Suche löschen...
Auerthal-Zeitung : 27.02.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189802275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980227
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980227
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-02
- Tag 1898-02-27
-
Monat
1898-02
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 27.02.1898
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Politische Rundschau. Deutschland. * Der Kaiser hat fich eine starke Er kältung zugezogen. Er fühlte fich schon bet dem am Dienstag abend im Schloß abgehaltenen Fastnachtsball unpäßlich und hatte am Mittwoch mit einer heftigen Heiserkeit zu kämpfen, so daß er fich eine kurze Zeit Schonung auf« erlegen muß. * Der Kaiser wird im Laufe dieses Früh jahrs auf seinem Schlosse in Urville für einige Zeit Aufenthalt nehmen und bei dieser Gelegenbett auch der Stadt Metz einen Besuch abstatten. * Der Staatssekretär des Reichspostamts hat an die Handelskammern einen Erlaß gerichtet, der sich mit Uebelständen bei der Aufgabe von Postpaketen am Postschalter be schäftigt. * Ueber die Entwickelung deS deutschen Lebensversicherungswesens sind vor einiger Zeit wieder umfassende Feststellungen gemacht worden. Stach der betreffenden Statistik find zu Anfang des verflossenen Jahres bei den in Betracht gezogenen 43 Versicherungsgesell schaften 1 118 971 Personen mit 4 829 373 865 Mark versichert gewesen. Dazu kamen im Laufe deS Berichtsjahres wieder 103 194 Personen mit 479 300 219 Mk., so daß also am Schluffe des Jahres im ganzen versichert waren 1222165 Personen mit 5 308 674 084 Pik. * Eine Schu'tztruppe fürKiaotschau soll der ,Voss. Ztg/ zufolge errichtet werden. Es sei zweifellos, daß von der Regierung die Gründung einer solchen beabsichtigt wird und daß dann nur die rein maritimen Verwaltungs zweige dem Reichsmarineamt unterstellt bleiben. Ob diese Neuorganifierung bereits in diesem Herbst eintrifft, ist noch ungewiß. Daß man aber mit diesem Faktor auch schon in der Armee rechnet, geht aus der Thatsache hervor, daß fich für die chinesischen Lehrkurse am Orien talischen Seminar mehrere Offiziere haben ein schreiben lassen. * Die Teilnehmer an der im Anfang vorigen Jahres nach Ostasien hinausgeschickten Expe dition gewerblicher Sachverständi ger zur Erforschung der dortigen Produktions und Absatzverhältnisse dürsten nunmehr wohl sämtlich wieder in der Heimat angelangt sein. Ueber die Erfahrungen, die an Ort und Stelle gemacht find, haben einzelne Teilnehmer Be richte erstattet, die in Zusammenstellungen den interessierten Kreisen zur vertraulichen Kenntnis nahme übersandt wurden. Es find auch ver schiedene Muster von Waren, die entweder in Ostafien erzeugt oder verbraucht werden, mitge kommen. Die Sammlung dieser Muster ist in Berlin zur Besichtigung durch die Interessenten aufgestellt. Demnächst dürfte wohl noch den interessierten Kreisen eine Zusammenstellung von Berichten zugehen, in denen vornehmlich die bezüglichen japanischen Verhältnisse geschildert werden. Die Expedition war bekanntlich zuerst in China gewesen und war dann nach Japan gegangen. Oesterreich-Ungarn. * Dem Reich 8 rate, der den neuen Ver lautbarungen zufolge am 13. Mär- zusammen treten soll, wird eine neue Vorlage in der Sprachenfrage vorliegen, die der antisemitischen christlich-sozialen Partei entstammt. In diesem Gesetzentwürfe soll die deutsche Sprache als Amtssprache für die reindeutschen Kronländer bestimmt werden und in gemischt sprachigen Bezirken jene Sprache verwendet werden, welche der Bevölkerungsmehrheit ent spricht, mit dem Vorbehalt, daß deutsche Ein gaben auch deutsch erledigt werden. *Neue slawische