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Auerthal-Zeitung : 27.03.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189803273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980327
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980327
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-03
- Tag 1898-03-27
-
Monat
1898-03
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 27.03.1898
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find einstweilen nicht besonders günstig. Gutem Bernehmen der »Franks. Ztg.' nach, haben die Vertretungen der auf dem rechten Ufer gelegenen rheinischen Städte und Ortschaften, soweit sie sich überhaupt schlüssig gemacht haben, die Zahlung eine» jährlichen Zuschusses sämtlich ab» gelehnt. Außer RüdeSheim selbst hat bis jetzt nm Wiesbaden endgültig eine Zahlungsleistung in Aussicht gestellt. Der rheinische Ausschuß für die Festspiele hofft jetzt, daß die Städte Frankfurt, Main- und Koblenz die Hauptbeträge für die Verzinsung der Grundkapitals über» nehmen werden. Merseburg. Der Provinzial-Landtag der Provinz Sachsen lehnte mV 61 gegen 46 Stimmen den Antrag der Kommission ab betreffend die Uebernahme eines Zins-GarantieanteileS für den Mittelland-Kanal. Glogau. Von dem Kommando deS In» fanterie-Regiments Nr. 58 wird der Sekond leutnant Stürmer wegen Fahnenflucht steckbrief lich verfolgt. Leutnant Stürmer, der jedenfalls fchon längst im AuSlande weilt, hat in Glogau viele Leidtragende hinterlassen. So schuldet er einem Kaufmann fast 500 Mk. für entnommene Delikatessen rc.; auch andere Geschäftsleute haben Verluste in Höhe von einigen hundert Mark zu beklagen. Die große Eile, mit der er seine Ab reise von Glogau betrieb, ist für ihn wohl auch die Veranlassung gewesen, daß er einer Schleußerin, die ihm einen Teil ihrer Erspar nisse in Höhe von 200 Mk. anvertraut hatte, diese zurückzugeben vergaß. Magdeburg. Beim preuß. Justizminister find in letzter Zeit zahlreiche Bewerbungsschreiben um den Scharfrichterposten in Preußen einge gangen, und zwar wurden die Anträge damit movitiert, daß der derzeitige Scharfrichter Reindel sein Amt niederzulegen beabsichtige. Diese An nahme bestätigt sich jedoch nicht, wie aus einer von dem Scharfrichter und Abdeckereibefitzer Reindel in Magdeburg (Wilhelmstadt) abge gebenen Erklärung hervorgeht. Auf eine an ihn ergangene Anfrage hat Herr Reindel dem Sattlermeister Hugo K. in Marienwerder, der anscheinend ebenfalls das Zeug zum Scharfrichter in sich fühlte, folgendes erwidert: „ Teile Ihnen mit, daß die Zeitungsnachrichten, daß ich meines Amtes nicht mehr walten könne oder wolle, auf Unwahrheiten beruhen. Sie müssen also schon für dieses Mal auf ein solches schweres Amt verzichten, und es wäre auch noch besser, ein solches schönes Geschäft, wie Sie es haben, nicht an den Nagel zu hängen! Würde ich aber später zurücktreten, so übernimmt das Amt mein Sohn, da derselbe schon vor mehreren Jahren sein Scharfrichter-Examen gemacht hat." Tönning. Die hier mit so großem Pomp vor etwa einem Jahr eröffnete Wurst- und Konservenfabrik hat, wie der,Allg. Fleisch. Ztg.' von hier geschrieben wird, ihren Betrieb einge stellt. Der Besitzer Ehr. Claussen ist verschwunden. Dieser Tage waltete bereits der Gerichtsvoll zieher