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Auerthal-Zeitung : 20.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189805207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980520
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980520
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-20
-
Monat
1898-05
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 20.05.1898
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Politische Kundscha«. , Vom spanisch - amerikanischen Kriege. » Die etwa? glücklichereWendung für Spanien, die die Dinge vor Cub a und P » rtorico durch mehrfacheSbweisungen amerika nischer Landungdversuche genommen batte, ist nicht von langer Dauer gewesen. Am Freitag habex die Amerikaner nach längerer Beschießung San Juon, die Hauptstadt derJnselPortorico, eingenommen und am se den Tage ist eine zwei Kompanien starke amerikanische Lruppenabtei- "ung nach Ueberwindung deS heftigsten Widerstandes der Spanier auf Cuba ge landet. Unbegreiflich scheint das Ver halten der spanischen Atlantic- 'lott e, die bekanntlich nach Cadiz zurück gekehrt sein sollte, in Wirklichkeit aber bet der (französischen) kleinen Antilleninsel Martinique eingetroffen ist, also in der Nähe der von den Amerikanern angegriffenen spanischen Inseln, denen sie keine Hilfe ge bracht hat. -ES sollen bereits unter der Hand FrtedenSverhandlungen im Gange sein. Dem Vernehmen nach werde der Washing toner SenatSauSschuß für auswärtige Angelegen heiten folgende Bedingungen stellen: Ver zichtleistung auf die spanische Oberhoheit über Cuba und Portorico, sowie Uebergabe der Philippinen anstatt einer Kriegsentschädigung. -Auf den Philippinen haben die Amerikaner keine Fortschritte gemacht. Der be festigte Teil vonManila ist noch in spanischen Händen. -Die Streitkräfte unter dem Befehl des Generalmajors Merrit, der für den Posten des Gouverneurs auf den Philip pinen auSersehen ist, find zur Verstärkung der dortigen amerikanischen Streitkräfte bestimmt. DaS Korps wird 15 Regimenter Infanterie, ü Batterien Artillerie und eine Abteilung Kavallerie, insgesamt 15 000 Mann stark sein. Wegen Mangels an Transportmitteln wird in der nächsten Woche wahrscheinlich nur eine Division abgehen. Deutschland. -Der Kaiser traf am Sonntag in Straßburg ein, von wo aus der Monarch am Dienstag nach Potsdam zurückzukehren gedachte.' -Die ,Nordd. Allg. Ztg' versichert in offi ziösem Sperrdruck, daß entgegen den Aeußerungen englischer, französischer und amerikanischer Blätter Deutschlandauf dem Stand punkt der strengsten Neutralität verharre. -Prinz Heinrich von Preußen ist am Freitag in der chinesischen Hauptstadt Peking eingetroffen, um dem dortigen Kaiser hofe seinen Besuch ahzuftatten. -Mit kaiserl. Genehmigung soll durch prak tische Versuche bei einigen Armeekorps festge- stellt werden, ob eS angängig ist, im Frieden die Rekruten zu ihren Truppen teilen unmittelbar zu beordern, ohne sie vorher bei den Bezirkskommandos zu sammeln. Die Ausführung des Versuchs erstreckt sich nur auf diejenigen Rekruten, die im Korps bezirk auSgehoben werden und für Truppenteile des eigenen KorpSbezirkS zu stellen find, und zwar, soweit die örtlichen Verhältnisse einen der artigen Versuch ausführbar erscheinen lassen. Einzelheiten über die Ausführung des Versuchs sollen durch unmittelbares Benehmen der be teiligten Zivil-, Militär- und Militäreisenbahn- Behörden untereinander geregelt werden. -Für die Verteilung von Remune rationen und Unterstützungen im Bereich der Postverwaltungen find seit dem 