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Auerthal-Zeitung : 11.03.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189803115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980311
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980311
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-03
- Tag 1898-03-11
-
Monat
1898-03
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 11.03.1898
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Politische Rundschau. Deutsch!«,». *Der Kaiser hat dem Norddeutschen Regattaverein mittellen lassen, er werde, wie im Vorjahre, auch -n dem diesjährigen Wett« segeln auf der Unter «lbe teilnehmen. * Wie ein Berliner Blatt aus guter Quelle Mitteilen kann, haben die vor einigen Lagen in Fulda versammelt gewesenen preußischen Btsch »feu. a. bmchloffen, m den Kaiser eine Adresse h« Achten und darin dem Danke des Episkopats für den thatkräftigen Schutz Ausdruck zu geb«, der seitens der Reichsregierung dem Christentum im fernen Osten zu teil geworden ist. Auch wurde an den Papst «ine Huldigungsadresse abgesandt. "Wie die ,Polen,. Korrsp/ aus wohlinfor- miertet Quelle vernimmt, steht der Rücktritt des Grafen Münster vom Pariser Bot schafterposten bevor. Fürst Radolin ist dazu auLersehcn, ihn zu ersetzen. Für die Peters burger Botschaft ist Graf Herbert Bis marck bestimmt. In hohen diplomatischen Kreisen sei man längst von dem Wiedereintritt des Grafen BiSmarck in den Staatsdienst unter richtet gewesen und ist keineswegs überrascht, uM so weniger, als die vorbereitenden Schritte bekanntlich schon längere Zeit zurückdatieren. In der Teilnahme deS Herbert Bisinarckschen Ehe paares an der kaiserlichen Hoftafel am 5. d. hätten die vorbereitenden Schritte ihren Abschluß gefunden. *Der ,Reichsanzeiger' meldet: Die von dem kaiserlichen Gesandten in Peking mit der chinesischen Negierung geführten Verhandlungen find zum Abschluß gelangt. Der Vertrag, welcher auch die an Deutschland in Schantung gewährten wirtschaft lichen Zugeständnisse umfaßt, ist am 6. d. von beiden Teilen unterzeichnet worden. * Nach telegraphischen Nachrichten auS China ist auch der Fall des deutsche» Missionars Homeyer von der Berliner Mission, der landeinwärts von Canton verwundet und beraubt worden war, nnnmehr befriedigend er ledigt. Die Thäter und die der Nachlässig keit schuldig befundenen Beamten werden be straft. Der Gencralg ouverneur hat eine nam hafte Summe als Entschädigung angewiesen und sich auch anheischig gemacht, den Erwerb dreier Grundstücke zur sicheren Unterkunft für die Missionare zu vermitteln. *Die Lieberschen Anträge zur Flotten- Vorlage werden auch in ihrer geänderten Form von offiziöser Seite für unannehmbar er klärt. In diesem Sinne dürfte auch die Er klärung gehalten sein, die der Reichskanzler namens der verbündeten Regierungen in der Budgetkommission bei der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs abgeben wird. Zur Begründung dieser Stellungnahme wird betont, daß der Zcntrumsantrag tief in die durch die Verfassung gewährleistete Finanzhoheit der Bundesstaaten eingreife und bei seiner Durchführung den föderativen Charakter des Reichs verwischen und die Aussicht auf einen Einheitsstaat eröffnen würde. Oesterreich-Ungarn. * Ueber Nacht hat Oesterreich ein neues Ministerium unter Leitung des Grafen Thun erhalten. Thun selbst übernimmt neben bei; Präsidentschaft zugleich das Innere, Graf Wclsersheimb das Krieg?Ministerium, Dr. von Mittel die Eisenbahn, Dr. v. Ruber die Justiz, Abg. Dr. Kaizl die Finanzen. «Fürst Ferdin and von Bulgarien wurde in Wien am Montag vom Kaiser empfangen. Die bisher etwas gespannten Be ziehungen zwischen Oesterreich und Bulgarien scheinen also wieder normal zu sein. "Das