seines Amtes, um die noch vorhandenen beweglichen Gegenstände zu veräußern. In der Fabrik fanden gegen 50 bis 60 Fkeischergesellen und Arbeiter Beschäftigung, und wöchentlich wurden gegen 200 bis 300 Stück Vieh ver arbeitet. Viele Bewohner der Stadt Tönning find durch den Zusammenbruch des Unternehmens in erheblichem Maße finanziell geschädigt worden. Claussen beabsichtigte, eine solche Wurst- und Konservenfabrik auch in der Umgegend Berlins zu errichten. Er hatte bereits im nahen Borgs- dorf einen Bauplatz dafür erworben; die Er öffnung der Fabrik war sogar bereits für den 1. Mai geplant. Das Terrain ist bereits ab geholzt, aber für den Bau ist auch noch nicht ein Stein herangeschafft worden. . Mainz. Der 60jährige Lokomotivführer Christoph Delle wurde am Dienstag nach- mittag von dem Baseler Schnellzug erfaßt und auf der Stelle getötet. Delle sollte demnächst pensioniert werden. Neuwied. Zwischen Linz und Erpel fiel ein Schaffner vom Eiscnbahnzuge. Sein total zerstückelter Körper wurde später auf dem Bahn damm aufgefunden. Mannheim. Trotz des bezirksamtlichen Verbotes wurde am IS. d. vormittags von den sozialdemokratischen Vereinen der Neckarvorftadt, Waldhof und Ladenburg Kränze mit roten Schleifen an dem Denkmal der im Jahre 1849 standrechtlich Erschossenen auf dem hiesigen Fried- Hofe niedergelegt. Berittene Gendarmen hielten -war den Friedhof besetzt, verhinderten jedoch Len Zutritt einzelner Personen und die Kranz niederlegung nicht. Ansprachen durften nicht ge halten werden. München. Ein ergreifender UnglückSfall hat sich auf der Bahnlinie Haar-Zorneding ab- gespielt. Dort befindet sich eine Zwischenhalte stelle für Vorortzüge, die von Passagieren auS Baldham und Baterstätten benutzt wird. Siu Mann aus dieser Gegend wollte von München, Ostbahnhof, aus mit dem letzten Vorortzüge heimkehren und in Baldham auSsteiaen. DieS wußte auch der Kondukteur, gleichwohl hielt der Vorortzug dort nicht an, sondern fuhr rasch durch. Der Passagier sprang deshalb, statt die Notbremse zu ziehen, von der Plattform des Wagens ab, fiel jedoch so unglücklich, daß er an den Füßen von de« Rädern erfaßt wurde und ihm beide Beine abgefahren wurden. Trotz seiner Schreiens fuhr der Zug weiter, keiner der Passagiere, kein Bediensteter hatte daS Herabspringen des Unglücklichen gesehen, noch das Schreien gehört. AIS der gleiche Zug nach einer Stunde die Unglücksstelle wieder passierte, lag der Ueberfahrene noch lebend neben dem Geleise und wieder sah und hörte ihn niemaud, obwohl er jämmerlich um Hilfe schrie. Nach einer weiteren Stunde passierte ein Güterzug die Stelle. Der Lokomotivführer desselben hörte und sah den Unglücklichen, nahm ihn auf und verband ihn. Königswinter. Als Steinbrucharbeiter da mit beschäftigt waren, Schüsse anzulegen, lösten sich gewa tige Steinmassen los und verschütteten mehrere Arbeüer. Zwei derselben waren sofort tot, ein dritter erlitt schwere innerliche Ver letzungen. Karlsruhe. Bon einer fixen Idee befallen wurde eine hiesige Verkäuferin. Sie glaubte den französischen Exkapttän Dreyfus zu erblicken und versuchte, ihn vor seinen Verfolgern zu ver bergen. Zu diesem Zwecke warf sie in dem Laden alles durcheinander, stülpte Kisten um u. s. w., um ein Versteck ausfindig zu machend Fortwährend