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Auerthal-Zeitung : 01.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189805016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-01
-
Monat
1898-05
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 01.05.1898
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V.IMsch- N««dscha». Deutschland. * Der Kaiser war bis Dienstag zur Jagd beim Grafen Solm» in Schloß Klitschdorf. "Bet der Sala-Tafel am 23. d. in Dresden saß König Albert rechts von der Königin Carola; rechts vom König!- paar saßen der Kaiser von Oesterreich und der Prinz-Regent von Bayern, links Kaiser Wilhelm und der Groß herzog von Hessen. Während der Tafel brachte Kaiser Franz Joseph in kurzen, herzlichen Worten einen Trinkspruchauf König Albert aus, dieser dankte bewegt dem Kaiser Franz Joseph und allen anderen Erschienenen, insbe sondere dem deutschen Kaiser, und trank auf da» Wohl der Gäste. "Dem vernehmen der ,Leipz. N. N.' nach hat der Kaiser eine offizielle Feier seines 10jährigen Regierungsjubiläums am 15. Juni d. abgelehnt. Der Tag wird in Preußen jedoch wie der Geburtstag des Landes herrn festlich begangen werden. Eine größere Festschrift zu diesem Tage wird demnächst er- erscheinen. *Der .Reichs-Anzeiger' veröffentlicht die kaiserliche Verordnung, durch welche die ReichStaaSwahlen am 16. Juni ftattfinden. Die Festsetzung des Wahltages hat die rechtliche Folge, daß von jetzt ab eS bis zum Wahltage zur gewerbsmäßigen oder nicht gewerbsmäßigen Verteilung von Flugblättern, Stimmzetteln und anderen Druckschriften zu Wahlzwecken auf Straßen, Plätzen uno öffent lichen Orten einer polizeilichen Genehmigung nicht bedarf. * Bezüglich der Vergebung der Schiffs bauten, welche vom Reichstage bewilligt worden find, wird mitgeteilt, daß der Zuschlag auf daS eine Linienschiff an Schichau, auf daS andere an Blohm u. Voß, ferner auf den einen kleinen Kreuzer an Weser erteilt ist. Für den Bau des großen Kreuzers ist die kaiserliche Werst zu Kiel, für den Bau der beiden Kanonen boote die kaiserliche Werst zu Danzig bestimmt. ES steht somit nur noch die Vergebung des zwetten kleinen Kreuzers aus, für welchen be sondere Ausschreibung erfolgt. *Die vorläufigen Abschlüsse der Reichsein nahmen ergeben bei der Post- und Tele graphenverwaltung eine Mehreinnahme von 25 Millionen und bei der Reichs - Eisen bahnverwaltung ein Mehr von 3'/? Millionen. "In einem dem Parlament zugegangenen Blaubuch über die chinesischenAnge- legenheiten wird mitgeteilt, Rußland habe sein Verlangen der pachtweisen Ueberlassung von Port Arthur und Talienwan damit begründet, die Mandschurei gegen die Angriffe anderer Mächte zu schützen, ohne zu sagen, welche Macht gemeint sei. Die chinesische Regierung habe Lord Salisbury dringend gebeten, sie zu unter stützen, indem die englische Regierung der russischen die Versicherung abgebe, daß England keine Pläne gegen die Mandschurei hege. Diese Ver sicherung wurde gegeben. Am 25. März teilte Salisbury Macdonald mit, das Gleichgewicht der Mächte am Golf von Petschili sei thatsächlich gestört, deshalb sei thatsächlich notwendig, die Verpachtung von Wei - Hai - Wei nach dem Abzug der Japaner zu erlangen. Belgien. *Jm Senat kam es bei der Beratung des Gesetzes über die Provinzialwahlen, welches daS jetzige Wahlrecht nicht unerheblich beschneidet, zu einer längeren Debatte. Der sozialistische Senator Lafonteine hielt eine sehr heftige Rede, in der er ausführte, daß dieses reaktionäre Wahlgesetz daS Volk zur Revo lution treiben müsse. Die 