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Auerthal-Zeitung : 13.02.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189802139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980213
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-02
- Tag 1898-02-13
-
Monat
1898-02
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 13.02.1898
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V-ttttfch- Krmdfch-m. Deutschland. *Der Kaiser hat die Abtragung der alten Süd- und Qftumwallung von Me - angeordnet. Diese Befreiung von den beengenden Festung-- schranken wird man in der lothringischen Haupt stadt sicherlich freudig und dankbar begrüßen. * Die Fahrt der Kaiserjacht „Hohenzollern" «ach dem Mittelmeer ist für die Sammermonate aufgegeben. Die Reise de-Kaiser- nach Palästina soll erst im Oktober stattsinden. *Jm nächsten Monat geht von Kiel ein Transport zur Ablösung von Mannschaften de- Kreuze raeschwaders nach Ost- Asien. Derselbe wird außerdem mancherlei für die Schiffe de- Geschwader- notwendige AuSrüstungSgegenstände mit sich führen. *Die Ermordung de- Luiz Adam in Curityba durch einen brasilianischen Offizier dürfte der deutschen Regie rung keine Veranlassung zu diplomatischen Schritten geben, weil der Ermordete zwar von deutscher Abkunft, aber in Brasilien ge boren war. Da dem Baler aller Wahrschein lichkeit nach sein deutsche- Bürgerrecht verloren gegangen ist, so war Luiz Adam schon als Brasilianer geboren. *Im Bundesrat ist gutem Vernehmen nach die Auffassung überwiegend, daß diese Körperschaft in der lip p is ch en Erbfolge frage, welche durch den schaumburg-lippischen Antrag an ihn gebracht worden, nicht zu- ständig sei; anderer Meinung ist vielleicht nur Schaumburg-Lippe. Die,Lipp. Landes-Ztg.' berichtet darüber: „Der Beschluß de- Bundes rats geht dahin, an die fürstlich ltppische Ne gierung das Ersuchen zu richten, zu veranlassen, daß vor der Beschlußfassung des Bundesrats über den Antrag der schaumburg-lippischen Re gierung der Beratung de- den lipplschen Land tage vorliegenden Gesetzentwurfs betr. die Thron folge und Regentschaft im Fürstentum Lippe kein Fortgang gegeben werde. Gleichzeitig mit diesem Beschluß hat der Bundesrat folgendes zum Ausdruck gebracht: Es bestand völliges Einverständnis darüber, daß der Bundesrat durch die'en Bes-bluß weder der Frage seiner Zu ständigkeit noch der materiellen Entscheidung in dieser Sache vorgreifen will." * Aus den Ersparnissen, welche an den von Frankreich für die Verpflegung der deutschen Okkupationstruppen bezahlten Summen, den fog. Okkupationsgeldern, gemacht find, war Bayern vom Reiche ein Betrag zugcwiesen, der sich heute mit Zinsen und Zinses zins auf 1 300 000 Mk. beläuft. Die Regierung wvlle diese Summe zu einem Unterstützungs fonds für die Hinterbliebenen vonOffi zieren verwenden, der Landtag aber verlangt vor allem eine ausreichende Unterstützung der Veteranen von 1866 und 1870/71. Schließ lich wurde ein Ausweg dalin getroffen, daß zwar die ganze Summe als Stammkapital dem Unterstützungsfonds für Hinterbliebene von Offi zieren zugewiesen, jedoch gleichzeitig bestimmt wird, daß die Zinsen von einem Kapital bis 1000 000 Mk. zur Unterstützung bedürftiger Feldzug Ueilnekmcr verwendet werden. *Die angekünsi stc Revision der über die Sonntagsrube ergangenen Anordnungen ist von dem Reichskanzler angeregt worden. Sie ist, wie offiziös bemerkt wird, zu einem guten Teile durch die Wahrnehmungen veran laßt, welche hinsichtlich der Wirkung einiger für Berlin erlassenen Verordnungen zu machen waren. *Die Beratung des Flottengesetzes und des M arineetats in der Budgctkom- misfion des Reichstags wird am Montag be ginnen. DaS gesamte Begründungs-Material