schrie sie dabei: DreyfuS ist un schuldig, ich muß nach Paris, um seine Unschuld zu beweisen." Ein herbeigerufener Arzt ver ordnete der Bedauernswerten Beruhigungsmittel, worauf fie in ihre Wohnung geleitet wurde. Ein zu eifriges Lesen deS bekannten Sensations romans „Dreyfus" mag wohl mit Anlaß zu der fixen Idee gegeben haben. Paris. Der durch seine heldenmütigen Rettungsthaten bei dem Brande des Wohlthätig- keits-Bazars der Rae Jean-Goujon allgemein bekannt gewordene Kutscher Georges, der dafür auch daS Kreuz der Ehrenlegion erhielt, ist von der Regierung mit einem Steueramte in Orleans bedacht worden, so daß der Ritter der Ehren legion picht mehr auf dem Kutschbock zu fitzen braucht. Turin. Am 19. d. wurde Prof. Luigi Grillo, Vorsteher und Eigentümer eines sehr be kannten, bedeutenden Erziehungsinstituts, von einem seiner früheren Diener namens Varengo ermordet. (Die Thatsache wurde bereits kurz gemeldet.) Der Mörder, ein junger Mensch von 22 Jahren, betrieb nach seiner Entlastung das Schuhmachergewerbe. Er ließ sich um 10 Uhr beim Direktor Grillo anmelden. Was zwischen den beiden der schrecklichen That vorhergegangen ist, hat niemand erfahren. Thatsache ist, daß wenige Momente, nachdem der ehemalige Diener beim Direktor vorgelassen worden war, der letztere laut um Hilfe rief. Die herbeieilenden Personen, darunter der Sohn des Direktors, sahen noch, wie der Mörder seinem Opfer einen letzten gewaltigen Stich mit einem Schuster messer versetzte, und darauf die Waffe gegen sich selber kehrte. Direktor Grillo hatte noch die Kraft, bis auf die Straße zu laufen, hier aber brach er tot zusammen. Sein Mörder hatte sich inzwischen in schrecklicher Weise die Brust zerfleischt, so daß sein Tod ebenfalls sofort ein trat. Ueber die Ursachen der schrecklichen That konnte bisher nichts Sicheres feftgestellt werden. Direktor Grillo, ein früherer katholischer Priester und jetzt 54 Jahre alt, genoß die Achtung seiner Mitbürger im höchsten Grade, und sein Tod wird allgemein bedauert. Odessa. Im hiesigen Schlachthaus« wurde kürzlich im Magen eine» Schweines eine sehr seltene Münze, nämlich ein Geldstück auS Bronze auS der Zeit deS Papstes Gregor XI. (Avignon 1373 bis 1378), gefunden. Auf der einen Seite deS Geldstückes befindet sich in Relief das Bild des Papstes mit der Aufschrift Llml." (UollUksx UkuUmns) und auf der ande ren zwei Schlüffe! mit der Umschrift „Ligot voslornm". Kursk. In der Nacht zum Sonntag er folgte in dem SnamenSki-Kloster eine Explosion. Ein Unbekannter hatte unter die Schutzeinfassung des wunderthätigen Bildes der snamenSkaheiligen Gottesmutter einen Explofivkörper gelegt, der die gußeiserne Schutzvorrichtung, die Stufen, die Leuchter sowie die Glasscheiben der Fenster und Thüre zertrümmerte. Die Wand erhielt einen Riß. Das Bild selbst blieb unverletzt. Nach den Ueberbleibseln zu urteilen war der Explofivkörper mit einem Uhrwerk versehen. New Uork. Am Montag-Abend zerstörte eine Feuersbrunst den Bahnhof der Pennsyl vania-Eisenbahn in Jersey CUy, gegenüber New Aork, sowie die Landungsbrücke der Expreß Company. Der Schaden beträgt 80 Millionen Mark. Washington. Raubgesindel hält den Weißen Paß auf dem Wege nach Klondyke be setzt. Die Infanterie-Garnison in Skagway er hielt den