Gewaltthaten find leider zu verzeichnen. In Laibach fanden am Sonntag wieder durch Mauer anschläge vorbereitete slowenische Pöbelaus schreitungen vor dem deutschen Kasino statt, bis die Polizei und die Gendarmerie den Platz räumte. Unter dem Geheul „Haut die deutschen Hunde!" wurde später ein Rechtshörer, obgleich er keine Farben trug, mit Stockhieben verfolgt, ebenso andere Studenten. Abends durchzogen Militär- und Gendarmerie-Streifwachen die Stadt. — LandeSpräfident Baron Hein hat im Kratner Landtag scharfe Maßnahmen angekündigt, falls fich die Ausschreitungen wiederholen sollten. Er machte für diese gerade wegs die slowenischen Parteiführer verantwort lich, welche Offenheit jedenfalls vorteilhaft von der Art absticht, mit welcher die Prager Pöbel tumulte von zuständiger Sette in «n falsche» Licht gerückt wurden. Frankreich. "Tie Pariser Geschworenen haben gegen Zola auf „schuldig ohne mildernde Umstände" erkannt und der berühmte Roman cier ist daraufhin vom Gerichtshöfe zu ein jähriger Gefängnisstrafe und 3000 Frank Geld strafe verurteilt worden. Clemenceau, der Ver leger der ,Aurore', der den Artikel Zolas „Ich klage an!" veröffentlicht hatte, erhielt vier Monat Gefängnis und ebenfalls 3000 Frank Geldstrafe. Das Urteil kommt nicht überraschend, ändert aber an der Thatsache nichts, daß das ganze korrumpierte Frankreich vor Gericht stand und von der ganzen zivilisierten Welt verurteilt worden ist. *Der Fall Dreysus-Zola ist am Donnerstag, wie angekündigt war, in der Deputierten - Kammer erörtert worden. Der Ministerpräsident Meline erzielte ein großes Vertrauensvotum und zwar mit 416 gegen 41 Stimmen. * Ueber den englisch-französischen Streitfall am Niger wird gemeldet: In Pariser politischen Kreisen ist man der An ficht, daß kein Grund vorlicge, fich wegen der aus englischer Quelle stammenden Nach richten aus Westafrika zu beunruhigen. Es sei sicher, daß Frankreich von den fried lichsten Abfichten beseelt sei und in keiner Weise daran denke, den Vertrag zu verletzen, nach welchem die Gegend von Sokoto zur englischen Einflußsphäre gehört. Man iei überzeugt, daß in Afrika kein Konflikt vorgekommen, und daß das Zusammentreffen mit den Engländern in üblichen Formen geschehen sei. Man glaube nicht an einen Ausflug einiger Franzosen nach der andern Seite des Niger, auf jeden Fall aber scheine er ohne jede Bedeutung zu fein. Das Gerücht scheine aus englischer im allge meinen interessierter Quelle zu stammen. Danach wären die Engländer selbst wieder einmal die Störenfriede. Italien. * Von Sizilien wird abermals über eine Revolte, ähnlich derjenigen, die in Troina vor einiger Zeit stattgefunden hat, berichtet. In Modica zogen am Dienstag nachmittag an tausend Bauern und Arbeiter vor das Haus des Bürgermeisters, in welches sie einzudringen ver suchten, um zwei Verhaftete zu befreien. Es kam zu einem Zusammenstoß mit der bewaffneten Macht, wobei zwei Personen getötet wurden. Acht Verhaftungen wurden vorgenommcn. Der Präfekt von Stracusa hat fich nach Modica, wo die Ruhe jetzt wieder hergestellt ist, begeben. Belgien. *Der Brüsseler ,Soir' berichtet mit aller Bestimmtheit, die Negierungen Deutschlands, Italiens und Rußlands wissen den Namen des Verfassers des Bordereaus im Dreyfus - Prozesse. Derselbe wurde von der französischen Regierung als Spion verwendet, betrieb aber gleichzeitig jahrelang auch Spionage für Rechnung auswärtiger Staaten. Die aus wärtigen Aemter in Berlin und Rom besitzen zahlreiche Briefe dieses Spions. Die Handschrift ist identisch mit dem Bordereau. Falls die Pariser Regierung die Revision des Dreyfus - Prozesses endgültig verweigert, werde der Name des wahren Ver—äterS