liegt nun vor. * Die betreffende Kommission deS Reichstags erledigte am Mittwoch die wichtigen Paragraphen der Novelle zur Zivilprozeßordnung, welche die Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen betreffen, wobei die im Entwurf vorge schlagenen Pfändungsbeschränkungen in mehreren Beziehungen erweitert wurden. Auch soll eine besondere Bestimmung zu Gunsten derWitwen und Waisen getroffen werden. Der treue Aentschik. LI Erzählung a. d. Kaukasus v. Oskar Merre». lyorlskvung.) Da der Oberst jedoch den Seinigen eine Nach- -icht von sich zu geben wünschte, willigte er an scheinend in das dreiste Verlangen, und verlangte Schreibmaterialien. Diese erhielt er jedoch nicht so bald. Die Zwischenzeit benutzte man vielmehr, ihn zur Erfüllung der habsüchtigen Absichten recht ge fügig zu machen. Man entzog ihm fast alle Nahrung, nahm ihm die Strohmatte, auf welcher er lag, und das Sattclkissen, dessen er sich als Kopfkissen bediente. Als endlich der Unterhändler wieder erschien, teilte ihm dieser im Vertrauen mit, daß Schamil besohlen habe, ihn sofort niederzumachen, um die Kosten der Unterhaltung und Bewachung zu sparen, Menn man an der Grenze die Zahlung deS Lösegeldes verweigern oder verzögem wolle. Alsdann erhte t der Oberst Papier und ein nach tatarischem Gebrauch geschnittene- Rohr al- Schreibfeder, und man nahm ihm die Fesseln ab, damit er schreiben könne. Als dieser Brief fertig war, in dem der Oberst 2at, man möge ihn feinem Schicksal überlassen, wurde er dem Befehlshaber im Dorf übergeben, welcher die wetterbesördenmg an einen russischen Grenzposten übernahm. Der Gefangene selbst wurde nach Abgang oe- Briefe- etwa- menschlicher behandelt. Man beschwerte ihn nur mit einer Kette, die an den rechten Fuß und da- rechte Handgelenk be festigt war. Oesterreich-Ungar«. * Tin Aufruf de- freisinnigen Abgeordneten Kopp an die ehemaligen Mitglieder der Wiener akademischen Legion vom Jahre 1848 ladet diese -u einer gemeinsamen ErtnnerungSfeter der 48er Märztage ein. *Jm Szabolcser Komitat nimmt fest einiger Zeit die sozialistische Bauernbewe gung derartige kommunistische Tendenzen an, daß die Verhängung des Standrechtes unver meidlich scheint und wohl bald erfolgen dürste. Stzraukreich. * Am Mittwoch wurde der Chef des General stabe- General BoiSdeffre vernommenk für ihn ist die Schuld Dreyfu»' unumstößlich feststehend. General Gonse äußerte sich weniger sicher, der frühere Kriegsminister Mercier hält Dreyfus für schuldig, wogegen der frühere Justizminister Trarieur sagt, au- der Handschrift de- Borderau- habe sich für ihn die Unschuld DreyfuS' er geben. *Am Donnerstag wurden im Zola- Prozesse die Mitglieder deS Kriegsge richt- gegen Dreyfu» vernommen; die selben verschanzten sich hinter ihr Amt und verweigerten die Aussage. England. * Die Thronrede, mit der am Diens tag das Parlament eröffnet wurde, Hot im all gemeinen verstimmt, weil sie nichts über die wichtigen Dinge in Ostasien sagt. Selbst der .Globe' findet, daß die Tugend der diploma tischen Diskretion zu weit gegangen ist und Mißtrauen erwecken muß. Gladstone äußerte zu einem radikalen Abgeordneten, die einzige Hoffnung der Rückkehr der liberalen Partei zur Macht liege in ihrer Vereinigung mit Lord Rose bery und einem Ansturm auf das Oberhaus. *Die .Daily News' berechnet die Kosten deS Kampfes der englischen Ma- schinenindustrie. Durchschnittlich sind wahrend der Zeit 70 000 Arbeiter wöchentlich außer Arbeit gewesen. Der Verlust der Arbeiter beziffert sich im ganzen auf 4 680 000 Pfund. Berechnet man den Verlust der Fabrikanten auf 5 696 000 Pfund, so stellt sich eine Gesamt summe von 10 376 000 Pfund (rund 208 Mill. Mark) heraus. Italien. * Die Kammer hat die