1. April neue Grundsätze aufgestellt, die den Zweck haben, dem ganzen Unterstützungs wesen eine feste Grundlage zu geben. Bei der Verteilung dieser Gelder sollen fortan nicht mehr allein die sog. Vorschlagslisten der Amtsvor steher maßgebend sein, sondern diejenigen Beamten, die infolge von Krankheiten in der Famike oder auS anderen gewichtigen Anlässen einer Unterstützung bedürfen, sollen diese unter Vorlegung der Beweisstücke künftig selbst beau- traaen. ES soll dadurch ausgeschlossen werden, daß auch solchen Beamten Unterstützungen ge währt werden, die sich in guten Vermögens- Verhältnissen befinden, wie daS früher nicht selten vorgekommen ist. Ferner ist der neue Grund satz aufgestellt worden, daß Beamten, die ein Gehalt von 4500 Mk. und darüber beziehen, Unterstützungen überhaupt nicht gewährt werden. -Im württembergischen Landtage erklärte Minister Mittnacht, der Initiativantrag des Zentrums sei für die Regierung im ganzen wie in seinen einzelnen Teilen unannehmbar. Wenn die Verfassung«reform nicht noch in dieser Tagung angenommen «erde, sei sie gescheitert. - Der Bischof von Rottenburg, Wilhelm v. Reiser, welcher auf einer FtrmungSreise begriffen war, ist Mittwoch abend gestorben. -Der LandesauSschuß für Elsaß- Lothringen nahm in zweiter und dritter Lesung das Gesetz über die Presse nach der Kommisfionsfassun^ an, wonach die Be stimmungen über die fremdsprachliche Presse Wegfällen. -Zur wirtschaftlichen Erschließung von Kiaut schon und Hinterland hat sich ein Syndikat, bestehend auS ersten deutschen Groß industriellen, gebildet. «rrankretch. * Mit dem Ausfall der Kammerwahlen in Frankreich find alle Parteien zufrieden. Die Radikalen freuen sich, daß sie nur ein Dutzend Mandate eingebüßt haben, die ge mäßigten Republikaner haben 35 Mandate ge wonnen und 21 eingebüßt, so daß ihnen ein Zuwachs von 14 Stimmen zufällt, die Sozialisten verweisen, um von dem Durchfall ihrer beiden Führer JaureS und GueSde abzulenken, auf die Zunahme ihrer gesamten Stimmeiizahl. Die Antisemiten jubeln über die Wahl von drei der Ihrigen in Algier; auch die Konservativen und Klerikalen find, wie .Figaro' und ,Gaulois' übereinstimmend versichern, froh darüber, daß die Sache für sie so gut ausgegangen ist. Schweiz. -AuS der schweizerisch-italienischen Grenz station Chiasso wird berichtet, daß etwa 800 in der Schweiz wohnende italienische Sozialisten sich vereinigt hätten mit der Absicht, in Italien einzudringcn. Ein zweiter Haufen, einige hundert Mann stark, sei von Lausanne aufgebrochen, wie es heißt in der Richtung gegen den Simplon. Seitens der italienischen Behörden wird die Grenze scharf bewacht; zahlreiche starke Truppen-Abteilungen durchstreifen die von der Schweiz aus ein mündenden Verkehrswege, um, falls italienische Aufrührer von der Schweiz her sich an den Grenzen einstellen sollten, dieselben sofort fest zunehmen. Jralten- -Nach den Berichten, welche der Regierung bis Donnerstag Mitternacht zugegangen waren, herrscht im ganzen Lande Ruhe. Doch ist die Regierung auf ihrer Hut vor Ueber- raschungen. Soeben ist die Einberufung der jenigen Reservisten aller neunzehn JahreSklassen, welche im Eisenbahndienst vorgebtldet find, be stimmt worden. ES find dies ungefähr 3000 Mann, welche wieder ihren Dienst bei der Gsenbahn aufnehmen sollen. Diese Maßregel hat den Zweck, etwaigen Ausständen deS Eisen bahnpersonals zu begegnen. Auf den Bahn höfen sollen Offiziere die Beaufsichtigung deS Dienstes übernehmen. * InMailand ist die Ruhe völlig wieder hergestellt; in den Theatern wird