bekanntgegeben werden, da di. ^deutsche, italienische und russische Diplomatie nicht länger die Verurteilung eines Unschuldigen auf ihr Ge wissen nehmen wollen. Nach der ganzen Dar stellung des,Soir' kann der Spion nurEster - hazy sein. -Der ,Jndep. belge' zufolge dauern die Verhandlungen über dieBrüsselerZucker- konferenz fort. Deutschland, Belgien, Oester reich und Holland wären für unbedingte Abschaffung der Zucker Prämien, aber Frankreichs Zustimmung hierzu sei sehr ungewiß. ' Schweden-Norwegen. *Die sozialpolitische Gesetzgebung bezüglich der Fürsorge für die Arbeiter wird jetzt auch in Schweden in die Hand genommen, wo die Regierung beim Reichstage einen Gesetzentwurf betr. die Altersversorgung der Ar beiter eingebracht hat. Balkanstaaten. *Nach einer der ,Polit. Korr/ aus London zugehenden Meldung ist die in den letzten Tagen aufgetauchte Nachricht, daß die Kabinette von Petersburg, Paris und London für die Er nennung desPrinzen Georgvon Griechen land zum Fürsten von Kreta nach vor heriger Verzichtleistung des Prinzen auf seine Thronrechte in Griechenland eintretcn und hier bei von Deutschland unterstützt werden, tzöll - ständig unbegründet. Ein solche» Projett sei absolut nicht angeregt worden. Amerika. *Der Senat der Ver. Staaten nahm fast einstimmig eine Bill an, durch welche die Artillerie um zwei Regimenter, das ist 1610 Mann, zur Komplettierung der Bedienungs mannschaften der schweren Geschütze und der Mörser in den Forts und den Küstenverteidi gungsstationen vermehrt wird. Asien. *Die Antwort, welche Rußland der chinesischen Regierung auf ihr Ersuchen er teilt hat, Rußland möge die Versicherung er neuern, daß es sich nach Ablauf des Winters aus Port Arthur zurückziehen werde, lautet ausweichend. Rußland bemerkt darin, seine Schiffe würden länger, als ursprüng lich geplant war, in Port Arthur verbleiben, da die Zurückziehung den Interessen Chinas und Koreas zuwider wäre. Diese Antwort betrachtet die chinesische Regierung als eine Andeutung, daß aus der zeitweisen Ueberwinterung der Flotte eine dauernde Besetzung werden wird. (Daß die Russen Port Arthur wieder aufgeben werden, hat niemand geglaubt.) Ans dem Reichstage. Im Reichstage wurde am Mittwoch die Beratung des Militäretats zu Ende geführt. Sämtliche von der Budgetkommi'siou vorgeschlagenen Abstriche wurden bewilligt. Im ganzen wurden von den einmaligen Ausgaben etwa drei Millionen Mark ge strichen, wovon zwei Millionen allein auf die Kürzung der diesjährigen Nate für die Vermehrung der Reserven von Verpfleguugsmitleln entiallcn. Am 24. d. stehen zur Beratung in erster Lesung die von dem Abg. Schneider (fr. Vp.j einerseits, von den Abgg. Lieber». Gen. (Zentr.) anderseits eingebrachten Gesetzentwürfe betr. die Verleihung der Korporationsrechte an einge tragene Berufsvereine. Abg. Schneider (fr. Vp.): Der Antrag be rücksichtigt Berufsvereine aller Art. Nicht nur Ar beitervereine sollen unter denselben fallen, sondern die Arbeitgeber können ebenfalls Berufsvereine auf Grund seiner Bestimmungen anmelden können. Beamte, Lehrer, Landwirte, kurz, alle Berufsstände haben ein Interesse an dem Antrag. Besonders dringlich erscheint allerdings der Antrag im Interesse der Arbeiter. Die Debatten haben ja gezeigt, wie mangelhaft es mit dem Koalitionsrccht bestellt ist. Ist eine Organisation gesetzlich anerkannt, so er leichtert man ihr die Verfolgung der rein wirtschaft lichen Interessen der Mitglieder; man entzieht sie damit der politischen Propaganda. Das beweisen die Erfahrungen, die man in England nut den Trabes Unions gemacht hat. Diese haben auch den meisten gewerkschaftlichen Vereinen auf dem Kon tinent, besonders auch in Deutschland, zum