Befinden der Kronprinzessin Stephanie hat sich soweit gebessert, daß die Aerzte jede Lebensgefahr für ausgeschlossen erklären. *Die Auflösung des „Rätsels" der neuesten Situation in Oesterreich wird vielleicht mit der — Auflösung des ReichSrats be ginnen, wenn es dem Grafen Thun nicht ge lingt, sich mit den Deutschen gut zu stellen. Wie sie enden wird, ist gar nicht abzusehen. Die „neue Aera" beginnt wieder mit Tumulten in Prag. Am Sonntag fanden vereinzelte Ansammlungen statt, die von der Polizei, welche Zusammenstöße mit Studenten befürchtete, zerstreut wurden. Ein Student wurde durch Steinwürfe verletzt. Im Laufe deS Nachmittags wmden mehrere Fensterscheiben ein zelner Gebäude etngeworfen. Fünf Personen wurden teils wegen Anmengung in Amts handlungen, teils weg« aufreizender Reden verhaftet. tztzr«»kretch. * Oberst Picquart wird von der Ester hazy-Partei mit allen Mitteln zum Duell gereizt. Nachdem er eben ein Duell mit dem Oberst« Henry durchgefochten, wurde er von Esterhazy gefordert. Er weigerte sich, der Herausforderung zu entsprechen. Darauf forderten ihn die Zeugen Esterhazys auf, schrift lich seine Zeugen zu bestimmen. Oberst Picquart hat diesen Brief nicht beantwortet. Darauf haben die beiden Zeugen Esterhazys ihm eine Herausforderung übersandt. * Die Kammer genehmigte einen Gesetz entwurf, durch den die Stadt Paris zur Aufnahme einer Anleihe von 165 Mill. Frank für die Stadtbahn ermächtigt wird. Aralien. -Der italienische Deputierte Felix Cavallotti ist am Sonntag im Duell gegen den konservativen Abgeordneten Abg. Macola gefallen. In ihm verliert die radikale Partei ihren fähigsten und unermüdlichen Führer und ihren glänzendsten Redner, Crispi seinen unver söhnlichsten Feind. In ganz Italien ist die Auf regung über das traurige Ende des Dichters und Staatsmannes ungeheuer, alle Parteien be klagen gleichmäßig das vorzeitige Hinicheiden des heißblü'.igeü Mannes, dessen hohe Begabung und lautere Gesinnung ihm in ungewöhnlichem Maße die allgemeine Sympathie sicherten. * Ueber den Gesundheitszustand des Papstes waren am Montag in Rom abermals ungünstige Gerüchte verbreitet, die aber auch diesmal jeder Begründung entbehren. Sie waren dadurch entstanden, daß die Pilger aus dem Elsaß und aus anderen Ländern, die früh der Messe des Papstes im Saal des Konsistoriums ! beiwohnen sollten, die Mitteilung erhielten, der Papst werde sie erst am Dienstag zu Messe und Audienz zulassen. ESalkanftaaten. * Die türkische Sondergesa'ndt-^ schäft, welche sich nach Persien begibt, um dem Schah den Jmtiazordcn in Brillanten zu überreichen, bringt ihm auch ein Handschreiben des Sultans. Diese Aufmerksamkeit ist wohl nicht ganz ohne politische Bedeutung. * Miljutin Garaschanin, eine der mar kantesten Persönlichkeiten der neueren serbischen Geschichte, ist am 5. d. in Paris, wo er Ge sandter Serbiens war, gestorben. Amerika. *Jm Repräsentantenhaus zu Washington ist der Antrag eingebracht worden, dem Präsidenten zu Zwecken der nationalen Verteidi gung 50 Mill. Dollar zur Verfügung zu stellen. * Zwischen Spanien und Nord amerika droht schon wieder ein Konflikt auszubrechen. Die spanische Regierung stellte an die nordamerikanische das Anfinnen, den nordamerikanischen Konsul in Havana abzube rufen und die dortigen Kriegsschiffe durch Handelsschiffe zu ersetzen. Das Kabinett in Washington hat dieie Forderungen abgewiesen und Spanien hat einstweilen diese Abweisung stillschweigend eingesteckt. Asten. *Nach einer ,Times' -Meldung verlangt Rußland, daß ihm China „für mehrere Jahre" die Hoheitsrechte über Port Arthur und Talienwan abtrete, sowie gewisse Bahnbauten gestatte. Für Gewährung dieser Bedingungen sei eine Frist von fünf Tagen gestellt worden; im Falle der