weiter gespielt. -Bei der Geliebten deS Abg. Turati, einer eifrigen Nihilistin, ist angeblich ein Schriftwechsel betr. die Organisation der (Mailänder) Unruhen sowie der ganze verabredete Plan und Papiere gefunden worden, durch die eine Anzahl sozia - listischer, anarchistischer und repu blikanischer Führer bloßgestellt wird. «velgieu. -In Antwerpen hat die Regierung eine Arr Philippinen-Archipel umfaßt mehr als 400 Eilande, dehnt sich über 16 Breitegrade und 9 Längegrade auS und besitzt einen Flächenraum, der ungefähr der Größe des Königreichs Ungarn mit Kroatien und Slawonien entspricht. Die bedeutendsten Inseln der Inselgruppe find Luzon mit der Hauptstadt Manila und Mndanao. In bezug auf Fruchtbarkeit, natürliche Vorzüge und Handelsverkehr ist Luzon eines der herrlichsten Eilande der Tropenwelt. DaS Klima gestattet daS Fortkommen aller Gewächse und Kolonial pflanzen der heißen und gemäßigten Zone. An der Küste fällt daS Thermometer niemals unter 22 Grad Celsius, noch steigt eS über 35 Grad Celsius. Im GebirgSthale Banjanao, 6000 Fuß über dem Meere und nicht mehr als 36 See mellen von der Hauptstadt entfernt, zeigt das »r»«zisch»r Kandta«. Da» Herrenhaus erledigte am Freitag eine An zahl von Petitionen, von denen keine größeres Interesse bot. Am Donnerstag setzte das Abgeordnetenhaus die zweite Beratung der Vorlage betr. die Einführung des Anerbenrechts in Westfalen fort. Nachdem Minister v. Miquel nochmals die Erklärung abge geben hatte, daß die Regierung nicht schablonenmätzig die Einführung des Anerbenrechts für die ganze Monarchie im Sinne habe, wurde der grundlegende 8 1 sowie die 88 2—23 angenommen. Die Ab änderungsanträge der Nationallibcralen wurden sämtlich abgelehnt. Der nationallidcrale Antrag, der generell dm Ausschlußvermerk des Charakters als Ancrbengut gestatten wollte, wurde mit 139 gegen 102 Stimmen abgelchnt. Im Abgeordnetenhaus« wurde am Freitag in zweiter Lesung der Gesetzentwurf betr. Anführung des AnerbcnrechtS in Westfalen und einigen benach barten Kreisen de, Rheinprovinz beendet. AuS der von der Kommission vorgeschlagencn Resolution, die die Regierung ersucht, die Einrichtung eine» Kredit instituts zur Ablösung von Abfindungsrenten mög lichst zu fördern, insbesondere dieses Institut aus Staatsmitteln angemessen zu dotieren, wurde auf Antrag des Abg. v. Eynern der letzte Satz ge strichen, nachdem Geheimrat Hasenstein namens der Regierung erklärt hatte, daß die Finanzverwaltung nicht in der Lage sei, Mittel für den betreffenden Zweck abzugeben. Untersuchung der Preistreiberei ander dortigen Getreidebörse angeordnet und mehre ausländische Spekulanten auSgewtesen. tr «Iti eu. -Die in Spanien streng gehandhabte Depeschenzensur ermöglicht nicht, ein klares Bud von der schleichenden Minister- kristS zu gewinnen. Möglich :uä„ daß durch die etwas günstiger lautenden Meldungen aus Cuba die KrifiS hinausgezögert wird. Vustland. -Der russisch-japanische Korea- Vertrag wird von der russische« Presse sehr günstig besprochen. So schreiben die.Nowofti': „Da die Unabhängigkeit Koreas bisher das Grundtnteresse der gesamten auswärtigen Politik Japans bildete, so erscheint der russisch-japanische Vertrag al» Bündnisvertrag zwischen Rußland und Iapan, und sei eS zunächst auch nur bezüglich jeden fremden Eindringen» in die Sphäre ihre» Einflusses auf Korea und ihre gegenseitigen kommerziellen und industriellen Beziehungen." — Ganz so steht es allerdings nicht, Japan will nicht die Unabhängigkeit Korea?, sondern dessen Besitz. Von einem Bündnisvertrag ist wohl nicht die Rede, wohl aber von einer vorläufigen Verständigung -wischen den beiden Staaten, welche die schließ liche doch schwerlich zu vermeidende definitive Auseinandersetzung für einige Zell verschiebt. valkanstaate«. -Zur Rückbeförderung der türkischen Truppen auS Thessalien find von der Pforte 11 Dampfer nach Bolo entsendet worden. Vmertt«. * Einer Blättermeldung zufolge ist in Washington ein Komplott entdeckt worden, welches die Sprengung deS Weißen Hauses und deS KriegSministertumS be zweckte. 