200 000 Bürger, denen man ihr Stimmrecht entziehe, würden Unzufriedene, Sozialisten und Wühler gegen die bestehende Ordnung werden. DaS Gesetz werde eine vortreffliche Waffe in den Händen der sozialistischen Partei sein. Da werde es kein Wunder sein, wenn schließlich das Volk sich empöre und dem Beispiel der oberen Klassen folgend, die Gesetze zu seinen Gunsten machen werde. Sollte eS dabet zu Ausschreitungen kommen, so werde daS bei dem berechtigten Zorne des Volkes nicht verwunderlich sein, und wenn einige große Personen an den Laternen aufgehängt würden, so würde daS Volk nur thun, was ehemals der Bürgerstand gethan habe. Der Minister des Innern Gchollaert erwiderte, daß er sich nicht ohne weitere» aufhängen lassen werde, und daß jeder revolutionäre versuch mit Gewalt niedergeschlagen werden würde. Auch mehrere klerikale und gemäßigt liberale Senatoren wandten sich gegen die sozialistischen Drohungen, worauf die klerikale Mehrheit da» Gesetz mit 48 gegen 16 Stimmen annahm. Evanie». "Spanien hofft den Krieg mit einem Schlage, dessen Art noch geheim gehalten wird, zu beenden und Amerika zum Frieden zu zwingen. Spanien hat schon aus gerechnet, daß eS eine Mtlliard e Dollar Kriegsentschädigung fordern müfse. "Die Eröffnung der Corte» hat sich nach den näheren Madrider Berichten sehr dramatisch gestattet. ES heißt, daß der Vor gang lebhaft an den bekanntlich allerdings nicht geschichtlichen Auftritt vom Preßburger Reichstag erinnerte, wo Maria Theresia und Joseph mit dem Ruf: „Laßt uns für unseren König sterben" um jubelt wurden. Die Königin-Regentin hielt den elfjährigen König Alfonso mit dem rechten Arm umfangen. Der König trug die dunkelblaue Kadettenuniform mit dem Gol denen Vließ und lauschte der Thronrede, welche seine Mutter tiefbewegt und leise sprach, mit ebenso großer Spannung, wie die übrigen. * Angesichts der einstimmigen Erklärung aller politischen Führer zu Gunsten des liberalen Kabinetts hat die Königin-Regentin dem Minister-Präsidenten Sagasta neuerdings ihr Vertrauen ausgedrückt und ihn mit der Wetterführung der Geschäfte beauftragt. Der Gedanke an eine Ministerkrisis ist somit beseitigt. * Der General - Gouverneur der Philip pinen meldete telegraphisch nach Madrid, er fürchte sich durchaus nicht vor dem amerikanischen Geschwader. Balkanftaate«. "In der französischen Regierung nahe stehenden Kreisen versichert man; daß der Sultan ans die dringenden Vorstellungen Rußlands, Frankreichs, Italiens und Englands der Wahl des Prinzen Georg zum Gouverneur von Kreta schließlich z u - gestimmt habe. Rußland habe Deutschland und Oesterreich fast vollständig zu seiner An sicht bekehrt, und man nimmt an, daß die end gültige Regelung der Frage in Kürze erfolgen wird. Die Bestätigung dieser auffallenden Nach richt bleibt abzuwarten. Amerika. "Die Amerikaner haben schon eine ganze Reihe spanischer Handelsfahr zeuge aufgebracht, während ein gleicher „Erfolg" der Spanier noch nicht gemeldet wurde. Außer dem Hafen von Havana haben die Amerikaner noch eine Reihe andererHSfen an der Nordküste Cubas blockiert. Es dürsten aber noch reichlich sechs Wochen vergehen, ehe amerikanische Truppen auf Cuba gelandet werden; denn die geringe nordamerikanische Landarmee wird erst schleunigst durch Freiwillige verstärkt. Der Krieg ist erst am Montag offiziell erklärt worden; die bis Montag aufgefangenen spanischen Schiffe find wieder freigegeben worden. "Die Amerikaner arbeiten fieberhaft an der Verteidigung New Jorks, Phila delphias, Bostons uudGalvestons. Zahlreiche New Iorker