Nichtge- nchmigung sollen russische Truppen in die Mandschurei (nördliches China) cinrücken. Wenn nun Frankreich auch noch mit ähnlichen Forderungen für das südliche China kommt, und das soll schon geschehen sein, dann kann man sagen, die wirkliche Aufteilung Chinas hat begonnen. A«« dem Reichstage. Am Montag wurde in erster Lesung di« Post novelle beraten. Sie setzt da» Höchstgewicht de» einfachen Briefe» von 15 aus 20 Gramm hinaus, verlangt aber al» Kompensation die Ausdehnung de» Postregals aus die Beförderung von geschlossenen Briefen im Ortsverkehr. Staatssekretär v. Posa- dowrki begründete den Entwurf und vertrat in bezu.i auf die Privatpostanstaltcn die fiskalischen Interessen de» Reiches, er erkannte ein Entschädi gungsrecht der Angestellten sowie der Gesellschaften nicht an. Soweit thunlich, würden die Angestellten ohne Rücksicht auf das Alter in den Reichspostdienst übernommen werden. Die Redner fast aller Parteien mit Ausnahme der Rechten, die sich aber auch noch Prüfung vorbehielt, waren der Ansicht, daß die Privatgesellschaften und ihre Angestellten zu ent schädigen seien. Am 8. d. tritt da» HauS in erster und zweiter Beratung ohne Debatte dem BundcsratSbelchlusse bei betr. Aufnahme der Kugelschrotmühlen unter die einer besonderen Genehmigung bedürfenden Anlagen. Sodann wird di« Beratung derPostvorlag« fortgesetzt. Abg. Marcour (Zentr.) spricht den Wunsch aus, daß die angekündtgte Herabsetzung der Post- anweisungSgebühr nicht nur bei Postanweisungen bis zu 5 Mk. eintreten solle, sondern bei solchen bis 20 oder doch mindestens 10 Mk. E» habe da» eine große sofialpolitische Bedeutung, wenn man an die vielen kleinen Geldsendungen denke, die von Ar beitern in die Heimat geschickt würden. Größere Berücksichiigung verdiene auch das platte Land in bezug namentlich auf Bemessung der Bestellgebühren. Betreffs der Privalposten schließt sich Redner dem schon vom Abg. Lieber Gesagten an. Abg. Lenzmann (fr. Bp.): 8 2 ist uns un annehmbar. Er würde verhindern, daß ein Bote geschlossene Briefe für mehrere befördert. Bedenken Sie die Konsequenzen für das platie Land! Sticht einmal Stünmzcttel bei Wahlen würde ein Bote in geschlossenen Kouvert» auslragcn können. Wie entschieden hat sich auch Herr Miquel 1871 als Abgeordneter gegen solche Ausdehnung des Postregals ausgesprochen. Jetzt als Minister wird er freilich wohl anders denken. Zur Begiündung des 8 2 führt die Regierung an, die Privatanstalten seien bloße Erwerbsinstitute. Ja, welches Institut ist beim kein Erwerbsinstitut? Der diätcnlose Reichstag ist freilich keinS. Aber Sie wollen doch nicht den Wert aller Erwerbsinstitute für den Verkehr leugnen ! Mit solchen Anschauungen stärken Sie nur den sozialdemokratischen Zug. Am besten sei es, nur den 8 1 einmütig anzunchmen und den 8 2 zu streichen. Staatssekretär v. Podbielski erklärt, keinen Tadel gegen die Privatinstitute aussprechen zu wollen, aber Thatsache sei, daß bei einem Institut, das sich auflöste, 4300 unbestellte Briefe gefunden wurden, bei einem andern 6000. In einem Falle seien Massen von Briefen verbrannt worden. Der Staatsanwalt habe ein Einschreiten gegen solchen Vertrauensbruch für nicht möglich erklärt. Daß das Publikum durch solche Dinge geschädigt werde, sei doch unverkennbar, wenn er auch einräume, daß es gut geleitete Privatinstitute gebe. Abg. Förster (Antis.) tritt grundsätzlich für volle Monopolisierung der Neichspost ein, aber einer Entschädigung der Privatanstalten bedürfe es un bedingt, die Anstalten und die Angestellten hätten ein Recht darauf. Geh. Rat Da mb ach sucht nochmals nachzu weisen, daß die Privat-Anstalten kein privatrecht- licheS sas giiassitum hätten. ES sei auch ein Ent» schädiguWSrecht in keiner Eingabe behauptet