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Auerthal-Zeitung : 03.04.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189804035
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980403
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980403
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-04
- Tag 1898-04-03
-
Monat
1898-04
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 03.04.1898
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Politische K»«dscha«. Teutschlanv. * Der Kaiser hat an seinen Onkel, den Großherzoa von Baden, folgendes Telegramm gerichtet: „DaS Flottengesetz ist soeben mit starker Majorität in dritter Lesung angenommen worden, und vor allem ist eS Deiner unermüdlichen Mitarbeit zu danken, mit der Du, wie immer, wenn eS sich um das Wohl des Vaterlandes handelt, mit Hingabe und Nachdruck Mir beigestanden haft. Zum Dank dafür stelle Ich Dich L I» snits unserer Marine» Infanterie, deren brave Jungen im fernen Osten unsere Flagge beschirmen. Gott segne Dich." * Kontre - Admiral Tirpitz, der Staats« sekretär des Reichs-> MarineamtS, ist vom Kaiser zum aktiven preuß. Staats- Minister ernannt worden. Man wird nicht fehlgehen, wenn man diese Auszeichnung mit dem Erfolg, welchen der Kontre-Admiral mit den Flottenvorlagen erzielt hat, in Verbindung bringt. *Wie den Münch. N. N.' von angeblich gut unterrichteter Seite aus Berlin berichtet wird, soll der zehnjährige Jahrestag der Thron-Besteigung deS Kaisers Wilhelm II. im Juni mit großen Festlich keiten gefeiert werden. *DaS Panzerschiff „Oldenburg", das vom April ab an der marokkanischen Küste kreuzen wird, hat Befehl erhalten, im Mai an den Festen zur Feier der 400 jährigen Entdeckung des Seeweges nach Ostindien zur Vertretung der deutschen Flotte teilzunehmen, die in Lissabon stattfinden werden. * Die preuß. Staatsregierung ist fest einiger Zeit der Frage näher getreten, ob nicht der Versuch zu machen sei, diejenigen Privat regalberechtigten, welche zur Zeit noch selbständig die Bergpolizei durch eigene An gestellte auSüben, zum Verzicht auf diesen Teil ihrer auf dem Bergregal beruhenden Be fugnisse zu bewegen. Die Verhandlungen find noch in der Schwebe. *Die württembergische Kammer der Abgeordneten hat bei Beratung der Ver fassungsreform die Abschaffung der Stichwahl mit 54 gegen 30 Stimmen an genommen, nachdem der Ministerpräsident erklärt hatte, daß die Staatsregierung unter allen Um ständen auf ihrer Forderung beharre und, wenn sie abgelehnt würde, den ganzen Verfassungs- Entwurf zurückziehen würde. Oesterreich-Ungarn. * Laut einer Meldung aus Fiume erhält auch Oesterreich-Ungarn ein Marin eseptennat. Der Chef der Marine, Vize-Admiral Baron Spaun, soll von den nächsten Delegationen einen auf sieben Jahre verteilten größeren Kredit ver langen, damit die Kriegsmarine des Kaiserstaates mit den Flotten anderer Großmächte annähernd gleichen Schritt halten könne. Die Höhe des Kredits ist noch nicht angegeben. Belgien. *Die internationale Zuckerkon ferenz tritt erst im Au g u st in Brüs s c l zusammen. Der „Hamb. Korr.' schreibt: Nach langen Bemühungen ist es endlich der belgischen Regierung gelungen, die Unterhandlungen über die internationale Zuckerkonferenz zum glücklichen Abschluß zu führen und ihren Zusammentritt im August in Brüssel zu sichern. Auch Oester reich-Ungarn hat die Beschickung der Kon ferenz zugesagt; Spanien hat selbst gebeten, an der Konferenz teilnehmen zu dürfen, dagegen wird Italien als an der Zuckerfrage un beteiligt, nicht auf der Konferenz vertreten sein. Spanien. * Bei den W ahlen in Spanien find nach den letzten über die Wahl vorliegenden Ziffern gewählt worden: 192 Ministerielle, 46 Konservative, 7 Anhänger Nomero Nobledos, 15 Republikaner und 3 