Vorbild gedient. Mein Antrag und der des Abg. Lieber decken sich inhaltlich im wesentlichen, nur hat der Liebersche den Vorzug größerer Knappheit. Abg. Spahn (Zentr.): In der Sache stimme ich den Ausführungen des Vorredners durchaus zu. Wir haben einen eigenen Antrag gestellt, weil wir eS nicht für richtig halten konnten, die bereits publi zierten Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches hier nochmals formuliert zu bringen. Man sollte sich darauf beschränken, die notwendigsten Be stimmungen zum Schutze der Berufsvereine anzu nehmen. Unser Antrag ließe sich ohne nochmalige Kommissionsbcratung erledigen. Es dürste daher zweckmäßig sein, denselben in der zweiten Lesung i anzunehmen. Abg. Frhr. v. Stumm (freikons.) erkennt an, daß der Zentrumsantrag korrekter gefaßt ist, als der freisinnige. Aber er steht mit wichtigen Bestimmungen dieses Gesetzbuchs in diametralem Gegensatz. Im Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich die Bcstuumung, daß die Rechtsfähigkeit politischer und sozialpolitischer Vereine an die Genehmigung der Behörde geknüpft ist. Hier soll nuu den Berufsvereinen auf Grund einer Eintragung generell das Korpo- rationSrccht verliehen werden. Die Regierung Kat damals ausdrücklich erklärt, da» Gesetzbuch würde , für sie unannehmbar, wenn man darin für politische und sozialpolitische Vereine die Rechtsfähigkeit vor sehe. Sie würde daher auch jetzt keinem der beiden vorliegenden Anträge zustimmen können. Ich bin aber auch noch deshalb gegen den Antrag, weil gerade von den gewerkschaftlichen Organisation der ärgste Terrorismus gegen die Arbeiter geübt wird. > Wenn bei Streiks Gewaltthätigkciten vorgekommen sind, so waren dieselben meist von Gewerkschaften inszeniert. Die Annahme der Anträge würde meine» Erachtens eine Schädigung der Arbeiter und der Gesamtheit herbeiführen. , Abg. Rösicke (wildlib.): Ich kann nicht zu geben, daß die Anträge dem Bürgerlichen Gesetzbuch widersprechen. Die Koalitionsfreiheit zu sichern, ist eine so selbstverständliche Forderung, daß darüber, , eigentlich nicht mehr gestritten werden sollte. Der ' Macht des Kapitals gegenüber müssen die Arbeiter besondere Organisationen haben, und man wird sie ihnen früher oder später zuerkennen müssen. Von. großer Bedeutung für die Arbeiter sind aber gerade die Berufsvereine, da sie die wirtschaftliche Lage der Berufsgcnossen stärken sollen. Dadurch werden die selben immer mehr von den politischen Agitationen fern gehalten. Welcher von beiden Anträgen ange nommen wird, ist gleich, ich hoffe nur, daß in dieser " Session wirklich etwas zu stände kommt. Eine Er schütterung der Disziplin in den Betrieben braucht inan von der Maßnahme nicht zu befürchten. In meinem Betriebe habe ich Störungen der Dis ziplin durch die Organisationen nie erlebt. Wer ernstlich eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter will, der muß auch die Hand zur Regelung ihrer rechtlichen Verhältnisse bieten. Die Rechte, die andere Klassen haben, sollen wir den Arbeitern auch ' -t zugestehen. Darauf vertagt sich das Haus. ' Vvenst «tlzev Handtag. Das Abgeordnetenhaus überwies am Mittwoch zunächst den Antrag Herold betr. die Uebcrnahme , tierärztlicher Untersuchungen bei Viehseuchen auf die Staatskasse, an die Agrarkommission. Der Antrag fand bei sämtlichen Parteien Unterstützung. Geheim rat Küster erwiderte, die Staatsregierung sei sich in dieser Frage noch nicht schlüssig geworden; es sei aber nicht anzunehmen, daß der Finanzminister die < sehr erheblichen Kosten übernehmen werde. Hierauf begann die erste Beratung des Gesetzentwurfs betr. Ausdehnung des obligatorischen Ancrbenrechts auf . Westfalen und die