wor den. <Knz irrig sei ferner die Auffassung, als ob in bezug auf die Beförderung geschlossener Briefe durch erpresse Boten irgend eine Aenderung eintrete. Es komme vielmehr nur darauf an, ob es sich handle um einen Absender, etwa einen Verein. Ein Verein könne nach wie vor durch Boten seine Briefe befördern lassen. Abg. v. Stumm: Es kommt nicht darauf an, was Herr Miquel und andere in den Jahren 1867 und 1871 gedacht haben, als sie die Lücke im Post gesetz ließen, sondern darauf, wie sich die Dinge seit damals entwickelt haben, und was für Er fahrungen wir dabei gesammelt haben. Die Privat- Anstalten haben sich nur die besten Stellen aus gesucht und das platte Land ganz unberücksichtigt gelassen. Paragraph 2 ist kein notwendiges liebel, sondern vielmehr für mich die Hauptsache. Von einer Entschädigung für entgangenen Gewinn kann gar keine Rede sein, höchstens für einen eiwaigen direkten Kapilalsverlust. In bezug auf eine Ent schädigung auS Billigkeitsrücksichtcn hege er zum Landtag. Im Abgeordnetenhause wurde am Montag die Beratung des Kultusctats fortgesetzt. Es wurden von freisinniger Seite Wünsche und Beschwerden der Lehrer bezüglich der Gehaltsrcgulierung zur Sprache gebracht, auch in der polnischen Schulfrage kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Abg. v. JazdzewSki und dem Ministerialdirektor Kügler. Sodann wurde über die Medizinalreform debattieit. Abg. Virchow wünschte Trennung der Medizinal abteilung vom Kultusministerium und ferner Ge haltsaufbesserung für die Medizenalbeamtcn. DaS Abgeordnetenhaus erledigte am Dienstag in Fortsetzung der Beratung des KultuSetats den Ausgabetitel „Ministergehalt". Abg. Dittrich (Ztr.) beschwerte sich über protestantische Intoleranz. Abg. Johannsen (Däne) verlangte eine Abänderung der Schulordnung für Schleswig-Holstein, durch die die obere Grenze deS schulpflichtigen Alters herabgesetzt würde. Minister Dr. Bosse erwiderte, die Bevöl e- rung sei mit der jetzigen Schulordnung durchaus zu frieden. Der dänischen Agitation werde die Regie rung mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Kon Mast «nd Fern. Strastburg. Der Rebbau des Reichs- landeS, der einen Wert von 230 Millionen Mk. darstellt, ist trotz der von der Regierung gegen die vor zwei Jahrzehnten eingeschleppte Reblaus ergriffenen Maßregeln noch immer ernstlich be droht. Von sachverständiger Seite ist in den letzten Jahren wiederholt darauf hingewiesen worden, daß man über kurz oder lang das , Ausrottungssystem verlassen und dazu übergehen müsse, reblausfcste Stöcke zu erzielen, wie solches in Frankreich mit gutem Erfolg geschehen ist. Vor einiger Zett hat nun die Regierung eine Kommission in das französische Reblausgebiet gesandt, um das dort angewandte Verfahren zu studieren. Dieses besteht der Hauptsache nach darin, daß die landesüblichen Sorten auf amerikanische Reben gepfropft werden. Solche Versuche sollen nun in nächster Zeit in große Maßstabe auch im Elsaß angestellt werden. Staatssekretär da« Vertrauen, daß er da» richtige Mob treffen würde. Auf Anregung de» Redner» ergänzt Geh. Rat Da mb ach sein« vorherige Angabe noch dahin, der express« Vereinsbote könne natürlich auch Antworten an den Verein zurückbringen, aber auch nur an diesen. Auf einen festangestellten Boten de» Vereins treffe da» Gesetz überhaupt nicht zu; denn das sei ja kein bezahlter Expreßbote. ' Abg. Wurm (soz.) behauptet, daß unter Stephan da» Briefgeheimnis mehrfach verletzt worden sei, auf Andrängen der Polizei. AKun Herr v. PodbielSki zugesagt habe, das Briefgeheimnis zu wahren, so sei da» erfreulich, aber wa» derselbe in bezug auf seinen Amtsvorgänger gesagt habe, sei nicht zu treffend. Staatssekretär v. PodbielSki wiederholt, daß er das Briefgeheimnis