Karlisten. In Havana find 4 Autonomisten und 2 Konservative ge wählt. Aus den übrigen Wahlbezirken Cubas liegen noch keine Ziffern vor. Portugal. *Jm Falle eines Krieges zwischen Spanien und Amerika wird Portugal eine streng neutrale Haltung beob achten. Um den Hafen von Lissabon zu schützen, find mehrere Torpedoboote dahin be ordert. Nach den Azoreninseln werden Kriegs schiffe mit gleicher Aufgabe gehen. BalkanstiMte«. * Sofern einer neueren Meldung -u trauen ist, dürfte die Kreta-Frage doch rascher wieder in Fluß geraten, als eS in letzter Zett den Anschein hatte. Die .Nowoje Wremja' bestätigt, daß Rußland, Frankreich und England übereingekommen seien, den Prinzen Georg auch ohne Zustimmung der Pforte und des Sultans als Generalgouverneur von Kreta einzusetzen. Bisher hatte man sich über die Abstimmung der russischen Regierung zurück haltender geäußert. Der in Aussicht stehende Besuch deS Prinzen in Petersburg, Kopenhagen, London, Paris und Rom sei als Danksagung für den Beschluß seiner Einsetzung aufzufassen. Die Frage, ob die drei Mächte die Zahl ihrer Truppen auf Kreta erhöhen wollen, sei gleich falls berührt worden und werde voraussichtlich in bejahendem Sinne gelöst werden. Amerika« *ES scheint, daß die Wolken zwischen Nordamerika und Spanien langsam verschwinden. Spanien soll weitgehende Zuge ständnisse gemacht haben, über welche am DienStag daS Kabinett in Washington beriet. Es wird versichert, daß Spanien selbst einer Zurückziehung feiner Truppen aus Cuba zustimmen würde, unter Bedin gungen, die, wenn auch für die Ver. Staaten nicht gänzlich zufriedenstellend, doch liberaler und versöhnlicher als die bisher in Vorschlag gebrachten seien und dem Wunsche nach Ab wendung deS Krieges offenen Ausdruck verliehen. Ergänzend teilt eine Drahtmeldung der Londoner ,Pall Niall Gazette' vom DienStag mit, Spanien nehme die Vorschläge Mac Kinleys, nämlich die Herbeiführung eines Waffenstillstandes auf Cuba bis Oktober, an. * Unter den kleinen Raubstaaten Mittelamerikas herrscht nie Frieden. Costa Rica dürste sich binnen kurzem im Kriege mit zweien seiner Nachbarstaaten befinden. Mit Nicaragua waren die Verhältnisse von lange her gespannt, und der Ausbruch eines Krieges schien nach den letzten Nachrichten über Washington unvermeid lich. Jetzt kommen auS Costa Rica Mitteilungen, daß auch ein Krieg mit Guatemala in Sicht sei. Afrika. *Die englisch-ägyptische Expedition rückt den Mahdisten immer näher auf den Leib. Nach einer amtlichen Meldung griffen Kanonenboote mit ägyptischen Truppen am 26. März Schendi an, zerstörten die Befestigungen, nahmen Getreidevorräte, Vieh und Munition weg und befreiten 600 Sklaven. Die Derwische ver loren 160 Mann, die ägyptischen Truppen halten keinen Verlust. Asten. *Der .Daily Mail' meldet aus Tientsin, daß Li - Hung - Tschang ans Staatsruder zurückkehren werde und daß er wieder nach Europa gesendet werde. Prinz Kung habe sich geweigert, den russisch-chinesischen Vertrag zu unterzeichnen und habe die Präsidentschaft des Staatsrats nicdergelegt. *Eine neue Gebietsabtretung an die Engländer soll von der chinesischen Negierung zugestanden worden sein. ,Daily Chronicle' glaubt Grund zu der Annahme zu haben, daß eine private Gebiets Über lassung von vermutlich ansehnlichem Werte seitens der chinesischen Negierung an englische Kapitalisten erfolgt sei. Die Konzession soll 10 000 Quadratmeilen umfassen, die in der Provinz Schansi liegen. (Diese grenzt nörd lich an die deutsche Interessensphäre von Schantung.) Ans dem Neickstaqe. Der Reichstag begann am DienStag die dritte Etatsbcratung. Zum Etat des Reichstags wurde eine Resolution angenommen, welche die Geschäfts ordnungskommission aufforvert, Maßnahmen zum Schutz des Petüiousrechts der Beamten in der