Familien, die ein Bom bardement fürchten, find nach Chicago abgereist. General MileS warnt die Bevölkerung vor allzu großen Hoffnungen bezüglich der raschen Be endigung des Krieges. — Es ist der Befehl er teilt worden, in einer Anzahl amerikanischer Häfen Minen zu legen. Die einzelnen Plätze find nicht bekannt, doch sollen die Minen so bewacht werden, daß die Schiffe befreundeter Nationen keiner Gefahr ausgesetzt find. "ES ist natürlich, datzdtekrteaerischen Ereignisse sich zunächst hauptsächlich auf die Wegnahme von Prtvatschtffen der beiden Parteien auf See beschränken. Wie schon erwähnt, hat Amerika den Anfang mit der Wegnahme der „Buenaventura" und dann an scheinend d«S spanischen NakäbooteS „AlfonS XU." — nach anderen Nachrichten soll es der Schnell dampfer „New Ao«" sein — gemacht. Ad« auch die Spant« find nicht müßig gewesen. Nach einem in Antwerpen eingelaufenen Tele gramm hat ein spanisches Kriegsschiff an d« englischen Küste den amerikanischen Viermaster „Shenandoa", der mit ein« Ladung Getreide von San Francisco nach Liverpool unterwegs war, aufgebracht. * Präsident Mac Kinley erließ eine Prokla mation, durch welche 125 000 Frei willige zu den Fahnen gerufen werden; d« Dienst soll zwei Jahre dauern, fall» die Ent lassung nicht schon früh« «folgt. Aandla». Das Abgeordnetenhaus erledigte am Montag nach unerheblicher Generaldebatte das Komptabtlitäts- gesetz in driltrr Lesung. Zu der hierauf folgendm ersten Beratung der Sekundärbahnvorlage hatten sich 108 Redner zum Wort gemeldet, die sämtlich neue Eismbahnen für ihre Wahlkreise haben wollen. Abg. v. Eynern beschwerte sich über zu geringe Be rücksichtigung des Westens beim Bau von Sekundär bahnen. Die Bevölkerung sei vielfach gezwungen, weite Umwege zu machen, weil direkte Verbindungen zwischen nahe aneinanderliegenden Orten nicht her gestellt würden. Minister v. Thielen wird bet den Kommissionsberatungen die Gründe darlegen, welche für die Wahl der vorgeschlagenen Tracen ausschlag gebend gewesen sind. Ker Verkauf der Kloyddarrrpfer. Der ,Hamb. Korr.' bringt einen Artikel üb« den Verlauf der Schnelldampfer „Columbia" und „Normannia", der wohl vom Norddeutschen Lloyd ausgehen dürste und zur Verteidigung der Maßregel folgende, allerdings anzuerkennende Gründe anführt: Daß es sich bei dem Verkauf d« beiden Schnelldampf« für die Gesellschaft in der Thal um ein glänzendes Geschäft handette, kann für niemand zweifelhaft sein, der mtt den Verhält nissen einigermaßen vertraut ist. Schnelldampfer haben nur so lange einen Wert, als sie den höchsten Ansprüchen des Publikums in bezug auf Komfort und Schnelligkeit genügen. Werden sie von anderen Schiffen überholt, so finkt ihr Wert rapide bis zur völligen Wertlosigkeit; denn ein Schnelldampfer ist nach seiner Bauart und Einrichtung weder als gewöhnlicher Passagier dampfer noch als Frachtdampfer später mit Nutzen verwendbar. Die „Kolumbia" und die „Normannia" stammen aus den Jahren 1889 und 1890; sie haben sich lange an der Spitze der im transozeanischen Verkehr beschäftigten Schnelldampfer behauptet und find der Stolz der deutschen Reederei gewesen. Diese That- sache kann aber nicht darüb« hinwegtäuschen, daß auch für sie die Zett nicht mehr fern ge wesen wäre, wo sie ihren Rang an neuere, noch schnellere und noch größere Dampfer hätten ab treten müssen. Wenn daher d« Gesellschaft die Möglichkeit geboten wurde, diese beiden Schiffe zu einem, wie man getrost annehmen kann, den Buchwert sehr beträchtlich übersteigenden Preise abzustoßen, so ist dies in der Thal