pflichtmSßig wahren werde, und daß die» auch sein AmtSvorgängrr gethan habe. Wenn seit 40 Jähren in Frage stehende Ansinnen an die Postverwaltung gerichtet worden seien, so seien dieselben stets abgewchrt worden, wofern nicht Richter und Staatsanwälte ein entsprechende» Er suchen an die Verwaltung gerichtet hätten. Damit schließt die Diskussion. — Die Vorlage wird einer Kommission von 14 Mitgliedern über wiesen. ES folgt die dritte Beratung des Gesetze» betr. die Angelegenheiten der frerwilligrn Ge richtsbarkeit. In der Generaldiskussion befürwortet Abg. Stadthagen (soz.) eine Reihe von seiner Partei eingebrachtcr Anträge zu der in zweiter Lesung vom Hause o» i,I»o angenommenen Vorlage, durch die festere NechtSgarantien für das Publikum geschaffen werden sollen. U. a. wird auch die Aushebung des KoalilionSvcrbotS für politische Vereine beantragt, sowie eine Vorschrift, durch die die Hinzuziehung von vereideten Dolmetschern auf Verlangen der Be teiligten obligatorisch gemacht werden soll. Abg. v. CzarlinSki (Pole) tritt für den letzteren Antrag ein, der kür die polnischen LandeS- teile eine Notwendigkeit sei. Abg. Wollstein (Zentr.): In der Kommission seien die Anträge mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Er bitte das Haus, das gleiche zu thun. Abg. Szmula (Zentr.) tritt mit Rücksicht auf die Verhältnisse in Oberschlesien für die Ein fügung der Vorschrift über die Zuziehung eines Dolmetschers ein. Damit schließt die Gcneraldiskussion. — Vor Eintritt in die Spezialdiskussion vertagt sich das HauS. Zwischen zwei Wetten. 8s Roman von Louise Cammerer. <gonl«vuug.1 Auch Valeska hatte geschrieben, ihr Drief lautete: ' „Liebste einzige Freundin I Ich habe heute nur wenig Zeit für Dich, denn wir reisen morgen nach Amerika, Papa, ich und Deine Mutter. Papa sucht Geld zu retten, das er aufs Spiel gesetzt hat, nun macht ihm daS scheinbar verfehlte Unternehmen recht große Sorgen. Das le dige Mein und Dein ver- ursilchte mir bislang recht wenig Kopfzerbrechen, erst in letzter Zeit habe ich empfunden, wie schön es ist, reich zu sein. Deshalb will ich uun aber auch Gott bitten, daß Papa sein Geld -urückerhält. — Recht herzlich sehne ich mich nach Dir, ich, die Einsame, die immer so sehr nach Deiner Liebe -«strebt, die mir doch nur im: gering« Maße' zufiel, Du wärst sonst ja nichts von'int» gegangen. Alnsere Häuslichkeit ist nun beisammen. — Deine liebe Mutter hat zwei Zimmer neben den meinen. Wir haben unS vorgenommen, sobald wir Deinen Bruder gefunden, eine gemeinsame Familie zu bilden, und eine frohe Ahnung sogt mir, daß pir Ernst finden werden. Behüt Dich Gott. Sobald wir heimkehren, holen wir Dich zurück. Mit tausend Grüßen Deine treue ValeSka." Hätten Mutter und Tochter eine Ahnung gehabt von den. Gefahren, denen da- junge un- schuldSvolle Wesen ausgesetzt, Gefahren, die weit schlimmer als der Tod, Seele und Geist bedrohten, fie wären mit weniger hoffnungs freudigem Herzen abgcreist. Das gelbe Fieber halte in Südamerika große geschäftliche Nachteile im Gefolge gehabt. Dazu brachen innere Unruhen aus. Aufständische, rebellierende Farbige und anderes Vagabunden gesindel machten sich die allgemeine Mutlosigkeit zu nutze und zogen plündernd und raubend in den Städten und Ansiedelungen umher, bis eine aufgebotene größere Truppenmacht dem gesetzlosen Treiben ein Ende machte, mit aller Strenge gegen das Gesindel einschrttt und die alte Ordnung wieder herstellte. Ernst Burger war dem gelben Fieber nicht erlegen. Die Uebcrfüllung des Hospitals hatte eine genaue Klarstellung der einzelnen Erkrankien nicht mehr gestattet. Als Burger einige Besserung gezeigt, hatte man ihn einfach in eines der nächstgelegenen leerstehenden Häuser geschafft. Doktor