Fäton, richtig, New York steht darauf. Bitte, liebes Kind, bringe die Briefe zu Dixon oder zu Brooke», sie sollen fie aufbeben. Ich selbst befasse «ich nicht mtt der Privatkorrespondenz meiner Gattin.* AS Klara leise in daS Schlafzimmer ihrer Tante trat, laS fie in Ellens betrübtem Antlitz, daß eS nicht gut mtt der Kranken stehe. Die allezeit freundliche treue Dienerin war etwa» kurz und schroff und meinte: „dies sei kein Platz sür da» Fräulein. Are Gegenwart würde die Kranke nur erschrecken.* In Wirklichkeit war die Haushälterin in Todesangst; fie glaubte, ihre Herrin möchte in ihre« Fieberphantafie« m»- plaudern, »a» besser ungehört bliebe. «»» (Fortsetzung folgt.) erinnern. Indessen finde ich, daß noch nicht gesagt, der Käufer von Evans Rock sei auch der Mörder gewesen. Kann ihm daS Kleidungsstück nicht gestohlen worden sein? Kann er eS nicht verkauft haben? Künstler, Schreiber und solche Leute pflegen sehr ost in Not zu geraten und dann ihre Kleider zu verkaufen. So unangenehm Mr. CarterS verächtliche Sprache über die Künstler in Klaras Ohren tönte, so wm doch sein Ausspruch ein Trost für sie, ja, e» konnte sein, daß daS Kleidungsstück gm nicht mehr des jungen Künstlers Eigentum gewesen, als die Blutthat geschehen war. An diese Hoffnung fich Nammernd, laS fie die Aus sage des Kellners in der Zeitung nach; eS wm übrigens nicht« Neue» darin, ähnliches hatte schon gestern darin gestanden. AlS Kima noch mit der Durchsicht beschäftigt wm, wurde Evans, der Schneider, bei ihm gemeldet, und Mr. Cmter verließ sogleich daS FrühstückSzimmer, um den selben zu empfangen. Rastlos schritt da» junge Mädchen in dem Raume mf und ab, ihr Her- klopfte heftig in ängstlich« Erwartung. Was konnte der alle Mann noch zu sagen haben? Bei ihrer Wanderung fiel ihr Blick mf drei Briefe, welche, an MrS. Carter adressiert, mf dem Tische lagen. Die Post hatte fie eben gebracht, Klara» Blick streifte sie gleichgültig. Sie sah, daß zwei davon m» Amerika waren, die Post- marke der einen trug den Stempel New York und darunter standen die Worte: „Verspätet.* „Die Tmte ist zu krank, diese Briefe zu lesen,* dachte Klara, „eS ist besser, ich hebe fie mf oder der Onkel kann e» thun." Der dritte Brief war von Georg, allein fie hatte nur die zwei Worte mit seinem Namen damals gelesen, eS wm zu wenig, um die Hand schrift wieder zu erkennen. In diesem Augen blick kam ihr Onkel, sehr wichtig und würdig mSsehend, zurück. „Ich muß gleich an Lord Wolston schreiben,* sagte er hastig; „Evans erzählte mir eben, daß die Beschreibung, welche der Aufwärter von dem Träger des Rockes macht, Zug für Zug auf den jungen Mmn paßt, welcher ihm den Rock abgekauft.* „Aber Onkel,* warf Klara rasch ein, „wie oft hast du mir erzählt, wie du bei demen richterlichen Funktionen wahrgenommen, daß solche Leute niemals richtige Angaben über Physiognomien und sonstige polizeiliche Nach fragen zu geben wissen. Der eine sagt, der Thäter wm groß und blond, der andere fand ihn klein und schwarz, und in betreff der Leit- angabe ist eS auch dieselbe Geschichte. Wenn der eine Richter fragt, ob fie den Mmn viel- leicht um neun Uhr zum letzten Mal gesehen, so sagen sie ja, uvd fragt der andere, ob e» acht Uhr gewesen, nun, so sagen fie eben falls ja.* „Du magst nicht Unrecht haben, Kind,* sagte Mr. Carter, sichtlich geschmeichelt, daß da» Mäd chen seine weiShestSvollen Aussprüche so gut be halten hatte. „Doch muß ich m Wolston schrei ben: wäre meine Frau nicht kranh so würde ich selbst nach London gehen, denn diese Ding« sprechen i sich besser mündlich ab, so aber muß H Amn will ich dich verlaffen,* entgegnete
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