Befehl, Personen und Eigentum ohne Rücksicht auf die Kosten zu beschützen. Gerichtshalle. Kertt». Die vielbesprochene Opiumvergiftung deS ZivilsupernumerarS Heyn bildete die Veran lassung zu einer Privatklage, welche der frühere Student Karl Jüterbock gegen die Frau Geheim sekretär Augustine Heyn, vor der 148. Abteilung König!. Amtsgerichts anhängig gemacht hatte. Wie bekannt sein dürfte, war der Zivilsupcrnumerar Heyn am 1. April v. infolge Genusses von Opium ge storben. Dieses Gift hatte er in der Nacht vorher gelegentlich einer Kneiperei auf Veranlassung des Studenten Jüterbock zu sich genommen. Jüterbock wurde später wegen fahrlässiger Tötung unter An klage gestellt und von der vierten Strafkammer königl. Landgerichts zu neun Monat Gefängnis verurteilt. — Während der Voruntersuchung stiegen dem Untersuchungsrichter Telle Be denken auf, ob Jüterbock nicht etwa mit einer „bestimmten Absicht" gehandelt habe, und er teilte diese Vermutung der Mutter des Getöteten mit. Letztere versuchte nun, nach jener Richtung hin Ermittelungen anzustellcn, und sie glaubte der den Freunden des Jüterbock die beste Auskunft zu erhalten. Sie begab sich daher am 30. Juli v. I. nach der Feuerwache in der Thurmstraße und traf dort einen Bekannten des Jüterbock, den Brandmeister BlleSner, vor der Thür. Sofort fragte sie den selben, ob er nicht wisse, weshalb Jüterbock ihren Sohn „ermordet" habe. Der Brandmeister nötigte zunächst die erregte Mutter, etwas mehr in die Wagenhalle einzutrcten, und schickte eine Ordonnanz zu seinem Bruder, der mit dem damaligen Be schuldigten sehr befreundet war. Dann machte er der Frau klar, daß Heyn doch nicht ge mordet worden wäre, sondern unglück liche Umstände den Tod desselben herbeigeführt hätten. Der inzwischen hinzugekommene Bruder konnte auch über die Absicht des Jüterbock keine Auskunft geben, und im Fortgehen äußerte FrauHeyn, daß Jüterbock „ein ganz gemeiner Meuchelmörder" sei. Die Angeklagte bestritt, die inkriminierte Aeutzcrung in dieser Weise gethan zu haben. Sie erachte aber jeden für einen Mörder, der seinem Mitmenschen Gift beibringe. Der Unter schied zwischen einer fahrlässigen Tötung und einem Morde sei ihr bis zur Zeit nicht bekannt gewesen. Der Vertreter des Privatklägers, Rechtsanwalt Hirschfcld, hielt die Schuld der Angeklagten durch die Beweisaufnahme für dargethan, beantragte die Bestrafung derselben und Publikation des Urteils in der .Berliner Gerichts-Zeitung'. Der Verteidiger der Angeklagten plädierte da gegen für Freisprechung; er schloß seine Aus führungen mit den Worten: „In äußerst frivoler Weise habe Jüterbock den Tod des Heyn herbei geführt; die größte Frivolität liege aber darin, daß er cs wagte, gegen die Mutter des Getöteten eine Privatbcleidignngsklage zu erheben." Der Gerichts hof hielt eine Beleidigung für vorliegend und cr- Knntes Allerlei. Herstellung künstlicher Eier und künst licher Milch. In der Ecole Vauquelin zu Paris hielt, dem ,Hann. Kour.' zufolge, Prof. Tombeck vor einem Publikum, das fast nur auS Lehrern und Lehrerinnen bestand, einen Vortrag über die künstliche Bereitung verschiedener Nahrungsmittel. Nachdem zur Genüge erläutert worden war, auf welche Weise Kunstbutter, die bekannte Margarine, hergestellt wird, wurde ein anderes Kunstprodukt