Wahl des Sozia- listen Cypriani, der in Forli wiederge- wählt war, nachdem seine Wahl bereüs einmal für ungültig erklärt war, wiedemm für un gültig erklärt. Spanien. * Der bisherige VertreterSpaniens in Washington hatte an einen Freund einen Brief gelichtet, in welchen er fich sehr ener gisch und unumwunden über die Politik PtacKinleys Spanien gegenüber aussprach. Dieser Bries wurde, ehe er au seine Adresse gelangte, gestohlen und veröffentlicht. Die Stellung des Gesandten ist dadurch unhalt bar geworden und er bat seine Regierung um Abberufung. Balkanstaaten. * Auf Kreta hat die Not den höchsten Grad erreicht. Das Konsularkorps berichtet über grenzenloses Elend in den Provinzen. 500 Personen find infolge der Hungersnot dieser Tage von verschiedenen Küstenorten auS auSgewandert, 259 Männer, Frauen und Kinder befinden sich in Palcokastro, um nach Griechen land zu entfliehen, andere find in Begriff, zu folgen, da die teilweise gesandte Hilfe vollkommen ungenügend ist, die Hu n ger 8 n o t im Gegen teil immer mehr Opfer fordert. Der Zustand der Provinz und der Stadt Kanea ist herz zerreißend traurig. Ueber 6300 Olivenbäume sind in den umliegenden Provinzen bereits ab geschnitten. "Daß die vor einiger Zeit erfolgte Er nennung KönigMilanS zum Generalissimus von der russischen Regierung nicht freundlich ausgenommen worden ist, dafür hat man in Belgrad einen unzweideutigen Beweis erhalten: Rußland hat verlangt, daß die seit 1890 auf 5 000 000 Frank angewachsencn Rück stände auS Serbiens russischer Schuld sogleich, Sein Gefangenwärter war ein Greis von etwa sechzig Jahren, von riesenhafter Körper gestalt und wllden, finsteren Gefichtszügen; er war jähzornig, rachsüchtig und geizig. Zwei seiner Söhne waren im Kampfe mit dem gefangenen Heerführer gefallen, eine Ursache mehr, die ihm die Bewachung desselben ver schafft hatte. Die Familie dieses Mannes, welcher Ibra him hieß, bestand aus der Witwe eines seiner getöteten Söhne und derem Kinde, einem Knaben von acht Jahren. Das Weib war so boshaft und gehässig, wie der Alte. Sie sah in dem Gefangenen nur den Urheber deS Todes ihres ManneS. Der Knabe Mamed wurde dagegen bald freundlich uud zutraulich zu dem Grafen. Er nannte ihn seinen „Konak", in der Tschet- schenzensprache so viel wie Gastfreund, teilte heimlich seine Butterbissen mit ihm, und war ihm bald eine Quelle der Erheiterung und Zer streuung. ES verflossen jedoch einige Monate, ohne daß von außen eine Botschaft über den Gefan genen einlief. Während dieser Zett hatte fich aber Iwan die Zuneigung der Frau errungen, auch sogar des Allen. Er verstand gut zu kochen, vortreff lichen Kislitsch zu bereit-n, und führte in die Häuslichkeit seiner WirtSIeute manche Annehm lichkeit ein. Um ein sorglosere- vertrauen zu gewinnen, spielte er den Possenreißer, besonder- sah ihn Ibrahim gem Kosak tanzen. Dann nahm er ibm seine Fesseln ab, und Iwan mußte tanzen auf einem BreL zu bezahlen seien. Unter der Herrschaft der Radikalen in Serbien hatte Ruß land nie an diese Forderung gedacht. Ihre Geltendmachung im gegenwärtigen Augenblick trifft das in schwieriger finanzieller Lage be findliche Serbien an der verwundbarsten Stelle. Die Belgrader Regierung sucht nun Geld auf- zutreiben, um den russischen Dränger!zu be friedigen. Der Pariser Mark ist ihr aber auf einen Wink des Zaren hin verschlossen worden, sie will fich jetzt nach Wien und Berlin wenden. Amerika. * Nach einem in San Franci-co eingetroffenen Telegramm au- Guatemala wurde der Präsident BarrioS ermordet. (Prä ident BarrioS wurde am 15. März 18S2 auf ünf Jahre gewählt. Durch Dekret der kon- tiwierenden Versammlung vom 30. August 1897 ft dann seine Regierungspertode bis 1902 ver längert