angrenzenden Bezirke deS Rhein landes. Die bereits vom Herrenhause genehmigte Vorlage wurde an eine Kommission verwiesen. Am Donnerstag erledigte das Abgeordnetenhaus zunächst den Etat der Berg-, Hütten- und Salinen- ., Verwaltung. Handelsminister Brcfeld kam ausführ lich auf das Grubenunglück in der Zeche „Karolinen- , glück" zu sprechen und erklärte, es solle alles ge schehen, um in Zukunft ähnliche Katastrophen zu verhüten. Insbesondere solle die Bergpolizei ver bessert und zu den Grubcnrevisionen auch Arbeiter hir.zugezogen werden. Diese Ausführungen deS Ministers fanden in, Hause lebhaften Widerhall. - Die Redner aller Parteien erklärten sich bereit, die erforderlichen Mittel zur Verhütung ähnlicher Un- glücksfällc zu bewilligen. Aus eine Anfrage auS dem Hause erklärte Minister Brefeld, daß zur Unter stützung der Verletzten und Hinterbliebenen aus reichende Fürsorge getroffen werden würde. Darauf , wurde die Beratung des Etats de» Handelsministerium» begonnen. Von Nah and Fern. Lippstadt. Der frühere Abg. v. Bockum- Dolffs feierte am 19. Februar im Kreise seiner , Familie auf seinem Gute Völlinghausen a. Mölme seinen 97. Geburtstag in körperlicher und geistiger Frische. Mit großem Eifer widmet fich, wie wir dem ,Hann. Cour/ entnehmen, v. Böckum- Dolffs schon seit Jahren der Blumenzucht. Stadtilm. In Gräfin au warteten die Orts»' - einwohner am vergangenen Sonntag vergeblich auf das Läuten der Glocken. Die Läuter - streikten, da ihnen trotz wiederholler Eingaben eine Lohnerhöhung nicht gewährt worden war u und sie fich mit dem alten Lohnsätze von Vies . Pfennig nicht begnügen wollten. Der Kirchen diener bat infolgedessen drei andere genüg- samere Läuter angestellt. ., Zwischen zwei Wetten. 3j Roman von Louise Cammerer. igoulcynug.) Mister Brown betrachtete einige Minuten mit sichtlichem Wohlgefallen den schönen, schlanken, jungen Mann, dessen offenes Wesen den günstigsten Eindruck machte, allein der Kaufmann war stets bei ihm stärker ausgeprägt, als der Mensch — seine kühle Ueberlegcnhett bekam die Oberhand. Gleichwohl trat er näher und schloß mit raschem Druck die halboffene Thür, damit die nebenan arbeitenden Clerks dem weiteren Verlauf deS Gesprächs nicht mehr folgen konnten. „Sje haben gar keinen Einblick in kauf männische Verhältnisse?" fragte er dann etwas freundlicher. „Nein!" „Könnten Sie englische oder französische Korrespondenz übernehmen?" „Nein!" „Dann thut eS mir leid, ich wüßte Sie mit dem besten Willen nicht unterzubringen," sagte Mister Brown ungeduldig werdend. „Mit den Griechen und Römern des Altertums stehe ich nicht in geschäftlicher Verbindung, somit haben Ihre Kenntnisse nicht den geringsten Wert für mich!" „Von allen Mitteln entblößt, im blinden Vertrauen auf Harrys Ehrgefühl, bin ich hier hergekommen," sagte Ernst verzweifelt, „Hany eröffnete mir glänzende Aussichten für die Zu kunft, er versprach mir eine Stellung in Ihrem Hause." „Harry ist ein dummer, unerfahrener Junge und — nehmen Sie es mir nicht übel — Sie find es auch," war BrownS eiskalte Erwide rung, „keiner von euch könnte fich mit dem drüben Erlernten auf amerikanischem Boden auch nur einen Dollar verdienen, ich werde das meinem Sohn zum Bewußtsein bringen. Ich brauche erprobte, tüchtige Kräfte. Kehren Sie heim, die Ueberfahrtskosten will ich über nehmen." „Nun und nimmermehr, lieber verhungern!" war Burgers heftige Antwort. Mister Brown blickte überrascht auf; er hatte dem träumerischen jungen Mann so viel Thatkraft nicht zugetraut. „Wollen Sie sich mit einer ganz untergeordneten Stellung begnügen?" fragte er gemessen. „Mit der einfachsten." „Gut, vorläufig will ich Sie im Magazin zu beschäftigen