und zwar die künstliche Milch, von der man wohl noch wenig gehört haben dürste, näher beleuchtet. Da die Naim- milch auS der ganzen Umgegend von Paris nicht ausreicht, um eine so große Stadt mit dem genügenden Quantum zu versorgen, beschränkt man sich jetzt nicht nur darauf, das edle weiße Naß durch innige Verbindung mit klarem Brunnenwasser, die sogenannte Taufe, etwas weiter reichen zu machen, sondern hat längst die Bestandteile entdeckt, deren Vermischung eine der Milch täuschend ähnliche Flüssigkeit ergibt. Diese Ingredienzen find — man höre und staune — besonders präpariertes Pferdehirn, Niehl und unverfälschtes Wasser. Noch unglaublicher aber klingt eS, daß man in Frankreich bereits mit Erfolg versucht hat, Eier auf künstlichem Wege zu erzeugen. Man präpariert das Eigelb aus Stärkemehl, Margarine und einem gelben Farb stoff, thut ein kleines Quantum dieser Mischung in eine Auflösung von Gelatine, in der es so fort eine sphärische Form annimmt. Aus einer Lösung von Kalksäure und Carbonat von Soda bildet sich die Schale und das Ei ist fertig. Schon vor längerer Zeit soll in Chicago eine Maschine konstruiert worden sein, die diese Eier mit großer Schnelligkeit herstellt. Die chinesische Salzgewinnung ist eine der merkwürdigsten Industrien des Reiches der Mitte. Seit etwa 2000 Jahren wird sie nach derselben primitiven Methode betrieben, die noch heute gebräuchlich ist, d. h. das Erdreich ent hält brunnenartige Ausschachtungen, in denen sich das Salz kondensiert. Die Regierung kaust alles so gewonnene Salz und es ist nicht wenig — — auf, um eS dann mit mehreren Prozenten Verdienst wieder loszuschlagen. Diese Salz brunnen erben sich in derselben Familie von Generation auf Generation fort und ihre Eigen tümer besitzen ein ihnen ausdrücklich von der Regierung garantiertes Privileg der Salz gewinnung. Wein für die Muselmanen. Einem französischen Chemiker, namens Rosensteil, soll es gelungen sein, für die Mohammedaner, denen bekanntlich der Genuß geistiger Getränke ver boten ist, ein aus Trauben Hergestellies Getränk zu bereiten, das wie Wein schmeckt, jedoch nicht durch Gärung entsteht und deshalb nicht unter den Begriff alkoholhaltiger Getränke fällt. Da das neue Gebräu thatsächlich sehr erfrischend und wohlschmeckend ist, dürste es sich bald nicht nur unter den Temperenzlern aller Länder ein bürgern, sondern auch allgemein beliebt werden, zumal eS die guten, doch nicht die nachteiligen Eigenschaften des Weines besitzt. kannte nach langer Beratung auf zehn Mark Geld strafe bezw. einen Tag Haft und Publikation. Kleve. Der Metzger Anton Rameckers au» Breyell hatte an einen reichen Seidenfabrtkantcn in Lobbcrlch «in Schreiben gerichtet, worin er dm Fabrikanten unter Hinweis darauf, daß sich in Lobberich ein Anarchisten»»«!» gebildet habe, auf forderte, an einem bestimmten Platz und bi» zu einer bestimmten Zett eine Million Mark nieder- zulegen, widrigenfalls er und seine ganze Familie ermordet und die Weberei in di« Luft gesprengt würde. Der Angeklagte be hauptet, er sei, al» er dm Brief geschrieben habe, betrunken gewesen und habe die Drohung nicht ernst gemeint. Erschwerend fällt jedoch in Gewicht, daß der angegebene Ort für die Deponierung des Geldes von der Wohnung eine» Bruders des Be