Forst, bei dem sich ein erneuter starker Anfall des Fiebers eingestellt, hatte von der Ueberführung seines Leidensgenossen in ein PrivathauS nichts wahrgenommen. DaS Lager Bürgers war sofort mit einem neu eingelieferten Kranken belegt worden, welcher noch in der Nacht verschied. AlS Dr. Forst geheilt und genügend ge kräftigt das Hospital verließ, um in die Heimat zurückzukehren, war er der festen Ueberzeugung, daß Burger gestorben und er diesem sein ge gebenes Versprechen, Kunde an die Angehörigen gelangen zu lassen, «Men müsse. Der fortdauernde Aufstand und die inneren Verwickelungen hatten auch für Mister Brown große geschäftliche Nachteile mit sich geführt. Nachdem er geraume Zeit im Norden gebiiebcn und erst die Unterdrückung der Aufständischen obgewartet, kam er wieder zurück nach Chile. Allein ein Umschwung in den Rcgierungsvcr- hältnissen, crhöhle Zolltarife und dergleichen be wirkten mannigfache Stockungen im Handels verkehr, und Mister Brown, nur gewöhnt, in seinem Soll und Haben große Gewinne zu verzeichnen, war über die in letzter Zeit er littenen Verluste außer sich. Er beabsichtigte deshalb, sein Geschäft in Chile möglichst vor teilhaft zu verkaufen, um sich wieder dauernd im Norden niedcrzulassen. Gegen Burger gab er sich höflich und an teilnehmend und stellte es dessen eigenem Er messen anheim, mit nach dem Norden zu über siedeln und in dem dort zu gründenden Geschäft thätig zu sein, oder sich anderweitig um eine Stellung zu bemühen. „Da Ihre Sprachkenntnisse sich bedeutend erweitert, kann ich Sic, wie eS längst meine Abficht auch für den hiesigen Platz war, im Kontor gut unterbringen," sagte er höflich, „ich verspreche mir sehr viel von Ihrem Einfluß auf Harry, dec seit Mistreß BrownS Tode meiner väterlichen Vormundschaft sich ganz zu ent ziehen sucht." „Hany und ich sind unS im Laufe der Jahre ganz fremd geworden," «widerte Ernst sehr kühl, „ich erlaube mir keinerlei Urteil über sein Verhalten. Ich möchte Sie indes bitten, mir gütigst meine Ersparnisse berauSzubezahlen; ich traue mir auf Grund der in Ihrem Geschäft erworbenen Kenntnisse und gestützt auf Ihre mir vielleicht erforderlich werdenden Empfehlungen zu, leicht mein Fortkommen zu finden. Bit c" möchte ich Sie deshalb, mich von nun ab aller weiteren Verpflichtungen zu entheben." „Ganz wie Sic wollen," war Mister Browns kurze Entgegnung. „Hier, lassen Sie sich diese Summe von meinem Kassierer auSzahlen." Er übergab dem jungen Maim eine An weisung von fünftausend Dollar. „Nicht den dritten Teil habe ich zu fordern," sagte Burger erstaunt, den Check zurückgebcnd. „Ich halte es für meine Pflicht, Ihre Zukunft einigermaßen sicher zu stellen," sagte Brown, den kühlen Geschäftston fallen lassend, in einer weit herzlicheren Weise als bisher. „In jugend lichem Ucbermut haben Sie sich, dem Rufe eines leichtsinnigen jungen Menschen folgend, heimlich aus dem Vaterhause entfernt und da mit die Heimat verlassen. Die harte Lehre, welche Ihnen in meinem Haufe geworden, hat nur dazu gedient, Ihrem Charakter die nötige Festigkeit für daS Leben zu geben. Die deutsche Idealität trägt auf amerikanischem Boden sch'echte Früchte. Hier gilt nur der Mann, der sich im Kampf behauptet und selbst die niedrigste Arbeit nicht scheut, sondern an den Lohn derselben denkt. „Meine Elte« waren Deutsche und find mit deutschen Worten zur Ruhe gegangen. DaS neue Vaterland hatte ihnen Ehren. Reichtum und Ansehen, doch nimmer Vergessenheit ge bracht. Lebenslang krankten fie an der Sehn sucht nach dem Vaterland. Ich kenne Deutsch land nicht und kann nicht beurteilen, wie wett eine derartige Vorliebe begründet ist, aber ich hatte nie große Zuneigung für das Land, das
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