Richtung zu treffen, daß die Namen der Petenten geheim gehalten werden. Zum Etat der Reichs kanzlei und de» Reichskanzlers hatten Abg. Auer und Gen. eine Resolution Angebracht, nach welcher «ine kürzlich im.Reichsanzeiger' veröffentlichte Be- richtigung zu 8 138 a der Gewerbeordnung für un gültig erklärt werdm soll. Die Angelegenheit wurde der Geschäftsordnungskommission überwiesen. ES wurden noch der Etat de» Auswärtigen Amtes und der Kolonialetat erledigt. Am 30. Märzwtrd die dritte Etatsberatung fortgesetzt beim ReichSamt de» Innern. — Auf eine Anfrage des Abg. Bassermann (nat.-lib.) teilt Staatssekretär Graf Posadowsky mit, daß hinsichtlich der Einführung des Befähigungsnach weises für Schiffer zwischen den Rheinuferstaaten ein vorläufiges Uebereinkommen zu stände gekommen ist, durch das bestimmte Grundsätze für di« lieber« tragung der Führung für Dampfschiffe festgelegt worden sind. Abg. Rettich (kons.) kritisiert die vom Bundes» rat erlassenen Ausführungsbestimmungen zum Mar- garinegefetz, die nach seiner Ansicht dem Geist des Gesetzes direkt zuwiderlausen. Staatssekretär Gras PosadowSky erwidert, die Vorschrift über die ^getrennten Verkaufsräume könne doch nicht den Sinn haben, betrügerische Manipulationen zu verhindern, sondern nur die Kontrolle zu erleichtern. Ohne solche Kontrolle machten Gesetze nur Lärm und nutzten nichts. Zur Chikanierung der Verkäufer fei das Gesetz jedenfalls nicht erlassen. Abg. Rickert (fr. Vg.) hält es als kon stitutionell gesinnter Mann für begreiflich, daß die Regierung den getrennten Verkaufsräumen schließ lich doch zugestimmt hat. Für ebenso begreiflich müsse man eS aber halten, daß nun die AuS- sührungsbestimmungen möglichst milde eingerichtet worden seien. Abg. Schönaich-Carolath (nat.-lib.) for dert eine Revision der Konvention mit Holland über den Lachsfang. Staatssekretär Graf PosadowSky erklärt nachträglich zur Ergänzung seiner vorherigen Aus führungen, daß die von ' verschiedenen Margarine fabrikanten hergestellten und den Verkäufern ge lieferten Pavillons den AusführnngSbestimmungcn nicht entsprechen würden. Eine Aenderung der Lachskonvention sei angestrebt, aber noch nicht zn erreichen gewesen. Uni zu verhüten, daß ein vcr- tragsloser Zustand einlrcte, während dessen leicht die ganze Lachssischerri ruiniert werden könnte, müsse auch mit großer Vorsicht vorgegangen werden. Abg. Lntgenau (soz.) fordert den Erlaß eines Reichsberggesetzes und Beteiligung der Arbeiter an der Bctricbskontrolle. Ebenso dringend sei ein vermehrter Schutz der Bauhandwerkcr gegen Unfälle notwendig. Staatssekretär Graf PosadowSky erwidert, über letztere Frage sei zwischen den Regierungen eine Einigung bereits angestrcbt. Zn der Frage eines Reichsbcrggesetzes hätten die verbündeten Re gierungen noch nicht Stellung genommen. Abg. RadwanSki (Zentr.) fordert vermehrte Zulassung von Schweinen aus dem Nuslande nach Schlesien. Abg. Pens (soz.) möchte die ins Werk gesetzte Enquete über die Beschäftigung von Kindern auch auf die landwirtschaftlichen Betriebe ausgedehnt sehen. Staatssekretär Graf Posadowsky führt aus, daß die Beschäftigung im Gewerbebetriebe einen ganz anderen Charakter habe, als die in der Land wirtschaft. Es sei also kein zwingender Grund vor handen, die Enquete über beide zn erstrecken. Abg. Kruse (natl.) nimmt die Gelegenheit wahr, die in der zweiten Lesung von Abg. Lenzmann gegen die Irrenärzte erhobenen Angriffe als unbe gründet znrückzuweisen. Staatssekretär Graf Pos adowsky schließt sich diesen Ausführungen an und beleuchtet die an strengende Lhäligkcit dieser Klasse von Acrzteu, die sür ihre aufopfernde Thätigkcit eher Dank als An griffe verdienten. Nach längerer Debatte über die Irrenärzte und den Fall Roibeuburg wird der Etat