ein Glücks fall, wie er einer Reederei nur sehr selten zu teil wird und den unbenutzt vorübergehen zu lassen, nur mtt der Rücksicht auf die Möglichkeit einer Schädigung der Reichsinteressen zu recht fertigen gewesen wäre! Der Aufsatz geht nun auf die Frage der Schädigung der Reichsinteressen ein und bemerkt dazu: Glaubt man wirklich, daß diese Lücke auf die Dauer bestehen bleiben wird und daß die Hamburg-Amerika-Linie die Absicht hat, auf den Besitz erstklassiger Schnelldampfer für die Zukunft mehr oder weniger zu verzichten ? Man wird zu d« Gesellschaft das Zukauen haben dürfen, daß sie schleunigst auf Ersatzbauten Be dacht nehmen wird. Daß diese aber auf der Höhe der heutigen Leistungsfähigkeit der Schiff baukunst stehen und den Schiffen, welche sie er setzen sollen, an Größe und Schnelligkeit wett überlegen sein verden, unterliegt keinem Zweifel. Wir haben auch Grund zu d« Annahme, daß die Hamburg-Amertka-Ltnie diese Neubauten deutschen Wersten -uwenden wird. Daraus «gibt sich also für die Gesellschaft eine sehr erwünschte Erneuerung ihres Schnell- dampfermatertal», für die Marine die Ge winnung neu« Hilfskreuzer an Stelle minder tauglich« all« und für die deutsche Schiffsbau- Industrie die Aussicht auf neu« ebenso umfang reiche wie lohnende Aufträge, für welche die er forderlichen Mtttel zu einem erheblichen Teil vom Ausland geliefert werden. N*» Nah »mk Frrm. BerN«. Eine internationale Luftballon- auffahrt findet zwischen dem 1. und 10. Juni gleichzeitig in Berlin, Men, Krakau, München, Straßburg, Paris, PeterLburg, Moskau und Warschau statt. Es find selbstregistrierende Ballons ohne Bemannung und werden in Zu kunft herabhängende Fahnen mit sich führen, auf welchen in deutsch«, russisch«, französischer und italienischer Sprache zu lesen sein wird: „Vorsicht! Feuer und Pfeifen fort!" — 50 Mark, 30 Gulden Belohnung!" — „Oeffnet die rote Tasche!" rc. rc. Durch diese Maß- nahmen soll es ermöglicht werden, die Auf findung und Bergung des Ballon« zu «leichtern. Die 58 bisher ausgelassenen Ballons find alle wiedergefunden worden. An Bergelohn wurden rund 3000 Mk. ausgezahlt. München. In dem Befinden d«S Königs Otto ist keine äußerlich merkbare Verschlimmerns zu konstatieren. Im Gegenteil find die Blutungs erscheinungen zurückgetreten. Ueber ihre Ursache find die Arzte imm« noch uicht klar. Es kann nicht einmal angegeben werden, ob die Blutungen auf Entwickelungen zurückzuführen find, die den Keim zu einer bösartigen Erkrankung in sich bergen. Die Unsicherheit in der Diagnose «klärt sich aus der Unmöglichkeit, den Patienten zu untersuchen. Auch Sondierungen mtt Zuhilfe nahme der Narkose find absolut ausgeschlossen. Würzburg. Professor Röntgen ist eine neue Auszeichnung zu teil geworden. Die philosophische Fakultät in Göttingen hat ihm den 1896 gestifteten Otto Vahlbruch-PreiS zu erkannt. Der Preis wird alle zwei Jahre für diejenige in Deutschland gefertigte und er schienene Arbeit vergeben, die den größten Fort schritt in den Naturwissenschaften innerhalb der beiden letzten Jahre bedeutet. Leipzig. Die erste Handelshochschule in Deutschland wird hier am 26. April feierlich er öffnet. Als Studierende finden auf dies« neuen Hochschule Aufnahme die Abiturienten der höheren neunjährigen deutschen Lehranstalten, Gymnasien, Realgymnasien, Ober-Realschulen; die Abi turienten höh«« Handelsschulen, d. h. solcher, deren oberste Klasse der Ober-Prima der erst genannten Anstalten entspricht; seminaristisch ge bildete Lehrer, welche die zweite Lehramts prüfung bestanden