250 Pfund Dynamit, sowie ein größeres Gefäß mit Nitro-Glycerin seien ge funden worden. (Zweifellos stark übertrieben!) Kon Uah »ad Fern. Halle. Ueber den Unfall deS kaiserlichen Sonderzuges auf der Fahrt nach dem Retchslande gibt jetzt die königliche Eisenbahndirektion folgende amtliche Darstellung. Der Sonderzug deS Kaisers hat am 7. d. etwa 1,5 Kilometer vom Bahnhofe Hettstedt entfernt kurze Zeit halten müssen, well wegen der infolge Regenwetters entstandenen Schlüpfrigkeit der Schienen eine Vorspannmaschine von Hettstedt abgewartet werden mußte. Von einem Defektwerden der Zuglokomotive kann hiernach nicht die Red- sein. Eben so wenig hat der Kaiser den Zug ver lassen oder sich in der Nachtruhe stören lassen. Die angebliche Aeußerung des Monarchen ist demnach nicht geschehen. Dem Zuge von vorn herein eine Vorspannmaschinc beizugeben, war sachlich keineswegs geboten. Kiel. Weitgehende UnterstützungSbcstimmun- gen zu Gunsten der Werftarbeiter hat die kaiser ¬ hundertteilige Thermometer häufig nur -i- 7 Grad. Der höchste Thermometerstand herrscht während der Regenmonate vom Mai bis September. Drei Bodenerzeugntsse find eS haup,sächlich, die au» Manila nach den nordamerikanischen und europäischen Märkten exportiert werden: Tabak, Abaca oder Manila-Hanf und Zucker. Luzon beteiligt sich mit ungefähr einem Zehntel an der Gesamt-Tabakvroduktion der Erde. Tin anderes Hauptprodukt de» Philippinen-Archipels ist der sog. Manila-Hanf, welcher jedoch nicht aus der aewöhnltchen Hanfpflunzc (Oannadio ostiv»), sondern au» den Fasern deS Stamme» einer Bananen-SpezieS (Unea tsxtllis) gewonnen und von den Eingeborenen Abaca genannt wird. Die feinere und hellere Sorte der Faser findet zur Fabrikatton von damastartigen Möbel bezügen, Gardinen, Glockenzügen u. s. w., die gröbere, bräunlichge'.b gefärbte Sorte zu Seiler waren aller Art Verwendung. Der jähr- liche Gesamtexport von Manila-Hanf erreicht bereits an 500000 Meter-Zentner, von welchen die Hälfte nach den Vereinigten Staaten geht. Noch eines anderen Fabrikates auS einem Fasernstoffe sei hier Erwähnung gethan, daS außerhalb deS Archipels -war noch wenig be kannt ist, jedoch mit großem Vorteil ausgebeutet werden könnte. Es find dies jene feinen, auS den Fasern einer Bromelincec (Ananas»» sativa) verfertigten vollkommen durchsichtigen Zeuge, die den Eingeborenen zur Fabrikatton von Luxus hemden, Chemisetten und Halstüchern dienen und im Handel unter der Bezeichnung Graffeloth oder Pina vorkommen. Die Fäden dieses Ge webes find so dünn, daß dasselbe nur in Räumen fabriziert werden kann, wo jede Be wegung der Lust ausgeschlossen ist. Die Einge borenen verstehen die zierlichsten DesftnS darauf zu sticken. — Ueber die Tagalen, die Einge borenen deS Philippinen-Archipels, schreibt Karl v. Scherzer in der,N. Fr. Pr.' folgendes: Die Tagalen find ein kleiner Menschenschlag von hellgelber Hautfarbe und haben trotz ihrer breiten, flachen Nasen und dicken Lippen keines wegs ein unangenehmes Aeußere. Ihre Hände und Füße find, wie