suchen, allerdings hört damit jeder weitere Verkehr mit meinem Sohn auf. Sie haben fich als meinen Untergebenen anzu sehen und als solcher zu leben. Suchen Sie nebenbei Sprachkenntnisse zu gewinnen, haupt sächlich englisch und spanisch perfett zu erlernen, dann will ich sehen, was ich weiter für Sie thun kann. Nur in Rücksicht auf den unver antwortlichen Leichtsinn meine» Sohnes, der Sie veranlaßte hierherzukommen, biete ich Ihnen diesen Ausweg, sonst würde ich Sie kalt Ihrem Schicksal überlassen. Sie verdienen eine harte Lehre schon deshalb, weil Sie kaltblütig Ihre Angehörigen verließen. Arbeiten Sie ohne Unterlaß, wie ich es stets gethan und noch heute thue, und bestreben Sie fich, «in Mann zu werden. Schon morgen können Sie Ihren Posten als Magazinier antreten. Lassen Sie fich jedoch die geringste Nachlässigkeit zu schulden kommen, find Sie entlassen. Meiner Familie find Sie von heute ab fremd." Halb besinnungslos taumelte Ernst zumKontor hinaus. Draußen schöpfte er tief Atem und lehnte den schmerzenden, fiebernden Kops an den kühlen Thürpfosten. Das also war das Ende seiner hochfliegen den Pläne! Das Erwachen war jäh und schreck lich. Unter einen Haufen farbiger Arbeiter und Auswürflinge aller Nationen sah er sich ge worfen, an Ansehen und Lohn ihnen völlig gleichstehend. Er wußte durch Harry, daß Mister Brown harte Anforderungen an seine Magazinarbeiter und Aufseher stellte und sie noch dazu mit der größten Geringschätzung be handelte. Ein altes Märchen ging ihm durch den ver störten Sinn: das Märchen von dem Hirten knaben, der auSzog, um König von Spanien zu werden. Hatte er, als er auf den Lockruf des Freundes gehört und diesem auf Treue und Glauben über den Ozean gefolgt, nicht auch wie ein thörichter Knabe gehandelt? Die Strafe war bart aber gerecht. „Hütte mich das Meer verschlungen!" mur melten seine bleichen Lippen. „Wenn ich ein Ende machte, eine Ende -1" Der Versucher trat vor seine geängstigte, auf geregte Seele. Da tauchte daS Bild der Mutter vor ihm auf, ihr treues, liebes Angesicht; ihr sorgliches Walten in der trauten Häuslichkeit; er sah Irmas Blick ernst fragend ans fich gerichtet — und die bösen Gedanken schwanden dahin. Sollte er fich von einem schwachen Mädchen beschämen lassen? Nein, tausendmal nein! Lieber wollte er arbeiten Tage und Nächte hin durch und im Schweiße des Angesichts sein Brot essen, um dereinst achtungswert heimzu kehren und den Lieben die Hand zu drücken. Der Kampf war beendet. Unter diesen Vor sätzen suchte er sein Zimmer auf, wo er hen Freund wartend antraf. ' „Mein Vater schickt mich nach New Nork,^ um in einem ihm befreundeten Handlungsyause als Volontär einzutreten, als ob er nicht Schätzen genüg gesammelt hätte. Der alte Geizhals ver hungert auf seinen vollen Geldsäcken. Es thut mir leid, so wenig für dich thun zu können, mein lieber Junge. Ich hatte mir die Sache so ganz anders vorgestellt — allein der Alte „ vergibt mir die verlorenen Jahre nicht. Sobald ich in New York festen Fuß gefaßt, werde ich mich bemühen, für dich ein passendes Unter kommen zu finden, unter dem farbigen Gestndel sollst du mir nicht verkommen. Am liebsten" würde ich dich gleich mit mir nehmen, allein ich will den Zorn meines Vaters nicht «och mehr herauSfordern. Verzeihe mir, Ernst, ich werde sicher alles gutzumachen suchey. Hei auf deiner Hut vor den Schwarzen, lasse eS ihnen gegenüber nicht an der nötigen Thal* kraft schien, Ernste Artest schadtt ttO. beiden nicht/ „Gewiß nicht!" erwiderte Burger fest; „ich trage keinen Groll." Er schloß den Freund mV herzlicher Wärme in die Arme. „Ich werde dir häufig Nachricht geben — m
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)