des Neichsamls des Innern bewilligt. — Bezüglich der in zweiter Lesung angenommenen Resolution ans Ersatz der Reichstags- bau-Kommijsiou durch eine neue Kommissron erklärt Staatssekretär Graf Posadowsky, die ver bündeten Regierungen erklärten sich mit dieser Reso lution einverstanden ; er bitte nun aber den Reichs tag, die Mitglieder möglichst noch vor den Ferien zu wählen. Bei dem nun folgenden Militär-Etat erklärt Preuß. Kriegsminister v. Goßler: Abg. Bebel hat in der zweiten Lesung zwei Todesfälle von Soldaten zur Sprache gebracht, die er aus voran gegangene Mißhandlungen zurückführtc. Ich habe die Fälle untersuchen lassen und kann mitteilen, daß in dem einen Falle, beim Garde-Kürassicr- Negiment, keine Mißhandlung hat festgestellt werden können. Der Soldat ist an einem schweren Nierenleiden gestorben. In dem zweiten Falle, 1 beim 170. Regiment in Kehl, ist ebenfalls eine Mißhandlung nicht feßgesiellt. Der Soldat hat sich erhängt, wie man annimmt, au» Furcht vor Strafe. — Der Minister wendet sich dan.. zu der kürzlich in Saarbrücken festgeftellten TyohuS - Epidemie. E» habe sich ergeben, daß in «inen der zur Aufbe wahrung der Speisebottiche bestimmten Räume zu fällig Typhusbacillen eingeschleppt, worden seien. Abg. Bebel (soz.): In dem Falle beim 170. Regiment hätten frühere Kameraden de» Ge storbenen ausdrücklich gesagt, daß dieser au» Furcht vor weiteren Mißhandlungen sich da» Leben ge nommen habe. Redner erzählt sodann einen neuen Fall von Soldaten-Mißhandlung in Heidelberg und bittet den Minister, auch diesen untersuchen zu lassen. Bezüglich der Saarbrücker TyphuS-Epidemie frage er, ob eS richtig sei, daß einer der Soldaten, die zum Kartoffelschälen bestimmt warm, mit un genügend gereinigten Händen zum Kartoffelschälm zugelasscn wurde. Kriegsminister v. Goßler erwidert, den Fall in Heidelberg werde er untersuchen lassen. Daß ein Mann in Saarbrücken mit ungereinigten Händen zum Kartoffelschälen verwendet worden sein soll, be ruhe auf einer Verwechselung. Abg. Letocha (Zentr.) bemängelt die Liquida tionen der Kosten für die Hilfeleistungen der o Militärkommandos bei den Ueberschwemmungen in - Schlesien. Abg. Kunert (soz.) geht auf die gestrigen Darlegungen des sächsischen Bevollmächtigen Grafen Vitzthum und deS Abg. Merbach über die Lohn- drückcreien in den sächsischen Sattlereien ein, wird in seinen Ausführungen aber fast beständig von Lärm auf der Rechten unterbrochen. Die Behaup tung, daß die Sattler Lohndrückerei treiben, wird vom Abg. Dierbach laut als Lüge bezeichnet. . Redner verbittet sich einen solchen Zuruf, wird aber vom Präsidenten v. Buol mit dem Bemerken zurechtge wiesen, er habe kein Recht, die Mitglieder deS Hauses zu rüqen. Sodann wendet sich Redner zu den Arbcitsverhältnissen in den Spandauer Werkstätten und rügt den Mangel an ausreichender Venti lation, die zu lange Arbeitszeit, das Strafgelder wesen u. s. w. Kricgsministcr v. Goßler: Die Ausführungen des BorrednerS sind so unbegründet, seine An schauungen so mangelhaft, daß ich darauf verzichte, ihm zu antworten. Nach einigen persönlichen Bemerkungen des Abg. Nhlwardt über die „Judenflinten" wird der Militär- ,Etat bewilligt. Ebenso dcbattelos der Marineetat. Kanvtag. Das Herrenhaus erledigte am Dienstag außer kleineren Vorlagen das Gesetz betr. Erhöhung des Grundkapitals der preuß. Zcntralgenosscnschaftskasse und das neue Ansiedclungsgesetz. Nächste Sitzung am 26. April. Am DienStag setzte das Abgeordnetenhaus die dritte Etatsbcratung beim Justizetat fort. Beim Etat des Ministeriums des Innern erklärte Minister v. d. Recke aus eine Anfrage, er werde möglichste Milde bei der Zulassung ausländischer Arbeiter walten lassen, hält es jedoch nicht für zulässig, Aus nahmen zu Gunsten einzelner