worden.) * Der ganze mittelamcrikanische Staat Hon duras soll von einigen Geldfürsten New AorkS gekauft worden sein und zwar mit Grund und Boden, Schulden, Militär und Beamtentum l Afrika. * Präsident Krüger ist auf weitere fünf Jahre zum Präsidenten der Südafrikani schen Republik (Transvaal) gewählt worden. An» de« Reichstage. Der Reichstag setzte am Mittwoch die zweite Etatsberatung des Auswärtigen Amts beim Titel „Staatssekretär" fort. Die Debatte drehte sich im wesentlichen um die Handelsverträge und die Währungsfraqe, an der sich u. a. die Abgg. Graf Kanitz, Richter, Graf Bismarck, Frhr. Hcyl zu Herrnsheim, v. Kardorff, Paasche, Frhr. v. Stumm, Gras v. Schwerin, Barth, Schönlank und Nösicke beiciligten. Schließlich wurde das Gehalt deS Siaalssekretärs und die folgenden Titel bis zu den „Gesandtschaften" genehmigt. Am 10. d. wird die am letzten Schwerinstage nicht zu Ende geführte erste Beratung des von den Abgg. Auer u. Gen. (soz.) Angebrachten Antrages betr. das Recht der Versammlung und Vereinigung und das Recht der Koa lition fortgesetzt. Abg. Pach nicke (fr. Vp.): DaS so oft ge forderte Vereinsgesetz ist leider immer noch nur ein Schaustück in dem Glasschrank der Verfassung. Das heutige Vereinsgesetz in seiner Buntscheckigkcit und seine Handhabung durch die Behörde» sind durchaus mangelhaft. Redner schildert sodann die jetzt in dieser Beziehung bestehenden Verhältnisse in Sachsen und Mecklenburg. In Preußen steht die Aufhebung des Koalitionsverbots für politische Vereine noch immer nicht in Aussicht. Die Aus hebung ist von gleicher Wichtigkeit für alle Parteien. So habe ich vor mir ei» Zirkular, das der Abg. v. Manteuffel als Vertreter des Vereins der Wirtschafts reformer an die Vorstände aller landwirtschaftlichen Vereine gerichtet hat und in dem Stellungnahme zu verschiedenen politischen Fragen gefordert wird. Würde auf dieses Zirkular auch nur ein einziger Verein antworten, so würde ein strafbares Znvcr- bindungtreten nach der bisherigen Rechtsprechung zweifellos vorlicgrn und Herr v. Manteuffel dem Staatsanwalt verfallen sein. Für die Frauen wird das Vercinigungsrecht fast in ganz Deuischland durch die Handhabung der Vercnisgcsetze vollständig illusorisch gemacht. Die SonntagSruhcbestimmungen haben dem Kammergcricht Anlaß zu einer Ent scheidung gegeben, welche die VereinSsreiheit auf das ernstlichst- bedroht. Dem Baucrn-Verein „Nord- Ost" sind die Amtsvorsteher mit großer Willkür entgcgcngetreten. Beschwerden beim Landrat blieben fruchtlos. Es herrscht dort eben die reine Pascha wirtschaft, die AmtSvorstcher fühlen sich nicht als Behörden, sondern als Parteien. Den Bauern- Verein „Nord'Ost" chikaniert man, während man den „Bund der Landwirte", der doch auch zu poli tischen Zwecken gebildet ist, überall gewähren läßt. Preußen soll ei» Rechtsstaat, die Gerech tigkeit die Grundlage der Reiche sein. Dort oben in Pommern nnd Westpreußen bemüht man sich, der Themis eine agrarische Brille aufzusctzcn. Auf eiuc Annahme des Antrags dürfen wir in der nächsten Zeit nicht rechnen. Aber er erfüllt trotzdem seinen Zweck, denn er ermöglicht es, die Mißstände auf dem Gebiete des VercinSrechts zu besprechen. Es muß heraus, waS auf dem Herzen ist, draußen im Lande ivird es verstanden werde». Abg. Stolle (soz.) führt aus, der Antrag be zwecke nur die Verwirklichung dessen, was schon seit 50 Jahren dem deutschen Volke versprochen sei. Nichts sei in dieser Zeit zu diesrni Zwecke geschehen, in Sachsen sei sogar der bekannte Verschlechtern»»-, antrag zum VereinSrecht von Konservativen und Nationalliberalen angenommen worden unter Zu stimmung der Negierung. Die Arbeiter könnten dort unter dem allerreaktionarsten Verein-recht