haben, und Kaufleute, welche die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst erworben und ihre Lehrzeit beendet haben, sofern sie die «forderliche geistige Reife nachzuweisen vermögen. Die Dauer des Studiums ist auf vi« Semester berechnet. Danzig. Mit der Beschäftigung von Damen im Post- und Telegraphendienst ist nunmehr auch seitens der hiesigen Ober-Postdirektton vorge gangen worden. Seit kurzem find bei dem Telegraphenamt in Danzig eine Anzahl von Damen behufs Ausbildung im Fernsprech- bezw. Telegraphendienste einberufen worden. In den Büreaus der Ober-Postdirektion find zunächst nur zwei Damen als Hilfsarbeiterinnen ein gestellt worden, und zwar in d« RentenrechnungS- abteilung, sowie in der Bezirks-RechnungssteUc für Postanweisungen. Altona. Der bei dem hiesigen Amtsgericht beschäftigte Aktuar Lammers ist vom Reichs marineamt als Gerichtsschreiber nach Kiautlchou berufen worden. Er wird neben freier Reise und Ausrüstungsgeldern ein jährliches Gehalt von 7000 Mk. beziehen, muß sich jedoch auf drei Jahre »«pflichten. Der Genannte ist fick bezüglich der Annahme d« Berufung noch nichr schlüssig geworden. Der verfloßene Sohn. 4s Aus dem Englischen von Julie Düngern. <FoiII«vung.> Während Routh Tag und Nacht den Ge schäften oblag, verlebte Georg Stainberg seine Tage in der früheren Weise, nämlich in der eines Mannes, dessen Verstand und natürliche Anlagen ihn zu allem befähigten, bei welchem aber die Liebe zum Vergnügen und fort währender Zerstreuung so die Oberhand ge- Wonnen hatte, daß ihm ein anderes Leben, als das jetzige, ganz unmöglich schien. Jetzt, wo eS noch galt, seine traurigen Gedanken zu ver gessen, war er leichtsinniger denn je, und Routh, wenn er sein« habhaft werden konnte, that nichts, um ihn auf den rechten Weg zu führen, waS ihm leichter wie jedem andem geworden wäre, da Georg die schwarzen Schatten in Rouths Charakter nicht kannte und ihn auf richtig bewunderte. Für Harriet ab« hatte er jene ritterliche Neigung, welche junge Männer zuwellen haben und die sie vor allem Schlim meren bewahrt. Er wußte recht gut, daß die junge Frau mtt keinem Gedanken an ihn denke, aber er war sehr gerne in ihrer unterhaltenden Gesellschaft, fand sie schön und liebenswürdig und würde für sie durchs Feuer gegangen sein. Eines Tage», als Georg in seinem ärmlichen Zimm« fitzend, auf den Postboten wartete, brachte ihm derselbe wirklich einen Brief von d« Hand seiner Mutter; mtt zitternden Fingern «brach er denselben und la» folgende»: „Lieber Georg! ES ist mir gelungen, da» Geld zu «hatten, nach dessen Besitz Du strebst, und ich hoffe, Du wirst Dein Wort halten und nach Bezahlung Dein« Schuld ein neues Leben beginnen. Wenn ich DK das Geld nicht so gleich mitsandte, so geschah dies, um Dir vorher zu sagen, wie schwer es mir wurde, es zu er langen, und welchen Preis ich dafür zahlen mußte. Du, mein einziges Kind, zu welchem ich in den ersten Tagen meines WitwenstandeS mit solchem Stolze, solcher Liebe als meine einzige Stütze blickte. Du hast mir unendlichen Kummer bereitet, hast meine dunklen Lebenslage noch trüber und freudloser gemacht. Doch ich will Dir keine Vorwürfe machen, und wenn ich von den zahllos um Dich vergossenen Thränen spreche, so ist es nur, um Dich flehentlich zu bitten, ein anderes Leben zu beginnen und mir ferneren Kumm« zu ersparen. — DaS Geld habe ich durch einen unerwarteten Zufall erhalten. Der Familienanwalt meines Gatten war nämlich bei uns zu Tische; das Gespräch kam auf eine sonderbare und unangenehme Familien-Ange- legenheit, welche