Industrien zu machen. Beim landwirtschaftlichen Etat stellte der Minister weitere Maßnahmen gegen die Einführung ameri kanischen Obstes in Aussicht, falls sich die Not wendigkeit dazu ergeben sollte. Das Abgeordnetenhaus beendete am Mittwoch die dritte Beratung des Etats und begann hierauf di: erste Lesung der Vorlagen betr. Erhöhung des Einkommens der evangelischen und katholischen Geist lichen. Nach einer einleitenden Rede des Ministers Boise machte Abg. v. Köller einige Ausstellungen an den Entwürfen, indem er insbesondere betonte, cS werd: hier ein bedenklicher Schritt in der Richtung gcthan, die Geistlichen zu Staatsbeamten zn machen. Abg. v. Heydebrandt versicherte, die Mehrheit der konservativen Fraktion teile die Bedenken des Abg. v. Köller nicht, sei vielmehr mit den Vorlagen von Herzen einverstanden. Die Abgg. Porsch (Zenlr.) nnd Sauter (natlib.) sprachen ihre Billigung der Gesetz entwürfe aus. Do« Mals und Fern. Berlin. Die Angelegenheit des Oberfaktors Grünenthal hat nunmehr eine entscheidende Wendung insofern genommen, als endlich von amtlicher Seite die Meldung vorlicgt, daß Grünenthal das Geständnis abgelegt hat, « Neichsbanknoten aus der Reichsdruckerei ge- ß' stohen zu haben. Wie auf dem Friedrich- Werderschen Kirchhofe, find jetzt auch auf dem Alten Jakobi-Kirchhofe und auf dem Alten Jerusalemer Kirchhof Wertpapiere, die dort von Grünenthal verborgen waren, aufgefunden worden. Frankfurt a. O. Von der Wagenplatt form eines in voller Fahrt begriffenen Personen- Iwischen zwei Wetten 18) Roman von Louise Cammercr. >F Mkyuna, „Leider nein; da ich mein Geschäft am hie sigen Platz verkauft, um mich mit meinem Sohne zu verbinden, verließ er mein Haus, um sich wieder nach der Heimat zu wenden. Zweifellos hat ihn indes niein Sohn noch aus längere Zeit an New Dort gefesselt, denn Mister Davis schrieb mir, daß Harry in Gesellschaft eines Mister Burger Besuch in seinem Hause abge- stattcr habe." „Die Sehnsucht, das mächtige Gefühl, wel ches das Mutterherz hierhcrzog, trieb den Sohn allerdings nicht heimwärts," sagte Kommerzien rat Günther ernst, ^auch ist cs kaum erklärlich, daß er nicht durch em paar Zeilen seiner Mutter Nachricht gegeben." „Dazu ließ ihn die Unsicherheit seiner Zu kunft vielleicht nicht kommen," meinte Mister Brown. „DaS wird eS sein," stimmte Günther bei, „doch haben wir allen Grund, der gütigen Vor sehung für ihr Walten zu danken. Valeska, mciir Kind, eS ist besser, wir bringen diese eine Angelegenheit zu einem glücklichen Ende und reisen mit Frau Burger zurück, um ein Wider setzen mit ihrem geliebten Sohn zu ermöglichen. Mister DaviS hat versprochen, mein Geld auf die Ländereien gutschreiben zu lassen. Später will ich die Angelegenheit in Burgers Hände legen, der mit den amerikanischen Verhältnissen besser vertraut ist, als wir, nnd für uns die Reise nach Cincinnati unternehmen kann. Ich bin reisemüde und will mich eine Zeitlang ruhig nicderlassen." Ueber Mister Browns Züge flog ein flackern des Rot. „Ich bin gern erbötig, in Ihrer Angelegenheit thätig zu sein, Mister Günther," sagte er mit verbindlicher Artigkeit, „ich habe selbst bedeutende Forderungen an die Wilson- sche Kompanie-Gesellschaft und werde im Laufe der allernächsten Zeit nach Cincinnati gehen." „Vielleicht dürften wir uns dort treffen," war Valeskas sehr bezügliche Erwiderung. „Da ich als einziges Kind meines Vaters doch an allem, was sein Wohlergehen betrifft, daneben auch an seinen geschäftlichen Interessen herz lichen Anteil nehme, so sehe ich diesmal von meinem Vorhaben nicht ab, sondern bestehe darauf, unfern Grundbesitz in Augenschein zu nehmen." „Es dürfte dieses abenteuerliche Unternehmen nicht so gefahrlos ablaufen, alS Sie vielleicht denken, Miß Günther," sagte Mister