nicht ein mal vom 8 152 der Gewerbe-Ordnung Gebrauch machen. Die weiteren Ausführungen des Redner» ergehen sich in Beschwerden darüber, daß das Koalition-recht der Arbeiter in Sachsen illusorisch ge macht werde. Tie sächsischen Amtshauptmannschasten seien noch schlimmer al» die vom Vorredner gekenn zeichneten pommcrschen Landräte. WaS nütze der 8 17 deS Wahlgesetzes, daS die Abhaltung von Wahlversamm lungen gestatte, wenn man sie unter nichtigen Gründen verhindern könne. Der Minister v. Metzsch habe eine Ministcrialordnung erlassen, die Uebergriffen unter geordneter Organ« Vorbeugen solle. Trotzdem habe der Abg. Hofmann 5 Jahre lang in seinem Wahl kreise keine Versammlung abhalten könne». Obwohl unterm 16. April 1891 verordnet sei, daß die Frauen an Versammlungen teilnehmen dürften, sei in Glauchau von einem Gendarmen eingeschritten worden, und dieser habe, al» man ihni die» Ministcrialrcskript vorgezcigt habe, erklärt: „Was geht mir der Minister an, wgs geht mir der Dr. Fischer an!" Anderen Parteien gegenüber werde da» Gesetz anders gehand habt. Ungehindert könnten andere Vereine den 8 24 deS sächsischen Vereinsrechts verletzen. Leider folge man auch im Großherzogtum Weimar dem sächsischen Beispiel und habe m Weiiuar selbst jede sozialdemokratische Versammlung verhindert. Die Zustände seien so weit gediehen, daß sie eine Schmach seien für ein Kulturvolk. Abg. Roes icke (wildlib.): Die Sozialdemo kraten sehen völlig zu Unrecht den Frhrn. v. Stumm als Tppus de» deutschen Arbeitgebers an. Eine große Zahl von Unternehmern stehen auf einen» ganz anderen Standpunkt. Ich bin auch Leiter einer großen Aktiengesellschaft, aber ich erkläre die Forderung eines ReichSvcreinSgcsetzeS für durchaus berechtigt. Ganz besonder» notwcndung ist aber der Schutz deS Koalitionsrcchts. Aus dem Gebiete des VereinsrcchtS herrscht eine zu große Buntschcckigkeit. Besonders lästig wirkt das in manchen Staaten für politische Vereine bestehende VerbindungSvcrbot. Am schlimmsten ist cs jedoch fast überall nut dem Konli- tionsrecht der Frauen und Mädchen bestellt. Ihnen ist eS fast in allen deutschen Staaten unmöglich ge macht, gemeinschaftlich irgendwelche Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage zu erstreben. Das Verbin dungsverbot ist strickte gar nicht durchführbar. Die Arbeiter kämpfen jetzt den Kampf, den früher die Bürger gegen die Junker haben durchsechten müssen. Der Kampf wird um so leichter verlaufen, wenn wir die berechtigten Forderungen der Arbeiter als solche ohne weiteres anerkennen. Zu diesen berech tigten Forderungen gehört aber auch das Koalitions recht. Daß die Arbeiter sich bessere Lebensbcdiu- gnngcn schaffen wollen, ist nur das berechtigte Streben, vorwärts zu kommen, daS eigentlich jeden Menschen beseelen sollte. Abg. Zubeil (soz.) erkennt an, daß Abg. Nösicke auf einem ganz anderen Standpunkt steht, als Frhr. v. Stumm. Herr Nösicke sei leider ein weißer Rabe in der Gesellschaft der Unternehmer. So lange Herr v. Stumm nicht dafür Sorge trägt, daß die Klagen der Arbeiter aufhören, würde» die Klagen über die Beeinträchtigung des Koalitions rechts alljährlich wiederkehren. Werde der Antrag heute nicht angenommen, so werde er immer wieder kehren. Damit schließt die Diskussion. Ein Antrag auf Verweisung an eine Kommission liegt nicht vor, die zweite Beratung wird also demnächst direkt im Plenum stattfinden. Landtag. Das Abgeordnetenhaus begann am Mittwoch die Beratung der Notstandsvorlage in Verbindung mit dem Antrag betr. Niederschlagung der Liaui- dation für militärische.Hilfc in denUeberschwcmmungs- gebieten. Zu letzterem Punkte erklärte der Minister Frhr. v. d. Recke, die Regierung sei korrekt nach den bestehenden Bestimmungen verfahren, werde aber bei der Beitreibung der Liquidation mit möglichster Schonung verfahren. Sämtliche Redner waren darin einig, daß die in der Vorlage zur Verfügung gestellten 5 Millionen nicht ausreichten. Am Donnerstag setzte das Abgeordnetenhaus die erste Beratung des Gesetzes betr. Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der Hochwaffcrschädcn fort. Abg. Graf Strachwitz (Zentr.) warf der Re gierung vor, sie habe daS Ansuchen der Landräte und Provinzialbehörden nm Unterstützung znrückge- wiesen. Militär sei kommandiert worden zur Hilfe leistung, aber den betreffenden Gemeinden seien hohe Liquidationen überreicht worden. Minister Miquel erklärte, diese Behauptungen beruhten auf völlig un wahren Grundlagen. Die Vorlage wurde "einer Kommission überwiesen. Sodann wurde ein Teil de» BauetatS beraten. und immer neue Grimassen dabei machen. Schließlich erlaubte man ihm, frei im Dorf umher zu gehen, und auch die Kinder freuten fich über seine Possen. Da er tatarisch ver stand, lernte er auch bald die Sprache der Ein geborenen. Der Graf wurde öfters genötigt, mit seinem Dentschik russisch« Lieder zu fingen und sie mit der Guitarre zu begleiten. Er that dies aus Gefälligkeit und Zerstreuung und ahnte dabei nicht, daß die Guitarre dazu beitragen würde, ihm seine Freiheit wieder zu verschaffen. Die beiden Gefangenen machten unzählige Pläne, um diese heiß ersehnte Freiheit wieder zu erlangen. Doch alle Entwürfe blieben un ausführbar, denn jede Nacht erschien noch ein Mann zur Verstärkung der Wache, so daß eine Flucht unmöglich erschien. Wenn nun auch die Wachsamkeit mit der Zett nachlteß, denn der Hilfswächter blieb manche Nacht aus, und daS Weib mit ihrem Knaben schlief in einem Nebengemach, so daß nur der alte Ibrahim allein bei den Gefangenen war, so hatte dieser doch die Schlüssel zu den Fesseln in seiner Tasche und erwachte bei dem geringsten Geräusch. Aber die Härte nahm wieder zu, mit welcher der Gefangene behandelt wurde. Da auf seinen Brief keine Antwort erfolgte, kamen die Lschetschenzen ost in seinen Raum, um ihn zu drohen und zu beleidigen. Seine Kost wurde geschmälert und eine- Tage- mußte er zusehen, wie man den kleinen Mamed grau sam züchtigte, weil er ihm wieder heimlich ewige Mispeln zugesteckt hatte. 3. Ein merkwürdiger Umstand bei der traurigen Lage des Grafen Argutinsky war das Vertrauen, welches die Tschetschenzen in seinen höheren Ver stand setzten, und die Hochachtung, die er ihnen dementsprechend einflößte. Während sie ihn mit immer neuen Quäle reien peinigten, fragten sie ihn häufig um Rat, und machten ihn sogar zu ihrem Schiedsrichter in den öfteren Streitigkeiten, die sie untereinander hatten. So hatte einer dieser Leute einem Nachbar, der nach einer anderen Ortschaft ritt, eine russische Kassenanweisung von fünf Silberrubeln mitge geben, um sie dort abzuliefern. Unterwegs stürzte da- Pferd, blieb auf der Stell« tot, und der Mann glaubte, da- über gebene Geld für seinen Verlust behatten zu dürfen. Diese im Kaukasus übliche Rechtsanschauung gefiel aber dem ursprünglichen Eigentümer de» Geldes nicht, und es entstand dieserhalb ein großer Streit im Dorf. Dian nahm für und gegen die beiden Partei und wahrscheinlich wäre an- der an fich geringfügigen Sache eine Blut that entstanden, wenn nicht den Aeltesten der j Gemeinde eingefallen wäre, de« Gefangenen die Entscheidung über den verwickelten Fall zu über tragen. Die ganz« Einwohnerschaft des Dorfe- be gab sich unter lautem Lärm zu diesem, um so schnell wie möglich da- Urteil dieses schwierigen Prozesse- zu hören. Der Graf wurde au» der Hütte geholt und auf deren Plattform geführt.
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