sich jüngst zugetragen, ich ver mag Dir die Details nicht zu schreiben, aber ich bitte Dich, in drei Tagen, von heute an, zu mir zu kommen. Mr. Carter ist bei ein« landwirtschaftlichen Versammlung in York und ich kann Dich in Amherst sehen und sprechen, ohne jegliche Gefahr, entdeckt zu werden. Heute ist der 14., ich erwarte Dich am 17., bis dahin hoffe ich da» Geld für Dich bereit zu haben. Und nun, mein dennoch teure» und ge liebtes Kind! Somme zu Deiner Mutt«, werde ein and««, wie Du eS mir versprachst. Ich habe mein Dir gegebener Versprechen gehalten, trotzdem es mich mehr kostete, als Du nur ahnen kannst. Hatte Du jetzt das Deine. C. L. Carter." „Was kann sie damit meinen?" fragte sich Georg, nachdem er den Brief gelesen, „was hat sie gethan? Etwas Unrechtes war es gewiß nicht, das ist sie nicht im stände. Gott segne sie!" Georg zog eilig seinen Oberrock an, steckte den kostbaren Brief in die Tasche und eilte zu Routh, wo er nur Harriet traf, welche sorgen voll auSsah. Georg teilte ihr seine Freude mit, daß seine Mutter ihm das Geld geben werde. „Wie gelang es ihr, die Summe aufzu treiben ?" fragte die junge Frau. „DaS schreibt sie mir nicht", war die Ant wort, „abn eS mag ihr nicht leicht geworden sein." In diesem Augenblick trat Routh herein, welch«, nachdem er einen fragenden Blick auf seine Frau geworfen, den jungen Mann aufs freundschaftlichste begrüßte. Als er hörte, um was eS sich handle, war er sehr erfreut, sein Ge.d wieder zu erhalten. Auch ihm teilte Georg mit, daß es seiner Mutter schwer geworden sei, eS aufzutreiben und fügte hinzu, daß er oft mals versucht gewesen wäre, sich eher eine Kugel durch den Kopf zu schießen, al» seine Muiter mtt der Sache zu behelligen. „Sie vergessen, daß ich eS war, welcher Ihnen riet, die Hilfe Ihrer Mutt« anzugehen," sagte Harriet, indem sie aufstand und ihre Hand auf seine Schuller legte. „Ich weiß, Sie wollten mich eben nicht beleidigen, mein jung« Freund, ab« ich fand e» doch am Platze, daß Sie eine Ehrenschuld zahlen, und daß diejenige Ihnen zu dem Gelbe verhilft, welcher Sie das Teuerste auf Erden sein müssen." „WaS mich betrifft," rief Routh, „so würde ich lieber das Geld verloren, als dir eine Un annehmlichkeit bereitet haben, mein Junge." „Ich weiß, welch' treu« Freund du bist," entgegnete Georg, ihm die Hand reichend, „doch ich muß jetzt wieder gehen und wollte euch nur dieses Mitteilen. Guten Abend, Stewart, guten Abend MrS. Routh, nicht wahr, wir find ein ander nicht böse?" Sic drückte seine Hand mit einem ernsten,, forschenden Blick. AlS die Thür sich hinter ihm geschlossen hatte, verschwand das Lächeln von RouthS Lippen und er sagte: „Zum ersten Mak im Leben, Harriet, bin ich unzufrieden mit dir. Du gestehst selbst ein, daß du es warst, welche Georg riet, sich an seine Mutter zu wenden. Dachtest du nicht daran, daß diese ihn von un» abziehen würde? Wo fände ich aber einen so treu ergebenen Menschen Wied«? Ich weiß recht gut, daß « dich anbetet und kenne deine Macht üb« ihn." „Du bist doch nicht eifersüchtig, Stewart?" fragte seine Gattin. „Ich eifersüchttg? Die» fiele mir nickt ein, mein Herz, ich bin froh darüber, denn Georg kann un» von unendlichem Nutzen sein. Er ist sehr angesehen bei d« Presse; ein Brief, welchen « mk neulich mitteilte, bestätigt die». Er darf un» nicht vnloren werden und er wird e», ich bin dessen sicher, wenn e» uns nicht gelingt, ihn zu kompromittieren. Er muß durch eine, wenn auch nicht ganz moralische Handlung,.
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