Brown eiskalt; „amerikanische Verhältnisse zu beurteilen dürfte Ihnen schwer fallen, Ihr persönliches Erscheinen in einer derartigen Ansiedlung mit ihrem Mischmasch von aus aller Herren'Länder zusammengewürfelten Abenteurern, Vagabunden und Raubgesindel könnte Ihnen nur schlimme Erfahrungen bringen und Ihre eigene Sicherheit ganz unberechenbar aufs Spiel setzen. Derlei romantische Grillen spuken wohl in den jungen Mädchenköpfcn, im wirklichen Leben aber bedarf eS praktischer Ratschläge." Diese Zurechtweisung wurde in verletzendster Form gegeben. Kommerzienrat Günther fühlte sich unbehag lich. „Laß die leidigen Geschäfte ruhen, Kind. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Auf schlüsse , Mister Brown, und möchte Sie nur noch bitten, mir eine Stunde zu bestimmen, in welcher ich Sie vor meiner Abreise sprechen kann. Es wäre mir lieb, die Adresse Ihres Sohnes zu erhalten, um bei meiner Ankunft in New Sjork nicht wiederum viel Zeit zu ver lieren." Nachdem beide Herren sich über die Besuchs stunde geeinigt, verabschiedeten sie sich auf daS herzlichste von ihrem liebenswürdigen Gastgeber — Kommerzienrat Günther und ValeSka, um ins Hotel zurückzukehren, dort Frau Burger von dem glücklichen Ergebnis ihrer Nachforschungen zu unterrichten und sofort Vorkehrungen zur Weiterreise zu treffen. Die Unterhaltung mit Günther hatte auch Mister Brown in eine sehr nachdenkliche Stimmung versetzt; er selbst hatte beabsichtigt, die Kapitalien, die er dem Wilsonschcn Unternehmen geopfert, gleichfalls auf die Ländereien cintragen zu lassen und nun kam ihm dieser deutsche Kommerzienrat zuvor. Es war ihm nicht entgangen, daß das junge Mädchen Mißtrauen gefaßt und deshalb aus eine Besichtigung deS betreffenden Länderei gebietes dem etwas weniger thatkräftigen und entschlossenen Vater gegenüber bestand. So wertlos als sein New Iorker Geschäfts freund die Ländereien hingestcllt, waren sie in der That gar nicht, wenn auch für den Augen blick auf einen Gewinn nicht zu rechnen war, indem die zur Bereitung von Fleischkonscrven angelegten Fabriken bereits einen großen Teil der Kapitalien verschlungen hatten. Aussichtslos war daS Unternehmen jedoch keinesfalls, eS mußte nur vor allem der rechte Zeitpunkt zur nachdrücklichen Weiterführung desselben abge- wartct werden. Mister Brown war nicht der Mann, der zwecklos sein Geld hinauswarf. In seiner Wohnung angekommen, benachrichtigte er seiner^ Sohn, daß er sein hiesiges Geschäft zu de» vorteilhaftesten Bedingungen verlaust habe unL demnächst nach New Aork kommen werde. Vor läufig wolle er erst noch das Wilsonsche Unter nehmen mit einem Besuch bedenken. Auch sein Bekanntwerden mit dem Kommerzienrat Günther und besten Tochter erwähnte er und ersuchte seinen Sohn, doch Burger, der sich auf ameri kanischem Boden nie wohl gefühlt, nicht länger fcstzuhalten. Als er den kurzen, in geschäftlichem Tone gehaltenen Brief beendigt hatte, machte er noch Notizen für den deutschen Handelsherrn. Er öffnete seinen Schreibtisch, um einen geschäft lichen Ueberblick über manche? noch unerledigte Schriftstück zu erhalten. Kontrakte, Kaufverträge, Anpreisungen und Prospekte, Briefe aller Art fielen ihm entgegen, die teilweise noch von der Hand seines Vaters herrührten. Daneben kamen ihm aber auch neuabgeschlossene Geschäftsverträge, zu Händen, die er sorgfältig prüfend mit den älteren verglich. Ein zufriedenes Lächeln erhellte seine Züge, als er die Papiere in daS dazu bestimmte Fach zurücklegte. Er öffnete ein weiteres geheimes Fach. Alte, vcrgibte Briefe füllten dasselbe bis an den Rand. Er nahm eines der kleinen Pakete und überflog mit spöttischem Lächeln die deutsche Aufschrift: „Erinnerungen an die teure
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