überhaupt bei der malayi- schen Raffe, zierlich und klein ihr Kopfhaar ist struppig, straff, schwarz, der Bartwuchs spärlich. Alle bedecken ihren Körper mehr oder weniger mit europäischen Kleidungsstücken, obschon die Art und Weise, in der fie sich deren bedienen, höchst eigentümlich und befremdend ist. Nicht nur die Volksklaffen und die Diener tragen das Hemd steif gebügelt, gleichsam als Rock über dem Beinkleid, auch der tagalische Dandy stolziert in Lackstiefeln und weißer Hose, den Pariser Seidenhut etwas schief auf den Kopf gedrückt, in einem zierlich in Falten gelegten, blendend weißen Hemde, mit einer Zigarrette im Munde und ein elegantes Spazierstöckchen in der Hand, durch die Straßen von Manila. Die Frauen tragen ähnlich wie die Japanerinnen von Sarong, ein buntfarbiges, gestreiftes Baum wollenzeug, um die Lenden gewickelt und ein eng anschmiegendeS, ganz kurzes Jäckchen, so daß zwischen diesem und dem Unterrock zollbreit der nackte Körper zum Vorschein kommt und der feine durchsichtige Fasernfioff, auS dem das Jäckchen verfertigt ist, die Reize mehr zeigt als verhüllt. — Der verstoßene Sohn. 12) AuS dem Englischen von Julie Düngern. lImiIeruugq „Unsere Herrin ist sehr krank," sagte Ellen zu dem Mädchen, welche Dixon hieß, als diese ein trat. „Bitte, benachrichtigen Sie Mr. Carter, daß er den Arzt hierher beordere und dann in daS Schlafzimmer komme." Mr. Carter saß in seinem Zimmer und laS die Zeitungen, als Dixon die Meldung brachte. Er war darüber sehr erschrocken, sandte Gibsen gleich -um Arzte und wollte in das Zimmer seiner Gattin eilen, als Klara eintrat. Schon beim Frühstück hatte er das Mädchen gesprochen und in seiner gänzlichen Unwissenheit, was er in seiner magistratischen Winde zu thun habe, seine Zuflucht zu dem klugen Kopfe seiner Nichte genommen und derselben alles den Fall Betreffende mitgeteilt. Auch die Zeitungen, welche die Geschichte in allen Tonarten meldeten, mußte fie ihm nochmals vorlesen. Mit seiner eigenen Wichtigkeit beschäftigt, hatte er die steigende Aufregung seiner Nichte, als von dem Kaufe des Rockes die Rede war, nicht bemerkt. Er erzählte dann von Dalrymp'eS Sendung, von der Aussage des Kellner», daß der junge, mit diesem Rocke bekleidete Mann noch am Abend vor dem Morde mit seinem Opfer zu Nacht gespeist hatte, und fügte in dem pomvösen Tone, den Mr. Carter stet» anzunehmen pflegte, wenn er von seiner Persönlichkeit sprach, noch hinzu, daß Dalrymple nicht der Mann scheine, um solche Verbrechen ans Licht zu bringen. Darum habe Lord Wolston auf ihn reflektiert. Zu einer anderen Zeit würde Klara die Selbstüberschätzung ihres Onkels im stillen belächelt haben, jetzt hatte fie seine Mit teilung so entsetzt, daß fie sich kaum zu fassen wußte. Sie war schnell in den Park geeilt, und in dessen tiefsten Gängen ver borgen, hatte fie den fiebernden Kopf an einen Baum gelehnt und nachgesonnen — nachge sonnen, bis der Kopf ihr noch glühender wurde und fie doch keinen Ausweg fand. Daß Georg unschuldig war, stand felsenfest bei ihr, aber wie mancher Unschuldige war schon verurteilt worden, weil Umstände gegen ihn zeugten. Endlich entschloß fie sich, wieder zu ihrem Onkel zurückzukehren und die Zeitungsartikel nochmal» mit mehr Aufmerksamkeit zu lesen. Gerade als fie eintrat, teilte ihr Mr. Carter die Erkrankung feiner Gattin mit und forderte fie auf, ihn zu der Patientin zu begleiten. Beide traten leise herein; der Arzt, der sich über die Kranke gebeugt hatte, trat mit tiefer Verbeugung auf den Herrn deS Hauses zu und meldete, daß