schuldigten beobachtet werden konnte. Da ihm auch die Behörde nur ein schlechtes Zeugnis ausstellen konnte, wurde Rameckers zu 6 Monat Gefängnis verurteilt. Mamehet«. Der Redakteur de» hier erscheinen den .Deutschen Volksboten', Jakob Göbel, hatte vor Weihnachten in seiner Zeitung aufgefordert, nicht bei Juden zu kaufm. DaS Schöffengericht verur teilte Göbel wegen groben Unfug» zu einer Geld strafe von 25 Mk. reisen, um uns das Unternehmen anzusehen, Mister Davis." sagte fie lebhaft. „Papa ist mit großen Kapitalien beteiligt und hat wohl die Berechtigung, sich nach dem Stand der Sache zu erkundigen. Im Fall das Geschäft gar nicht nutzbringend sein sollte, find wir ge nötigt, unsere Kapitalien zurückzuziehen." Mister DaviS warf ihr einen finstern Blick zu. „Darüber werde ich mich am besten mit Mister Günther selbst verständigen," erwiderte er eiskalt, „in die geschäftlichen Sachen habe ich bis jetzt meiner Tochter nicht den geringsten Einblick gestattet. Damen find zu befangen und beengt in ihren Ansichten, um in groß artigen Geschäftsunternehmungen ein gesundes Urteil zu haben. Zur Beurteilung amerikanischer Verhältnisse dürfte selbst der Scharfblick des gewiegtesten Kaufmanns kaum genügen." Valeska errötete bis über die Stirnlöckchen. Miß Ellinor zog sehr verächtlich ihre Schleppe an sich und ein sehr schadenfrohes Lächeln umzog ihren vollen, schönen Mund. Diese Niederlage gönnte sie der reizenden, liebens würdigen Deutschen, welche überall, wo fie sich zeigte, bewundert wurde. Miß Ellinor beneidete die junge Dame um ihr heiteres, anschmiegendeS Wesen, das überall Liebe gewann, während man der stolzen Tochter Mister DaviS' zwar mit großer Artigkeit, jedoch gleichgültig entgcgenkam. Valeska zeigte sich heute widerspruchslustig. „Mister DaviS hat allerdings den Rus eines zu vorsichtigen, reellen Geschäftsmannes, um seinen Namen zu einer gewagten Spekulation herzu geben." sagte fie artig. „Was nennt man heutzutage reell?" war die mit einem kühlen Achselzucken gegebene Er widerung. „Geschäftskrisen gehören zu den Tagesereignissen, und wir find alle selbstsüchtige Menschen, wenn eS unsre eigenen Interessen zu wahren gilt. Amerika ist das Land der Grün dungen, der Unternehmungen; wie Irrlichter steigen fie aus dem oft nur zu morastigen Untergründe auf. Das ganze Leben gleicht einem einzigen Vabanquespiel, unablässig wechseln Gewinn mit Verlust. Ein großes Wagnis ist jede Unternehmung!" Günther wußte, waS er wissen wollte; die Redewendungen Mister Davis', so geschickt und diplomatisch fie auch sein mochten, ließen nur eine Deutung zu: Nimm eS, wie es kommt, gut oder schlecht, vorerst will ich mein Geld in Sicherheit bringen, steh' zu, wie du selbst dabei durchkommst. „Es steht Ihnen frei, Ihren Anteil auf die Ländereien eintragen zu lassen, Mister Günther", fuhr Davis nach einer Weile fort; „bis jetzt sind die Versuche allerdings nicht eben vorteil haft ausgefallen; doch gibt auch dieses noch lange keinen Anlaß zu ernstlichen Befürchtungen. Beiläufig bemerkt, erwies der Boden sich durch schnittlich als zu kalt und steinig, und deshalb für Viehzucht unbrauchbar. Allein er kann ja künstlich bearbeitet, bebaut und mit der Zeit er tragreich gemacht werden. Solange dies nicht geschieht, bleiben die