der Fall ein ernstlicher sei, eS drohe eine Gehirnentzündung, jedoch könne der selben durch die tiefste Ruhe und Absperrung von jeglichem Geräusch der Außenwelt noch vorgebeugt werden, er bäte also Mr. Carter, dessen Nähe selbstverständlich aufregend auf die Kranke wirken könne, dieselbe der Pflege weib licher Hände zu überlassen. Mr. Carter, dem jede» Krankenzimmer ein Greuel war, fügte sich mit Würde in da» Un vermeidliche, während Klara die Amme bat, bet ihr bleiben zu dürfen. Diese nickte Gewährung, kau« aber hatte sich der Arzt entfernt, als Ellen unter dem Vorwande, die Kranke könne beim Erwachen erschrecken, wenn fie Klara an ihrem Bett sähe, diese auch fortschickte und ihr ver sprach, fie rufen zu lassen, sobald die Tante wieder bei sich sei. Während nun die alte Wärterin angst voll an dem Bett ihrer Herrin saß, die Dienerschaft wie auf Socken im Hause her umschlich und Mr. Carter an seinem Schreib tische saß und Briefe expedierte, war Klara in ihrem Zimmer die Beute von tausend sich wider sprechenden Gefühlen und Gedanken. War Paul Mark ein Verbrecher? Konnte er den Mord ver übt haben? Nein, gewiß das war eine Un möglichkeit, so konnten menschliche Züge nicht lügen, aber gewarnt mußte er werden und Klara beschloß, eS zu thun. Sie setzte sich an ihr Pult und nachdem fie mehrere Blätter be schrieben und wieder zerrissen hatte, setzte fie endlich folgende Worte, welche ihre Billigung hatten, aufs Papier: „Der Herr, welcher letzten SamStag einer Dame einen Myrtenzweig vorzeigte, ist dringend gebeten, den Ort, wo er fie gesehen, nicht mehr zu besuchen, denn er wird auf der Stelle er kannt werden." Al» Klara diese Worte dreimal abgeschrieben und an verschiedene Zeitungen mit reichlicher Bezahlung der JnsertionSkosten adresfiert hatte, gelang eS ihr noch, die Briese ungesehen in den Postbeutel zu werfen. Al» dies geschehen, eilte fie in ihr Zimmer und auf die Kniee finkend, rief fie auS: .Gütiger Sott i» Himmel, stehe du ihm bei." 14. Die Schatten werden Heller. Die Nacht, welche auf den eben besprochenen Tag eintrat, war für die meisten der Be teiligten eine schlaflose gewesen. Mrs. Carter hatte dieselbe in heftigen Fieberphantasten, ihre Wärterin in ängstlicher Erwartung zugebracht. Klara hatte saft nichts anderes zu denken ver mocht, als ob ihre Warnung von Paul Märst gelesen werden würde. Mr. Carter selbst sah beängstigt und verdrossen auS, als er Klara gegenüber am Frühstückstische saß. Er erzählte ihr, daß er den Dottor habe bitten lassen, gleich zu kommen; außerdem habe er nach London telegraphiert, um eine sehr berühmte medizinische Kapazität nach PoyiningS zu berufen. Da er selbst in großer Besorgnis war, so fiel eS ihm nicht auf, daß Klara blasser al» gewöhnlich auSsah, oder wenn er eS sah, so schob er eS auf ihre Teflnahme in betreff ihrer Tante. Ihre Konversation wurde durch die Ankunft der Post unterbrochen, welche unter anderen Briefen auch einen deS MrS. Dalrymple an den Henn deS Haufe» brachte. DaS Schreiben trug den Stempel „Dienstsache" unb da« Siegel der Re gierung. ES brauchte längere Zett, vt» Mr. Carter deS Polizei-Sgenten Schrift, welche Hieroglyvhen ähnlich sahen, herauSbekommen hatte. In seinem Innern kämpfte der Stolz, eine wichtige Per sönlichkeit in dieser Sache zu sein, mit dem Serger über di« Entartung der jetzigen Beamten welt, welche so unleserlich zu schreiben wagt«. End lich al» er alle» durchgesehen, legte er den Brief mit wichtiger Miene auf den Tisch und sagte
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