Fabriken, welche, wie unsre, damit rechnen müssen, wenig ertragSfähig. Vorläufig ist das darauf verwendete Kapital also ein totes." ..Das heißt mit andern Worten: mein Vava möge sich mit dem Verlust des Geldes vertraut machen, Mister Davis?" fragte Valeska. „Sie sprechen vorschnell, wie die Jugend und ohne Einsicht, Miß Günther," sagte der Amerikaner mißbilligend; „es ist durchaus keine Gefahr, das Schlimmste zu befürchten — im Gegenteil, mit der Zett kann eS sogar bedeu tenden Gewinn abwerfen, doch Geduld muß man haben — Geduld! Mister Günther ist Kaufmann und muß als solcher bedeutende Kapitalien wagen; auch in Ihrem Vaterlande ist man Verlusten ausgesetzt." „Sicherer hätte ich daheim mein Geld jeden falls angelegt als hier, wo ich gar keine Ueber- ficht habe und — wie ich jetzt zu erkennen glaube — mit nichtssagenden Versprechungen hingehalten werde," erwiderte Günther scharf, „es handelt sich nicht um Kleinigkeiten, sondern um Summen, deren Erwerb mir sauer genug geworden und die ich nach jahrelangen Geschäfts verbindungen mit Ihrem werten Hause, mit vieler Ruhe Ihrer Umsicht anvertrautc. ES scheint nun allerdings, daß ich sehr wenig Aus sicht habe, meine Kapitalien wieder zu bekommen." Mister Davis räusperte sich verlegen. „Wie gesagt, Mister Güniher, ich gebe Ihnen den Rat, sich an die Ländereien zu halten. Kapitalien lassen sich vorläufig gar nicht herauSziehen, ich bin selbst stärker beteiligt, als mir lieb ist." Er verschwieg wohlweislich, daß er seine sämtlichen Kapitalien bereits herauSgezogen und dem Unter nehmen gänzlich fremd gegcnüberstand. „Indes werde ich nicht verfehlen, Sie über die Erfolge auf dem Laufenden zu erhalten." 8w »L iFortietzuna iolat.l der Mitmenschen schlug, hatte nichts gemeinsam mit der kalten, geldstolzen Tochter des ameri kanischen Handelsherrn. DaS hastende Leben und Treiben, das rast- lost Jagen nach Geld und Besitz, die Hochflut stündlich sich ablösender, mit widerlicher Reklame angepsüesener und angebotener, unentbehrlich sein sollenKr Artikel und neu austauchender In dustrien in der Millonenstadt wirkte geisttötend und ermüdend. Auch dem Kommerzienrat wurde das ewige Umherftreifen zuwider. Er war nicht nach Ame rika gekommen, um sich zu vergnügen — das konnte er nach Herzenslust auch im eigenen Vaterlande thun — sondern um sich nach dem Verbleib seiner Kapitalien zu erkundigen, und war nun immer noch so klug wie zuvor. Valeskas offenes, lebhaftes Naturell sollte ihm hier sehr zum Vorteil gereichen. Bei einer Mittagstafel, die Mister DaviS zu Ehren seiner deutschen Gäste gab und bei der Miß Ellinor mit der ganzen erdrückenden Würde der Miüionenerbin auftrat, beispielsweise in einer Robe von schwerem Seidenbrokat mit Brillanten übersät an der Tafel erschien, wäh rend Valeska ein einfaches, nur mit duftenden Theerofen geschmücktes, schwarzes Spitzenkleid angelegt, welches ihre liebliche, brünette Schön heit siegreich hob, wurden auch geschäftliche An- Gelegenheiten berührt. Valeska beteiligte sich Mhast an der Unterhaltung und hielt an dem gMchtetsten Ultd bislang stets sorgsam um gangenen Gesprächsgegenstand fest, welcher allein Len Zweck ihres Hierseins bildete. „Papa und ich könnten ja nach Cincinnati
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